Nach § 26 Abs. 1 S. 1 EStG ist eine Zusammenveranlagung von Ehegatten u. a. nur dann möglich, wenn beide Ehegatten unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind. Für die unbeschränkte Steuerpflicht sind die Voraussetzungen der §§ 1 Abs. 1, Abs. 2 oder § 1a EStG zu prüfen. Einen direkten Verweis auf die fiktive unbeschränkte Einkommensteuerpflicht i. S. d. § 1 Abs. 3 EStG sieht § 26 EStG ausdrücklich nicht vor.
Hinweis
Selbst wenn beide Ehegatten die Voraussetzungen der fiktiven unbeschränkten Einkommensteuerpflicht des § 1 Abs. 3 EStG erfüllen, eröffnet das nicht die Möglichkeit der Zusammenveranlagung und die Anwendung des Splittingtarifs i. S. v. §§ 26, 26b, 32a Abs. 5 EStG.
Erst mit dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 1a EStG können die Eheleute die Zusammenveranlagung wählen. Der für die Zusammenveranlagung in Frage kommender Ehegatte bzw. Lebenspartner muss unbeschränkt einkommensteuerpflichtig nach § 1 Abs. 1 oder Abs. 3 EStG sein und eine EU-/EWR-Staatsbürger vorweisen können. Als zusätzliche Voraussetzung muss der andere nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte bzw. Lebenspartner seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen EU-/EWR-Mitgliedstaat unterhalten (§ 1a Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG auf Nr. 1 S. 2 Buchst. a) EStG). Für Ehegatten mit Ansässigkeit außerhalb des EU-/EWR-Raums scheidet eine Zusammenveranlagung unter Gewährung des Ehegattensplittings aus.
Voraussetzungen des § 1a EStG:
- Staatsangehörige des EU-oder EWR-Staates die entweder
- nach § 1 Abs.1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und die Voraussetzungen des § 1 Abs.3 EStG erfüllen, oder
- nach § 1 Abs.3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu behandeln sind.
Rechtsfolge:
Der Steuerpflichtige kann die familienbezogenen Vergünstigungen wie Realsplitting, den Sonderausgabenabzug der Versorgungsleistungen, den Versorgungsausgleich und ggf. den Splittingtarif in Anspruch nehmen (§ 1a Abs. 1 und Abs. 2 EStG).
Beispiel
José García, der seinen aussschließlichen Wohnsitz in Barcelona (Spanien) hat, arbeitet 2021 in einer Gaststätte in Oldenburg (Deutschland). Er legt seinem Arbeitgeber eine Certificado UE/EEE der Agencia Estatal de Administración Tributaria (spanische Steuerbehörde) über die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte vor. Nach dieser EU/EWR-Bescheinigung erzielt José keine weiteren Einkünfte in Spanien. José ist nach dem spanischen Recht gesetzlich verpflichtet Unterhaltsleistungen an die geschiedene Ehefrau, welche weiterhin in Barcelona lebt, zu zahlen. José hat weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so dass er nicht nach § 1 Abs.1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.
Da auch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 EStG nicht erfüllt sind, ist José - ohne Antrag – beschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 4 EStG). Auf Antrag ist er für 2021 als unbeschränkt Steuerpflichtiger zu behandeln (§ 1 Abs. 3 EStG). Da er EU-Staatsbürger ist, kann er auch die Vergünstigung nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG in Anspruch nehmen (Realsplitting).
Weitere interessante Inhalte zum Thema
-
Rechtsfolgen in den Fällen des § 6b Abs. 10 EStG, Übertragungsfristen, Gewinnzuschlag
Vielleicht ist für Sie auch das Thema Rechtsfolgen in den Fällen des § 6b Abs. 10 EStG, Übertragungsfristen, Gewinnzuschlag (Bilanzierung und Bewertung Eigenkapital) aus unserem Online-Kurs Bilanzsteuerrecht interessant.