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Nichtfestsetzung der Steuer, Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung, § 16 GrEStG
§ 16 GrEStG sieht in drei Alternativen (Abs. 1 bis 3) eine antragsgebundene Nichtfestsetzung bzw. Aufhebung der Steuerfestsetzung oder eine Herabsetzung der Bemessungsgrundlage vor. Die Norm ist eine besondere Korrekturvorschrift (keine Steuerbefreiung) für diejenigen Fälle, in denen entweder die
Grundstücksübertragung im Weitesten Sinn rückgängig gemacht wird oder sich die Bemessungsgrundlage ändert. Gemeinsam ist den Tatbeständen, dass diese allesamt auf einem sich nachträglich realisierenden Umstand beruhen.
Voraussetzung: Ordnungsgemäße Anzeige der Erwerbsvorgänge, § 16 Abs. 5 GrEStG.
Rückgängigmachung des Erwerbs vor Eigentumsübergang
Sofern ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht wird, bevor das Eigentum an den Erwerber übergegangen ist, gewährt § 16 Abs. 1 GrEStG die Nichtfestsetzung bzw. im Fall einer bereits ergangenen Steuerfestsetzung die Aufhebung der GrESt. Sobald jedoch der Eigentumsübergang zivilrechtlich bereits wirksam vollzogen wurde, ist Abs. 1 nicht mehr anwendbar und es ist nur noch eine Rückgängigmachung der Besteuerung nach Abs. 2 möglich.
Darüber hinaus ist notwendig, dass der Erwerbsvorgang entweder durch
- Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien,
- Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts oder eines Wiederkaufsrechts innerhalb von zwei Jahren nach dem Entstehungszeitpunkt der GrESt rückgängig gemacht wird oder
- die Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs aufgrund eines Rechtsanspruchs erfolgt, wenn die Vertragsbedingungen nicht erfüllt wurden.
Weiter ist erforderlich, dass der Erwerb sowohl zivilrechtlich als auch wirtschaftlich vollständig rückgängig gemacht wird. In Frage kommen daher ein Aufhebungsvertrag sowie die Ausübung eines vertraglichen oder gesetzlichen Rücktrittsrechts. Zusätzlich fordert die wirtschaftliche Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs, dass die Parteien sämtliche aus dem Grundstückskaufvertrag heraus gewährten Leistungen wieder zurückgewähren.
Hinweis
Hierunter fällt nicht die Übernahme des Kaufvertrags durch einen Dritten. Dieser erwirbt zwar zivilrechtlich vom veräußernden Eigentümer, für grunderwerbsteuerliche Zwecke liegt jedoch ein Ankauf vom Ersterwerber vor, der ein weiteres Mal der Besteuerung unterliegt.
Rückerwerb
Sofern das Eigentum an dem Grundstück bereits auf dem Erwerber übertragen wurde, ist § 16 Abs. 2 GrEStG und nicht Abs. 1 anwendbar. In den Fällen der Nr. 1 bis 3 wird dann sowohl für den Ersterwerb als auch für den Rückerwerb, der grds. nach § 1 Abs. 1 GrEStG erneut der Besteuerung unterliegt, die GrESt nicht festgesetzt oder, soweit eine Festsetzung bereits erfolgt ist, die Steuerfestsetzung aufgehoben. Für den Rückerwerb genügt jeder rechtswirksame Kaufvertrag, wenn die am Vertrag beteiligten Personen identisch sind und das rückübertragene Grundstück mit dem zuvor übertragenen übereinstimmt. Soweit lediglich eine Teilfläche rückübertragen wird, ist die Steuer auch nur anteilig nicht festzusetzen bzw. die Festsetzung aufzuheben.
Die GrESt wird nach § 16 Abs. 2 GrEStG nicht festgesetzt bzw. die Steuerfestsetzung wird aufgehoben, sofern
- der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet,
- dass dem Erwerbsvorgang zugrundeliegende Rechtsgeschäft nichtig oder infolge einer Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen ist oder
- die Vertragsbedingungen des Rechtsgeschäfts, das den Anspruch auf Übereignung begründet, nicht erfüllt werden und das Rechtsgeschäft deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.
Herabsetzung der Bemessungsgrundlage
Statt der Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs vor oder nach Übergang des Eigentums nach Abs. 1 oder Abs. 2 wird gemäß § 16 Abs. 3 GrEStG die Steuer vermindert festgesetzt oder, sofern eine Steuerfestsetzung bereits erfolgte, die Festsetzung entsprechend korrigiert, wenn die Gegenleistung i. S. des § 8 GrEStG für das Grundstück einvernehmlich herabgesetzt wird.
Die Herabsetzung der Gegenleistung muss entweder
- innerhalb von zwei Jahren seit der Steuerentstehung oder
- aufgrund einer geltend gemachten Minderung i. S. des § 437 BGB (gesetzliches oder vertragliches Minderungsrecht) erfolgen.
Anwendung auf gesellschaftsrechtliche Vorgänge
§ 16 GrEStG findet ebenfalls Anwendung auf steuerbare Vorgänge nach § 1 Abs. 2 – 3a GrEStG. Im Hinblick auf einen steuerbaren Wechsel im Gesellschafterbestand einer Gesamthand i.S d. § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG soll es entgegen der früheren Ansicht der Finanzverwaltung nunmehr ausreichend sein, wenn durch die Rückgängigmachung des Erwerbs im Ergebnis weniger als 90 % der Beteiligung am Vermögen der Personengesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen (vgl. Gleich lautende Erlasse der Länder 18.02.2014 – 36-S 4501-011-45 582/09, BStBl. I 2014, S. 561). Da § 1 Abs. 3 GrEStG nur eine punktuelle Betrachtung vornimmt, soll hier ebenfalls bereits die Rückgängigmachung eines Gesellschafterwechsels genügen, wenn damit keine Anteilsvereinigung mehr vorliegt.
Verfahrensrechtliche Aspekte
Die Finanzverwaltung ist selbst bei positiver Kenntnis über das Erfüllen eines Tatbestands des § 16 GrEStG nicht zur entsprechenden Korrektur des Steuerbescheids verpflichtet; die Norm fordert vielmehr einen eigenen Antrag des Steuerpflichtigen bei dem zuständigen Finanzamt. Ggf. ist die genannte Zweijahresfrist zu beachten. § 16 Abs. 5 GrEStG verweigert die Nichtfestsetzung der Steuer bzw. die Aufhebung der Steuerfestsetzung, wenn der rückgängig gemachte Erwerbsvorgang ursprünglich nicht ordnungsgemäß nach den §§ 18 bis 20 GrEStG bei der Finanzbehörde angezeigt wurde. Dies erfordert eine in allen Teilen vollständige Anzeige des Erwerbvorgangs.