Kursangebot | Grunderwerbsteuer | Änderung des Gesellschafterbestandes

Grunderwerbsteuer

Änderung des Gesellschafterbestandes

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Durch den Erwerb von Anteilen bzw. Beteiligungen an grundbesitzenden Gesellschaften erfüllte Steuertatbestände sind:

  • Änderungen des Gesellschafterbestandes nach § 1 Abs. 2a und Abs. 2b GrEStG (Prüfung auf Ebene der Gesellschaft),
  • Anteilsvereinigungen und Anteilsübertragungen nach § 1 Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG (Prüfung auf Ebene des Gesellschafters).

 

Merke

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1 Abs. 2a und Abs. 2b GrEStG haben Vorrang vor § 1 Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG.

 

Für die Einstufung einer Gesellschaft als grundbesitzende Gesellschaft ist auf die grunderwerbsteuerliche Zurechnung eines inländischen Grundstücks zum Vermögen einer Personen- oder Kapitalgesellschaft abzustellen.

Das bedeutet, dass ein Grundstück zum Vermögen der Gesellschaft gehört, wenn

  • sie aufgrund eines Verpflichtungsgeschäfts einen Übereignungsanspruch gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG hat,
  • ihr das Grundstück aufgelassen worden ist gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG,
  • ihr die Verwertungsbefugnis zusteht gem. § 1 Abs. 2 GrEStG,
  • sie mit mindestens 90 % (ab 01.07.2021) an einer grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt ist gem. § 1 Abs. 3 und 3a GrEStG.

§ 39 AO findet keine Anwendung. 

 

Wesentliche Änderung des Gesellschafterbestandes

Hinweis

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Die Finanzinstanzen der Bundesländer haben bestehende Erlasse, die sich auf die Änderung des Gesellschafterbestands von grundbesitzenden Personengesellschaften gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG und die daraus resultierende Grunderwerbsteuer beziehen, aktualisiert.

Zudem wurden erstmals Erlasse bezüglich des neuen Sachverhalts für grundbesitzende Kapitalgesellschaften gemäß § 1 Abs. 2b GrEStG herausgegeben. 

Die Richtlinien vom 10.05.2022 ersetzen die bisherigen vom 12.11.2018 und sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

Oberste Finanzbehörden der Länder 10.5.22, S 4501

In der Regel gelten Änderungen in der Beteiligungsquote und der Wechsel von Gesellschaftern nicht als für die Grunderwerbsteuer relevante Ereignisse. Dies liegt daran, dass solche Vorgänge keine Rechtsgeschäfte darstellen, die einen Anspruch auf Übereignung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG auslösen würden. Ein Wechsel der Gesellschafter beeinflusst nicht die Zurechnung der Grundstücke im Vermögen der Gesamthandsgemeinschaft.

Allerdings liegt ein für die Grunderwerbsteuer relevanter Gesellschafterwechsel im Sinne des § 1 Abs. 2a GrEStG vor, wenn ein Neugesellschafter einen solchen Wechsel auslöst – sei es unmittelbar oder mittelbar. Dies ist immer dann der Fall, wenn sich durch den Eintritt des Neugesellschafters das Verhältnis zwischen den bestehenden Altgesellschaftern und dem Neugesellschafter zu Ungunsten der Altgesellschafter verändert.

Hinweis

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Der einem Gesellschafter gehörende Wertanteil am Nettovermögen wird als sein Anteil am Gesellschaftsvermögen definiert. Dieser Anteil stellt einen vertraglichen, schuldrechtlichen Anspruch gegenüber der Gesamthand dar, der sich aus den Regelungen des Gesellschaftsvertrages oder gesetzlichen Bestimmungen wie § 722 BGB, § 734 BGB und §§ 120 ff. HGB ergibt. Wichtig hierbei ist, dass nicht die Beteiligung am Gesamtergebnis entscheidend ist, sondern die Beteiligung am Vermögen. Veränderungen dieser Beteiligung werden wirksam, sobald der zugehörige Vertrag abgeschlossen ist, also noch vor ihrer rechtlichen Umsetzung.

Alt- und Neugesellschafter

Altgesellschafter sind Personen oder juristische Entitäten, die bereits vor einem bestimmten Zeitpunkt oder Ereignis Gesellschafter einer Gesellschaft waren. In vielen Kontexten, insbesondere im Gesellschaftsrecht, bezieht sich der Begriff "Altgesellschafter" auf die ursprünglichen oder bestehenden Gesellschafter einer Gesellschaft, bevor neue Gesellschafter (oft als "Neugesellschafter" bezeichnet) hinzukommen oder bevor es zu einer Veränderung in der Gesellschafterstruktur kommt.

Der Unterschied zwischen Altgesellschaftern und Neugesellschaftern ist oft relevant, wenn es um Rechte, Pflichten oder die Verteilung von Vermögenswerten geht, besonders in Situationen, in denen die Gesellschaft Anteile verkauft, neues Kapital aufnimmt oder ihre Struktur auf andere Weise ändert.

  1. Gemäß § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG werden nur Gesellschafterwechsel durch das Hinzufügen eines neuen Gesellschafters besteuert, wohingegen Bewegungen zwischen bestehenden Gesellschaftern nicht berücksichtigt werden. Erwerbe aufgrund eines Todesfalls sind ebenfalls nicht betroffen. Lediglich die Übertragung eines bereits vorhandenen Anteils an einen neuen Gesellschafter gilt als derivativer Erwerb, während die Schaffung eines neuen Gesellschaftsanteils durch Kapitalerhöhung als originärer Erwerb gilt.
  2. Ein neuer Gesellschafter wird auch dann bejaht, wenn ein Altgesellschafter durch den neu hinzukommenden Gesellschafter unverändert wirtschaftlich an der Personengesellschaft, die Grundstücke besitzt, beteiligt bleibt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Beteiligungsstruktur erweitert wird, wie es das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 29.2.2012 (II R 57/09) beschreibt. Zudem gilt ein Neugesellschafter als beigetreten, wenn er die Beteiligung nur stellvertretend für den ursprünglichen Gesellschafter hält, wie im Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16.1.2013 (II R 66/11) festgelegt.
  3. Unmittelbare Änderungen im Gesellschafterbestand liegen vor, wenn eine oder mehrere Gesellschaftsbeteiligungen / Anteile an der grundstückshaltenden Personengesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen. Bei unmittelbaren Übertragungen maßgebend ist die (dingliche) Übertragung der Beteiligung. Mittelbare Übertragungen erfolgen, wenn mittelbare Änderungen des Gesellschafterbestandes dadurch erfolgen, dass sich die Beteiligungsverhältnisse bei einer zwischengeschalteten Gesellschaft ändern (vgl. § 1 Abs. 2a S. 2 ff. GrEStG).
  4. Gemäß einem Urteil des BFH, das von der herkömmlichen Sicht der Finanzverwaltung abweicht, bezüglich der indirekten Änderung im Gesellschafterverhältnis (BFH v. 24.03.2013 – II R 17/10), wurden Anpassungen in § 1 Abs. 2a GrEStG vorgenommen, die die ursprüngliche Position der Finanzbehörde wiederherstellen (BGBl. I 2015, 1834). Dabei werden Veränderungen im Gesellschafterkreis einer Personengesellschaft entsprechend ihrer Anteile betrachtet. Das bedeutet, dass bei dazwischenliegenden Personengesellschaften die Anteile entsprechend durchgerechnet werden. Andererseits werden zwischenliegende Kapitalgesellschaften als frische Gesellschafter betrachtet, wenn von ihnen zumindest 90% (bis zum 30.06.2021: 95%) auf neue Mitglieder übertragen werden. Dabei bezieht die Finanzbehörde alle Transaktionen mit ein, ohne Berücksichtigung der 10- bzw. 5-Jahresregelung.

Daneben gilt eine wirtschaftliche Zurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO „unter Beachtung grunderwerbsteuerlicher Besonderheiten“. Dabei können schuldrechtliche Bindungen der zwischengeschalteten Gesellschaft zu einer mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestandes führen.

Erfassung von unmittelbaren oder mittelbaren Wechseln der Anteilseigner

Die Anwendungsrichtlinien des § 1 Abs. 2a GrEStG wurden unter anderem hinsichtlich der von 95% auf 90% reduzierten Beteiligungsquote und des von fünf auf zehn Jahre ausgedehnten Betrachtungszeitraums aktualisiert. 

Gemäß § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG wird also fiktiv angenommen, dass eine direkte oder indirekte Veränderung des Gesellschafterkreises von mindestens 90 % in Personengesellschaften, die ein inländisches Grundstück besitzen, als ein Geschäft angesehen wird, das die Übertragung des Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft beinhaltet. Dies muss sich innerhalb von zehn Jahren ereignen. Der Paragraf wurde ins Leben gerufen, um steuerfreie Übertragungen, die als missbräuchlich angesehen werden könnten, zu verhindern. Es handelt sich um eine Regelung zur Vermeidung von Steuermissbrauch, bei der keine Umgehungsabsicht oder eine Berufung auf § 42 AO erforderlich ist. Diese Regelung hat Priorität vor § 1 Abs. 3 und 3a GrEStG.

 Der § 1 Abs. 2b GrEStG wird auch im folgenden Video inklusive eines Fallbeispiels vorgestellt:

 Mit dem „Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes“ wurde mit § 1 Abs. 2b GrEStG ein neuer Ergänzungstatbestand zur Erfassung von unmittelbaren oder mittelbaren Wechseln der Anteilseigner in Höhe von mindestens 90 % bei grundstücksbesitzenden Kapitalgesellschaften eingeführt. Es wird die Übertragung der Grundstücke auf eine neue Kapitalgesellschaft fingiert.

Voraussetzung ist ebenfalls, dass sich diese Veränderung innerhalb von 10 Jahren vollzieht.

Hinweis

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Mit der Einführung des § 1 Abs. 2b GrEStG werden bisher steuerfreie Anteilsübertragungen Grunderwerbsteuer auslösen.

Merke

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§ 1 Abs. 2b GrEStG hat Vorrang vor der Anteilsvereinigung bzw. -übertragung nach § 1 Abs. 3 und 3a GrEStG und führt zu einem anderen Steuerschuldner.

Nicht alle Steuerbefreiungen nach § 3 GrEStG sind auf Erwerbsvorgänge gem. § 1 Abs. 2b GrEStG anwendbar, da die Kapitalgesellschaft – im Gegensatz zur Gesamthandsgemeinschaft – intransparent ist.

Beispielsweise die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 6 GrEStG (Übertragungen zwischen Verwandten in gerader Linie) scheidet aus, da mit § 1 Abs. 2b GrEStG die Übertragung auf eine neue Kapitalgesellschaft fingiert wird. Ebenfalls nicht anwendbar sind die Steuerbefreiungen gem. §§ 5, 6, 7 GrEStG, da diese nur für Personengesellschaften gelten.

Für mittelbare Anteilsübertragungen gelten analog die Grundsätze wie für Personengesellschaften und § 1 Abs. 2a GrEStG.

  • Bei zwischengeschalteten Personengesellschaften wird gem. § 1 Abs. 2b S. 2 GrEStG wird durchgerechnet.
  • Bei zwischengeschalteten Kapitalgesellschaften gilt das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“, d.h. bei Übertragung von mindestens 90 % der zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft gilt die von ihr gehaltene Beteiligung gem. § 1 Abs. 2b S. 3 ff. GrEStG als auf einen neuen Gesellschafter übertragen.

Anwendungsvorschriften für § 1 Abs. 2b GrEStG:

Nach § 23 Abs. 18 GrEStG gelten die Neuregelungen ab dem 01.07.2021. Übertragungen von Anteilen an Kapitalgesellschaften vor dem 01.07.2021 werden gem. § 23 Abs. 23 GrEStG nicht berücksichtigt (keine sog. Zählerwerbe).

Somit sind am 01.07.2021 alle beteiligten Gesellschafter Altgesellschafter.  

Ergänzungs­tat­be­stand der An­teils­ver­ei­ni­gung

In den Er­las­sen vom 10.05.2022 zur An­wen­dung des § 1 Abs. 2b GrEStG wird u. a. auf das Verhält­nis zum Ergänzungs­tat­be­stand der An­teils­ver­ei­ni­gung nach § 1 Abs. 3 GrEStG ein­ge­gan­gen. Grundsätz­lich geht § 1 Abs. 2b GrEStG der An­wen­dung des § 1 Abs. 3 GrEStG vor.

Fal­len je­doch die Zeit­punkte zwi­schen dem schuld­recht­li­chen Ver­pflich­tungs­ge­schäft (Si­gning), das zu ei­ner Fest­set­zung nach § 1 Abs. 3 GrEStG führen kann, und dem Überg­ang der An­teile (Clo­sing), das grundsätz­lich eine Fest­set­zung nach § 1 Abs. 2b GrEStG auslöst, aus­ein­an­der, können zwei Fest­set­zun­gen er­fol­gen. Die Fest­set­zung nach § 1 Abs. 3 GrEStG soll auf­ge­ho­ben wer­den, wenn das Si­gning er­folgt und Grundstück­si­den­tität vor­liegt. Zu­dem soll eine Fest­set­zung nach § 1 Abs. 3 GrEStG grundsätz­lich nur ge­bo­ten sein, wenn „bis zu einem Jahr nach Kennt­nis­nahme der Fi­nanz­ver­wal­tung von dem steu­er­begründen­den Sach­ver­halt eine Be­steue­rung nach § 1 Abs. 2b GrEStG nicht zu er­war­ten ist“.

Zehnjahreszeitraum

Um festzustellen, ob ein steuerrelevanter Vorgang gemäß § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG gegeben ist, müssen alle Anteilsübertragungen innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren (bis zum 30.06.2021 waren es 5 Jahre) betrachtet werden. Der zu betrachtende Zeitraum variiert für jedes Grundstück der betroffenen Personengesellschaft. Beginnend vom jüngsten Gesellschafterwechsel muss rückwirkend über 10 Jahre (bis 30.06.2021: 5 Jahre) alle Anteilsübertragungen berücksichtigt werden, um den entsprechenden Prozentsatz zu ermitteln.

Anwendungsvorschriften für die Neuregelungen des § 1 Abs. 2a GrEStG zum 01.07.2021:

Nach § 23 Abs. 18 GrEStG gelten die Neuregelungen für nach dem 30.06.2021 verwirklichte Erwerbsvorgänge, d. h.:

  • maßgebend ist die zivilrechtlich wirksame Anteilsübertragung (das Verfügungsgeschäft), nicht das zugrunde liegende Kausal- bzw. Verpflichtungsgeschäft,
  • der dingliche Erwerb des letzten Anteils, zur Erreichung der 90 %-Grenze führt
  • und damit Zusammenrechnung mit vorher verwirklichten Übertragungen (sog. Zählerwerbe).

Gemäß § 23 Abs. 19 GrEStG erfolgt eine Verlängerung des Beobachtungszeitraums dahingehend,

  • dass derjenige, der am 01.07.2021 wegen Ablaufs der 5-Jahresfrist bereits Altgesellschafter war
    (Erwerb vor dem 01.07.2016), dies auch trotz Verlängerung der Frist auf 10 Jahre bleibt und
  • dass für denjenigen, der noch innerhalb der 5-Jahresfrist ist (Erwerb nach dem 01.07.2021), sich die Frist auf 10 Jahre verlängert.

 

Bei mittelbaren Übertragungen galt nach bisheriger Rechtslage eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft in vollem Umfang als neue Gesellschafterin, wenn an ihr mindestens 95 % auf neue Gesellschafter übergingen. Nach Auffassung der Finanzverwaltung gilt insoweit kein Beobachtungszeitraum (vgl. GLE 12.11.2018, BStBl. I 2018, S. 1314, Tz. 5.2.3.1). Gemäß der Übergangsregelung des § 23 Abs. 19 S. 2 GrEStG ist die 90 %-Grenze für mittelbare Übertragungen auch bei Vorgängen vor dem 01.07.2021 anzuwenden.

 

Zur Vermeidung von Übergangsgewinnen ordnet § 23 Abs. 20 GrEStG die subsidiäre Fortgeltung der alten Fassung des § 1 Abs. 2a GrEStG für 5 Jahre an, es sei denn, der Vorgang ist nach § 1 Abs. 1, 2, 2a oder 3a GrEStG in der neuen Fassung steuerbar.

Fallbeispiele

Wechsel im Gesellschafterbestand 

 

Wechsel im Gesellschafterbestand nach Todesfall