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Die Reform der Share Deals im Grunderwerbsteuergesetz war ein lange diskutiertes Thema in Deutschland, das schließlich in gesetzliche Änderungen mündete.
Grundlagen des Share Deals
Beim Erwerb von Immobilien in Deutschland fällt die Grunderwerbsteuer an. Um diese Steuerbelastung zu umgehen, griffen Investoren häufig auf den Erwerb von Anteilen einer Immobiliengesellschaft zurück, statt direkt die Immobilie zu kaufen. Solange weniger als 95% der Anteile an einer solchen Gesellschaft übertragen wurden, war keine Grunderwerbsteuer fällig.
Rechtsentwicklung
Der Bundesrat hat am 7. Mai 2021 dem „Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes“ zugestimmt. Dies geschah nachdem der Bundestag das Gesetz bereits am 21. April 2021 beschlossen hatte. Es wurde am 17. Mai 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet und trat am 1. Juli 2021 in Kraft. Dieses Gesetz zielt primär darauf ab, Share Deals und die damit verbundenen Steuergestaltungsmöglichkeiten zu erschweren.
Die wesentlichen Änderungen
- Die steuerauslösende Beteiligungshöhe in den Ergänzungstatbeständen des § 1 Abs. 2a, 3 und 3a GrEStG wurde von 95 % auf 90 % reduziert.
- Ein neuer § 1 Abs. 2b GrEStG wurde eingeführt, welcher die Übertragung von 90% der Anteile an einer Kapitalgesellschaft, die ein inländisches Grundstück besitzt, innerhalb von 10 Jahren als grunderwerbsteuerbaren Tatbestand definiert.
- Die Fristen in diversen Abschnitten des GrEStG, wie z. B. § 1 Abs. 2a, wurden von 5 auf 10 Jahre ausgedehnt. Zusätzlich wurde eine neue Vorhaltefrist von 15 Jahren im § 6 GrEStG implementiert.
- Eine Börsenklausel wurde neu in § 1 Abs. 2c GrEStG aufgenommen.
Fazit
Die Reform zielt darauf ab, steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten zu beschränken und für mehr Gerechtigkeit im Steuersystem zu sorgen. Es wird erwartet, dass die Reform erhebliche Auswirkungen auf die Immobilientransaktionspraxis in Deutschland haben wird, da Share Deals in ihrer bisherigen Form weniger attraktiv werden. Mit dieser Reform wurde der Anwendungsbereich der Share Deal-Besteuerung erweitert, um weitere Gestaltungen zur Umgehung der Grunderwerbsteuer einzubeziehen. Investoren und Unternehmen müssen ihre Transaktionsstrukturen überdenken und sich auf die neuen Regelungen einstellen.
Beispiel
Vor der Reform (alte Regelung):
Ein Investor möchte ein Bürogebäude in Berlin kaufen, das von einer Immobiliengesellschaft (GmbH) gehalten wird. Statt das Gebäude direkt zu kaufen, erwirbt er 94% der Anteile an dieser GmbH. Da er weniger als 95% der Anteile erworben hat, fällt nach der alten Regelung keine Grunderwerbsteuer an.
Nach der Reform:
Derselbe Investor erwirbt erneut 94% der Anteile an einer Immobiliengesellschaft, die ein Grundstück in Frankfurt besitzt. Aufgrund der geänderten Regelung, wonach bereits der Erwerb von 90% der Anteile steuerbar ist, muss der Investor nun Grunderwerbsteuer zahlen
Beispiel
Erweiterte Haltefristen:
Ein Konsortium kauft 91% der Anteile an einer Immobiliengesellschaft, die ein Einkaufszentrum in München besitzt. Sie planen, die Anteile nach 6 Jahren wieder zu verkaufen. Unter der alten Regelung wären sie steuerfrei gewesen, wenn sie 5 Jahre gewartet hätten. Nach der Reform müssen sie jedoch 10 Jahre warten, um die Grunderwerbsteuer zu vermeiden.
Beispiel
Börsenklausel:
Ein Unternehmen, das an der Börse gelistet ist, besitzt mehrere Immobilien in Deutschland. Es gibt zahlreiche Aktientransaktionen, und über einen Zeitraum von 10 Jahren wechseln 92% der Anteile den Besitzer. Aufgrund der neuen Börsenklausel wird hier jedoch keine Grunderwerbsteuer fällig, obwohl die 90%-Schwelle überschritten wurde.
Beispiel
Neue Vorhaltefrist:
Ein Immobilienfonds kauft ein Grundstück in Hamburg und entwickelt dort ein Apartmentkomplex. Nach 12 Jahren entscheidet sich der Fonds, das Grundstück an eine andere Gesellschaft zu übertragen, die zum gleichen Konzern gehört. Trotz der 10-Jahres-Frist für den Anteilserwerb muss der Fonds nun zusätzlich prüfen, ob er die neue 15-Jahres-Vorhaltefrist einhält, um die Grunderwerbsteuer zu vermeiden.