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Berechnung der Steuer
Merke
Bemessungsgrundlage (§§ 8, 9 GrEStG) x Steuersatz (§ 11 GrEStG) = Grunderwerbsteuerbetrag
Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer
Grundsätzlich – insbesondere in den Fällen regulärer Kaufverträge i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG – ermittelt sich die Regelbemessungsgrundlage der GrESt nach dem Wert der Gegenleistung i.S.d. § 9 GrEStG. Dieser ist bei allen grunderwerbsteuerbaren und -steuerpflichtigen Tatbeständen, denen ein messbarer Leistungsaustausch zugrunde liegt, zu ermitteln, § 8 Abs. 1 GrEStG.
Allgemein umfasst die Gegenleistung jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für das Grundstück dem Veräußerer gewährt oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung erhält.
Was zur Gegenleistung zählt, richtet sich nach § 9 Abs. 1 GrEStG, wie
- Beim Kaufvertrag gilt nach 1 GrEStG als Gegenleistung der zu zahlende Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Der Erwerb des Grundstücks und die Gegenleistung müssen kausal verknüpft sein; unabhängig vom Erwerbsvorgang ausgetauschte Leistungen, die nur aus Anlass des Erwerbsvorgangs erfolgen, gehören nicht zur Gegenleistung.
- Beim Tausch ist es nach 2 GrEStG die Tauschleistung des anderen Vertragsteils einschließlich einer vereinbarten zusätzlichen Leistung.
- Bei einer Leistung an Erfüllungs Statt ist nach 3 GrEStG es der Wert, zu dem die Leistung an Erfüllungs Statt angenommen wird.
- Beim Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren ist es gem. 4 GrEStG das Meistgebot einschließlich der Rechte, die nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben.
- Bei Abtretung der Rechte aus dem Meistgebot ist es gem. 5 GrEStG die Übernahme der Verpflichtung aus dem Meistgebot.
- Bei der Abtretung des Übereignungsanspruchs ist es gem. 6 GrEStG die Übernahme der Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft, das den Übereignungsanspruch begründet hat.
- Bei der Enteignung ist es gem. 7 GrEStG die Entschädigung.
Nach § 9 Abs. 2 GrEStG gehören zur steuerpflichtigen Gegenleistung auch
- diejenigen Leistungen gem. 1 GrEStG, die der Grundstückserwerber dem Veräußerer neben der vereinbarten Gegenleistung gewährt.
- die Belastungen gem. 2 GrEStG, die auf dem Grundstück ruhen, soweit sie auf den Erwerber kraft Gesetzes übergehen.
- die Leistungen gem. 3 GrEStG, die der Erwerber anderen Personen als dem Veräußerer als Gegenleistung dafür gewährt, dass sie auf den Grundstückserwerb verzichten.
- diejenigen Leistungen gem. 4 GrEStG, die ein Dritter dem Veräußerer als Gegenleistung für die Übertragung des Grundstücks an den Erwerber gewährt. In diesem Zusammenhang entschied der BFH, dass die Verpflichtung des Grundstückskäufers, dem Mieter eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit (sog. Mieterdienstbarkeit) zu bestellen, keine Erhöhung der Bemessungsgrundlage zur Folge hat (BFH v. 6.12.2017 - II R 55/15).
Die Grunderwerbsteuer selbst wird der Gegenleistung nicht hinzugerechnet; sie darf aber auch nicht davon abgezogen werden, § 9 Abs. 3 GrEStG. Es ist deshalb regelmäßig die (ökonomisch sinnvolle) Vereinbarung anzutreffen, dass der Käufer die gesamte Grunderwerbsteuer trägt. Würde die Grunderwerbsteuer nämlich vom Verkäufer getragen und damit quasi in den Kaufpreis eingeschlossen, so würde sich die Grunderwerbsteuerschuld erhöhen.
Hinweis
Das BFH-Urteil v. 10.05.2017 – II R 16/14 grenzt ab zwischen grundsätzlich steuererhöhenden Entschädigungen zugunsten des Veräußerers (z.B. für Wertminderungen weiterer Grundstücke) und nicht steuererhöhenden Leistungen des Veräußerers.
Wird ein nicht direkt aufteilbarer Kaufpreis sowohl für das Grundstück als auch für sonstige Wirtschafts-güter geleistet, so ist die Gesamtgegenleistung nach der sog. Boruttau’schen Formel aufzuteilen
Gesamtpreis x Gemeiner Wert des Grundstücks
Gemeiner Wert der sonstigen Gegenstände + Gemeiner Wert des Grundstücks
Kosten, die der Verkäufer für die Auflassung, Eintragung u. Beurkundung des Kaufes gem. § 448 Abs. 2 BGB zu tragen hat, fallen nicht unter die Gegenleistung. Wird der Kaufpreis unverzinslich und längerfristig gestundet, so handelt es sich um eine verdeckte Kaufpreisminderung. In diesem Fall ist der nach § 12 Abs. 3 BewG berechnete Kaufpreis zu besteuern.
Für den Wert der Gegenleistung ist weiter entscheidend, in welchem Zustand das Grundstück übertragen werden soll. In der Rechtsprechung und Literatur wird diese Thematik unter den Begriffen des „einheitlichen Vertragswerks“ bzw. des „einheitlichen Erwerbsgegenstands“ genannt.
Die hierunter subsumierten Fälle betreffen Grundstücksübertragungen, bei denen das Grundstück im Zustand der Bebauung übertragen oder die Transaktion in engem Zusammenhang mit der Bebauung oder sonstiger baulicher Veränderung erfolgt (BFH v. 03.03.2015 – II R 19/14). Danach können auch diejenigen Leistungen einen Teil der Bemessungsgrundlage bilden, die als Entgelt erst auf einen zukünftigen Zustand der Bebauung des Grundstücks abzielen. Der für GrESt-Zwecke relevante Gegenstand des Erwerbs bestimmt sich durch den engen sachlichen Zusammenhang zwischen dem eigentlichen Erwerbsvertrag und dem Bauvertrag, so dass auch zivilrechtlich getrennte Vertragswerke ggf. einheitlich zu betrachten sind. Ein solcher Fall liegt grds. vor, wenn der Erwerber gegenüber dem Veräußerer über das „Ob“ und „Wie“ der Bebauung nicht mehr frei entscheiden kann (z. B. durch Verwirklichung eines von Seiten des Veräußerers bereitgestellten Konzepts) oder wenn der Veräußerer mit dem Gebäudeerrichter abgestimmte Vertragswerke bereithält (sog. „Erwerb aus einer Hand“); insbesondere Werkverträge zur Bebauung.
Ausreichend ist hierbei schon ein tatsächliches, einvernehmliches Zusammenwirken. Die Finanzverwaltung hat die Grundsätze, unter denen ein beim Abschluss des Grundstückskaufvertrags tatsächlich unbebautes Grundstück in bebautem Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist, in den Gleichlautenden Ländererlassen v. 14.3.2017 (BStBl. I 2017, 436) zusammengefasst.
Gegenstand der Grunderwerbsteuer ist dann nicht nur der Kaufpreis des unbebauten Grundstücks, sondern sind auch die Aufwendungen für die Errichtung des Gebäudes, vgl. § 8 Abs. 2 S. 2 GrEStG. Ein einheitlicher Vorgang wird grundsätzlich angenommen, wenn der Erwerber tatsächlich nicht ein unbebautes Grundstück, sondern ein bereits bebautes Grundstück erwerben wollte. Es wird dann unterstellt, dass das Grundstück nicht im derzeitigen (unbebauten), sondern im zukünftigen (bebauten) Zustand erworben wird. Voraussetzung ist, dass der Veräußerer gegenüber dem Erwerber zur Bebauung verpflichtet ist. Folge des einheitlichen Vertragsgegenstandes ist eine Doppelbelastung mit GrESt und USt.
Unions- und verfassungsrechtliche Bedenken gegen das einheitliche Vertragswerk hat der BFH in ständiger Rechtsprechung zurückgewiesen (BFH v. 28.03.2012 – II R 57/10; v. 27.09.2012 – II R 7/12). Aktuelle Entscheidung zu diesem Themenkomplex: BFH v. 08.03.2017 – II R 38/41 bezüglich Baukosten bei geändertem Generalübernehmervertrag. Der EuGH hat mit Beschluss vom 27.11.2008 bestätigt, dass Grunderwerbsteuer auch zusätzlich zur Umsatzsteuer auf Bauleistungen erhoben werden darf.
Ersatzbemessungsgrundlage: Grundbesitzwerte i.S.d. BewG, § 8 Abs. 2 GrEStG
Sofern eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist (§ 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 GrEStG), eine Umwandlung auf Grund eines Bundes- oder Landesgesetzes, eine Einbringung oder ein anderer Erwerbsvorgang auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage vorliegt (§ 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 GrEStG) oder ein steuerbarer Tatbestand i. S. des § 1 Abs. 2a, 2b, 3 oder 3a GrEStG gegeben ist (§ 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GrEStG), wird die Bemessungsgrundlage nach den Grundbesitzwerten i. S. des § 157 Abs. 1 bis 3 BewG ermittelt. Bildet ein noch zu errichtendes Gebäude den Gegenstand des Erwerbs oder beruht die Steuerbarkeit i. S. des § 1 Abs. 2a S. 1 oder Abs. 2b S. 1 GrEStG auf einen vorgefassten Plan zur Bebauung des Grundstücks, ist dessen Wert gemäß § 8 Abs. 2 S. 2 GrEStG anhand der Verhältnisse im Zeitpunkt der Gebäudefertigstellung zu ermitteln.
Mit Beschlüssen vom 23.06.2015 (1 BvL 13/11 und 1 BvL 14/11) entschied das BVerfG, dass die Ermittlung der Bemessungsgrundlage anhand des Bedarfswerts i. S. des §§ 138 ff. BewG, wie ihn § 8 Abs. 2 S. 1 GrEStG a. F. vorsah, gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße und rückwirkend ab dem 01.01.2009 nicht mehr anzuwenden sei. Der Gesetzgeber reagierte hierauf mit der aktuellen Fassung des § 8 Abs. 2 S. 1 GrEStG und dem Verweis auf die (regelmäßig höheren) Grundbesitzwerte des § 157 Abs. 1 bis 3 BewG.
Hinweis
Ist der Grundbesitzwert des übertragenen Grundstücks in der Prüfung nicht explizit vorgegeben, so gilt es, diesen zu ermitteln. Dabei ist land- und forstwirtschaftlicher Grundbesitz nach § 157 Abs. 2 i. V. m. §§ 158 bis 175 BewG zu bewerten. Betriebsgrundstücke und zum Privatvermögen gehörende Grundstücke sind nach § 157 Abs. 3 i. V. m. §§ 159 und 176 bis 198 BewG zu bewerten.
Deshalb werden bebaute Grundstücke entweder nach dem Vergleichswertverfahren (§ 183 BewG), dem Ertragswertverfahren (§ 185 BewG) oder dem Sachwertverfahren (§ 189 BewG) bewertet.
Steuersatz der Grunderwerbsteuer
Der Grunderwerbsteuersatz betrug für alle Erwerbsvorgänge nach § 11 Abs. 1 GrEStG ursprünglich einheitlich 3,5 Prozent.
Durch der Föderalismusreform sind die Bundesländer seit dem 01.09.2006 berechtigt, den Grunderwerbsteuersatz frei zu wählen. Seitdem haben zahlreiche Bundesländer ihre „Chance“ genutzt und den auf Übertragungen in ihrem Hoheitsgebiet anwendbaren Steuersatz z. T. bereits mehrmals angehoben. Die geschuldete GrESt ergibt sich gemäß § 11 Abs. 2 GrEStG nach Abrundung auf den vollen Euro des durch Anwendung des jeweiligen Steuersatzes auf die Bemessungsgrundlage ermittelten Betrags.
Die nachfolgende Übersicht zeigt die in den einzelnen Bundesländern anwendbaren Grunderwerbsteuersätze:
Bundesland | Grunderwerbsteuersatz | Gültig seit |
Baden-Württemberg | 5,00 % | 05.11.2011 |
Bayern | 3,50 % | ab 1998 |
Berlin | 6,00 % | 01.01.2014 |
Brandenburg | 6,50 % | 01.07.2015 |
Bremen | 5,00 % | 01.01.2014 |
Hamburg | 4,50 % | 01.01.2009 |
Hessen | 6,00 % | 01.08.2014 |
Mecklenburg-Vorpommern | 6,00 % | 01.07.2019 |
Niedersachsen | 5,00 % | 01.01.2014 |
Nordrhein-Westfalen | 6,50 % | 01.01.2015 |
Rheinland-Pfalz | 5,00 % | 01.03.2012 |
Saarland | 6,50 % | 01.01.2015 |
Sachsen | 3,50 % | ab 1998 |
Sachsen-Anhalt | 5,00 % | 01.03.2012 |
Schleswig-Holstein | 6,50 % | 01.01.2014 |
Thüringen | 6,50 % | 01.01.2017 |
Alternativ kann das Finanzamt in dem – praktisch wenig relevanten – Fall, dass die Besteuerung vereinfacht und das steuerliche Ergebnis nicht wesentlich geändert wird, gemäß § 12 GrEStG im Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen von der exakten Berechnung des Steuerbetrags absehen und stattdessen die Steuer in einem Pauschbetrag festsetzen.