Inhaltsverzeichnis
- Outbound-Sachverhalte (ohne DBA)
- Unbeschränkte Steuerpflicht
- Besonderheiten bei der Verlustverrechnung - § 2a EStG
- Vermeidung der Doppelbesteuerung auf unilateraler Ebene (kein DBA)
- 1. Anrechnungsmethode
- 2. Steuerabzugsmöglichkeiten
- 3. Billigkeitsregelung des § 34c Abs. 5 EStG
- Vermeidung der Doppelbesteuerung auf bilateraler Ebene (DBA)
- Ausgangspunkt (Besteuerungsanspruch entstanden)
- Eingreifen einer DBA-Regelung (Besteuerungsanspruch beschränkt/erloschen?)
- Ansässigkeit Art. 1 Abs. 1, 4 OECD MA
- Einkünftekatalog
- 1. Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen Art. 6 OECD MA
- 2. Unternehmensgewinne Art. 7 OECD MA
- 3. Internationale Seeschiffahrt und Luftfahrt Art. 8 OECD MA
- 4. Dividenden Art. 10 OECD MA
- 5. Zinsen Art. 11 OECD MA
- 6. Lizenzen Art. 12 OECD MA
- 7. Veräußerungsgewinne Art. 13 OECD MA
- 8. Einkünfte aus unselbständiger Arbeit Art. 15 OECD MA
- 9. Aufsichtsrats-/Verwaltungsratsvergütungen Art. 16 OECD MA
- 10. Künstler und Sportler Art. 17 OECD MA
- 11. Ruhegehälter Art 18 OECD MA
- 12. Öffentlicher Dienst Art. 19 OECD MA
- 13. Studenten Art. 20 OECD MA
- 14. Andere Einkünfte Art. 21 OECD MA
- Methodenartikel 23A/23B OECD MA
- 1. Die Befreiungsmethode - Art. 23A OECD MA
- 2. Die Anrechnungsmethode - Art. 23B OECD MA
- Besteht ein Treaty Override?
- Exkurs: Klauseltypen
Outbound-Sachverhalte (ohne DBA)
Im Folgenden werden zur Erläuterung der Outbound-Sachverhalte die unbeschränkte Steuerpflicht, Besonderheiten bei der Verlustrechnung und die Vermeidung der Doppelbesteuerung auf unilateraler sowie bilateraler Ebene behandelt.
Unbeschränkte Steuerpflicht
Ausgang der Prüfung von Outbound-Sachverhalten ist das Vorliegen einer unbeschränkten Steuerpflicht. Hierzu wird auf die vorstehenden Ausführungen zur Steuerpflicht verwiesen.
Beispiel
Der in Deutschland wohnhafte A kauf Aktien an der in der Schweiz ansässigen B AG. Aus diesen Aktien bezieht er jährlich Dividenden.
Fallbeispiel
unbeschränkte Steuerpflicht
Besonderheiten bei der Verlustverrechnung - § 2a EStG
Das Welteinkommensprinzip führt grundsätzlich dazu, dass sowohl positive als auch negative Einkünfte – als Gewinne und Verluste – im Inland zu berücksichtigen sind. Der deutsche Gesetzgeber (und auch viele andere Gesetzgeber) sehen darin die Gefahr, dass durch gezielte Gestaltungen von Auslandsinvestitionen Verluste in das Inland transferiert und hier genutzt werden, die dazu führen, dass sich das inländische Besteuerungssubstrat mindert. Um dies zu vermeiden hat der Gesetzgeber die Regelung des § 2a EStG eingeführt.
Hinweis
§ 2a EStG bezieht sich nur auf die Verluste aus Drittstaaten. Welche Staaten als „Drittstaaten“ i.S.d. Regelung anzusehen sind, ist in § 2a Abs. 2a EStG definiert! Hintergrund ist die Rechtsprechung des EuGH zum EU-Binnenmarkt, die eine Gleichbehandlung von Gewinnen und Verlusten erfordert. Allerdings ist das Thema der grenzüberschreitenden Verlustverrechnung im EU-Fall (insbesondere die Voraussetzungen) eines der heißumstrittensten Themen im internationalen Steuerrecht.
§ 2a Abs. 1 EStG definiert die negativen Einkünfte i.S.d. Vorschrift und schreibt fest, dass diese grundsätzlich nur mit positiven Einkünften derselben Art verrechnet werden dürfen. Vorgeschrieben wird damit, dass eine Verrechnung von ausländischen Verlusten damit nur mit etwaigen positiven ausländischen Einkünften derselben Kategorie erfolgen darf. Die Verlustverrechnung wird damit „eingeschränkt“.
Die (Auslands-)Verluste sind ggf. vor- oder rückzutragen. Sie sind gesondert nach § 10d Abs. 4 EStG festzustellen.
Hinweis
Die Reglung des § 2a EStG sollte einmal im Selbststudium nachvollzogen werden!
Für Betriebsstätten enthält § 2a Abs. 2 EStG eine Ausnahmeregelung. Der Verlustabzug darf dann uneingeschränkt mit allen (auch deutschen) Einkünften erfolgen, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass die Verluste aus einer gewerblichen Betriebsstätte stammen, welche die Voraussetzungen des § 2a Abs. 2 S. 1 EStG (Aktivkatalog) erfüllt. Die Voraussetzungen dafür sind in der folgenden Abbildung zusammengefasst:
Die Beschränkung des Verlustausgleichs und des Verlustabzugs bei negativen ausländischen Einkünften aus Drittstaaten (§2a EStG) wird auch im folgenden Video behandelt:
Vermeidung der Doppelbesteuerung auf unilateraler Ebene (kein DBA)
Wie bereits dargestellt bestehen grundsätzlich zwei mögliche Ebenen, auf denen eine Doppelbesteuerung vermieden werden kann:
- Die unilaterale Ebene und
- die bilaterale Ebene.
§ 34c EStG beinhaltet zum einen die Anrechnungsmethode und zum anderen Steuerabzugsmöglichkeiten. Dies wird in der folgenden Abbildung übersichtlich dargestellt und anschließend näher erläutert:
Vorsicht
Die nachfolgenden Ausführungen zur Beseitigung einer Doppelbesteuerung auf unilateraler Ebene finden nur dann Anwendung, wenn keine DBA-Regelungen für den zu prüfenden Fall greifen, wenn also zwischen den betroffenen Ländern kein DBA geschlossen wurde. Deshalb ist – gedanklich – immer zunächst zu prüfen, ob ein DBA eingreift. Wenn ein solches DBA vorliegt, dann richten sich die steuerlichen Folgen grundsätzlich immer nach den Regelungen des DBA.
1. Anrechnungsmethode
In § 34c EStG hat der Gesetzgeber sich auf unilateraler Ebene vorrangig für die Anwendung der Anrechnungsmethode entschieden. Nach der Anrechnungsmethoden werden die ausländischen Einkünfte wie inländische Einkünfte behandelt und gehen somit in die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens ein. Die Vermeidung der Doppelbesteuerung erfolgt dann auf Ebene der zu ermittelnden Steuerschuld, indem die im Ausland entrichtete Steuer auf die im Inland zu zahlende Steuer angerechnet wird und sich diese entsprechend vermindert (gilt auch für den Soli).
Merke
Die Anrechnungsmethode des § 34c EStG gilt wegen § 26 KStG auch für Körperschaften!
Gem. § 34c Abs. 1 S. 1 EStG ist bei einem unbeschränkt Steuerpflichtigen, dessen ausländische Einkünfte in dem Staat aus dem sie stammen mit einer der Einkommensteuer entsprechenden Steuer besteuert wurden und diese auch gezahlt wurde, die ausländische Steuer auf seine inländische Steuerschuld anzurechnen, die auf diese ausländischen Einkünfte entfällt. § 34c Abs. 1 S. 1 EStG enthält eine sog. per country limitation (siehe hierzu auch § 68 EStDV).
Was ausländische Einkünfte i.S.d. Vorschrift des § 34c EStG sind, wird in § 34d EStG definiert. Dieser enthält einen Einkünftekatalog (ähnlich wie § 2 EStG und § 49 EStG). Damit soll sichergestellt werden, dass nur die dort aufgezählten Einkünfte tatsächlich der Besteuerung unterworfen werden und keine „überschießende“ Besteuerung von ausländischen Einkünften erfolgt, da auch im reinen Inlandsfall nicht alle Einkünfte der Besteuerung unterliegen.
Hinweis
Der Einkünftekatalog des § 34d EStG sollte unbedingt einmal im Selbststudium nachvollzogen werden! Als Daumenregel lässt sich festhalten, dass für die Bestimmung und Ermittlung der Einkünfte dieselben Regelungen gelten wie im reinen Inlandsfall. Die Verweise in § 34d EStG auf die Vorschriften der §§ 13 – 22 EStG machen dies deutlich.
§ 34d EStG enthält ein paar Besonderheiten. Voraussetzung für ausländische Einkünfte ist demnach, dass Einkünfte und Einkunftsquelle stets zusammengefasst werden.
Beispiel
Der in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtige I verfügt über eine Villa auf Mallorca, die er an Touristen vermietet. Die Einkünfte aus dieser Tätigkeit unterfallen (fiktiv) § 34d Nr. 7 EStG.
Für Einkünfte aus Gewerbebetrieb gilt § 34d Nr. 2 EStG. Diese Einkünfte können auch mittels einer Betriebsstätte (§ 12 AO) oder eines ständigen Vertreters (§ 13 AO) erzielt werden. § 34d Nr. 4 EStG enthält eine Sondervorschrift für Veräußerungsgewinne. § 34d Nr. 4 b) EStG trifft eine ähnliche Regelung wie § 17 EStG. Die Voraussetzungen für die Erfassung des Gewinns sind jedoch andere.
Hinweis
Bitte lesen sie § 34d Nr. 4 lit. b) EStG einmal im Selbststudium und markieren Sie sich die entsprechenden Voraussetzungen.
§ 34d Nr. 3 EStG enthält Vorgaben für die Erfassung von Einkünften aus selbständiger Arbeit. Zu beachten ist hierbei der genaue Wortlaut, der verschiedene Optionen enthält (oder), die sich gerade gegenseitig ausschließen.
Welche ausländischen Steuern der inländischen Einkommensteuer entsprechen ist in Anlage 6 der EStR festgelegt. Damit kann es trotz allem zu einer Mehrfachbesteuerung der ausländischen Einkünfte kommen, da ausdrücklich nur auf die Einkommensteuer abgestellt wird.
Merke
Die Anrechnung gilt nicht für Einkünfe aus Kapitalvermögen auf die § 32d Abs. 1, und Abs. 2-6 EStG anzuwenden ist! Für diese Einkünfte enthält § 32d Abs. 5 EStG eine Sonderregelung (bitte lesen). Die Anrechnung erfolgt hier grundsätzlich bereits im Steuerabzugsverfahren. § 32d Abs. 5 EStG entspricht der Regelung des § 34c Abs. 1 EStG weitestgehend. Allerdings beschränkt § 32d Abs. 5 EStG die Anrechnung nicht auf die (ausländische) Einkommensteuer. Aus § 32d Abs. 5 S. 3 EStG ergibt sich vielmehr eine sog. per item-limitation auf höchstens 25%.
Das Anrechnungsverfahren birgt ein Aufteilungsproblem, da die Anrechnung nur auf die Einkommensteuer erfolgt, die auf die ausländischen Einkünfte entfällt. Die Ermittlung dieser Steuer erfolgt gem. § 34c Abs. 1 S. 2 EStG durch Anwendung eines Durchschnittsteuersatzes.
Hinweis
Das genaue Verfahren der Ermittlung sollte einmal nachvollzogen werden. Für die Klausuren eignet sich eine solche Berechnung aber nicht.
Für Körperschaften ergibt sich die Ermittlung aus § 26 Abs. 2 S. 1 KStG!
2. Steuerabzugsmöglichkeiten
Eine weitere Möglichkeit, um eine Doppelbesteuerung zu mindern (nicht zu vermeiden!) ist die Steuerabzugsmethode. Die ausländische Steuer wird in diesem Fall bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage abgezogen.
a) § 34c Abs. 2 EStG
§ 34c Abs. 2 EStG enthält die Möglichkeit zum Steuerabzug auf Antrag. Der Antrag ist durch den Steuerpflichtigen zu stellen. Gem. § 34c Abs. 2 EStG ist die ausländische Steuer auf Antrag bei der Ermittlung der Einkünfte abzuziehen, soweit sie auf ausländische Einkünfte entfällt, die nicht steuerfrei sind. Der Steuerabzug erfolgt statt der Anrechnung. Dies impliziert, dass für die Antragsstellung nach § 34c Abs. 2 EStG stets auch die Voraussetzungen der Steueranrechnung nach § 34c Abs. 1 EStG vorliegen müssen.
Merke
Der Steuerabzug vermeidet die Doppelbesteuerung nicht, sondern führt lediglich zu einer Abmilderung des Besteuerungseffekts. Deshalb ist im Vorfeld der Antragstellung zu prüfen, ob dieser gegenüber der Steueranrechnung nach § 34c Abs. 1 EStG im zu prüfenden Fall tatsächlich vorteilhaft ist. Dies kann z.B. dann der Fall sein, wenn die Anrechnung nach § 34c Abs. 1 EStG zu (nicht nutzbaren) Anrechnungsüberhängen führt.
b) § 34c Abs. 3 EStG
Die Regelung des § 34c Abs. 3 EStG führt zu einem Steuerabzug von Amts wegen. Dieser Steuerabzug von Amts wegen greift dann (automatisch), wenn die Voraussetzungen für eine Steueranrechnung nach § 34c Abs. 1 EStG nicht vorliegen. Dies betrifft die folgenden Fälle:
- die ausländische Steuer entspricht nicht der deutschen Einkommensteuer;
- die Steuer wird im ausländischen Staat (Einkünftestaat) nicht erhoben;
- es liegen keine ausländischen Einkünfte i.S.d. § 34d EStG vor.
3. Billigkeitsregelung des § 34c Abs. 5 EStG
§ 34c Abs. 5 EStG enthält eine Billigkeitsregelung, die den Finanzbehörden die Möglichkeit einräumt, die auf die ausländischen Einkünfte entfallende deutsche Steuer ganz oder teilweise zu erlassen oder pauschaliert festzusetzen. Dies gilt dann, wenn es aus volkswirtschaftlichen Gründen zweckmäßig ist oder die Anwendung der Anrechnung nach § 34c Abs. 1 EStG besonders schwierig ist.
Hinweis
Lesen Die hierzu unbedingt einmal den Pauschalierungserlass (Beck-Steuererlasse § 34c/1 zu Nr. 1) der die wichtigsten Befreiungen enthält. Beachten sie, dass der Auslandstätigkeitserlass (ATE) derzeit Gegenstand eines Vorabentscheidungsersuchens vor dem EuGH ist (siehe BFH v. 13.7.21, I R 20/18)
Vermeidung der Doppelbesteuerung auf bilateraler Ebene (DBA)
Im Folgenden wird der Ausgangspunkt sowie das Eingreifen einer DBA-Regelung, insbesondere die Ansässigkeit, der Einkünftekatalog, Methodenartikel und der Treaty Override, besprochen.
Ausgangspunkt (Besteuerungsanspruch entstanden)
Ausgangspunkt für alle grenzüberschreitenden DBA-Outbound Sachverhalte ist, dass grundsätzlich eine unbeschränkte Steuerpflicht besteht und der Steuerpflichtige somit mit seinem Welteinkommen der Besteuerung in Deutschland unterliegt. Zu prüfen ist damit zunächst, ob der deutsche Besteuerungsanspruch als solcher überhaupt erst „entstanden“ ist.
Die Prüfung, ob eine Besteuerung nach einem DBA vorliegt, gestaltet sich folgendermaßen:
Hinweis
Auf erster Ebene ist immer (auch bei beschränkter Steuerpflicht) das Vorliegen der innerstaatlichen Steuerpflicht und Besteuerung zu prüfen. Die Prüfung des DBA erfolgt dann daran anknüpfend auf zweiter Ebene! Damit lassen sich in Klausuren mehrere Aspekte zusammen abprüfen. Wer hier eine Ebene „verpasst“ verschenkt damit Punkte!
Eingreifen einer DBA-Regelung (Besteuerungsanspruch beschränkt/erloschen?)
Auf der zweiten Ebene sind dann die Auswirkungen der DBA-Regelungen zu prüfen. Diese können zum einen Auswirkung auf den Steueranspruch dem Grunde nach haben, nämlich in der Art, dass das deutsche Besteuerungsrecht nach den Regelungen des DBA bereits dem Grunde nach ausgeschlossen oder beschränkt ist.
Hinweis
Das DBA ist ähnlich aufgebaut wie ein Gesetz. Es enthält eine bestimmte Prüfungslogik, einen allgemeinen Teil, Begriffsdefinitionen und Auslegungshilfen. Machen Sie sich einmal im Selbststudium mit dem Aufbau vertraut, in dem Sie das Inhaltsverzeichnis studieren.
Zwischen den meisten Staaten besteht ein DBA. Sie müssen allerdings nicht jedes einzelne DBA kennen. Die DBA orientieren sich alle an einer Musterfassung der OECD, dem sog. OECD Musterabkommen (OECD MA). Im Folgenden wird ausschließlich auf die Regelungen des OECD MA (2017) Bezug genommen. Im Einzelfall (insbesondere in der Praxis) muss dann geprüft werden, ob und inwieweit das konkrete Abkommen von dem OECD MA abweicht, um die richtigen Steuerfolgen ableiten zu können.
Es folgt eine Gliederung des OECD-MA, die als Orientierung dienen soll:
Grundsätzlich ist das DBA ein eigenständiges „Gesetz“ und damit gelten auch nur die in diesem Gesetz festgeschriebenen Ausdrücke und Definitionen. Das DBA ist – zur Vermeidung von Qualifikationskonflikten – grundsätzlich abkommensautonom, d.h. aus sich heraus auszulegen.
Hinweis
Insbesondere Art. 3 OECD MA enthält einige Legaldefinitionen und Auslegungshilfen!
Gleichwohl gibt es oftmals begriffliche Überschneidungen zwischen dem DBA und dem „normalen“ nationalen Recht. Insbesondere bei Auslegungsschwierigkeiten kann in Einzelfällen auch auf nationale Grundsätze zurückgegriffen werden – jedenfalls soweit sichergestellt ist, dass diese Auslegung auch mit dem Sinn und der Zweckrichtung des DBA übereinstimmt.
Das folgende Video behandelt die Auslegung des Doppelbesteuerungsabkommens genauer:
Ansässigkeit Art. 1 Abs. 1, 4 OECD MA
Gem. Art. 1 Abs. 1 OECD MA gilt dieses Abkommen für Personen, die in einem Vertragsstaat oder in beiden Vertragsstaaten ansässig sind. Die Ansässigkeit i.S.d. DBA definiert Art. 4 OECD MA. Demnach ist eine „ansässige Person“ eine Person, die nach dem Recht dieses Staates dort auf Grund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist. Das DBA beruht auf der Vorgabe, dass ein Steuerpflichtiger stets nur in einem Staat (steuerlich) ansässig sein kann.
Merke
Eine Person die in einem Staat nur Quelleneinkünfte bezieht, ist i.d.R. in diesem Staat nicht ansässig. Dies folgt aus Art. 4 Abs. 1 S. 2 OECD MA.
Die Ansässigkeit ist aus Sicht beider Staaten zu prüfen. Dabei kann es dazu kommen, dass in beiden Staaten grundsätzlich eine Ansässigkeit gegeben ist (etwa weil der Steuerpflichtige in einem Staat seinen Wohnsitz hat, sich in dem anderen Staat aber gewöhnlich aufhält (183-Tage Regelung)). Um hier einen Qualifikationskonflikt zu vermeiden und die Ansässigkeit einem Staat zuzuordnen, enthält Art. 4 Abs. 2 OECD MA ein Prüfungsschema. Die Prüfung erfolgt gestuft:
- Wohnsitz hat Vorrang; wenn in beiden Staaten ein Wohnsitz besteht, so beurteilt sich die Ansässigkeit nach den engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen (Mittelpunkt des Lebensinteresses).
- Wenn kein Ergebnis erzielt wird, ist der gewöhnlicher Aufenthalt entscheidend.
- Wenn kein Ergebnis erzielt werden kann, dann richtet sich die Ansässigkeit nach der Staatsangehörigkeit.
- Wenn kein Ergebnis erzielt werden kann, so entscheiden (Letztentscheidung) die Behörden über die Ansässigkeit.
Merke
Sobald auf einer Ebene ein Ergebnis erzielt wird, ist die Prüfung beendet.
Beispiel
A ist Geschäftsführer eines deutschen Unternehmens. Er und seine Familie haben einen Wohnsitz und ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland. Um den US-amerikanischen Markt zu erschließen, soll A für ein paar Jahre nach Chicago gehen. Dort nimmt er sich eine Wohnung. Seine Familie verbleibt in Deutschland. A pendelt für 3 Jahre zwischen Deutschland und den USA hin und her wobei er sich mehr als 183 Tage in den USA aufhält.
Beispiel
Wie Beispiel 1, jedoch kommt A’s Familie mit in die USA. Die Kinder gehen dort zur Schule bzw. in den Kindergarten. In Deutschland behalten sie jedoch ihr Haus für die Heimatbesuche bei.
Einkünftekatalog
Auch das DBA enthält einen „Einkünftekatalog“, der allerdings von den Einkünften nach §§ 2 ff. EStG geringfügig abweicht. Zur Prüfung ist zunächst zu ermitteln, welchem Einkünfteartikel die Einkünfte zugeordnet werden können.
1. Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen Art. 6 OECD MA
Gem. Art. 6 Abs. 1 OECD MA steht das Besteuerungsrecht dem Belegenheitsstaat zu, als dem Staat in dem das unbewegliche Vermögen belegen ist. Hintergrund der Regelung ist, dass die Vertragsparteien damit anerkennen, dass aufgrund der Belegenheit und der Unbeweglichkeit des Vermögens eine sehr enge Verknüpfung zum Belegenheitsstaat besteht, die auch steuerlich nachvollzogen werden soll.
Hinweis
Art. 6 OECD MA sollte einmal im Selbststudium gelesen werden. Insbesondere die Regelung/Legaldefinition des Art. 6 Abs. 2 OECD MA.
Art. 6 Abs. 3 OECD enthält außerdem eine vorrangige Zuordnungsvorschrift zu Einkünften, die aus der Nutzung dieses Vermögens erzielt werden. Diese Regelung geht damit den anderen Vorschriften des DBA vor.
Hinweis
Diese Zuordnung kennen Sie schon aus dem EStG (bspw. § 21 Abs. 4 EStG). Ziehen Sie auch hier stets Parallelen. Das erleichtert ein Gesamtverständnis!
Fallbeispiel
2. Unternehmensgewinne Art. 7 OECD MA
Art. 7 OECD MA regelt die Aufteilung von Unternehmensgewinnen. Gem. Art. 7 Abs. 1 OECD MA können Gewinne eines Unternehmens nur im Ansässigkeitsstaat des Unternehmens besteuert werden. Was als „Unternehmen“ i.S.d. Abkommen gilt wird in Art. 3 Abs. 1 lit. c) OECD MA definiert.
Hinweis
Zur Auslegung des Begriff der dort genannten „Geschäftstätigkeit“ kann auf die Grundsätze des § 15 EStG zurückgegriffen werden. Auch hier stellt sich die Frage nach der Abgrenzung von gewerblicher Tätigkeit und reiner Vermögensverwaltung.
Dies gilt jedoch nur soweit die Gewinne des Unternehmens nicht einer Betriebsstätte zuzuordnen sind, die im anderen Vertragsstaat belegen ist. Der Betriebsstättenbegriff ist im DBA gesondert in Art. 5 OECD MA definiert. Hierbei bestehen einige Überschneidungen mit dem Betriebsstättenbegriff des § 12 AO. Die Begriffe sind jedoch nicht vollständig deckungsgleich. Gleichwohl können die Grundsätze zur Auslegung des § 12 AO auch die Auslegung des Art. 5 OECD MA angewendet werden.
Die Einkünfteartikel des OECD MA enthalten (ähnlich wie die Regelungen im EStG) vereinzelt Absätze, die zu einer Umqualifikation der Einkünfte zu Unternehmensgewinnen führen. Hierdurch wird sichergestellt, dass die Besteuerung von Unternehmensgewinnen nicht in realitätsfremder Weise aufgespalten wird. Die Einkünfte „folgen“ damit der Zuordnung der Wirtschaftsgüter.
Beispiel
Die Lizenz des Unternehmens wird in der Betriebsstätte im Land B verwaltet und vertrieben. Die Besteuerung der Lizenzeinkünfte erfolgt nicht nach Art. 12 Abs. 1 OECD MA (wegen Art. 12 Abs. 3 OECD MA), sondern nach Art. 7 OECD MA. Die Lizenz ist als Wirtschaftsgut ebenfalls der Betriebsstätte zuzuordnen.
Die Ermittlung bzw. die Abgrenzung der Einkünfte zwischen Stammhaus und Betriebsstätte ist in Art. 7 Abs. 2 OECD MA festgelegt. Es bedarf deshalb eines gesonderten Verfahrens, da nach allgemeinen steuerlichen Grundsätzen die Betriebsstätte gerade kein selbständiger Betriebsteil ist. Gem. Art. 7 Abs. 2 OECD MA ist deshalb für die Gewinnabgrenzung zu fingieren, dass es sich bei der Betriebsstätte um ein selbständiges Unternehmen handelt. Dies gilt nicht nur für die Einkünfte, die mit externen Dritten erzielt werden, sondern auch für das Verhältnis zwischen Stammhaus und Betriebsstätte. Der Betriebsstätte sind entsprechend die Wirtschaftsgüter für ihre Tätigkeit sowie die Chancen und Risiken zuzurechnen.
Hinweis
Gerade bei „ungewollten“ Betriebsstätten, die sich in der Praxis oftmals aufgrund der tatsächlichen Praxis des operativen Geschäfts ergeben, birgt dies das Risiko einer Verschiebung von Wirtschaftsgütern mit evtl. Entstrickungsfolgen.
Merke
Art. 9 OECD MA trifft eine Sonderreglung bei der Gewinnermittlung für verbundene Unternehmen. Über Art. 9 OECD MA sind die nationalen Regelungen zur Korrektur von Verrechnungspreisen (§ 1 Abs. 1 S. 1 AStG) anwendbar. Art. 9 OECD MA enthält selbst keine eigenständige Korrekturregelung.
Das nachfolgende Video geht auf die Zuordnung von Unternehmensgewinnen ein.
Zudem wird im nächsten Video die Zuordnung bei selbstständiger Arbeit behandelt.
Beispiel
A hat in Deutschland ein Unternehmen, dass in den Niederlanden über eine Betriebsstätte verfügt. Das Unternehmen erzielt einen Gesamtgewinn von EUR 300. Davon entfallen EUR 150 auf die niederländische Betriebsstätte. Zwischen Deutschland und den Niederlanden besteht ein DBA.
3. Internationale Seeschiffahrt und Luftfahrt Art. 8 OECD MA
Art. 8 OECD MA trifft eine Sonderregelung für Einkünfte, die aus dem Betrieb von Seeschiffen oder Luftfahrtzeugen erzielt werden.
Hinweis
Hierbei handelt es sich eher um eine „Exotenregelung“. Gleichwohl sollte die Regelung einmal im Selbststudium nachvollzogen werden.
4. Dividenden Art. 10 OECD MA
Art. 10 OECD MA trifft eine Sonderreglung für die Besteuerung von Dividenden. Nach Art. 10 Abs. 1 OECD MA steht grundsätzlich dem Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen, der die Dividenden bezieht, das Besteuerungsrecht zu. Art. 10 OECD MA umfasst grundsätzlich sämtliche Ausschüttungen im Zusammenhang mit den Anteilen. Damit sind grundsätzlich auch verdeckte Gewinnausschüttungen umfasst. Voraussetzung ist jedoch, dass das jeweils betroffene nationale Recht verdeckte Gewinnausschüttungen auch als Dividenden qualifiziert.
Gem. Art. 10 Abs. 2 OECD MA wird jedoch dem Quellenstaat (Ansässigkeitsstaat der Gesellschaft) ein Quellensteuerrecht eingeräumt. Der (zulässige) Quellensteuersatz wird gem. Art. 10 Abs. 2 lit. a) bzw. lit. b) OECD MA auf 5% bzw. 15% begrenzt.
Beispiel
A hält eine Beteiligung von 25% an einer italienischen GmbH. Hieraus erzielt er eine Dividende. Bei Ausschüttung der Dividende werden in Italien aufgrund der dortigen nationalen Regelungen Quellensteuer i.H.v. 25% einbehalten. Das DBA begrenzt den Quellensteuereinbehalt auf 10%. A kann entsprechend Erstattung der zu viel einbehaltenden Quellensteuer fordern.
Hinweis
Die Regelung des Art. 10 OECD MA sollte unbedingt einmal nachvollzogen werden!
Hinweis
Zur Möglichkeit der Quellensteuererstattung siehe die Ausführungen zur Regelung des § 50d Abs. 1 EStG!
5. Zinsen Art. 11 OECD MA
Art. 11 OECD MA trifft eine Sonderregelung für die Besteuerung von Zinseinkünften. Gem. Art. 11 Abs. 1 OECD MA können Zinsen grundsätzlich im Ansässigkeitsstaat der Person besteuert werden, die die Zinseinkünfte erzielt. Der abkommensrechtliche Begriff der Zinsen wird in Art. 11 Abs. 3 OECD MA legaldefiniert.
Gem. Art. 11 Abs. 2 OECD MA besteht jedoch für den Ansässigkeitsstaat des Darlehensnehmers ein (beschränktes) Quellensteuerrecht.
Zu beachten ist, dass Art. 11 Abs. 4 OECD MA eine „Missbrauchsvermeidungsvorschrift“ für die Besteuerung von unangemessenen Zinszahlungen zwischen verbundenen Unternehmen enthält. Damit soll verhindert werden, dass aufgrund des besonderen Näheverhältnisses zwischen den Parteien durch unangemessene Preisgestaltungen Einkünfte zwischen den Staaten verschoben werden und dadurch bewusst Besteuerungsvorteile ausgenutzt werden.
6. Lizenzen Art. 12 OECD MA
Art. 12 OECD MA enthält eine Sonderregelung für die Besteuerung von Einkünften aus Lizenzen (Lizenzgebühren). Was im Sinne des DBA unter einer Lizenz zu verstehen ist, ist in Art. 12 Abs. 2 OECD MA legaldefiniert. Gem. Art. 12 Abs. 1 OECD MA werden Lizenzgebühren nur im Ansässigkeitsstaat des Nutzungsberechtigten besteuert.
Beispiel
Die in den Niederlanden ansässige B B.V. entwickelt und lizensiert Software. Auch A bezieht die Softaware von der B B.V. und entrichtet hierfür eine monatliche Lizenzgebühr.
Zu beachten ist, dass Art. 12 Abs. 4 OECD MA eine „Missbrauchsvermeidungsvorschrift“ für die Besteuerung von unangemessenen Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen enthält. Damit soll verhindert werden, dass aufgrund des besonderen Näheverhältnisses zwischen den Parteien durch unangemessene Preisgestaltungen Einkünfte zwischen den Staaten verschoben werden und dadurch bewusst Besteuerungsvorteile ausgenutzt werden.
7. Veräußerungsgewinne Art. 13 OECD MA
Art. 13 OECD MA trifft eine Regelung für die Besteuerung von jeglichen Veräußerungsgewinnen:
- Veräußerungsgewinne aus dem Verkauf von unbeweglichen Vermögenwerden in dem Vertragsstaat besteuert, in dem das Vermögen belegen ist. Dies folgt aus Art. 13 Abs. 1 OECD MA.
- Veräußerungsgewinne aus beweglichem (Betriebsstätten-)Vermögen, welches einer Betriebsstätte zuzuordnen ist, können gem. Art. 13 Abs. 2 OECD MA im Betriebsstättenstaat besteuert. Dies gilt auch dann, wenn die gesamte Betriebsstätte veräußert wird.
- Art. 13 Abs. 4 OECD MA enthält eine Sonderregelung für Veräußerungsgewinne aus Anteilen (oder sonstigen vergleichbaren Rechten). Diese können im Ansässigkeitsstaat des Unternehmens besteuert werden, wenn der Wert dieser Anteile zu irgendeinem Zeitpunkt während der der Veräußerung vorangehenden 365 Tage zu mehr als 50% unmittelbar oder mittelbar auf in diesem anderen Staat belegenem unbeweglichen Vermögen i.S.d. Art 6 OECD MA beruhte.
- Art. 13 Abs. 5 OECD MA ist eine Auffangvorschrift und weist das Besteuerungsrecht für alle Veräußerungsgewinne, die nicht den Abs. 1-4 zugeordnet werden können, dem Ansässigkeitsstaat des Veräußerers zu.
Merke
Art. 13 Abs. 5 OECD MA ist der „Standard“-Artikel für die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen aus Anteilen. Art. 13 Abs. 4 OECD MA greift nur, wenn dessen Sondervoraussetzungen vorliegen. Dies wird oftmals überlesen.
8. Einkünfte aus unselbständiger Arbeit Art. 15 OECD MA
Art. 15 OECD MA enthält eine Regelung für die Besteuerung von Einkünften aus unselbständiger Arbeit. Art. 15 Abs. 1 OECD MA weißt das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus unselbständiger Arbeit grundsätzlich dem Ansässigkeitsstaat zu, es sei denn, die Arbeit wird in dem anderen Vertragsstaat ausgeübt.
Art. 15 Abs. 2 OECD MA trifft jedoch eine Ausnahmeregelung, wonach alleine dem Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen das Besteuerungsrecht zusteht, unabhängig davon, in welchem Staat die Tätigkeit ausgeübt wird. Die Folgen des Art. 15 Abs. 2 OECD MA greifen dann, wenn
- der Empfänger sich im anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten, der während des betreffenden Steuerjahres beginnt oder endet, aufhält und
- die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht im anderen Staat ansässig ist, und
- die Vergütungen nicht von einer Betriebstätte getragen werden, die der Arbeitgeber im anderen Staat hat.
Hierbei handelt es sich um eine Vereinfachungsregelung. Auf das BMF-Schreiben v. 3.5.2018, BStBl. 2018 I, S. 643, Tz. 4 ab Rn. 80 ff. wird hingewiesen.
9. Aufsichtsrats-/Verwaltungsratsvergütungen Art. 16 OECD MA
Art. 16 OECD MA enthält eine Sonderreglung für Vergütungen aus Aufsichtsrats-, Verwaltungsrats- oder ähnlichen Tätigkeiten. Diese können im Ansässigkeitsstaat der Gesellschaft besteuert werden, die diese Zahlungen vornimmt.
10. Künstler und Sportler Art. 17 OECD MA
Art. 17 OECD MA trifft eine Sonderreglung für Einkünfte eines Künstlers oder Sportlers. Diese Einkünfte können im Tätigkeitsstaat besteuert werden, wenn sie dem Künstler oder Sportler direkt zufließen.
Für den Fall, dass die Einkünfte dem Künstler oder Sportler nicht selbst zufließen enthält Art. 17 Abs. 2 OECD MA eine Sondervorschrift. Auch nach dieser Regelung kann die Besteuerung grundsätzlich im Tätigkeitsstaat stattfinden.
11. Ruhegehälter Art 18 OECD MA
Art. 18 OECD MA enthält eine Sondervorschrift für die Besteuerung von Ruhegehältern, die nicht aus einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst stammen und deswegen unter Art. 19 Abs. 2 OECD MA fallen. Demnach sind diese Ruhegehälter grundsätzlich ausschließlich im früheren Tätigkeitsstaat zu besteuern.
12. Öffentlicher Dienst Art. 19 OECD MA
Art. 19 OECD MA enthält eine Sonderreglung für die Besteuerung von Löhnen und Gehältern, die im Zusammenhang mit einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst geleistet werden. Demnach ist gem. Art. 19 Abs. 1 lit. a) OECD MA die Besteuerung grundsätzlich im Tätigkeitsstaat vorzunehmen. Gem. Art. 19 Abs. 1 lit. b) OECD MA besteht jedoch hiervon eine Ausnahme.
Hinweis
Die Regelung des Art. 19 OECD MA sollte einmal im Selbststudium nachvollzogen werden.
13. Studenten Art. 20 OECD MA
Art. 20 OECD MA enthält eine Sonderregelung für Zahlungen die an Studenten im Rahmen der Ausbildung (Praktikum) geleistet werden. Die Regelung sollte einmal im Selbststudium nachvollzogen werden. Es handelt sich jedoch eher um eine „Exotenvorschrift“.
14. Andere Einkünfte Art. 21 OECD MA
Art. 21 Abs. 1 OECD MA enthält eine Auffangvorschrift für alle Einkünfte die keinem anderen Einkünfteartikel zugewiesen werden können. Art. 21 OECD MA ist damit nachrangig zu prüfen. Art. 21 OECD weist für diese sonstigen Einkünfte ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht zu.
Methodenartikel 23A/23B OECD MA
Art. 23A und Art. 23B OECD MA enthalten die Methodenartikel zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung bzw. zur Auflösung von Doppelbesteuerungskonflikten. Nach dem DBA bestehen grundsätzlich zwei Methoden:
- die Befreiungsmethode (Freistellungsmethode),
- die Anrechnungsmethode.
Die Methoden stehen grundsätzlich gleichwertig nebeneinander. Sie entsprechen in ihren Grundsätzen der Freistellungs- und Anrechnungsmethode, wie sie auch unilateral im nationalen Recht verankert sind. In dem DBA wählen die Vertragsstaaten eineder beiden Methoden aus. In den meisten von Deutschland abgeschlossenen DBAs wurde die Freistellungsmethode gewählt.
Merke
Der Methodenartikel greift nur dann ein, wenn nach den vorangegangenen Artikeln beiden Vertragsstaatenein Besteuerungsrecht zusteht. Ansonsten besteht schon keine Gefahr der Doppelbesteuerung.
1. Die Befreiungsmethode - Art. 23A OECD MA
In den Befreiungsmethode oder Freistellungsmethode bewirkt, dass die (ausländischen) Einkünfte im Ansässigkeitsstaat von der Besteuerung ausgenommen werden. Dies ergibt sich aus Art. 23A Abs. 1 OECD MA. Die Einkünfte fließen damit bereits nicht in die Bemessungsgrundlage für die inländische Steuer ein.
Für Dividenden- und Zinseinkünfte nach Art. 10 und 11 OECD MA ordnet Art. 23A Abs. 2 OECD MA grundsätzlich die Anrechnung der ausländischen Steuer an.
Bei der Ermittlung der inländischen Steuer bzw. des inländischen Steuersatzes finden die (freigestellten) Einkünfte gleichwohl Berücksichtigung. Dies ergibt sich aus § 32b Abs. 2 EStG (sog. Progressionsvorbehalt). Diese Regelung ordnet an, dass die (freigestellten) Einkünfte zur Ermittlung des Steuersatzes wieder hinzuzurechnen sind. Nach Art. 23A Abs. 3 OECD MA ist dieses Vorgehen vertraglich gestattet.
Merke
Gem. § 32b Abs. 1 S. 2 EStG gilt dies nicht für alle Einkünfte. Die Regelung des § 32b EStG sollte einmal im Selbststudium gelesen und die Systematik verstanden werden.
Aus der Regelung des § 32b EStG lässt sich das folgende Prüfungsschema ableiten:
- Ermittle das sog. zu versteuernde Einkommen.
- Ermittle das sog. Steuersatzeinkommen. Dieses ergibt sich als zu versteuerndes Einkommen laut Schritt 1 zzgl. jenen Leistungen bzw. Einkünften, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen.
- Runde das Steuersatzeinkommen auf den nächstkleineren vollen Euro - Betrag ab.
- Ermittle den besonderen Steuersatz. Dieser errechnet sich als Durchschnittsteuersatz, nämlich als Steuersatzeinkommen nach Schritt 3, abgerundet auf vier Dezimalstellen.
- Ermittle die tarifliche Einkommensteuer, indem man den besonderen Steuersatz nach Schritt 4 mit dem zu versteuernden Einkommen nach Schritt 1 multipliziert.
Beispiel
Im Veranlagungszeitraum 2016 erzielt der ledige, 40 Jahre alte und kinderlose Steuerpflichtige Hubert ein zu versteuerndes Einkommen von EUR 50.000. Durch Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft erzielte er nach dem relevanten Doppelbesteuerungsabkommen steuerfreie Einkünfte in Höhe von EUR 30.000. Berechne die tarifliche Einkommensteuer. Rechne abweichend von § 32a EStG mit einem Einkommensteuersatz von 31,50625 %.
Das zu versteuernde Einkommen beträgt EUR 50.000, das Steuersatzeinkommen errechnet sich folgendermaßen:
- zu versteuerndes Einkommen EUR 50.000 zzgl. dem Progressionsvorbehalt unterliegendes Einkommen EUR 30.000 = Steuersatzeinkommen EUR 80.000.
- Die Einkommensteuer auf das Steuersatzeinkommen beträgt (mit dem unterstellen Steuersatz von 31,50625 %) dann EUR 25.205. Damit errechnet sich der besondere Steuersatz als 25.205:80.000 = 31,5073 %.
- Der besondere Steuersatz, angewendet auf das zu versteuernde Einkommen (also ohne die „steuerfreien“ ausländischen Einkünfte), liefert eine Einkommensteuer von 0,315073·50.000 = 15.753,65 €, diese wird nach § 32a Abs. 1 S. 6 EStG abgerundet auf EUR 15.753.
Der erwähnte § 32b Progressionsvorbehalt wird auch in diesem Video behandelt:
2. Die Anrechnungsmethode - Art. 23B OECD MA
Die Anrechnungsmethode führt dazu, dass bei der Ermittlung der inländischen Steuer die bereits im Ausland entrichtete Steuer angerechnet wird.
Merke
Die Anrechnungsmethode des Art. 23B OECD MA geht der Vorschrift des § 34c EStG vor!
Hinweis
Der Methodenartikel des zu prüfenden DBA ist stets genau anzusehen. Die Regelungen (und Ausnahmeregelungen) sind regelmäßig Ausfluss der Verhandlungen zwischen den Staaten und können deshalb oftmals von der Standartklausel des OECD MA abweichen bzw. einen weitaus umfangreicheren Katalog an Regelungen darstellen.
Besteht ein Treaty Override?
Abschließend ist stets zu prüfen, ob im zu prüfenden Fall ein (abkommensüberschreibender) Treaty Override einschlägig ist, aus dem sich abweichende Rechtsfolgen ergeben. Mit einem Treaty Override verfolgt der Gesetzgeber grundsätzlich verschiedene Ziele. Grundsätzlich lassen sich die Vorschriften in drei Kategorien gliedern:
- Vermeidung von Keinmalbesteuerung (weiße Einkünfte) oder Minderbesteuerung;
- Vermeidung von Missbrauch;
- Sicherung des deutschen Besteuerungssubstrats.
Die wichtigsten Treaty Override-Vorschriften sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengetragen:
Regelung | Inhalt |
§ 4j EStG | Abzugsbeschränkung für im Ausland einer Vorzugsbesteuerung unterliegende Lizenzaufwendungen an verbundene Unternehmen |
§ 15 Abs. 1a EStG | Sicherung des Besteuerungsrechts für Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer Europäischen Gesellschaft oder einer Europäischen Genossenschaft, bei deren vorheriger Sitzverlegung eine Entnahmebesteuerung wegen § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG ausblieb |
§ 17 Abs. 5 S. 3 EStG | Sicherung des Besteuerungsrechts für Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, bei deren vorheriger Sitzverlegung eine Besteuerung wegen § 17 Abs. 5 Satz 1 EStG ausblieb |
§ 20 Abs. 4a EStG | Sicherung des Besteuerungsrechts für Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalgesellschaften, die durch steuerneutralen Anteilstausch erworben wurden |
§ 48 Abs. 1 EStG | Verpflichtung zur Vornahme von Einbehaltung, Abführung und Anmeldung der Bauabzugsteuer auch in DBA-Fällen |
§ 50d Abs. 1 S. 1 EStG | Verpflichtung zur Vornahme von Einbehaltung, Abführung und Anmeldung der Kapitalertragsteuer oder der Steuer nach § 50a EStG auch in DBA-Fällen |
§ 50d Abs. 3 EStG | Versagung der Entlastung von Quellensteuern zur Vermeidung von Steuerumgehung |
§ 50d Abs. 7 EStG | Vorgaben zur Auslegung der DBA-Vorschrift über den öffentlichen Dienst (entsprechend Art. 18 DE-VHG) bezüglich mittelbarer Dienstverhältnisse mit der öffentlichen Hand |
§ 50d Abs. 8 EStG | Verknüpfung der DBA-Freistellung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit mit dem Nachweis, dass die Einkünfte im anderen Staat besteuert wurden oder der andere Staat auf die Besteuerung verzichtet hat |
§ 50d Abs. 9 S. 1 EStG | Umschaltklausel (Übergang von Freistellung zur Anrechnung), soweit aufgrund eines Qualifikationskonfliktes eine Minderbesteuerung eintritt (Nr. 1) oder der andere Staat bestimmte Einkünfte im Rahmen seiner beschränkten Steuerpflicht nicht erfasst (Nr. 2) |
§ 50d Abs. 9 S. 4 EStG | Vorgaben zur Auslegung der die Freistellung betreffenden DBA-Vorschriften |
§ 50d Abs. 10 EStG | Durchführung des Mitunternehmerkonzeptes in DBA-Fällen |
§ 50d Abs. 11 EStG | Versagung des DBA-Schachtelprivilegs bei hybriden Kapitalgesellschaften als Empfänger der Dividenden |
§ 50d Abs. 12 EStG | Vorgaben zur Auslegung der DBA-Vorschrift über unselbständige Arbeit (entsprechend Art. 14 DE-VHG) bezüglich Abfindungszahlungen |
§ 8b Abs. 1 S. 3 KStG | Durchsetzung des Korrespondenzprinzips in § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG auch in DBA-Fällen |
Hinweis
Es empfiehlt sich die wichtigsten Treaty Override Regelungen einmal im Selbststudium nachzuvollziehen. Hingewiesen wird insbesondere auf die Reglungen des § 4j EStG sowie des § 50d EStG!
Exkurs: Klauseltypen
Nachfolgend erhalten Sie eine Übersicht zu bestimmten Klauseltypen in DBA:
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