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Betriebswirtschaftslehre (Mündliche Prüfung)

Unternehmensbewertung

Unternehmensbewertung

Anlass

Es gibt

  • entscheidungsabhängige Anlässe (bei Veränderung der Eigentumsverhältnisse) und
  • entscheidungsunabhängige Anlässe (ohne Änderung der Eigentumsverhältnisse).

 

Entscheidungsunabhängige Anlässe sind z. B. Substanzbesteuerung (ErbSt), Kreditwürdigkeitsprüfung, Sanierung, Managerkontrolle (Shareholder-Value-Analyse).

 

Bei entscheidungsabhängigen Anlässen wird unterschieden zwischen dominierten versus nicht dominierten Situationen: Bei dominierten Situationen kann eine Partei den Eigentumswechsel auch gegen den Willen der anderen durchsetzen.

 

Kauf/Verkauf versus Fusion/Spaltung: Beim Kauf/Verkauf wird das Eigentum an dem Unternehmen erworben/aufgegeben, bei der Fusion/Spaltung gehen die Eigentumsanteile in andere über.

 

 

Entscheidungsabhängige Situation

Dominierte Situation

Nicht dominierte Situation

Kauf / Verkauf

• Ausscheiden von Personengesellschaftern

• Barabfindung von Minderheitsgesellschaften (Squeeze-out)

• Enteignung

• Erbbauauseinandersetzung, Erbteilung

• Abfindungsfälle im Familiengesetz (Zugewinnausgleich)

„Normaler“ Kauf /
Verkauf unter Dritten

Fusion / Spaltung

Abfindung von Minderheitsgesellschaftern in eigenen Aktien

Verschmelzung

Neueintritt

Gründung mit Einbringung

Unterschied zwischen Wert und Preis

Unterschied zwischen „Unternehmensbewertung“ und nicht von „Unternehmensbepreisung“

 

Wert: Individueller Höchstbetrag, den eine Partei zu zahlen bereit ist.

 

Preis: Betrag, zu dem ein Unternehmen tatsächlich am Markt veräußert wird.

 

Ein Unternehmenswert muss die individuelle Situation der betreffenden Partei widerspiegeln, für die der Wert ermittelt wird. Wirtschaftlicher Wert ist keine objektive Eigenschaft, die Dingen oder Sachverhalten innewohnt, sondern die Beziehung von Menschen zu diesen nutzbringenden Gütern und Leistungen. Der Wert eines Unternehmens hängt davon ab, welchen Nutzen das Bewertungsobjekt seinen Eigentümern erbringt.

 

Für die Unternehmensbewertung wird i. d. R. ein rein finanziell orientiertes Zielsystem unterstellt, d. h., man geht von der vereinfachenden Annahme aus, dass lediglich monetäre Ergebnisse relevant sind. Nichtfinanzielle Zielsetzungen, wie das Streben nach Selbstverwirklichung, Prestige oder Macht, werden vernachlässigt.

 

Bei Unternehmenserwerben steht i. d. R. ein einzelner Verkäufer einem oder wenigen Kaufinteressenten gegenüber. Die individuellen Wertvorstellungen können dabei stark differieren und es kommt erst im Laufe der Verhandlungen zu einem Preis, zu dem das Unternehmen seinen Eigner wechselt. Die Unternehmensbewertung dient der Unterstützung dieser Verhandlungen. Sie soll die individuellen Wertvorstellungen der Kontrahenten bestimmen helfen. Es sollen Werte bestimmt werden, die den Verhandelnden eine Vorstellung darüber vermitteln, zu welchem Preis sie bereit sein dürfen, das Unternehmen zu kaufen oder zu verkaufen. Die in der Unternehmensbewertung ermittelten Werte sind damit nicht automatisch identisch mit dem Kauf- oder Verkaufspreis einer Unternehmung, sondern sie sind nur Anhaltspunkte dafür.

Steuerliche Unternehmensbewertung

Ein bestellter Steuerberater darf Unternehmen bewerten. Die Tätigkeit des Steuerberaters bei Unternehmensbewertungen ist eine gemäß § 57 Abs. 3 Nr. 3 StBerG, § 15 S. 1 Nr. 1 BOStB vereinbare Tätigkeit.

 

Voraussetzungen

Zunächst hat der Steuerberater auch bei der Unternehmensbewertung die allgemeinen Berufspflichten zu beachten. Daneben soll der Steuerberater lt. Bundessteuerberaterkammer über folgende Kenntnisse verfügen:

 

  • Erfahrungen im Bereich der handels- und steuerrechtlichen Bilanzierungsvorschriften,
  • Kenntnisse der unterschiedlichen Bewertungsverfahren,
  • bei Einbezug ausländischer Gesellschaften Kenntnisse der IFRS,
  • Durchführung von Investitions- und Finanzplanung,
  • Bilanzanalyse,
  • Beurteilung der Einschätzung künftiger (nichtbilanzieller) finanzieller Verpflichtungen aufgrund abgeschlossener Verträge,
  • Grundkenntnisse im Bereich der Finanzmathematik (Barwert-/Rentenbarwertrechnung).

 

Funktionen des Steuerberaters in der Unternehmensbewertung

 

  • Beratungsfunktion,
  • Vermittlungsfunktion,
  • neutraler Gutachter.

 

In der Beratungsfunktion geht es darum, einer Partei die Grenze ihrer Konzessionsbereitschaft aufzuzeigen: Der Käufer darf höchstens diesen (Grenz-) Preis akzeptieren, ohne sich ökonomisch zu verschlechtern; der Verkäufer muss mindestens diesen (Grenz-)Preis erzielen. Der ermittelte Wert heißt auch Grenzpreis oder Entscheidungswert. Auf welchen Preis sich die Parteien einigen, ist letztendlich Ergebnis der Verhandlungsposition und des Verhandlungsgeschicks. Zur Grenzpreisermittlung ist es erforderlich, auf die subjektiven Ziele, Gestaltungsmöglichkeiten und Anlagealternativen des Auftraggebers einzugehen. Eine veränderte unternehmerische Ausrichtung des Unternehmens nach dem Kauf muss bei der Grenzpreisermittlung berücksichtigt werden (Synergien). Der Grenzpreis ist kein Transaktionspreis; es soll nicht das Ergebnis der Verhandlung simuliert werden. Er ist eine Entscheidungshilfe, die die Grenze der Konzessionsbereitschaft anzeigt. Der Grenzpreis wird im Verhandlungsprozess nicht offengelegt.

 

Im Rahmen der Vermittlungsfunktion wird ein Wert gesucht, der geeignet ist, zwischen den Interessen der Parteien zu vermitteln. Die als Schiedspreis oder Schiedsspruchwert bezeichnete Wertgröße soll in der gegebenen Situation zu einem Interessenausgleich führen. Ausgangspunkt bei der Bestimmung des Schiedspreises sind die Grenzpreise der am Konflikt beteiligten Personen. Es ist zu untersuchen, ob die Grenzpreise miteinander vereinbar sind und ein Einigungsbereich besteht. Sofern ein Einigungsbereich besteht, wird der aus der Transaktion erzielbare Vorteil auf die Parteien verteilt, meist gleichmäßig.

 

Im Rahmen der Schiedsfunktion wird der Bewerter in einer Konfliktsituation als neutraler Gutachter tätig. Er soll dabei einen von den verschiedenen Wertvorstellungen der Parteien losgelösten, objektivierten Unternehmenswert berechnen. Dabei nutzt er eine nachvollziehbare Methode.

Substanzwertverfahren

Beim Substanzwertverfahren werden die Kosten addiert, die bei der Reproduktion des vorhandenen Unternehmens anfallen würden. Der Substanzwert bezeichnet den gegenwärtigen Verkehrswert aller materiellen, immateriellen, betriebsnotwendigen und nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenstände, abzüglich der Schulden/Verbindlichkeiten des Unternehmens. Die Substanz kann unter der Annahme der Fortführung (Substanzwert) oder der Liquidation (Liquidationswert) eines Unternehmens ermittelt werden.

Der Substanzwert wird bestimmt durch Anschaffungswert, Zustand, durchschnittliche technische Nutzungs- und Lebensdauer der zu veräußernden Wirtschaftsgüter aber natürlich auch durch die Nachfrage nach diesen Gütern. Die Schwierigkeit, die immateriellen Werte zu berechnen, führt in der Praxis meist dazu, dass nur die materiellen Werte erfasst werden. Immobilien können vereidigte Gutachter schätzen. Bei der Schätzung des Substanzwertes der beweglichen Wirtschaftsgüter helfen ebenfalls vereidigte Sachverständige, Berater oder Verbände.

 

Beim Liquidationswert wird geschätzt, welche Verkaufserlöse die Wirtschaftsgüter erzielen können, wenn sie einzeln verkauft werden. Es ist offensichtlich, dass hierbei viele wertsteigernde Faktoren außer Acht gelassen werden. Angewendet wird das Verfahren nur bei chronisch unrentablen Betrieben. Der Liquidationswert stellt daher die absolute Wertuntergrenze des Unternehmens dar.

 

Liquidation versus Fortführung

 

Es ist möglich, dass der Fortführungswert niedriger als der Liquidationswert eines Unternehmens und folglich die Zerschlagung des Unternehmens die beste Alternative ist. Dies kann insbesondere bei Unternehmen mit einem großen bzw. teuren Immobilienbestand der Fall sein. Hier sind alle Vermögensgegenstände mit Veräußerungspreisen und alle rechtlich verbindlichen Schulden mit ihren Ablösebeträgen zu bewerten, der Liquidationswert ist der Saldo. Eine Spezialmaschine würde dann u. U. nur mit dem Schrottwert eingehen, die Schulden steigen ggf. aufgrund verpflichtender Rekultivierungsmaßnahmen oder Sozialplänen.

 

In der Unternehmensbewertung bildet der Liquidationswert die absolute Wertuntergrenze. Wenn dieser höher ist als der Fortführungswert, so darf der Verkäufer nicht zum Fortführungswert verkaufen, wenn er sich nicht schlechter stellen will. Der Käufer hingegen darf nicht zum Liquidationswert kaufen, wenn er das Unternehmen fortführen will. Damit ist es für den Verkäufer wirtschaftlich sinnvoll, das Unternehmen selbst zu zerschlagen.

 

Die Bedeutung des Liquidationswertes kommt auch in § 11 Abs. 2 S. 3 BewG zum Ausdruck. Danach darf bei der Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften die Summe der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter abzüglich der Schulden nicht unterschritten werden. Dies ist nichts anderes als der Liquidationswert.

 

Diskontierung

Die Abzinsung (auch Diskontierung genannt) ist eine Rechenoperation aus der Finanzmathematik.

 

Berechnet wird hierbei der Wert einer zukünftigen Zahlung zum gegenwärtigen Wert (Barwert).

 

Merke

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Häufig wird mittels Diskontierung der gegenwärtige Wert (Barwert) einer zukünftigen Zahlung ermittelt.

 

Entsprechend ist die Aufzinsung (auch Askontierung genannt) die umgekehrte Rechenoperation. Bei ihr wird der Wert, den eine Zahlung zu einem späteren Zeitpunkt hat, ermittelt.

 

Die Askontierung befasst sich mit der Frage, was ein heute festgelegter Betrag zu einem zukünftigen Zeitpunkt wert ist. Hierzu wird zu dem heutigen Wert der Zinsbetrag bis zum zukünftigen Zeitpunkt hinzugerechnet.

 

Aufzinsen: Ein Kapital von 100 Euro wird bei einem Zinssatz von 10 % (i) angelegt, wächst in einem Jahr auf 110 Euro an, bzw. für T Perioden.

 

Die Diskontierung, die für die dynamischen Verfahren äußerst relevant ist, stellt das genaue Gegenstück zur Askontierung dar. Sie zeigt, was ein zukünftig zu zahlender Betrag heute Wert ist. Hier wird diesem in Zukunft fälligen Betrag der Zins bis zum heutigen Zeitpunkt abgezogen. Der Zins zeigt hier die Zeitpräferenz aus, da ein heute gezahlter Geldbetrag mehr wert ist als ein gleichhoher Betrag, der später gezahlt wird.

 

Frei nach dem Motto: „Konsum in der Gegenwart ist künftigem Konsum vorzuziehen!“

 

Bei der Bestimmung des Fortführungswerts eines Unternehmens fragt man nach dem Wert, den zukünftige Erträge heute im Bewertungszeitpunkt haben. Dieser Wert ist die Summe der diskontierten Erträge und repräsentiert den Unternehmenswert (hier als Ertragswert bezeichnet).

 

Abzinsen: Eine Zahlung von 100.000 Euro, die am Ende des 10. Jahres zufließt, hat folgenden Gegenwert (Kalkulationszinssatz 8%). 100.000 Euro x 0,46319349 = 46.319,35 Euro

 

1 / qn = Abzinsungsfaktor (in der Regel durch finanzmathematische Tabellen gegeben. Ist der Abzinsungsfaktor nicht gegeben, wird dieser durch den Kalkulationszinssatz (i) ersetzt: 1 / (1 + in).

 

Durch Tabellenkalkulationsprogramme werden diese Berechnungen immens erleichtert. Damit wird klar, dass die „Kunst“ der Unternehmensbewertung in der Schätzung zukünftiger Erträge und der Bestimmung des Kalkulationszinsfußes liegt.

Prognoseproblem der künftigen Erträge

Künftige Erträge

Hierzu existieren keine wissenschaftlichen Modelle, die Prognose erfolgt subjektiv.

 

Um die zukünftigen Zahlungsströme zu schätzen, sind im Rahmen der Bewertung zukünftige Plan-Gewinn-und-Verlustrechnungen, Plan-Bilanzen und Plan-Cash-Flow-Rechnungen aufzustellen. Aus diesen Plangrößen lassen sich schließlich die zu diskontierenden Größen ableiten. Die Schätzungen sind subjektiv. Es folgt leicht, was die Amerikaner als garbage in – garbage out bezeichnen.

 

Die Vergangenheit des Unternehmens dient dabei als Grundlage der Prognose. Mit der Vergangenheitsanalyse werden die wesentlichen Wert- und Kostentreiber sowie die strategischen Erfolgsfaktoren analysiert. Ausgehend von Prognosen über die Entwicklung der Volkswirtschaft im Allgemeinen und der Branche im Besonderen, sind über die Schätzung von Marktanteilen und Marktwachstumsraten die zukünftigen Umsatzerlöse zu planen. Kosteneinsparungen und Restrukturierungsmaßnahmen wirken sich auf die Aufwandstruktur aus und führen zu ggf. modifizierten Aufwandsquoten gegenüber der Vergangenheit.

 

Die Planung der Zinsaufwendungen und -erträge sowie der Abschreibungen erfolgt in Wechselwirkung mit der Finanzierungs- und Investitionsplanung des Unternehmens. Schließlich sind die Steuern vom Einkommen und Ertrag einzuplanen.

 

Für die Bilanzplanung können die umsatz- und aufwandsabhängigen Positionen anhand von Kennzahlen wie Lagerumschlag, Forderungslaufzeit oder Garantieleistungen je Umsatz prognostiziert werden. Für die Prognose des Anlagevermögens ist ein Investitionsplan aufzustellen, der die geplante Geschäftspolitik unterstützen muss. Hinsichtlich der Finanzierung des Unternehmens ist die Entwicklung des Eigenkapitals (in Wechselwirkung mit der geplanten Gewinnausschüttung bzw. -thesaurierung) und der Verbindlichkeiten (samt Zins- und Tilgungszahlungen) zu prognostizieren.

Ergebnis der Prognose ist ein in sich schlüssiges System von Gewinn- und Verlustrechnungen, Bilanzen und Cash-Flow-Rechnungen, das vor dem Hintergrund der Marktchancen und -risiken, der Ressourcen und der Eigentümerstruktur des Unternehmens plausibel erscheint. Technisch zu bewerkstelligen sind solche Planungen mit Tabellenkalkulationsprogrammen.

 

Üblicherweise bedient man sich bei der Prognose und damit bei der Bewertung des Unternehmens eines mehrstufigen Vorgehens:

 

In einem Drei-Phasen-Modell wird in der ersten Phase (ca. 3–5 Jahre) eine detaillierte Planung erfolgen, in der zweiten Phase (5–10 Jahre) ein zeitlich begrenztes Wachstum modelliert und in der dritten Phase (ab 10 Jahre) schließlich eine ewige konstante Rente unterstellt.

 

Dementsprechend kann es keinen „richtigen“, sondern nur einen fehlerfrei berechneten, auf einer plausiblen Planung aufsetzenden Unternehmenswert geben. Der berechnete Wert ist in hohem Maße subjektiv und bildet die Preisgrenze für den Bewerter. Welcher Preis letztlich gezahlt wird, hängt von der jeweiligen Verhandlungsmacht ab.

Verfahren der Unternehmensbewertung

Allgemeines

Verfahren der Unternehmensbewertung

 

Die in der Praxis bedeutenden Verfahren sind:

 

  • Ertragswertverfahren
  • Discounted-Cash-Flow-Verfahren (DCF-Verfahren)
  • Multiplikatorverfahren
  • Liquidationswert

Das Discounted-Cash-Flow-Verfahren (DCF-Verfahren) und das Ertragswertverfahren sind die in Theorie und Praxis anerkannten Verfahren der Unternehmensbewertung. Das DCF-Verfahren stammt aus den USA, das Ertragswertverfahren hat seinen Ursprung in Kontinentaleuropa. Beide Verfahren sind aber gar nicht so unterschiedlich, wie oft behauptet wird. Sie lassen sich unter bestimmten Prämissen ineinander überführen. Das vereinfachte Ertragswertverfahren im Erbschaftsteuerrecht (§§ 199–203 BewG) knüpft an das Ertragswertverfahren an.

Das Ertragswertverfahren

Das Ertragswertverfahren ist die meistverbreitete Methode zur Ermittlung des Unternehmenswertes. Das Verfahren berücksichtigt die Anlagealternativen des Käufers, der mit seinem Kapital (K) entweder das Unternehmen erwerben kann oder sein Geld am Kapitalmarkt anlegt.

 

Die zugrundeliegende Fragestellung lautet: Wie hoch darf der Unternehmenswert sein, damit der erwirtschaftete Gewinn oder Cash-Flow eine angemessene Verzinsung (Z) auf das eingesetzte Kapital, den Kaufpreis, darstellt.

 

Bei dem reinen Ertragswertverfahren entspricht der Wert des Unternehmens dem Barwert aller zukünftigen Einnahmen-Überschüsse. Der Ertragswert wird somit bestimmt durch den erwarteten Unternehmenserfolg in den folgenden Jahren und durch einen Kapitalisierungszinsfuß, mit dem die zukünftigen Überschüsse (bereinigt um den kalkulatorischen Unternehmerlohn bei Personengesellschaften) auf den Zeitpunkt des Verkaufs abgezinst werden. Die Prognose der zukünftigen Erträge baut in der Regel auf den Werten der Vergangenheit auf. Die Erträge aus der Vergangenheit (bereinigt um außergewöhnliche Erträge und Aufwendungen sowie - bei Personengesellschaften - dem kalkulatorischen Unternehmerlohn) sind jedoch nur ein Indikator unter vielen für die zukünftige Entwicklung des zu bewertenden Unternehmens. Für den Erwerber des Unternehmens ist entscheidend, wie viel Gewinn er in Zukunft mit dem Unternehmen erwirtschaften kann.

 

Schritte zur Ermittlung des Ertragswertes:

 

  • Aufstellen einer Prognose für den relevanten Markt auf der Basis der Entwicklung in der Vergangenheit und einer Chancen-/Risiken-Analyse
  • Entwurf einer langfristigen Umsatz-, Kosten-, Ergebnis-, Investitionsplanung (5 Jahre, davon 3 detailliert)
  • Ermittlung des nachhaltig erzielbaren Ertrags/Cash-Flows

 

Bestimmung des Kapitalisierungszinsfußes:

 

Der Kapitalisierungszinsfuß hat maßgeblichen Einfluss auf den Ertragswert. Zur Ermittlung des richtigen Kapitalisierungszinsfußes gibt es umfangreiche Literatur. Er wird gebildet durch einen Basiszinssatz zuzüglich eines Risikoaufschlages. Der Kapitalisierungszinsfuß hängt somit kaum vom Kapitalmarktzins ab. Anderenfalls müssten in Phasen mit niedrigen Zinsen die Preise für Unternehmen erheblich steigen. Tatsächlich schwankt der bei kleinen und mittleren Unternehmen angesetzte Kapitalisierungszinsfuß in der Praxis zwischen 15 und 20 Prozent.

 

Beispielrechnung:

 

Der nachhaltige Ertrag/Cash-Flow des zu veräußernden Unternehmens beträgt 35.000 Euro. Da es sich um eine Einzelfirma (Personengesellschaft) handelt, wird ein kalkulatorischer Unternehmerlohn (zum Beispiel 30.000 Euro p. A.) zusätzlich in Ansatz gebracht. Der Veräußerer unterstellt eine Kapitalverzinsung von 15 Prozent. Er muss also ermitteln, wie viel Kapital ein Käufer anlegen müsste, um bei einer 15-prozentigen Verzinsung 5.000 Euro Zinsen (35.000 Euro ./. 30.000 Euro) zu erhalten.

 

Die Rechnung wird aus der Zinsformel

Z = K x (i/100) abgeleitet,
wobei K = Kapital, i = Zinssatz und Z = Zinsbetrag.
Sie lautet: K = Z / (i/100)

 

Für die oben genannten Werte ergibt sich somit: 5.000 Euro / (15/100) = 33.330 Euro.

 

Strebt also ein Käufer eine Kapitalverzinsung von mindestens 15 Prozent an, liegt der für ihn maximal akzeptable Kaufpreis für das Unternehmens mit einem Cashflow von 35.000 Euro bei 33.330 Euro. Bei einer unterstellten Verzinsung von 20 Prozent sinkt der Unternehmenswert auf 25.000 Euro.

Hier wird noch ein gewichtiges Argument für eine frühzeitige Planung der Nachfolge deutlich: Bei dem beschriebenen Verfahren bestimmt die Ertragserwartung für ein Unternehmen dessen Wert. Die Ertragserwartung für ein Unternehmen ist umso besser, je eher die Regelung der Nachfolge angegangen wird. Denn nur eine frühzeitige und umfassend geplante Nachfolge lässt Unsicherheiten bei Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten und bei der Bank gar nicht erst entstehen, so dass die vorhandene Ertragskraft und damit der Unternehmenswert nicht gefährdet wird.

 

Der Wert eines Unternehmens resultiert (unter finanziellen Gesichtspunkten) aus dem Herausholbaren“ für die Eigentümer. Ertrag ist der Mittelzufluss aufgrund des Unternehmenseigentums. Er entsteht aus:

 

  • Entnahmen (Ausschüttungen)
  • Veräußerungsgewinnen
  • Steueranrechnungen

 

Maßgebend für den Ertrag sind Zahlungen und der Zufluss von Zahlungsäquivalenten zwischen Investor (Eigentümer) und Unternehmen, nicht Zahlungen zwischen Unternehmen und übriger Umwelt: Jahresüberschüsse (i. S. d. GuV) sind für die Bewertung unerheblich!

 

Hat man die künftigen Zahlungen zwischen Unternehmen und Eigentümer bestimmt, müssen diese diskontiert werden. Die diskontierten Größen werden addiert. Daraus resultiert der Unternehmenswert.

 

Es gibt nicht die Ertragswertformel. Man muss stets die im Einzelfall angemessene wählen.

 

Die Wahl des Kalkulationszinsfußes beeinflusst bei gegebener Ertragsschätzung entscheidend das Ergebnis. Bei der Unternehmensbewertung erfüllt der Zinsfuß zwei Funktionen:

 

Formal zinst er die Erträge auf einen Bewertungsstichtag ab (Finanzmathematik). Materiell ist er ein Opportunitätskostenmaß, dass die alternative Geldverwendungsmöglichkeit spiegelt. Die Höhe des Kalkulationszinsfußes bestimmt sich damit direkt aus der alternativen Geldverwendungsmöglichkeit.

 

Alternative Geldverwendungsmöglichkeiten des Käufers sind Investition, Entschuldung oder Konsum. Der Verkäufer hat als Verkaufsalternative den Unternehmensbehalt.

 

Der ermittelte Grenzpreis ist ein relativer Preis (ein wichtiger Grundsatz der Unternehmensbewertung ist das Relativitätsprinzip). Dieser Preis wird durch das zugrunde gelegte Vergleichsobjekt bestimmt. Selbst wenn es denkbar wäre, dass Käufer und Verkäufer über identische Ertragserwartungen verfügen, können sich ihre alternativen Geldverwendungsmöglichkeiten (= Kalkulationszinsfüße) und damit die Grenzpreise unterscheiden.

 

Berechnungsbasis für den Zinsfuß „i“

 

Der landesübliche Zinsfuß.

 

Bei der Bestimmung der alternativen Geldverwendungsmöglichkeit hat sich eine Konvention durchgesetzt: Die üblicherweise herangezogene alternative Geldverwendungsmöglichkeit ist eine Investition in festverzinsliche Wertpapiere höchster Bonität (sog. landesüblicher Zinsfuß). Es handelt sich dabei um Anleihen des Bundes bzw. dessen Sondervermögen mit einer Restlaufzeit von 10 bis 15 Jahren.

 

Während die Erfassung der Unternehmenssteuern bei der Bewertung schon immer unstrittig war, herrschte zwischen Bewertungstheorie und -praxis lange Zeit Uneinigkeit in der Frage, ob die persönliche Einkommensteuer relevant sei oder nicht. Die Theorie verlangte stets den Einbezug, während die Bewertungspraxis (insbesondere der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer) dies ablehnte. Mittlerweile hat das IDW im IDW S 1 die Berücksichtigung der persönlichen Steuern der Anteilseigner festgeschrieben. Diese sollen entweder konkret berechnet oder pauschal angesetzt werden (IDW S 1, Tz. 58).

 

„Äquivalenzprinzip“ in der Unternehmensbewertung

 

Nach dem Äquivalenzprinzip sind die Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung zu prüfen.

 

Alle Leistungen und Gegenleistungen (z.B. Zahlungen oder Dienstleistungen) müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinanderstehen. Vergütungen müssen dem objektiven Marktwert (Fair Market Value) entsprechen und verhältnismäßig zu Aufwand und Kosten der Leistung sein.

 

EXKURS: Fair Market Value

Um zu einer sachgerechten Vergütung zu kommen, sollte zunächst einmal herausgearbeitet werden, welchen Zweck der Äquivalenz-Grundsatz erfüllen will. Jede Form der Vergütung oder Zuwendung impliziert den Verdacht, dass hiermit versucht wird seinem Gegenüber für sich positiv (unethisch) zu beeinflussen und zu gewinnen. Dabei ist dann auch nicht ausgeschlossen, dass eine unangemessene Höhe der Zuwendung die Geneigtheit des Partners verstärken kann. Genau gegen diesen Vorwurf unethischer Beeinflussung sollte letztlich argumentiert werden. Der Staatsanwalt fragt im Ernstfall sogleich, warum A für seinen Vortrag den Betrag x bekommen hat, aber B für seinen Vortrag fast das Doppelte. Zunächst einmal wissen wir inzwischen, dass diese Entscheidungsfindung sorgfältiger Dokumentation bedarf. Dies allein wird den Unterschied allerdings nicht erklären. Es ist also zu empfehlen, dass jedes Unternehmen eine Vergütungsstruktur erstellt, heute langläufig als „Fair Market Value“-System (FMV) bezeichnet. Ziel eines solchen Systems sollte sein, eine unternehmenseigene Vergütungsstruktur zu finden, die gleiche Fälle gleich abbildet und Abweichungen von der Systematik ebenfalls formuliert. Solche Zuschlagsfaktoren können zum Beispiel Unterscheidungen in regionale oder internationale Veranstaltungen sein. Wichtiger wie die Kenntnis des „Marktwertes“ z.B. eines Referenten ist, da oft ja gar nicht zugänglich, dann die Einhaltung seines eigenen FMV-Systems.

 

Die Äquivalenzprinzipien

 

  • Unsicherheitsäquivalenz: Unsichere Erträge sind nicht ohne Modifikation auf sichere Anlagerenditen beziehbar.

 

  • Kaufkraftäquivalenz: Die Geldentwertung muss Zähler und Nenner vergleichbar beeinflussen.

 

  • Steueräquivalenz: Gemeint ist hier nicht die Erfassung der Unternehmenssteuern, sondern der privaten Einkommen- und ggf. Vermögensteuern der Anteilseigner. Wird der Ertrag besteuert, muss dies auch für den Zinsfuß gelten und umgekehrt. Mittlerweile ist es üblich, in der Unternehmensbewertung mit den persönlichen Steuern der Bewerter zu rechnen.

 

  • Planungshorizontäquivalenz: Werden die Erträge im Zähler über 15 Jahre geschätzt, so muss der Zinsfuß für 15-jährige Laufzeiten verwendet werden. Beim Unendlichkeitskalkül besteht das Problem der Zinsfußbestimmung.

 

  • Arbeitseinsatzäquivalenz: Das Unternehmen verspricht Erträge aus Arbeits- und Kapitaleinsatz, der Zinsfuß nur aus Kapitaleinsatz. Dies ist jedoch kein Problem bei Unternehmen mit Fremdmanagement. Bei Eigenmanagement des Bewerters muss ein kalkulatorischer Unternehmerlohn berücksichtigt werden.

 

  • Währungsäquivalenz: Erträge und Zinssatz müssen aus dem gleichen Währungsraum stammen.

 

Auswirkung der Inflation auf die Unternehmensbewertung

 

Der Unternehmenswert sollte bei Inflation höher sein.

 

Häufig werden bei der Unternehmensbewertung Geldentwertungsabschläge im Nenner vorgenommen. Dies erhöht den Unternehmenswert.

 

Argumente:

 

  • Sachwerte sind besser inflationsgeschützt als Kapitalmarktanlagen.
  • Die nominalen Erträge (Ausschüttungen) wachsen unendlich lange mit der Geldentwertungsrate g, daraus resultiert (bei Sicherheit):

 

Probleme:

  • Man kann sich durch Umschichtung auch mit festverzinslichen Wertpapieren gegen Inflation schützen.
  • Ein unendlich langes Wachstum der Erträge mit der Geldentwertungsrate ist nicht besonders wahrscheinlich; bei endlich langem Wachstum lässt sich aber der Geldentwertungsabschlag nicht mehr so leicht begründen.

 

In der Praxis wird der Geldentwertungsabschlag eher „gefühlsmäßig“ angesetzt.

 

Vereinfachte Ertragswertverfahren versus Ertragswertverfahren nach IDW S 1

 

Beim vereinfachten Ertragswertverfahren (§ 11 Abs. 2 S. 4 BewG i. V. m. §§ 199–203 BewG) handelt es sich um eine stark vereinfachte Form des Ertragswertverfahrens nach IDW S 1, mit dem Zweck, ohne großen Aufwand den „gemeinen Wert“ des Unternehmens auf Grundlage der Ertragsaussichten zu ermitteln. Hierzu werden vereinfachende Annahmen getroffen.

 

Der gemeine Wert setzt sich zusammen aus dem Ertragswert (EW), der sich aus dem Produkt von nachhaltig erzielbarem Ertrag und Kapitalisierungsfaktor ergibt, dem Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens (n. b. V.), dem Wert der eigenständig zu bewertenden Beteiligungen sowie dem Wert der jungen Wirtschaftsgüter (WG), die in den letzten zwei Jahren vor dem Bewertungsstichtag eingelegt wurden:

 

Der nachhaltig erzielbare Ertrag wird auf Basis des Durchschnittsertrags der letzten drei abgelaufenen Geschäftsjahre ermittelt, sofern sich nicht der wirtschaftliche Charakter des Unternehmens in den letzten drei Jahren nachhaltig verändert hat. Die maßgeblichen Erträge (E) der Vergangenheit ergeben sich aus dem Gewinn laut Steuerbilanz, der um Positionen gemäß § 202 BewG zu korrigieren ist. Der gemäß § 203 Abs. 1 BewG anzuwendende Kapitalisierungsfaktor beträgt 13,75.

Im Rahmen erbschaftsteuerlicher Bewertungen darf der ermittelte gemeine Wert nicht den Substanzwert unterschreiten. Als absolute Wertuntergrenze ist dabei der Liquidationswert als besondere Ausprägung des Substanzwertes anzusetzen (§ 11 Abs. 2 S. 3 BewG).

Das DCF-Verfahren

Was ist der Cash-Flow im DCF-Verfahren?

 

Der Cash-Flow ist zu verstehen als:

 

  • Cash-Flow an alle Kapitalgeber nach Abzug von allen Unternehmensausgaben, Steuern und Investitionen
  • Cash-Flow vor Finanzierung
  • Cash-Flow eines fiktiv eigenfinanzierten Unternehmens
  • Cash-Flow aus dem operativen Geschäft (operating Cash-Flows)

 

Das DCF-Verfahren fingiert also ein unverschuldetes Unternehmen. In der Regel haben Unternehmen aber Fremdkapital.

 

Die Berechnung aufgrund der Zahlungen an alle Kapitalgeber (fiktiv unverschuldetes Unternehmen) ist nur der erste Schritt der Bewertung gemäß DCF-Verfahren. In einem zweiten Schritt wird dann von dem errechneten Betrag der Wert der tatsächlichen Schulden des Unternehmens abgezogen. Das Ergebnis ist der Unternehmenswert für die Eigentümer.

Abgrenzung Ertragswertverfahren und DCF-Verfahren

Unterschiede und Gemeinsamkeiten

 

Wichtigste Gemeinsamkeit: Beiden Verfahren liegt der Kapitalwert (diskontierte künftige Zahlungsströme) zugrunde.

 

Wichtigster Unterschied: Im Ertragswertverfahren ist der künftige Zahlungsstrom die Zahlung an die Eigentümer; beim DCF-Verfahren die Zahlung an alle Kapitalgeber (auch Fremdkapitalgeber), genannt Cash-Flow. Damit wird ein fiktiv unverschuldetes Unternehmen fingiert.

 

Unter bestimmten Prämissen (insbesondere konstante Kapitalstruktur EK/FK) lassen sich beide Verfahren ineinander überführen.

 

Multiplikatorverfahren

 

Der am Markt erzielbare gängige Kaufpreis für Steuerberatungskanzleien liegt bei ca. 100 % bis 130 % des Jahresumsatzes. Man müsste wohl bereit sein, diesen Preis zu bezahlen.

 

Wäre das auch der richtige Wert?

Das kommt auf viele Faktoren an. Zum Beispiel die Lage der Kanzlei, die Altersstruktur der Mandanten und der Mitarbeiter, die Mandatsstruktur, die eigenen Refinanzierungsmöglichkeiten etc.

 

Den Wert kann man nur individuell  bestimmen. Der Maßstab 100 % bis 130 % des Jahresumsatzes stammt aus einer Marktbeobachtung, leitet sich also aus in der Vergangenheit erzielten Preisen ab. Ist der vom jungen Steuerberater ermittelte Wert niedriger als der vom Altsteuerberater geforderte Preis, dann kommt der Verkauf nicht zustande.

Das Multiplikatorverfahren

Es ist marktorientiert, weil es betrachtet, welche Preise am Markt in der Vergangenheit erzielt wurden.

 

Beschreiben und kritisieren Sie das Multiplikatorverfahren.

Die marktorientierten Verfahren, und hier insbesondere die Multiplikatoren, liefern zwar keinen Wert, sondern „nur“ Preise aus vergangenen, vergleichbaren Transaktionen am Markt, sind aber bei Praktikern sehr beliebt.

 

Mit Multiplikatoren stellt man eine Relation zwischen charakteristischen Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn, Betriebsergebnis und in der Vergangenheit realisierten Kaufpreisen her. Solche Multiplikatoren sind Erfahrungswerte und branchenabhängig. Der Wert des Bewertungsobjekts ergibt sich aus Multiplikation der Kennzahl mit dem entsprechenden Multiplikator. Anwendung finden Multiplikatoren insbesondere bei der Bewertung von kleinen Unternehmen oder bei Dienstleistern mit wenig Anlagevermögen.

 

Beispiel

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Üblicherweise werden Apotheken mit dem 6-fachen des Gewinns bewertet.

 

Im Steuerberater-Handbuch des C.H. Beck-Verlages findet sich im Aufsatz zur Unternehmensbewertung eine mehrseitige Auflistung von Umsatzmultiplikatoren zahlreicher Wirtschaftszweige. Ebenso findet sich aber der Hinweis darauf, dass diese Multiplikatoren mit großer Vorsicht zu betrachten sind und keinesfalls eine Unternehmensbewertung mit dem Ertragswert- oder dem DCF-Verfahren ersetzen können. Als Anhaltspunkt für erste Werteinschätzungen sind sie aber hilfreich.

Liquidationswert

Der Liquidationswert als Substanzwert spielt zwar bei der Grenzpreisbildung regelmäßig keine Rolle, ist aber stets als absolute Wertuntergrenze zu beachten. Bevor ein potentieller Verkäufer zu einem (z. B. nach dem Ertragswertverfahren) bestimmten Preis an einen Käufer, der das Unternehmen fortführen möchte, verkauft, wird er die Vermögensgegenstände lieber einzeln veräußern (das Unternehmen liquidieren), wenn der Erlös hierfür höher ist als der Kaufpreis nach dem Ertragswert. Diese Überlegung hat im Rahmen der Erbschaftsteuerreform Eingang in § 11 Abs. 2 S. 3 BewG gefunden: „… Die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge (Substanzwert) der Gesellschaft darf nicht unterschritten werden …“

 

Fehlerrisiken bei der Bewertung

 

  • Planung bzw. Schätzung der zukünftigen Zahlungsströme

Eine erste Fehlerquelle besteht in der Schätzung der zukünftigen Erträge bzw. Cash-Flows. Die Annahmen müssen plausibel sein und mit den „allgemeinen“ Erwartungen an die Zukunft der gesamten Volkswirtschaft, die Branche und das Unternehmen zusammenpassen. Für Unternehmensexterne besteht hier kaum ein Ansatzpunkt, einen Unternehmenswert anzugreifen, da hier „Schätzung gegen Schätzung“ steht.

 

  • Verbund der Plan-Bilanzen, Plan-GuV und Plan-Kapitalflussrechnungen

Bei der Planung der zukünftigen Zahlungsströme beeinflussen sich die drei Rechenwerke gegenseitig: Neue Investitionen müssen finanziert und abgeschrieben werden, Auswirkungen auf Zins- und Steuerzahlungen müssen dazu passen. Geplante Ausschüttungen müssen nicht nur bezahlbar, sondern auch handelsrechtlich ausschüttbar sein. Hier können u. U. schon erste Inkonsistenzen enthalten sein.

 

  • Annahmen bezüglich des Terminal Value

Wird nach dem Ende des Planungshorizonts T eine ewige Rente angenommen, dürfen ab T z. B. die Investitionen die Abschreibungen nicht mehr übersteigen, da ansonsten ein Wachstumsprozess modelliert werden müsste. Ab T geplante Ausschüttungen und Zinszahlungen müssen aus erwirtschaftetem Cash bezahlt werden können, damit kein weiteres Kapital benötigt wird. Anderenfalls resultiert ebenfalls Unternehmenswachstum. Hierin besteht eine Hauptfehlerquelle bei der Bewertung von Unternehmen.

 

  • Verfahrensfehler

Die Beachtung sämtlicher Äquivalenzprinzipien und die Entsprechung von Zähler- und Nennergröße sind zu gewährleisten. Bei der Bestimmung der Eigenkapitalkosten (insbesondere beim Risikozuschlag) bestehen erhebliche „Interpretationsspielräume“.

 

Die Erfassung der Steuerzahlungen (auf Unternehmensebene) ist komplex und birgt ein großes Fehlerpotential. Ebenso komplex ist die Berücksichtigung der persönlichen Einkommensteuer. Zinszahlungen und Dividendenerträge unterliegen unterschiedlicher Besteuerung!

Schließlich ist bei den Multiplikatoransätzen besonderes Augenmerk auf die Auswahl der „vergleichbaren“ Unternehmen zu legen.