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Einkommensteuer (Vertiefung) - Wiederkehrende Bezüge - Private Veräußerungsrenten

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Einkommensteuer (Vertiefung)

Wiederkehrende Bezüge - Private Veräußerungsrenten

Private Veräußerungsrenten

Definition

Eine private Veräußerungsrente liegt dann vor, wenn ein Wirtschaftsgut des steuerlichen Privatvermögens, z.B. ein bebautes Grundstück, ein Wertpapierdepot oder auch ein Oldtimer veräußert wird und die entsprechende Gegenleistung nach kaufmännischen Gesichtspunkten ermittelt wurde.

Zwischen fremden Dritten wird dies die Regel sein ("Niemand hat etwas zu verschenken!"), Rz. 6 des BMF-Schreibens vom 11.03.2010, BStBl. I S. 227, Beck´sche "Steuererlasse" 1 § 10/5. Nur in Ausnahmefällen besteht hier die widerlegbare Vermutung, dass Leistung und Gegenleistung nicht gegeneinander abgewogen sind.

Zwischen nahen Angehörigen kann ebenfalls eine private Veräußerungsrente vorliegen. Dies kann der Fall sein, wenn die Beteiligten Leistung und Gegenleistung nach kaufmännischen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen haben und subjektiv von der Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen ausgehen durften, auch wenn Leistung und Gegenleistung objektiv ungleichwertig sind. In diesem Fall ist der Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG nicht eröffnet. Es gelten die Grundsätze über die einkommensteuerrechtliche Behandlung wiederkehrender Leistungen im Austausch mit einer Gegenleistung.

Behandlung beim Verpflichteten (Käufer)

Sofern Privatvermögen gegen wiederkehrende Leistungen auf Lebenszeit veräußert werden und dies als entgeltlicher Vorgang zu qualifizieren ist, bemessen sich die Anschaffungskosten für den Verpflichteten nach dem Barwert der wiederkehrenden Leistungen, der nach §§ 12 ff. BewG (bei lebenslänglichen Leistungen nach § 14 Abs. 1 BewG) oder nach versicherungsmathematischen Grundsätzen berechnet werden kann (vgl. R 6.2 S. 1 EStR). Bei der Berechnung des Barwerts ungleichmäßig wiederkehrender Leistungen (dauernde Lasten) ist als Jahreswert der Betrag zu Grunde zu legen, der – aus der Sicht zum Zeitpunkt der Anschaffung – in Zukunft im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich erzielt wird. Bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern wird hieraus auch die Bemessungsgrundlage für die AfA, erhöhte Abschreibungen oder auch Sonderabschreibungen berechnet, Rz. 70.

Der in den Raten enthaltene Zinsanteil von Veräußerungsleibrenten ebenso wie von dauernden Lasten ist nach der Ertragsanteilstabelle des § 22 Nr. 1 S. 3 a) bb) EStG (ggf. i. V. m. § 55 Abs. 1 EStDV) zu ermitteln. Er kann aber auch nach finanzmathematischen Grundsätzen unter Verwendung eines Zinsfußes von 5,5 Prozent berechnet werden. Bei der Berechnung nach finanzmathematischen Grundsätzen ist die voraussichtliche Laufzeit nach der zum jeweiligen Berechnungszeitpunkt geltenden Sterbetafel zu bemessen.

Dient das gegen Zahlung einer Rente oder dauernden Last erworbene Wirtschaftsgut der Einkünfteerzielung, ist der in den einzelnen Zahlungen enthaltene Zinsanteil als Werbungskosten abzuziehen, es sei denn, es greift ein Werbungskostenabzugsverbot, beispielsweise im Bereich der Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 9 EStG.

Bei Veräußerungsleibrenten sind auch die Erhöhungs- und Mehrbeträge aufgrund einer Wertsicherungsklausel nur mit dem Ertragsanteil als Werbungskosten zu berücksichtigen, Rz. 72.

Behandlung beim Berechtigten (Veräußerer)

Er erzielt einen Veräußerungspreis, und zwar in Höhe des ermittelten Barwerts der wiederkehrenden Leistungen, zu berechnen wie oben beim Erwerber ausgeführt.

Sofern es sich um ein privates Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 22 Nr. 2 EStG handelt, entsteht ein Gewinn erstmals in dem Veranlagungszeitraum, in dem der in der Summe der jährlichen Zahlungen enthaltene Veräußerungspreis (Tilgungsleistungen) die ggf. um die Absetzungen für Abnutzung, erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen verminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie die zugehörigen Werbungskosten übersteigt. Bei Veräußerungsgewinnen i. S. des § 17 Abs. 2 EStG entsteht der Gewinn im Zeitpunkt der Veräußerung.

Sofern es sich bei dem veräußerten Wirtschaftsgut um eine Beteiligung i.S.d. § 17 EStG handelt, sind die Grundsätze der R 17 Abs. 7 S. 2 i. V. m. R 16 Abs. 11 EStR zu beachten. Wird Kapitalvermögen gegen wiederkehrende Leistungen veräußert, kann auch ein Gewinn oder Ertrag i.S.d. § 20 Abs. 2 EStG vorliegen, der den Regelungen über die Abgeltungsteuer unterliegt, Rz. 74.

Auch der in den Raten enthaltene Zinsanteil ist wie oben beim Käufer erwähnt zu ermitteln. Er ist Entgelt für die Stundung des Veräußerungspreises, das auf die Laufzeit der wiederkehrenden Leistungen zu verteilen ist. 

Bei dauernden Lasten ist der zu ermittelnde Zinsanteil als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu versteuern. Der in Veräußerungsleibrenten enthaltene Ertragsanteil ist nach § 22 Nr. 1 S. 3 a) bb) EStG zu versteuern, Rz. 76.

Beispiel

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Vater V überträgt seinem Sohn S im Wege der vorweggenommenen Erbfolge eine vermietete Eigentumswohnung mit einem Verkehrswert von 210.000 EUR. S verpflichtet sich, V eine an dessen Bedürfnissen orientierte lebenslängliche Rente von monatlich 2.500 EUR (jährlich 30.000 EUR) zu zahlen. Der Barwert der wiederkehrenden Leistungen beträgt 350.000 EUR.

Lösung:

Da die vermietete Eigentumswohnung nicht zu den begünstigten Wirtschaftsgütern i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1 a S. 2 EStG gehört, liegt keine Vermögensübertragung im Zusammenhang mit Versorgungsleistungen, sondern bis zur Höhe eines angemessenen Kaufpreises (210.000 EUR) ein entgeltliches Geschäft gegen wiederkehrende Leistungen vor. Die Gegenleistung ist in dem Umfang als unangemessen anzusehen, in dem der Barwert der wiederkehrenden Leistungen (350.000 EUR) den Verkehrswert des übertragenen Vermögens (210.000 EUR) übersteigt (140.000 / 350.000 = 40 Prozent). S hat Anschaffungskosten für die vermietete Eigentumswohnung i.H.v. 210.000 EUR, die – abzüglich des Anteils für den Grund und Boden – Bemessungsgrundlage für die Absetzungen für Abnutzung sind. Der unangemessene Anteil der jährlichen Zahlung, also ein Betrag i.H.v. (40 Prozent von 30.000 EUR =) 12.000 EUR, ist als Zuwendung i.S.d. § 12 Nr. 2 EStG zu beurteilen. Der verbleibende Betrag von (30.000 EUR ./. 12.000 EUR =) 18.000 EUR ist in einen Tilgungs- und einen Zinsanteil zu zerlegen. Den nach der Ertragsanteilstabelle des § 22 Nr. 1 S. 3 a) bb) EStG ermittelten Zinsanteil der Veräußerungsleibrente muss V als Berechtigter versteuern. S, als Verpflichteter, kann den Zinsanteil, der ebenfalls nach der Ertragsanteilstabelle des § 22 Nr. 1 S. 3 a) bb) EStG zu ermitteln ist, als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 EStG abziehen, weil er das erworbene Wirtschaftsgut zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verwendet. Bei V ist zu prüfen, ob der (angemessene) Tilgungsanteil als Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft zu erfassen ist.