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Einkommensteuer (Vertiefung)

Nicht steuerbare Zuwendungen Steuerbefreiungen, § 19 EStG

Nicht steuerbare Zuwendungen und Steuerbefreiungen bei § 19 EStG

Es hat sich bereits im Grundlagenkurs gezeigt, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zunächst wie ein unproblematischer Bereich der Einkommensteuer erscheinen, bei genauerer Betrachtung erkennt man jedoch, dass es eine Vielzahl von Regelungen für den Arbeitnehmer und Arbeitgeber gibt, die es zu beachten gilt.

In der Vertiefung soll nun auf einzelne Steuerbefreiungen eingegangen werden und auch Vorgänge diskutiert werden, die aus ertragsteuerlicher Sicht nicht steuerbar sind und somit nicht zu den Einkünften zählen.

Nicht steuerbare Zuwendungen

Nicht alle Zuwendungen, die der Arbeitnehmer erhält und die Definition von Arbeitslohn erfüllen, sind auch steuerbar. Wenn Zuwendungen nicht steuerbar sind, dann sind sie nicht als Einnahmen im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder einer anderen Einkunftsart zu erfassen.

Nicht steuerbarer Arbeitslohn und Zuwendungen

Aufmerksamkeiten

Nach R 19.6 Abs. 1 S. 2 LStR sind Aufmerksamkeiten Sachzuwendungen an einen Arbeitgeber aus einem besonderen persönlichem Anlass, die den Wert von 60 € nicht überschreiten. Die Freigrenze von 60 € meint dabei den Bruttowert (z. B. Einkaufswert inklusive Umsatzsteuer). Unter besonderen persönlichen Ereignissen sind die Geburt von Kindern, Hochzeiten etc. zu verstehen.

Beispiele für Aufmerksamkeiten sind somit Blumen zum Geburtstag, unentgeltliche oder teilentgeltliche Getränke und Genussmittel im Betrieb für den Verzehr (R 19.6 Abs. 2 S. 1 LStR), Speisen während eines außergewöhnlichen Arbeitseinsatzes (R 19.6 Abs. 2 S. 2 LStR). Die Wertgrenze darf jeweils nicht überschritten werden!

Leistungen im eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers

Wenn ein Arbeitgeber an seine Arbeitnehmer Leistungen erbringt, die vorrangig durch sein eigenbetriebliches Interesse veranlasst sind, dann handelt es sich um nicht steuerbare Leistungen. Es muss sich aus den Umständen, wie dem Anlass, Auswahl der Begünstigung, Freiwiligkeit und Zwang zur Annahme und Geeignetheit für den betrieblichen Zweck ergeben, dass der betriebliche Zweck im Vordergrund steht und das Interesse des Arbeitnehmers, den betroffenen Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden kann (H 19.3 "Allgemeines zum Arbeitslohnbegriff" LStH).

Beispielhafte Leistungen aus eigenbetrieblichem Interesse sind:

Vorteile für alle Beschäftigten des Arbeitgebers:

  • Parkplätze auf dem Betriebsgelände
  • Aufenthalts- und Erholungsräume
  • Nutzung von Tischfußballgeräten

Arbeitsmittel:

  • Werkzeug
  • Computer
  • Fachliteratur
  • Schreibmaterial

Fort- und Weiterbildungen

Eine Fort- oder Weiterbildung im überwiegend betrieblichen Interesse stellt eine nicht steuerbare Zuwendung dar. Das überwiegend betriebliche Interesse besteht gemäß R 19.7 Abs. 2 S. 1 LStR, wenn die Maßnahme die Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers im Betrieb erhöhen soll. Eine Anrechnung auf die Arbeitszeit ist für die Beurteilung dabei nicht wichtig.

Sachleistungen aus Anlass einer Verabschiedung etc.

Nach R 19.3 Abs. 2 Nr. 3 LStR sind übliche Sachleistung, die ein Arbeitnehmer aufgrund einer Diensteinführung, eines Funktionswechsels, eines runden Dienstjubiläums oder Verabschiedung erhält, bei Bruttoaufwendungen von bis zu 110 € pro teilnehmender Person nicht als Arbeitslohn zu behandeln. In der Freigrenze sind auch Geschenke bis zu einem Gesamtwert von 60 € zu berücksichtigen. Die Überschreitung der Freigrenze führt zu einer Behandlung der gesamten Aufwendungen als Arbeitslohn bei dem bedachten Arbeitnehmer!

Steuerbefreiungen

Weitere steuerfreie Bezüge eines Arbeitnehmers können die Einnahmen aus nebenberuflicher Tätigkeit als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten sein. Weiter sind die Einnahmen aus einer nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeit oder aus nebenberuflicher Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen bis zu 3.000 € pro Jahr steuerfrei. Der Freibetrag ist ein Jahresbetrag und wird nur einmal gewährt, auch wenn mehrere Tätigkeiten ausgeübt werden. Aufwendungen können insoweit nach § 3c Abs. 1 EStG nicht abgezogen werden. Ein Abzug ist erst für die Aufwendungen in Zusammenhang mit den Einnahmen möglich, die den Betrag übersteigen.

Übungsleiter

Beispiel für eine Tätigkeit als Übungsleiter ist die Tätigkeit als Sporttrainer.

Keine erfasste Tätigkeit ist zum Beispiel die Tätigkeit als Vorstandsmitglied (vgl. R 3.26 Abs. 1 S. 3 und 4 LStR). Die Voraussetzung ist, dass der Dienst im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts erfolgt, die in einem EU-Staat, EWR-Staat oder der Schweiz ansässig ist. Weiter kann es sich auch um eine Einrichtung handeln, welche nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit ist. Beispiele hierfür finden sich in R 3.26 Abs. 3 S. 2 und 3 LStR.

Negative Abgrenzungsbeispiele finden sich in R 3.26 Abs. 3 S. 4 LStR.

Eine Tätigkeit ist nach R 3.26 Abs. 2 LStR nebenberuflich, wenn sie nicht mehr als 1/3 einer vergleichbaren Vollzeitstelle umfasst.

Die Vorschrift findet ebenfalls Anwendung im Bereich der selbständigen Arbeit.

Beispiel

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Hansi Müller ist Fußballtrainer bei einem gemeinnützigen Sportverein und erhält hierfür im Jahr 01 eine Vergütung von 3.700 €. Er hat Ausgaben in Höhe von 3.600 €. Der Betrag ist nach § 3 Nr. 26 EStG bis zur Höhe von 3.000 € steuerfrei und er kann nur Aufwendungen von 600 € abziehen, da diese den Betrag der steuerfreien Einnahmen von 3.000 € übersteigen und insoweit nicht dem Abzugsverbot nach § 3c Abs. 1 EStG unterliegen.

Betriebsveranstaltungen

Nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG stellen die Zuwendungen eines Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer im Rahmen einer Betriebsveranstaltung Arbeitslohn dar. Wenn die Teilnahme allen Betriebsangehörigen offensteht, kann ein Freibetrag von 110 € pro Jahr pro Person gewährt werden. Unter Betriebsveranstaltungen versteht man gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter.

Zur Ermittlung der Zuwendungen werden die gesamten Zuwendungen im Rahmen der Betriebsveranstaltung erfasst und auf die anwesenden Personen umgerechnet.

Die Aufwendungen werden dabei inklusive der Umsatzsteuer erfasst. Geschenke werden in dem Zusammenhang auch erfasst, wenn ein unmittelbarer Bezug zwischen der Betriebsveranstaltung und dem Geschenk besteht.

Sachbezüge

Unter Sachbezügen versteht man Güter, die in Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer Überschusseinkunftsart zufließen. Sachbezüge können dabei sehr unterschiedliche Formen annehmen, z.B. stellt die Nutzungsüberlassung eines Wirtschaftsgutes, die Übereignung oder eine andere Leistung an einen Arbeitnehmer einen Sachbezug dar. Wenn etwa der Kfz-Mechaniker aus der Werkstatt den privaten PKW der Buchhalterin im Auftrag des Arbeitgebers einer Inspektion unterzieht, so stellt dies einen Sachbezug dar.

Die Bewertung des Sachbezugs kann dabei über § 8 Abs. 2 S. 1 EStG in Form der Einzelbewertung erfolgen, in einer pauschalisierten Form wie bei der PKW-Gestellung nach § 8 Abs. 2 S. 3 - 5 EStG, nach einer Bewertung anhand der Sozialversicherungsentgeltverordnung nach § 8 Abs. 2 S. 6 - 10 EStG erfolgen oder für Belegschaftsrabatte nach § 8 Abs. 3 EStG vorgenommen werden. Ein Sachbezug ist dabei grundsätzlich nach den gesonderten Vorschriften zu bewerten. Nur wenn keiner dieser Vorschriften greift, erfolgt eine Bewertung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 und 11 EStG.

Aufgrund der Vorrangigkeit der einzelnen Bewertungen ergibt sich folgendes Prüfungsschema:

  1. Prüfung, ob ein Belegschaftsrabatt vorliegt
  2. Prüfung, ob eine Bewertung nach Sozialversicherungsentgeltverordnung in Betracht kommt
  3. Prüfung, ob dem Arbeitnehmer ein PKW zur Nutzung überlassen wird

Bei der Einzelbewertung nach § 8 Abs. 2 S. 1 und 11 EStG wird der Sachbezug mit dem um übliche Preisnachlässe geminderten Endpreis zum Abgabezeitpunkt am Abgabeort bewertet. Aus Vereinfachungsgründen kann die Ware oder Dienstleistung mit 96 % des Endpreises bewertet werden, zu dem sie der Abgebende oder dessen Abnehmer fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet, R 8.1 Abs. 2 S. 3 LStR.

Beispiel

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Die Vorstandssekretärin der Toast AG erhält jedes Jahr von ihrem Arbeitgeber den Sommerurlaub bezahlt. Im Jahr 01 fliegt sie für 3.000 € in die dominikanische Republik. Die Buchung erfolgt über ein gewöhnliches Reisebüro. Es erfolgt hier eine Einzelbewertung, da weder ein Belegschaftsrabatt noch eine Bewertung nach Sozialversicherungsentgeltverordnung möglich ist und es sich auch nicht um die Nutzungsüberlassung eines PKWs handelt. Die Reise kann jedoch aus Vereinfachungsgründen nach R 8.1 Abs. 2 S.3 LStR mit 96% des Endpreises bewertet werden. Sie wird dann mit 2.880 € bewertet.

Bei der Einzelbewertung ist nach § 8 Abs. 2 S. 11 EStG die Steuerfreiheit von Sachbezügen bis zu 44 € pro Kalendermonat (ab 01.01.2022 50 € pro Monat) zu berücksichtigen. Wenn die Grenze überstiegen wird, dann sind alle Sachbezüge in dem Monat zu versteuern. Sachbezüge, die nach § 37b EStG bzw. § 40 EStG pauschal versteuert werden, bleiben bei der Prüfung der 44 € (ab 01.01.2022 50 €) Grenze außer Betracht.

PKW Gestellung

Für die Anwendung der 1 % Regel muss der PKW zu mehr als 50 % betrieblich genutzt werden, was bei an Arbeitnehmer überlassene PKWs für den Arbeitgeber immer der Fall ist, da aus Sicht des Arbeitgebers die private PKW-Nutzung des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber gleichfalls eine betriebliche Nutzung darstellt (betriebliche Verwendung als Gehaltsbestandteil). Die Ermittlung des Arbeitslohns durch eine private PKW-Nutzung erfolgt gemäß § 8 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG, indem der Sachbezugswert mit 1% des Bruttolistenpreises pro Monat angesetzt wird. Der Bruttolistenpreis ist dabei der inländische Listenpreis zuzüglich Sonderausstattung und Umsatzsteuer (vgl. § 8 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4. S. 2 EStG). Der Preis wird dabei auf volle hundert Euro abgerundet (vgl. R 8.1 Abs. 9 Nr. 1 S. 6 LStR). Wenn der Arbeitnehmer den PKW auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nutzen kann, dann muss hierfür ein Sachbezugswert von 0,03 % des Bruttolistenpreises je Kilometer der Strecke (einfache Strecke) zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte angesetzt werden.

Eine Abweichung von der 1% Regelung ist möglich, wenn die Fahrtenbuchmethode verwendet wird. Es werden dann die tatsächlichen Kosten des Arbeitgebers für die private Nutzung und die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte angesetzt (§ 8 Abs 2 S. 4 und 5 EStG). Für die Fahrtenbuchmethode müssen die insgesamt entstehenden Aufwendungen jedoch durch Belege nachgewiesen werden und das Verhältnis der privaten Nutzung, der Fahrten zwischen Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte und den übrigen Fahrten muss durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch dokumentiert werden. Die Fahrtenbuchmethode wird in R 8.1 Abs. 9 und 10 LStR sowie H 8.1 Abs. 9 und 10 LStH näher erläutert. 

Sachbezüge durch Verordnung

Wenn Sachbezugswerte durch § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB IV festgelegt werden oder durch die SvEV oder Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder definiert sind, sind die Sachbezüge entsprechend anzusetzen und dem Arbeitnehmer als geldwerter Vorteil zuzurechnen.

Belegschaftsrabatte nach § 8 Abs. 3 EStG

Ein Belegschaftsrabatt liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer Waren, Dienstleistungen etc. erhält, die der Arbeitgeber nicht speziell für die Arbeitnehmer herstellt, erbringt etc. und der Bezug nicht pauschal versteuert wird (vgl. § 8 Abs. 3 S. 1 EStG). Sachbezüge im Sinne des § 8 Abs. 3 EStG sind mit dem um 4% geminderten Endpreis anzusetzen, zu dem der Arbeitgeber oder der letzte Abnehmer diese fremden Endverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet. Endpreis im Sinne des § 8 Abs. 3 EStG ist der finale Preis am Ende von Verkaufsverhandlungen und inkludiert mögliche Rabatte. Der geldwerte Vorteil aus Differenz zwischen Entgelt des Arbeitnehmers für die Ware und Sachbezugswert sind steuerfrei, sofern sie im Jahr aus einem Dienstverhältnis 1.080 € nicht übersteigen (Freibetrag).

Beispiel

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Jonathan Müller arbeitet bei einem Großhändler. Er kann das große Warensortiment 30 % unter dem normalen Endpreis erwerben. Für seine neue Freundin kauft er einen neuen Fernseher für 700 €. An Endkunden wird der Fernseher normalerweise für 1.000 € verkauft.

Die Bewertung erfolgt mit (1.000 € *96 % -700 €=) 260 €. Der geldwerte Vorteil ist somit steuerfrei.