Inhaltsverzeichnis
Steuerliche Behandlung von zurückbehaltenen Wirtschaftsgütern
Gemäß H 16 Abs. 1 EStH "Zurückbehaltene Wirtschaftsgüter" wird die Annahme einer Betriebsveräußerung im Ganzen nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Veräußerer Wirtschaftsgüter, die nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören, zurückbehält, also z.B. in das Privatvermögen überführt oder anderen betriebsfremden Zwecken zuführt.
Diese zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter des steuerlichen Betriebsvermögens erhöhen den Veräußerungspreis um deren gemeinen Wert (§ 9 BewG), § 16 Abs. 3 S. 7 EStG. Die Hinzurechnung führt im Ergebnis in der Differenz zwischen gemeinem Wert und Buchwert zu einer Erhöhung des begünstigten Veräußerungsgewinns.
Restbetriebsvermögen
Jedoch können auch nach einer Veräußerung des Betriebs noch Einnahmen und Ausgaben entstehen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Denn auch nach einem Übergang des Betriebs auf den Erwerber kann dem früheren Betriebsinhaber weiterhin noch Betriebsvermögen zuzurechnen sein – das sog. Restbetriebsvermögen. Dazu gehören insbesondere folgende Wirtschaftsgüter, soweit sie nicht mitveräußert worden sind:
- noch zum Verkauf bestimmte, bisher nicht veräußerte Waren,
- bestehende Forderungen,
- Lieferanten- oder Bankverbindlichkeiten.
Diese Wirtschaftsgüter können regelmäßig nicht in das Privatvermögen entnommen werden, sondern bleiben in ihrer betrieblichen Verbundenheit und damit als notwendiges Betriebsvermögen bestehen.
Bei den aus einem Restbetriebsvermögen nachträglich anfallenden Einnahmen und Ausgaben handelt es sich um Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit i.S.d. § 24 Nr. 2 EStG. Diese Einkünfte unterliegen der vollen Tarifversteuerung, sind also nicht nach § 34 EStG begünstigt.
Es können sich jedoch weitere Besonderheiten im Einzelfall ergeben:
Beispiel
S hat zum 31.08.01 ihr gewerbliches Einzelunternehmen aufgegeben. Zuvor ereignete sich jedoch ein Brandschaden, hierbei hat S gegenüber dem Schädiger einen Schadensersatzanspruch i.H.v. 100.000 EUR geltend gemacht. Der mutmaßliche Schädiger bestritt jedoch die Verantwortung, seine Versicherung zahlte erst nach einem Gerichtsverfahren am 31.10.04 einen Betrag von 75.000 EUR an S.
Bei der Ermittlung des Aufgabegewinns zum 31.08.01 wurde der Schadensersatzanspruch nicht erfasst, weil er von dem mutmaßlichen Schädiger vehement bestritten wurde. Gleichwohl wurde eine Prozesskostenrückstellung von S korrekterweise erfasst.
Die Schadensersatzforderung war betrieblich bedingt, durfte aber zunächst wegen des Realisationsprinzips nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB nicht während der aktiven betrieblichen Tätigkeit des S aktiviert werden. Nach H 4.2 Abs. 1 EStH „Schadensersatzforderung" ist eine bestrittene Schadensersatzforderung - wie im Sachverhalt vorliegend - auch nach Betriebsaufgabe noch steuerliches Betriebsvermögen.
Da im Falle der Betriebsaufgabe § 16 Abs. 2 und 3 EStG als lex specialis Vorrang gegenüber dem Realisationsprinzip hat, wird der Forderungseingang rückwirkend bei der Ermittlung des Aufgabegewinns zum 31.08.01 erfasst.
Neutrales Vermögen
Für aktive Wirtschaftsgüter, die auch privat genutzt werden können wie z.B. unbebaute Grundstücke, Wertpapiere, etc. hat der Stpfl. bzgl. der weiteren steuerlichen Behandlung folgende Möglichkeiten:
- Er kann sie in zeitlichem Zusammenhang mit der Veräußerung in sein steuerliches Privatvermögen überführen.
- Er kann sie befristet weiterhin als steuerliches Betriebsvermögen ohne aktiven Betrieb fortführen, wenn er einen sachlichen Grund hierfür geltend machen kann, wie z.B. ein prognostizierter späterer günstigerer Verkaufspreis oder eine geplante zeitnahe Veräußerung.
- Er kann die Wirtschaftsgüter auch in einen anderen, eigenen Betrieb überführen. Hierbei hat die Überführung dann zu Buchwerten zu erfolgen (§ 6 Abs. 5 S. 1 und 2 EStG).
Betriebsschulden
Auch Verbindlichkeiten des Betriebs, sofern diese nicht mit dem Veräußerungserlös abgelöst werden konnten, können nicht in das Privatvermögen überführt werden, H 4.2 Abs. 15 EStH „Betriebsaufgabe oder -veräußerung im Ganzen". Auch wenn der Tilgung anderweitige Hindernisse (z.B. aus dem jeweiligen Kreditvertrag) entgegenstehen, bleiben die zurückbehaltenen Verbindlichkeiten Betriebsschulden. Die Zinszahlungen für solche verbliebenen Betriebsschulden führen zu nachträglichen Betriebsausgaben – ggf. auch noch Jahre später. Die nachträglichen Einkünfte aus Gewerbebetrieb werden in dem Jahr versteuert, in dem sie entstanden sind.
Jedoch wird eine Verbindlichkeit dann zu Privatvermögen, wenn diese in engem Zusammenhang mit einem entnommenen Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens steht, z.B. ein mit einer Hypothek belastetes Grundstück.