Inhaltsverzeichnis
- Der Substanzwert nach § 11 Abs. 2 S. 3 BewG
- Ermittlung des Substanzwertes am Bewertungsstichtag
- Umfang des anzusetzenden Betriebsvermögens
- Grundsatz des Ansatzes mit dem gemeinen Wert
- Vereinfachungsregel für bewegliche und abnutzbare Wirtschaftsgüter
- Ermittlung des Substanzwerts bei fehlendem Zwischenabschluss auf den Bewertungsstichtag
- Die Vereinfachungsregelung
Der Substanzwert nach § 11 Abs. 2 S. 3 BewG
Der im vEWV ermittelte Wert darf den Substanzwert nicht unterschreiten, § 11 Abs. 2 S. 3 BewG (Mindestwert).
Der Substanzwert ist nach R B 11.5 Abs. 1 ErbStR als Mindestwert nur anzusetzen, wenn der gemeine Wert nach dem vEWV oder mit einem Gutachterwert (Ertragswertverfahren oder andere im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke übliche Methode) ermittelt wird.
Merke
Der Ansatz des Substanzwerts als Mindestwert ist ausgeschlossen, wenn der gemeine Wert aus tatsächlichen Verkäufen unter fremden Dritten im gewöhnlichen Geschäftsverkehr abgeleitet wird (R B 11.5 Abs. 1 S. 2 ErbStR).
Zur Ermittlung des Substanzwerts ist eine Vermögensaufstellung zu fertigen, R B 11.6 Abs. 4 bzw. R B 109.3 Abs. 4 ErbStR.
Hinweis
Summe der gemeinen Werte der Einzelwirtschaftsgüter u. sonstige aktive Ansätze
(Einzelbewertung mit dem gemeinen Wert zum Bewertungsstichtag)
./. Schulden und sonstige Abzüge
= Mindestwert, § 11 Abs. 2 S. 3 BewG
Ermittlung des Substanzwertes am Bewertungsstichtag
In die Ermittlung des Substanzwerts sind dem Grunde nach, alle Wirtschaftsgüter einzubeziehen, die nach §§ 95 bis 97 BewG am Bewertungsstichtag zum Betriebsvermögen gehören.
Umfang des anzusetzenden Betriebsvermögens
Bei Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften i. S. der §§ 95 bis 97 BewG richtet sich der Umfang des Betriebsvermögens somit nach der Zugehörigkeit der Wirtschaftsgüter zum ertragsteuerlichen Betriebsvermögen am Bewertungsstichtag (vgl. R B 11.5 Abs. 3 ErbStR).
Hinweis
Aktive und passive Wirtschaftsgüter gehören selbst dann dem Grunde nach zum ertragsteuerlichen Betriebsvermögen, wenn für sie ein steuerliches Aktivierungs- oder Passivierungsverbot besteht.
So ist eine handelsrechtlich gebotene Rückstellung (z. B. eine Drohverlustrückstellung), die steuerlich nicht passiviert werden darf (vgl. § 5 Abs. 4a EStG), bei der Ermittlung des Substanzwerts gleichwohl anzusetzen.
Zum Betriebsvermögen gehören auch selbst geschaffene oder entgeltlich erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter (z. B. Patente, Lizenzen, Warenzeichen, Markenrechte, Konzessionen, Bierlieferrechte). Nach R B 11.5 Abs. 3 S. 5 ErbStR sind geschäftswert-, firmenwert- oder praxiswertbildende Faktoren, denen ein eigenständiger Wert zugewiesen werden kann (z. B. Kundenstamm, Know-how), mit einzubeziehen, unabhängig davon, ob sie selbst geschaffen oder entgeltlich erworben wurden.
Rücklagen und Ausgleichsposten
Rücklagen und Ausgleichsposten mit Rücklagencharakter sind nach R B 11.5 Abs. 4 ErbStR im Allgemeinen nicht abzugsfähig, weil sie Eigenkapitalcharakter haben (vgl. § 103 Abs. 3 BewG).
Beispiel
Dazu gehören z. B. Rücklagen nach § 6b EStG, Rücklagen für im Voraus gewährte Zuschüsse für Anlagegüter, Rücklagen zur Übertragung stiller Reserven bei Ersatzbeschaffung, die Ausgleichsposten nach § 14 KStG (Ausgleichsposten für Minder- und Mehrabführungen der Organgesellschaft an den Organträger), die Bildung eines Ausgleichsposten bei Entnahmen nach § 4 Abs. 1 S. 3 EStG sowie die Luftposten nach § 20 UmwStG.
Grundsatz des Ansatzes mit dem gemeinen Wert
Die zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze sowie die zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge sind bei der Ermittlung des Substanzwerts mit dem gemeinen Wert zu bewerten (§ 11 Abs. 2 S. 3 BewG).
Dabei sind Grundbesitz, Betriebsvermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften, für die ein Wert nach § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 BewG festzustellen ist, mit dem auf den Bewertungsstichtag festgestellten Wert anzusetzen vergleiche hierzu R B 11.5 Abs. 5 S. 2 ErbStR.
Vereinfachungsregel für bewegliche und abnutzbare Wirtschaftsgüter
Wirtschaftsgüter des beweglichen, abnutzbaren Anlagevermögens können nach R B 11.5 Abs. 7 ErbStR aus Vereinfachungsgründen mit 30 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten angesetzt werden, wenn dies nicht zu unzutreffenden Ergebnissen führt.
Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens sind mit ihren Wiederbeschaffungs- oder Wiederherstellungskosten zum Bewertungsstichtag anzusetzen. Dabei ist die Ermittlung ihres Werts auch nach der retrograden Methode (Rückrechnung vom voraussichtlichen Verkaufspreis) möglich.
Auf Grund der Verbrauchsfolgefiktion des Lifo-Verfahrens gebildete stille Reserven sind bei der Ermittlung des Substanzwertes anzusetzen, vgl. hierzu R B 11.5 Abs. 8 ErbStR.
Hinweis
Diese sind z. B. denkbar, wenn die Anschaffungskosten der Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens in der Vergangenheit geringer waren als die Anschaffungskosten der zuletzt erworbenen Wirtschaftsgüter.
Ermittlung des Substanzwerts bei fehlendem Zwischenabschluss auf den Bewertungsstichtag
Das Vermögen der Kapitalgesellschaft bzw. das Betriebsvermögens eines Einzelunternehmers, des freiberuflichen Tätigen, einer Personengesellschaft ist bei der Ermittlung des Substanzwerts mit dem gemeinen Wert zum Bewertungsstichtag zugrunde zu legen, R B 11.6 Abs. 1 bzw. R B 109.3 Abs. 2 S. 1 ErbStR).
Hinweis
Fallen Steuerentstehungszeitpunkt und der Schluss des Wirtschaftsjahres, auf den der regelmäßige jährliche Abschluss erstellt wird, auseinander, kann aus Vereinfachungsgründen der Wert des Vermögens zum Bewertungsstichtag aus der auf den Schluss des letzten vor dem Bewertungsstichtag endenden Wirtschaftsjahrs erstellten Vermögensaufstellung abgeleitet werden, wenn kein Zwischenabschluss erstellt wurde und dies im Einzelfall nicht zu unangemessenen Ergebnissen führt, R B 11.6 Abs. 2 ErbStR.
Die Vereinfachungsregelung
Wird von der Vereinfachungsregelung Gebrauch gemacht, ist zunächst der Saldo der gemeinen Werte für die Wirtschaftsgüter, sonstigen aktiven Ansätze, Schulden und sonstigen Abzuge am Abschlusszeitpunkt zu bilden, die bei der Ermittlung des Substanzwerts anzusetzen sind (Ausgangswert), R B 11.6 Abs. 2 S. 2 bzw. R B 109.3 Abs. 2 S. 2 ErbStR.
,Aus dem Ausgangswert ist der Wert des Vermögens auf den Bewertungsstichtag unter Berücksichtigung der bis zum Bewertungsstichtag eingetretenen Veränderungen abzuleiten. Als Korrekturen kommen nach R B 11.6 Abs. 3 bzw. R B 109.3 Abs. 3 ErbStR insbesondere in Betracht:
- Hinzurechnung des Gewinns bzw. Abrechnung des Verlusts, der auf den Zeitraum vom letzten Bilanzstichtag bis zum Bewertungsstichtag entfällt. Dabei ist vom Gewinn laut Steuerbilanz auszugehen.
Der Gewinn oder Verlust ist zu korrigieren, soweit darin Abschreibungen (Normal-AfA, erhöhte AfA, Sonderabschreibungen, Teilwertabschreibungen) oder Aufwendungen auf betrieblichen Grundbesitz (Grund und Boden, Betriebsgebäude, Außenanlagen, sonstige wesentliche Bestandteile und Zubehör) enthalten sind, die das Ergebnis gemindert haben, aber mit dem Wertansatz der Betriebsgrundstücke (Grundbesitzwert nach § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BewG) abgegolten sind.
Gewinn bzw. Verlust und Abschreibungen oder andere Aufwendungen bis zum Bewertungsstichtag sind, soweit dies nicht im Einzelfall zu unangemessenen Ergebnissen führt, zeitanteilig aus den entsprechenden Jahresbeträgen zu berechnen;
Beispiel
Für ein Gebäude sind Erhaltungsaufwendungen angefallen für den Anstrich von Fenstern. Im Rahmen der Grundbesitzbewertung führen solche Aufwendungen nicht zu einer Erhöhung des Grundbesitzwerts (es sei denn, es handelt sich um eine durchgreifende Modernisierung).
Dennoch sind die Aufwendungen mit dem Ansatz des Grundbesitzwertes abgegolten. Der Ausgangswert ist um diese Aufwendungen zu korrigieren.
- Berücksichtigung von Vermögensänderungen infolge von Veräußerung oder Erwerb von Anlagevermögen, insbesondere von Betriebsgrundstücken, Wertpapieren, Anteilen und Genussscheinen von Kapitalgesellschaften und Beteiligungen an Personengesellschaften, soweit sie sich nicht bereits ausgewirkt haben;
Bei Kapitalgesellschaften ergänzend:
- Vermögensabfluss durch Gewinnausschüttungen;
- Vermögenszuführungen oder -abflüsse infolge von Kapitalerhöhungen oder Kapitalherabsetzungen;
- Vermögenszuführungen durch verdeckte Einlagen.