Inhaltsverzeichnis
- Gewerbesteuerpflicht und Gewerbesteuerrückstellung
- Beginn und Ende der Gewerbesteuerpflicht
- Einzelgewerbetreibende und Personengesellschaften
- Kapitalgesellschaften
- Fallbeispiele
- Fallbeispiel
- Gewerbebetriebe kraft gewerblicher Tätigkeit
- Gewerbetriebe kraft Rechtsform
- Gewerbebetriebe kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs
- Unternehmerwechsel
- Besonderheit
- Zusammenfassende Übersicht
- Gewerbesteuerbefreiung
- Gewerbesteuerrückstellung
Gewerbesteuerpflicht und Gewerbesteuerrückstellung
Beginn und Ende der Gewerbesteuerpflicht
Beginn und Ende der sachlichen Steuerpflicht sind von der jeweiligen Form des Gewerbebetriebs abhängig.
Merke
Man unterscheidet die folgenden Fälle:
- Gewerbebetrieb kraft gewerblicher Tätigkeit
- Gewerbebetrieb kraft Rechtsform
- Gewerbebetrieb kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs.
Einzelgewerbetreibende und Personengesellschaften
Bei Einzelgewerbetreibenden und Personengesellschaften (= personenbezogene Unternehmen) beginnt die sachliche Steuerpflicht in dem Zeitpunkt, in dem erstmals alle Voraussetzungen erfüllt sind, die zur Annahme eines Gewerbebetriebs erforderlich sind. Es müssen also die vier positiven und die drei negativen Voraussetzungen nach § 15 Abs. 2 EStG gegeben sein (R 2.5 Abs. 1 GewStR). Kosten der reinen Vorbereitungshandlungen wie beispielsweise Miete für ein Ladenlokal, Lohnkosten vor Eröffnung eines Betriebs, die Errichtung eines Fabrikgebäudes, in dem die Produktion aufgenommen werden soll, etc. begründen die Gewerbesteuerpflicht noch nicht und dürfen daher den Gewerbeertrag nicht mindern (R 2.5 Abs. 1 Satz 2 GewStR).
Kapitalgesellschaften
Die Steuerpflicht kraft Rechtsform beginnt bei Kapitalgesellschaften mit der Eintragung in das Handelsregister, bei Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften mit der Eintragung in das Genossenschaftsregister und bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit mit der aufsichtsbehördlichen Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb. Von diesem Zeitpunkt an kommt es auf Art und Umfang der Tätigkeit nicht mehr an. Die Steuerpflicht wird vor dem bezeichneten Zeitpunkt durch die Aufnahme einer nach außen in Erscheinung tretenden Geschäftstätigkeit ausgelöst (R 2.5 Abs. 2 GewStR, siehe ebenfalls H 2.5 GewStH „Beginn der Steuerpflicht kraft Rechtsform“).
Fallbeispiele
Beginn der Gewerbesteuerpflicht Standardfall
Beginn der Gewerbesteuerpflicht bei Gründung einer GmbH
Beginn der Gewerbesteuerpflicht Sonderfall
Einzelgewerbetreibende und Personengesellschaften
Die Gewerbesteuerpflicht erlischt bei Einzelgewerbetreibenden und bei Personengesellschaften mit der tatsächlichen Einstellung des Betriebs siehe hierzu R 2.6 Abs. 1 Satz 1 GewStR.
Dabei ist von einer tatsächlichen Einstellung des Betriebs dann auszugehen, wenn die werbende Tätigkeit völlig aufgegeben wird.
Die Versilberung der vorhandenen Betriebsgegenstände und die Einziehung einzelner rückständiger Forderungen aus der Zeit vor der Betriebseinstellung stellen keine gewerbliche Tätigkeit dar.
Kapitalgesellschaften
Bei den Kapitalgesellschaften erlischt die Gewerbesteuerpflicht – anders als bei Einzelkaufleuten und Personengesellschaften – nicht schon mit der Beendigung der gewerblichen Betätigung, sondern erst mit der Beendigung jeglicher Tätigkeit überhaupt.
Das ist grundsätzlich der Zeitpunkt, in dem das Vermögen an die Gesellschafter verteilt worden ist = Abschluss der Liquidation nach R 2.6 Abs. 2 GewStR.
Fallbeispiel
Gewerbebetriebe kraft gewerblicher Tätigkeit
Der Gewerbebetrieb und damit die Gewerbesteuerpflicht beginnt, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen für die Annahme eines Gewerbebetriebs vorliegen. Hier spielen bloße Vorbereitungshandlungen keine Rolle. Ebenso unerheblich ist der Zeitpunkt der möglichen Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister.
Wichtig ist, dass bei gewerblich geprägten Personengesellschaften nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG die Steuerpflicht erst dann beginnt, wenn der Gewerbebetrieb in Gang gesetzt ist (H 2.5 Abs. 1 GewStH).
Beispiel
Der Gewerbetreibende Hubert plant den Betrieb eines Fitnessstudios. Er mietet am 15. Februar des Jahres 01 Räumlichkeiten an, am 28. Februar 01 sind alle erforderlichen Umbau- und Aufbauarbeiten abgeschlossen. Am 3. März des Jahres 01 lässt sich Hubert ins Handelsregister eintragen, das Geschäft startet mit den ersten Kunden am 16. März 01.
Unerheblich für die Begründung der Gewerbesteuerpflicht sind die Vorbereitungshandlungen zwischen dem 15. und dem 28. Februar. Alle wirtschaftlichen Ergebnisse, die in diese Zeit fallen, bleiben gewerbesteuerlich unberücksichtigt. Mögliche Verluste dürfen also nicht den Gewinn mindern, der ab dem Beginn der Gewerbesteuerpflicht anfällt. Ebenso ist die Handelsregistereintragung nicht zu berücksichtigen. Die eigentliche gewerbliche Tätigkeit und damit die Gewerbesteuerpflicht beginnt am 16. März des Jahres 01, weil erstmals an diesem Tag alle tatbestandlichen Voraussetzungen für die Annahme eines Gewerbebetriebs vorliegen.
Das Ende der gewerblichen Tätigkeit ist bestimmt durch die tatsächliche Einstellung des Betriebs nach R 2.6 Abs. 1 Satz 6 GewStR, welche anzunehmen ist bei Aufgabe jeder werbenden Tätigkeit.
Darüber hiaus ist zu beachten, dass der Betrieb nicht für immer, sondern auch nur für eine gewisse Dauer aufgegeben werden muss, es sei denn, die Einstellung ist von vornherein als nur vorübergehend gedacht gewesen. Bei sogenannten Saisonbetrieben wie Bauhandwerk, Kurortbetriebe, Eisdielen handelt es sich bei der Zeit, in der der Betrieb nicht ausgeübt wird, lediglich um ein Ruhen des Gewerbebetriebs, nicht um eine Einstellung.
Beispiel
Der Gewerbetreibende Hubert beendet am 30.10. des Jahres 01 den Betrieb seines Fitnessstudios. In den folgenden vier Wochen veräußert er noch die Geschäftseinrichtung und die Fitnessgeräte. Schließlich bezahlt er am 10.12. des Jahres 01 die letzten Verbindlichkeiten und zieht noch ausstehende Forderungen aus Kundenbeiträgen ein.
Der Gewerbebetrieb endet nicht erst mit der Einstellung sämtlicher Tätigkeiten am 10.12. des Jahres 01 (wie dies bei einer Kapitalgesellschaft der Fall wäre), sondern schon mit der tatsächlichen Einstellung des Betriebs am 30.10. des Jahres 01.
Liquidations- oder Veräußerungsgewinne sind daher, anders als im Einkommensteuerrecht, nicht gewerbesteuer-pflichtig.
Es ist bei der Frage der Beendigung der Gewerbesteuerpflicht nicht nur auf die äußeren Merkmale abzustellen. Zusätzlich müssen auch die inneren Vorgänge berücksichtigt werden. So kann zum Beispiel ein Unternehmen, das bei einer äußerlichen Betrachtung zwar als eingestellt gilt, sich jedoch weiter mit der erkennbaren Absicht betätigt, nachhaltige Erträge zu erzielen, gewerbesteuerlich nicht als eingestellt gelten.
Beispiel
Gewerbetreibender Hubert aus dem obigen Beispiel entlässt sämtliche Mitarbeiter, die Kunden dürfen jedoch weiterhin trainieren, Serviceleistungen werden nicht mehr angeboten.
Innerlich betrachtet hat Hubert weiterhin die erkennbare Absicht, nachhaltige Erträge zu erzielen. Der Gewerbebetrieb ist deswegen nicht eingestellt.
Gewerbetriebe kraft Rechtsform
Unter einer Vorgesellschaft versteht man eine errichtete (insbesondere durch Abschluss des Notarvertrags), aber noch nicht eingetragene Gesellschaft. Diese wird als identisch mit der Gesellschaft angesehen, die später durch Eintragung erst noch entsteht. Wenn die Vorgesellschaft bereits gewerblich tätig wird, so trifft sie deswegen bereits die Gewerbesteuerpflicht.
Eine sogenannte Vorgründungsgesellschaft entsteht vor Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrags. Diese ist lediglich eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die erzielten Einkünfte werden den Gründungsgesellschaftern direkt im Rahmen der Einkommensteuer und nicht der Gewerbesteuer zugerechnet. Für das Ende kommt es nicht auf das Aufhören der gewerblichen Betätigung an, sondern vielmehr auf das Aufhören jeglicher Tätigkeit überhaupt.
Die Gewerbesteuerpflicht eines Gewerbebetriebs kraft Rechtsform beginnt mit der Erlangung der Rechtsfähigkeit, dies bedeutet mit Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister. Zu beachten ist jedoch, dass in der Phase der sogenannte Vorgesellschaft bei einer nach außen in Erscheinung tretenden Tätigkeit die erzielten Einkünfte bereits gewerbesteuerpflichtig sind.
Beispiel
Die Hubert GmbH aus Trier schließt am 15. März des Jahres 01 den notariellen Gesellschaftsvertrag ab. Die Eintragung ins Handelsregister erfolgt am 1. April des Jahres 01. Am 20. März werden bereits erste Verkäufe getätigt.
In der Phase der Vorgesellschaft, das heißt zwischen dem 15.03. des Jahres 01 und dem 01.04. des Jahres 01, beginnt die Hubert GmbH mit einer nach außen gerichteten Tätigkeit und ist deswegen bereits ab dem 20. März 01 gewerbesteuerpflichtig.
Gewerbebetriebe kraft wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs
Bei den sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts beginnt die Gewerbesteuerpflicht, wenn alle Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erfüllt sind. Für das Ende der Steuerpflicht ist die tatsächliche Einstellung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs maßgebend. Wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in jährlich wiederkehrenden Tätigkeiten (Veranstaltungen) von jeweils kurzer Dauer besteht (z.B. Schützenfeste oder Weinfeste), dann muss man von einem Fortbestehen des Gewerbebetriebs ausgehen, wenn eine Wiederholungsabsicht erkennbar gegeben ist. Dies bedeutet, dass die Steuerpflicht nicht jeweils nach Abwicklung der Veranstaltung erlischt und im Folgejahr neu eintritt (R 2.6 Abs. 3 Satz 2 GewStR).
Unternehmerwechsel
Ein Gewerbebetrieb, der im Ganzen auf einen anderen Unternehmer übergeht, gilt als durch den bisherigen Unternehmer eingestellt. Er gilt als durch den anderen Unternehmer als neu gegründet, wenn er nicht mit einem bereits bestehenden Gewerbebetrieb vereinigt wird. Der Zeitpunkt des Übergangs (Unternehmerwechsel) wird als Zeitpunkt der Einstellung und als Zeitpunkt der Neugründung angesehen nach § 2 Abs. 5 GewStG, R 2.7 Abs. 1 GewStR.
Der bloße Gesellschafterwechsel bei Personengesellschaften lässt die Gewerbesteuerpflicht dieser Unternehmensform jedoch unberührt (R 2.7 Abs. 2 GewStR).
Besonderheit
Scheiden aus einer Personengesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 3 EStG
- einzelne Gesellschafter oder alle bis auf einen aus, oder
- treten neue hinzu, oder
- wird ein Einzelunternehmen durch Aufnahme eines oder mehrerer Gesellschafter in eine Personengesellschaft umgewandelt,
geht der Gewerbebetrieb nicht im Ganzen auf einen anderen Unternehmer über, solange ihn mindestens einer der bisherigen Unternehmer unverändert fortführt. § 2 Abs. 5 GewStG findet demnach in diesen Fällen keine Anwendung und die sachliche Steuerpflicht des Unternehmens besteht fort.
Wegen der persönlichen Steuerpflicht vergleiche R 5.1 Abs. 1 GewStR.
Der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 GewStG ist entsprechend aufzuteilen nach R 11.1 GewStR.
Zusammenfassende Übersicht
Nachfolgend erhalten Sie eine zusammenfassende Übersicht über den Beginn und das Ende der Gewerbesteuerpflicht. Zudem wird nach der Besprechnung von Fallbeispielen auf den Unternehmerwechsel eingegangen.
Gewerbesteuerbefreiung
Persönliche Steuerbefreiungen ergeben sich aus dem § 3 GewStG und §§ 12a und 13 GewStDV sowie R 3.0 GewStR.
So regelt § 3 Nr. 6 GewStG die Befreiung von der Gewerbesteuer für Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken i.S.d. §§ 51 bis 58 AO dienen. Ausgenommen sind deren wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe.
Hinweis
Die Steuerbefreiungen nach § 3 GewStG bestehen i.d.R. für staatliche Unternehmen.
Gewerbesteuerrückstellung
Entsprechend den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ist im Jahresabschluss für die Gewerbesteuer für eine sich ergebende Abschlusszahlung eine Rückstellung für Gewerbesteuer gewinnmindernd zu passivieren (R 5.7 Abs. 1 S.2 EStR). Die Gewerbesteuerrückstellung ist nach folgendem Schema zu ermitteln:
- Steuerlicher Gewinn bzw. Verlust (EStG) bzw. Einkommen vor Verlustabzug iSd. § 10d EStG (KSt)
(nach Anwendung von § 3 Nr. 40 EStG bzw § 8b KStG bei natürlichen Personen bzw. Kapitalgesellschaften)
- Sonderregelung bei der Ermittlung des Gewerbeertrags bei Organgesellschaften
- Sonderregelung zur Ermittlung des Gewerbeertrags bei unternehmensbezogener Sanierung
- ./. Veräußerungsgewinne (§§16,17 EStG), nur bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften
- ./. Entschädigung für Aufgabe gewerblicher Tätigkeit (§ 24 EStG)
- Hinzurechnungen (§ 8 GewStG)
- Kürzungen (§ 9 GewStG)
- = maßgebender Gewerbeertrag
- ./. Verlustabzug
- = Gewerbeertrag (Abrundung auf volle 100 € )
- ./. Freibetrag (nicht bei KapGes)
- = steuerpflichtiger Gewerbeertrag
- x Steuermesszahl
- = Steuermessbetrag
- x Hebesatz
- = festzusetzende Gewerbesteuer
- ./. ggf. Gewerbesteuer-Vorauszahlungen
- = verbleibende Gewerbesteuer = Gewerbesteuerrückstellung
Die Gewerbesteuer ist gem. § 4 Abs. 5b EStG nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig.
In Höhe des innerhalb der Bilanz gewinnmindernd erfassten Gewerbesteueraufwands ist außerhalb der Gewinnermittlung für steuerliche Zwecke eine Hinzurechnung durchzuführen. Durch den Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG in Höhe von 24.500 € bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften tritt die volle Belastung erst für den Gewerbeertrag ein, der diesen Freibetrag übersteigt.