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Für die steuerliche Bewertung der Sachbezüge ist § 8 EStG maßgebend. Danach werden sechs Gruppen unterschieden. Gleichwohl sind besondere „Bewertungsvorbehalte“, z.B. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 5 EStG bei Betriebsveranstaltungen, zu beachten.
Die Darstellung der Gruppen erfolgt in der Reihenfolge, in der man die Gruppen gedanklich prüfen sollte.
- Gruppe: Überlassung von Waren, die der Arbeitgeber herstellt oder mit denen er handelt, und Inanspruchnahme von Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber erbracht werden.
- Gruppe: Sachbezüge, für die in der Sozialversicherungsverordnung amtliche Werte festgesetzt sind (§ 8 Abs. 2 S. 6 bis 9 EStG): Die amtlichen Sachbezugswerte sind bei der Gewährung „Freier Verpflegung und Unterkunft“ anzusetzen. Auch für die vom Arbeitgeber unentgeltlich oder verbilligt abgegebenen üblichen „Mahlzeiten“ sind die amtlichen Sachbezugswerte gemäß § 8 Abs. 2 S. 8 und 9 EStG maßgebend (z.B. Kantinenessen; übliche Mahlzeiten in bestimmten Fällen [im Rahmen von Auswärtstätigkeiten nur, wenn kein Anspruch auf Verpflegungsmehraufwendungen besteht]).
- Gruppe: Alle anderen Sachbezüge sind gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 EStG mit den um übliche Preisnachlässe gemilderten üblichen Endpreisen am Abgabeort im Zeitpunkt der Abgabe an den Arbeitnehmer anzusetzen. Dies ist der Preis, der im allgemeinen Geschäftsverkehr von Letztverbrauchern in der Mehrzahl der Verkaufsfälle am Abgabeort für gleichartige Waren oder Dienstleitungen tatsächlich gezahlt wird. Dieser Endpreis schließt die Umsatzsteuer mit ein: Preisnachlässe, die evtl. auf den angegebenen Preis noch tatsächlich gewährt werden, mindern den maßgeblichen Endpreis nicht.
Von diesem Bewertungsgrundsatz kann in den folgenden Ausnahmefällen abgewichen werden:
- Der Arbeitgeber bietet die Ware oder die Dienstleistung in nicht unerheblichem Umfang fremden Letztverbrauchern zu einem niedrigeren als dem üblichen Endpreis an. In diesem Fall kann auch für die Leistungen an die Arbeitnehmer dieser niedrigere Preis zugrunde gelegt werden (§ 8 Abs. 3 EStG).
- Bietet der Arbeitgeber die Waren nicht fremden Letztverbrauchern an, führt er aber ein sehr umfangreiches Warenangebot (z.B. Lebensmittelgroßhändler), kann der übliche Preis aus Vereinfachungsgründen nach repräsentativen Erhebungen über die Aufschlagsätze der Arbeitnehmer für die gängigsten Einzelstücke jeder Warengruppe ermittelt werden.
- Aus den Vereinfachungsgründen (R 8.1 Abs. 2 S. 3 LStR) kann auf die Feststellung des um den üblichen Preisnachlass geminderten üblichen Endpreises verzichtet werden und stattdessen vom maßgebenden konkreten Endpreis ein Abschlag von 4% vorgenommen werden. Diese Vereinfachungsregel gilt aber nicht, sofern alternativ der günstigste Preis am Markt angesetzt wurde. Überdies darf die Vereinfachungsregel bei zweckgebundenen Geldleistungen und Warengutscheinen mit Betragsangabe nicht berücksichtigt werden.
- Überdies besteht ein Wahlrecht, alternativ den günstigsten inländischen Marktpreis unter Einholung allgemein zugänglicher Internetangebote - ohne Berücksichtigung individueller Preisverhandlungen – als Bewertungsmaßstab anzusetzen.
Die Bewertung nach diesen sich aus § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG und R 8.1 Abs. 2 LStR ergebenden Grundsätzen wird in der Regel bei Sachbezügen (Preisnachlässen) von Dritten in Betracht kommen.
Soweit geldwerte Vorteile für Sachbezüge entstehen, die nach Gruppe 3 zu bewerten sind (alle übrigen Sachbezüge), bleiben diese steuer- und beitragsfrei, soweit sie insgesamt 50 € im Kalendermonat (Freigrenze gemäß § 8 Abs. 2 S. 11 EStG) nicht übersteigen. Wird diese Freigrenze überschritten, ist der gesamte Betrag steuer- und beitragspflichtig. Für die Feststellung, ob die Freigrenze überschritten wird, müssen die in einem Kalendermonat zufließenden und nach Gruppe. 3 zu bewertenden Vorteile – auch soweit für solche Vorteile Lohnsteuer entsprechend den ELSTAM des Arbeitnehmers erhoben wird- zusammengerechnet werden. Für die Feststellung der 50 €-Freigrenze unberücksichtigt bleiben hingegen pauschal versteuerte Vorteile sowie Sachbezüge, die nach den anderen Gruppen zu bewerten sind. Für die anderen Gruppen gilt die Freigrenze nicht. Die Freigrenze kommt z.B. für mtl. Sachzuwendungen an Arbeitnehmer oder für Konzernrabatte zur Anwendung, nicht aber für Mahlzeiten, Personalrabatte (wenn diese nach § 8 Abs. 3 S. 1 EStG bewertet werden) oder die Kraftfahrzeugüberlassung sowie für Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers (wie z.B. Beiträge zur Gruppenunfallversicherung oder betrieblicher Altersversorgung in Betracht.
Im Zusammenhang mit den Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers sind jedoch zwei BFH-Urteile ergangen:
- BFH-Urteil vom 07.06.2018, VI R 13/16: Die Gewährung von Zusatzkrankenversicherungs-Schutz in Höhe der ArbG-Beiträge ist Sachlohn, wenn der Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrags ausschließlich Versicherungsschutz, nicht aber eine Geldzahlung verlangen kann.
- BFH-Urteil vom 04.07.2018, VI R 16/17: Demgegenüber hat der BFH mit o.a. entschieden, dass der ArbG keine Sache, sondern Geld zuwendet, wenn er einen Zuschuss unter der Bedingung zahlt, dass der Arbeitnehmer mit einem vom ihm benannten Unternehmen einen Versicherungsvertrag schließt.
Ist im ersten Fall, wo lt. BFH eine Sachzuwendung vorliegt, die 50 € Freigrenze doch anzuwenden?
Da beide Urteile in 2019 im Bundessteuerblatt veröffentlicht wurden, sind sie somit allgemein anzuwenden.
Die Anwendung des ersten BFH-Urteils findet somit bei Zusatzkrankversicherung oder evtl. bei freiwilliger Unfallversicherung statt.
Keine Anwendung jedoch bei Gruppenunfallversicherung und bei betrieblicher Altersversorgung (bAV).
- Gruppe: Hierunter sind Spezialregelungen, wie die Pkw-Überlassung an den Arbeitnehmer (§ 8 Abs. 2 S. 2 bis 5 EStG) zu verstehen. Hierunter fallen die:
- private PKW-Nutzung gemäß § 8 Abs. 2 S. 2 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG: die sog. 1%-Regelung.
- PKW-Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte gemäß § 8 Abs. 2 S. 3 EStG: die 0,03%-Regelung
- Fahrtenbuchmetode gemäß § 8 Abs. 2 S. 4 EStG
- PKW-Nutzung für doppelte Haushaltsführung gemäß § 8 Abs. 2 S. 5 EStG: die 0,002%-Regelung.
- Gruppe: Hierunter sind Spezialregelungen, die von den obersten Finanzbehörden der Länder festgesetzten Durchschnittswerte als Bewertungsmaßstab vorgegeben werden (§ 8 Abs. 2 S. 10 EStG).
In § 8 Abs. 2 S. 10 EStG werden zudem die von den obersten Finanzbehörden der Länder festgesetzten Durchschnittswerte als Bewertungsmaßstab vorgegeben. Diese stellen Spezialregelungen zur Einzelbewertung nach § 8 Abs. 2 S. 1 EStG dar und gehen dieser daher vor. Der Begriff „Durchschnittswerte“ impliziert, dass deren Festsetzung realitätsnah sein muss, wenn diese aus Verwaltungsvereinfachungsgründen – vorbehaltlich einer Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) – verbindlich angewandt werden sollen.
Wichtige Anwendungsfälle der Durchschnittswerte sind z.B.:
- Freiflüge für Arbeitnehmer von Luftverkehrsgesellschaften oder Reiseunternehmen (Festsetzung der Durchschnittswerte mit gleichlautenden Ländererlassen v. 16.10.2018 (Anhang 24 X). Danach soll der Rabattfreibetrag i.S. des § 8 Abs. 3 EStG bei Flügen mit eingeschränktem Reservierungsstatus nicht zur Anwendung kommen.
- Bei Überlassung von (Elektro-)Fahrrädern, die nicht als Kraftfahrzeug einzuordnen sind, mit monatlich 1% der auf 100 € abgerundeten unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers, Importeurs oder Großhändlers im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Fahrrads einschließlich Umsatzsteuer (siehe BMF-Schreiben vom 09.01.2020 im Anhang 24 IV. Nr. 4 im amtlichen Lohnsteuer-Handbuch). Hierunter fallen die Überlassungen von Pedelec`s (Geschwindigkeit bis 25 km/h), die:
- nach dem 31.12.2018 und vor dem 01.01.2031 zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn an Arbeitnehmer überlassen wurden und
- nach dem 31.12.2018 und vor dem 01.01.2031 über eine Gehaltsumwandlung an die Arbeitnehmer überlassen wurden.
- Rundfunk- oder Fernsehgeräte, die unentgeltlich an Arbeitnehmer (z.B. der Telekom oder einer Rundfunkanstalt) überlassen werden. Die Bewertung erfolgt mit 1 % des auf volle 100 € abgerundeten Bruttolistenpreises (FinMin. Baden-Württemberg v. 15.10.2001).
- Verpflegung in der Seeschifffahrt und Fischerei (ab 2014: gleichlautende Ländererlasse v. 15.06.2015 (BStBl. I 2015, 512)).
- Gruppe: Hierunter sind Spezialregelungen, wie die verbilligte Wohnraumüberlassung an den Arbeitnehmer (§ 8 Abs. 2 S. 12 EStG) zu verstehen.
Einzelbewertung und Rabattfreibeträge
Nun geht es um die Einzelbewertung von Sachbezügen sowie um den Rabattfreibetrag. Letzterer wird sodann im folgenden Kapitel nochmals vertieft.