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Neben der Lohnsteuer ist bei jeder Lohnzahlung an Arbeitnehmer, die der Kirchensteuerpflicht unterliegen, auch Kirchensteuer einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Nach Einführung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale übermitteln die Gemeinden die rechtliche Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft sowie das Datum des Eintritts und des Austritts an die Datenbank der Finanzverwaltung. Die Finanzämter haben insoweit keinen Zugriff auf die Datenbank, da es sich bei der Religionszugehörigkeit um Meldedaten handelt. Dem Arbeitgeber wird im ELStAM-Verfahren das Kirchensteuerabzugsmerkmal übermittelt. Gehört der Arbeitnehmer keiner Religionsgemeinschaft an, für die Kirchensteuer von der Finanzverwaltung erhoben wird, wird dem Arbeitgeber kein Kirchensteuerabzugsmerkmal bereitgestellt.
Bei Arbeitnehmern mit einer Lohnsteuerabzugsbescheinigung, ergibt sich die Religionsgemeinschaft des Arbeitnehmers und ggf. des Ehegatten aus dieser Bescheinigung. Keine Kirchensteuer ist bei beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern einzubehalten, da sie keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Der Arbeitgeber haftet auch für die zutreffende Einbehaltung und Abführung der Kirchensteuer. Die Höhe der Kirchensteuer ist in den einzelnen Ländern verschieden, da das Kirchensteuerrecht in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland nicht einheitlich geregelt ist.
Bei der Berechnung der Kirchensteuer mit 8 % oder 9 % bleiben Bruchteile eines Cents außer Betracht. Kirchensteuerpflichtig sind diejenigen Arbeitnehmer, die nach den für sie gebildeten individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmalen einer zur Erhebung von Kirchensteuer berechtigten Religionsgemeinschaft angehören. Diese Religionsgemeinschaften werden durch folgende Abkürzungen gekennzeichnet:
Römisch-katholisch | rk |
Evangelisch | ev |
evangelisch-lutherisch | lt |
evangelisch-reformiert | rf |
französisch-reformiert | fr |
altkatholisch | ak |
israelitische Bekenntnissteuer/Kultussteuer | is/il/issl |
jüdische Kultussteuer | ih/jh/jd |
freireligiöse Landesgemeinde Baden | fb |
israelitische Religionsgemeinschaft Baden | ib |
israelitische Religionsgemeinschaft Württembergs | iw |
freireligiöse Landesgemeinde Pfalz | fg |
freireligiöse Gemeinde Mainz | fm |
freie Religionsgemeinschaft Alzey | fa |
freireligiöse Gemeinde Offenbach | fs |
Der Arbeitgeber hat die Kirchensteuer nur dann vom Arbeitslohn einzubehalten, wenn ihm als Lohnsteuerabzugsmerkmal ein entsprechendes Kirchensteuermerkmal mitgeteilt worden ist. Die Bereitstellung/Eintragung der Religionszugehörigkeit verletzt nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25.5.2001 Az.: 1 BvR 2253/00 keine Grundrechte des Arbeitnehmers.
Gehört der Arbeitnehmer einer nicht kirchensteuerberechtigten Religionsgemeinschaft (z. B. der griechisch-orthodoxen) oder keiner Religionsgemeinschaft an, wird kein Kirchensteuerabzugsmerkmal gebildet. Dem Arbeitgeber wird daher im ELStAM-Verfahren kein Kirchensteuerabzugsmerkmal bereitgestellt. Auf einer Lohnsteuerabzugsbescheinigung sind bei den Besteuerungsmerkmalen für den Kirchensteuerabzug sind zwei Striche „– –“ eingetragen. Diese Eintragung bedeutet also, dass keine Kirchensteuer einzubehalten ist. Auch die Bescheinigung „– –“ ist nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 30.9.2002 Az.: 1 BvR 1744/02 verfassungsgemäß.
Berechnung der Kirchensteuer bei Arbeitnehmern mit Kindern
Die Kirchensteuer wird durch Anwendung des maßgebenden Kirchensteuersatzes von 8 % oder 9 % auf die Bemessungsgrundlage berechnet. Bemessungsgrundlage ist im Normalfall die vom Arbeitslohn einzubehaltende Lohnsteuer, so dass die Kirchensteuer 8 % oder 9 % derjenigen Lohnsteuer beträgt, die dem Arbeitnehmer vom Arbeitslohn abgezogen wird. Das gilt auch dann, wenn die Lohnsteuer im Faktorverfahren ermittelt
wurde. Dies gilt nicht bei Arbeitnehmern mit Kindern, und zwar aus folgenden Gründen:
Seit Inkrafttreten des Familienleistungsausgleichs zum 1.1.1996 werden bei der Berechnung der Lohnsteuer keine Kinderfreibeträge mehr berücksichtigt. Denn die lohnsteuerliche Entlastung für Kinder im Laufe des Kalenderjahres wird nur noch durch das Kindergeld gewährt. Dies gilt jedoch nicht für die Kirchensteuer. Bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer werden vielmehr auch weiterhin die Kinderfreibeträge berücksichtigt, wobei seit 1.1.2002 auch der Freibetrag für Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf in die Berechnung der Bemessungsgrundlage mit einbezogen wird. Dies gilt bei laufendem Arbeitslohn und beim betrieblichen Lohnsteuer-Jahresausgleich.
Bei Arbeitnehmern mit Kindern ermäßigt sich also die Kirchensteuer, und zwar durch eine Berücksichtigung der Kinderfreibeträge und der Freibeträge für Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (§ 51 a Abs. 2 a EStG). Allerdings werden diese Freibeträge nicht als Abzugsbetrag von der Lohnsteuer gekürzt, sondern bei der Ermittlung der für die Kirchensteuer maßgebenden Bemessungsgrundlage berücksichtigt, und zwar für das Kalenderjahr 01 in folgender Höhe:
Steuerklassen I, II und III
Zahl der Kinderfreibeträge | Kinderfreibetrag | Betreuungsfreibetrag | ||
jährlich | monatlich | jährlich | monatlich | |
0,5 | 3.012,00 Euro | 251,00 Euro | 1.464,00 Euro | 122,00 Euro |
1,0 | 6.024,00 Euro | 502,00 Euro | 2.928,00 Euro | 244,00 Euro |
1,5 | 9.036,00 Euro | 753,00 Euro | 4.392,00 Euro | 366,00 Euro |
2,0 | 12.048,00 Euro | 1.004,00 Euro | 5.856,00 Euro | 488,00 Euro |
2,5 | 15.060,00 Euro | 1.255,00 Euro | 7.320,00 Euro | 610,00 Euro |
3,0 | 18.072,00 Euro | 1.506,00 Euro | 8.784,00 Euro | 732,00 Euro |
usw. |
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Steuerklassen IV
Zahl der Kinderfreibeträge | Kinderfreibetrag | Betreuungsfreibetrag | ||
jährlich | monatlich | jährlich | monatlich | |
0,5 | 1.506,00 Euro | 125,50 Euro | 732,00 Euro | 61,00 Euro |
1,0 | 3.012,00 Euro | 251,00 Euro | 1.464,00 Euro | 122,00 Euro |
1,5 | 4.518,00 Euro | 376,50 Euro | 2.196,00 Euro | 183,00 Euro |
2,0 | 6.024,00 Euro | 502,00 Euro | 2.928,00 Euro | 244,00 Euro |
2,5 | 7.530,00 Euro | 627,50 Euro | 3.660,00 Euro | 305,00 Euro |
3,0 | 9.036,00 Euro | 753,00 Euro | 4.392,00 Euro | 366,00 Euro |
usw. |
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Die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags und des Freibetrags für Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf bei der Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer erfolgt stets mit dem halben oder ganzen Jahresbetrag und nicht nach dem Monatsprinzip.
Die Berücksichtigung der Kinderfreibeträge und der Freibeträge für Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf bei der Berechnung der für die Kirchensteuer maßgebenden Bemessungsgrundlage ist in die Lohnsteuertabellen bereits eingearbeitet, sodass der Arbeitgeber die Kirchensteuer ohne weiteres – entsprechend der Zahl der Kinderfreibeträge – aus der Spalte 8 % oder 9 % Kirchensteuer ablesen kann. Alle Steuerabzugsbeträge (Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) können aus diesen Tabellen ohne komplizierte Berechnungen in einem Arbeitsgang abgelesen werden.
Kappung der Kirchensteuer
Eine Höchstkirchensteuer, das heißt eine prozentuale Begrenzung der Kirchensteuer nach oben (= Kappung) besteht in folgenden Bundesländern:
- In Baden-Württemberg: 2,75 % evangelische Kirche Württemberg und 3,5 % evangelische Kirche Baden und katholische Kirche.
- In Berlin, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein wird die Kirchensteuer auf 3 % des zu versteuernden Einkommens begrenzt.
- In Bremen, Hessen (evangelische Kirche), Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen (evangelische Kirche), Rheinland-Pfalz (evangelische Kirche), Saarland (evangelische Kirche), Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wird die Kirchensteuer auf 3,5 % des zu versteuernden Einkommens begrenzt.
- In Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland wird die Kirchensteuer – jeweils bei den katholischen Diözesen – auf 4 % des zu versteuernden Einkommens begrenzt.
In einigen Ländern muss die Kappung der Kirchensteuer ausdrücklich beantragt werden, und zwar in Baden-Württemberg, Hessen (evangelische Kirche), Mecklenburg-Vorpommern (evangelische Kirche), Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland.
In Bayern gibt es keine Kappung der Kirchensteuer.
Beginn und Ende der Kirchensteuerpflicht
Bei einem Kircheneintritt ist Kirchensteuer erst ab dem Monat zu entrichten, der auf den
Monat des Kircheneintritts folgt. Bei einem Kirchenaustritt hört der Kirchensteuerabzug auf
- mit Ablauf des Monats in dem der Kirchenaustritt erfolgt in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen;
- mit Ablauf des Monats, der dem Monat des Kirchenaustritts folgt (also einen Monat später) in Berlin.
Beim Kirchensteuerabzug durch den Arbeitgeber ist in jedem Fall die als Kirchensteuerabzugsmerkmal gebildete Religionszugehörigkeit maßgebend. Ohne eine entsprechende Änderung des Kirchensteuerabzugsmerkmals darf der Arbeitgeber nicht vom Kirchensteuerabzug absehen, und zwar auch dann nicht, wenn ihm der Arbeitnehmer durch amtliche Unterlagen (z. B. Austrittserklärung) nachweist, dass er aus der Kirche ausgetreten ist.