Eine auswärtige berufliche Tätigkeit liegt immer dann vor, wenn der Arbeitnehmer (vorrübergehend) außerhalb seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig wird (§ 9 Abs. 4a S. 2 und 4 EStG).
Eine Auswärtstätigkeit liegt ebenfalls vor, wenn der Arbeitnehmer bei seiner individuellen beruflichen Tätigkeit typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug tätig wird.
Die Tatbestandsmerkmale für eine Auswärtstätigkeit lauten demnach:
Ein Arbeitnehmer ist
- vorübergehend
- außerhalb seiner Wohnung und (Lebensmittelpunkt des Arbeitnehmers, § 9 Abs. 4a S. 4 EStG)
- nicht an seiner ersten Tätigkeitsstätte (neu ab 2014: gesetzliche Definition, § 9 Abs. 4 EStG)
beruflich bedingt tätig.
Merke
Es gilt daher vorrangig abzugrenzen, ob der Arbeitnehmer eine erste Tätigkeitsstätte innehat und an welchem Ort diese anzunehmen ist.
Der Arbeitnehmer kann je Dienstverhältnis höchstens eine erste Tätigkeitsstätte, ggf. aber auch keine erste, sondern nur auswärtige Tätigkeitsstätten haben (§ 9 Abs. 4 Satz 5 EStG).
Erste Tätigkeitsstätte gemäß § 9 Abs. 4 S. 1 EStG ist:
- die ortsfeste (≠ Schiff; weiträumiges Waldgebiet)
- betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers,
- betriebliche Einrichtung eines verbundenen Unternehmens (§ 15 AktG) oder
- betriebliche Einrichtung eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten,
welcher der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.
Begriffsbestimmungen:
- Ortsfeste ≠ Fahrzeuge, Flugzeuge, Schiffe oder Tätigkeitsgebiete ohne ortsfeste Einrichtungen sind somit keine Tätigkeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG.
- betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers = das in der Wohnung des Arbeitnehmers befindliche häusliche Arbeitszimmer (bekannt auch unter dem Begriff Homeoffice-Arbeitsplatz) ist aber, wie bisher, keine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers oder eines Dritten und kann daher keine erste Tätigkeitsstätte sein. Ansonsten können betriebliche Einrichtungen des Arbeitgebers sein: Bürogebäude, Lagerhalle, Produktionsstätte, etc.
- betriebliche Einrichtung eines verbundenen Unternehmens = rechtlich selbständige Unternehmen, z.B.: Konzernunternehmen, beteiligte Unternehmen, etc. Andere als die in § 15 AktG genannten Unternehmen fallen nicht unter diese Alternative, können jedoch Dritte i.S.v. § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG sein.
- betriebliche Einrichtung eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten = erste Tätigkeitsstätte liegt vor, wenn das Dienstverhältnis auf einen anderen Arbeitgeber, eben einen Dritten i.S.d. § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG ausgelagert wird, der Arbeitnehmer jedoch weiterhin dauerhaft an seiner früheren Tätigkeitsstätte beim „alten“ Arbeitgeber arbeitet = Outsourcing-Fälle. Überdies ist hiervon auch die ortsfeste betriebliche Einrichtung eines Kunden umfasst.
- dauerhafte Zuordnung = wird durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen oder Weisungen bestimmt (§ 9 Abs. 4 Satz 2 EStG).
Hinweis
- Dies gilt unabhängig davon, ob sie schriftlich oder mündlich erteilt worden sind.
- Die vorrangig maßgebliche arbeitsrechtliche Zuordnung durch den Arbeitgeber kann außerhalb des Arbeits- bzw. Dienstvertrags erfolgen, und zwar auch mündlich und sogar konkludent und ist unabhängig davon, ob sich der Arbeitgeber der steuerlichen Folgen bewusst ist.
- Die Zuordnungsentscheidung muss nicht dokumentiert werden.
- Erforderlich, aber ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der Zuordnung zumindest eine geringfügige Tätigkeit ausübt (auf den qualitativen Schwerpunkt kommt es nicht an).
Die vorrangig maßgebliche arbeitsrechtliche Zuordnung durch den Arbeitgeber kann außerhalb des Arbeits- bzw. Dienstvertrags erfolgen, und zwar auch mündlich und sogar konkludent und ist unabhängig davon, ob sich der Arbeitgeber der steuerlichen Folgen bewusst ist.
Die Zuordnungsentscheidung muss nicht dokumentiert werden.
Erforderlich, aber ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der Zuordnung zumindest eine geringfügige Tätigkeit ausübt (auf den qualitativen Schwerpunkt kommt es nicht an).
Folgende typische Fälle einer dauerhaften Zuordnung werden im Interesse der Rechtsklarheit im Gesetz ausdrücklich genannt, § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG:
- die unbefristete Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer bestimmten betrieblichen Einrichtung,
- die Zuordnung für die Dauer des gesamten (befristeten oder unbefristeten) Dienstverhältnisses oder
- die Zuordnung über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus.
Laut Gesetzeswortlaut handelt es sich hier um eine Prognoseentscheidung („tätig werden soll“), die jeweils zu Beginn des Dienstverhältnisses (sowie zu Beginn eines jeden Kalenderjahres) getroffen wird.
Bei Abweichungen durch unvorhersehbare Ereignisse, wie etwa Krankheit, politische Unruhen am Tätigkeitsort, Insolvenz des Kunden, bleibt es dennoch bei der zuvor getroffenen Prognoseentscheidung bzgl. des Vorliegens der ersten Tätigkeitsstätte.
Fehlt es an einer dauerhaften Zuordnung
des Arbeitnehmers zu einer betrieblichen Einrichtung durch dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung nach den vorstehenden Kriterien oder ist sie nicht eindeutig, ist erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer:
- typischerweise arbeitstäglich oder
- je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder
- mind. ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll (§ 9 Abs. 4 S. 4 EStG).
Hinweis
Hier kommt es ausdrücklich auf die Ausübung der eigentlichen beruflichen Tätigkeit an. Das bloße regelmäßige Aufsuchen der Einrichtung im Zuge von Vorbereitungs-, Hilfs- oder Nebentätigkeiten (z.B., um ein Kundendienstfahrzeug, Auftragsbestätigungen, Material, Stundenzettel, Krankenmeldung oder Ähnliches abzuholen oder abzugeben) ist nicht ausreichend.
Die aufgeführten zeitlichen (= quantitativen, nicht qualitativen) Merkmale sind durch eine auf die Zukunft gerichtete Prognoseentscheidung („ex nunc“) zu beurteilen.
Mehrere Tätigkeitsstätten:
Je Dienstverhältnis hat der Arbeitnehmer höchstens eine erste Tätigkeitsstätte, § 9 Abs. 4 Satz 5 EStG.
Liegen die Voraussetzungen für die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte nach den vorstehenden Ausführungen für mehrere Tätigkeitsstätten vor (z.B. für mehrere Filialen), ist diejenige Tätigkeitsstätte erste Tätigkeitsstätte, die der Arbeitgeber bestimmt (§ 9 Abs. 4 Satz 6 EStG).
Hinweis
Dabei muss es sich nicht um die Tätigkeitsstätte handeln, an der der Arbeitnehmer den zeitlich überwiegenden Teil seiner beruflichen Tätigkeit verrichtet.
Bildungseinrichtung als erste Tätigkeitsstätte (Universität, Fachhochschule etc.)
Als erste Tätigkeitsstätte gilt auch eine Bildungseinrichtung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses zum Zwecke eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird (§ 9 Abs. 4 S. 8 EStG). Indes gilt diese „Beschränkung“ nicht für Bildungsmaßnahmen im Rahmen eines Teilzeitstudiums oder -ausbildung.
Hinweis
Durch diese gesetzliche Regelung ist die für die Betroffenen günstigere Rechtsprechung des BFH aus 2012, wonach es sich bei Bildungseinrichtungen nicht um eine regelmäßige Arbeitsstätte handelt, ab 2014 nicht mehr anzuwenden.