Eine doppelte Haushaltsführung ist gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 2 und 3 EStG nur anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält (Hauptwohnung = Lebensmittelpunkt) und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt (Zweitwohnung). Dabei setzt das Vorliegen eines eigenen Hausstandes das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung voraus. Ist die auswärtige Beschäftigung dagegen als Auswärtstätigkeit zu qualifizieren, scheidet die Annahme einer doppelten Haushaltsführung aus. Hinsichtlich der einzelnen Tatbestandsmerkmale wird insbesondere auf die Regelungen in R 9.11 Abs. 1 bis 4 LStR und H 9.11 (1 – 4) LStH verwiesen.
Voraussetzungen:
- Erst- oder Haupthausstand
- Zweitwohnung am Beschäftigungsort (erste Tätigkeitsstätte)
Ab 2014 wird der Begriff „eigener Hausstand“ erstmals gesetzlich geregelt.
Das Vorliegen eines eigenen Hausstands außerhalb des Ortes der ersten Tätigkeitsstätte erfordert künftig:
- neben dem Innehaben einer Wohnung aus eigenem Recht oder als Mieter bzw. aus abgeleitetem Recht als Ehegatte, Lebenspartner oder Lebensgefährte auch
- eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung (laufende Kosten der Haushaltsführung).
Betragen die Barleistungen des Arbeitnehmers mehr als 10% der monatlich regelmäßig anfallenden laufenden Kosten der Haushaltsführung (z. B. Miete, Mietnebenkosten, Kosten für Lebensmittel und andere Dinge des täglichen Bedarfs) ist von einer finanziellen Beteiligung oberhalb der Bagatellgrenze auszugehen.
Hinweis
- Für den steuerfreien Arbeitgeberersatz kann der Arbeitgeber bei Arbeitnehmern in den Steuerklassen III, IV oder V weiterhin ohne weiteres unterstellen, dass sie einen eigenen Hausstand haben, an dem sie sich auch finanziell beteiligen (Rz. 113 und 114 des BMF-Schreibens vom 25.11.2020).
- Bei anderen Arbeitnehmern darf der Arbeitgeber einen eigenen Hausstand nur dann anerkennen, wenn sie schriftlich erklären, dass sie neben einer Zweitwohnung am Beschäftigungsort außerhalb des Beschäftigungsortes einen eigenen Hausstand unterhalten, an dem sie sich auch finanziell beteiligen.
Neu: BMF-Schreiben vom 25.11.2020 im Anhang 25 III:
Neue zusätzliche Voraussetzungen für das Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung:
- Prüfung Rz. 102:
„Keine Hauptwohnung an der ersten Tätigkeitsstätte:“ Die doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn die tägliche Erreichbarkeit der ersten Tätigkeitsstätte nicht zumutbar ist.
Zumutbar: bis zu einer Stunde Fahrzeit je Wegstrecke ist zumutbar.
Vereinfachungsregelung: Die Entfernung (kürzeste) zwischen der Hauptwohnung und der ersten Tätigkeitsstätte beträgt mehr als 50 km. - Prüfung Rz. 103:
„Die Zweitwohnung liegt in der Nähe der ersten Tätigkeitsstätte:“
a) die Entfernung (kürzeste) zwischen der Zweitwohnung und der ersten Tätigkeitsstätte beträgt nicht mehr als 50 km oder
b) die Fahrzeit zwischen der ersten Tätigkeitsstätte und der Zweitwohnung beträgt bis zu 1 Stunde. - Prüfung Rz. 104:
„berufliche Veranlassung:“ Es muss eine wesentliche Verkürzung der Fahrstrecke vorliegen:
a) die Entfernung (kürzeste) von der Zweitwohnung zu der ersten Tätigkeitsstättemuss unter 50% der Entfernung (kürzeste) zwischen der Hauptwohnung undder ersten Tätigkeitsstätte betragen oder
b) die Fahrzeit zu der ersten Tätigkeitsstätte wird für eine Wegstrecke halbiert.
Gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1 EStG können die notwendigen Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen, als Werbungskosten abgezogen werden. Als notwendige Mehraufwendungen wegen einer doppelten Haushaltsführung kommen in Betracht (vgl. R 9.11 Abs. 5 LStR):
- die Fahrtkosten aus Anlass der Wohnungswechsel zu Beginn und am Ende der doppelten Haushaltsführung sowie für wöchentliche Heimfahrten an den Ort des eigenen Hausstands (R 9.11 Abs. 6 LStR) oder Aufwendungen für wöchentliche Familien-Ferngespräche,
- Verpflegungsmehraufwendungen nach Maßgabe des § 9 Abs. 4a S. 12 u. 13 EStG (R 9.11 Abs. 7 LStR und BMF-Schreiben vom 24.10.2014 (BStBl I S. 1412)),
- Aufwendungen für die Zweitwohnung nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 4 EStG (Höchstbetrag im Inland = 1.000,00 Euro/mtl.; R 9.11 Abs. 8 LStR) und
- Umzugskosten (R 9.11 Abs. 9 LStR).
Führt der Arbeitnehmer mehr als eine Heimfahrt wöchentlich durch, kann er wählen, ob er die nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG in Betracht kommenden Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung oder die Fahrtkosten nach R 9.10 LStR geltend machen will. Der Arbeitnehmer kann das Wahlrecht bei derselben doppelten Haushaltsführung für jedes Kalenderjahr nur einmal ausüben. Hat der Arbeitgeber die Zweitwohnung unentgeltlich oder teilentgeltlich zur Verfügung gestellt, sind die abziehbaren Fahrtkosten, um diesen Sachbezug mit dem nach R 8.1 Abs. 5 und Abs. 6 maßgebenden Wert zu kürzen.
Im Hinblick auf die notwendigen Fahrtkosten ist zudem zu beachten, dass die Fahrten zwischen der „Zweitwohnung“ am Ort der ersten Tätigkeitsstätte und eben dieser ersten Tätigkeitsstätte ausdrücklich nicht zu den notwendigen Aufwendungen gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1 EStG zählen. Indes sind diese als Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG zu qualifizieren.
Dagegen sind als notwendige Fahrtkosten anzuerkennen:
- die tatsächlichen Aufwendungen für die Fahrten anlässlich der Wohnungswechsel zu Beginn und am Ende der doppelten Haushaltsführung. Für die Ermittlung der Fahrtkosten ist § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 1 und 2 EStG, R 9.5 Abs. 1 anzuwenden; zusätzlich können etwaige Nebenkosten nach Maßgabe von R 9.8 LStR berücksichtigt werden,
- die Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 Satz 9 EStG (ab 2021: für die ersten 20 Kilometer 0,30 Euro pro E-KM und ab dem 21. Kilometer 0,38 Euro pro E-KM) für jeweils eine tatsächlich durchgeführte Heimfahrt wöchentlich (zu Besonderheiten siehe: H 9.1 (5-10) „Familienheimfahrten“ LStH). Aufwendungen für Fahrten mit einem im Rahmen des Dienstverhältnisses zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeug können gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 8 EStG nicht angesetzt werden.
Als Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung im Inland werden die dem Arbeitnehmer tatsächlich entstandenen Aufwendungen für die Nutzung der Wohnung oder Unterkunft, höchstens bis zu einem nachgewiesenen Betrag von 1.000 Euro im Monat anerkannt, gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 4 EStG.
Der Betrag von 1.000 Euro umfasst laut dem BMF-Schreiben vom 24.10.2014 Rz. 104 alle für die Unterkunft oder Wohnung entstehenden Aufwendungen, wie z.B.:
- Miete (einschließlich Betriebskosten),
- Miete oder Pachtgebühren für Kfz-Stellplätze (einschließlich Abstellplätze in Tiefgaragen),
- Aufwendungen für Sondernutzung (wie z.B. Garten),
- Abschreibungen für Einrichtungsgegenstände (ohne Arbeitsmittel),
Kosten für Einrichtungsgegenstände und Hausrat gehören nicht zu den Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft, die nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 4 EStG mit höchstens1.000 € im Monat angesetzt werden können.
Es handelt sich vielmehr um sonstige Mehraufwendungen einer doppelten Haushaltsführung, die unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG als Werbungskosten abziehbar sind.
Die vorgestellten notwendigen Mehraufwendungen anlässlich der doppelten Haushaltsführung (vgl. R 9.11 Abs. 5 LStR) können als Werbungskosten abgezogen werden, soweit sie nicht vom Arbeitgeber nach den folgenden Regelungen steuerfrei erstattet werden.
Die Erstattung der Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung durch den Arbeitgeber ist nach § 3 Nr. 13 bzw. Nr. 16 EStG steuerfrei, soweit keine höheren Beträge erstattet werden, als nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1 EStG als Werbungskosten abgezogen werden können. Dabei kann der Arbeitgeber bei Arbeitnehmern in den Steuerklassen III, IV oder V ohne weiteres unterstellen, dass sie einen eigenen Hausstand haben, an dem sie sich auch finanziell beteiligen. Bei anderen Arbeitnehmern darf der Arbeitgeber einen eigenen Hausstand nur dann anerkennen, wenn sie schriftlich erklären, dass sie neben einer Zweitwohnung am Beschäftigungsort außerhalb des Beschäftigungsorts einen eigenen Hausstand unterhalten, an dem sie sich auch finanziell beteiligen, und die Richtigkeit dieser Erklärung durch Unterschrift bestätigen. Diese Erklärung ist als Beleg zum Lohnkonto aufzubewahren.
Zuletzt ist auch zu beachten, dass die Nutzung eines durch den Arbeitgeber überlassenen Kraftfahrzeugs zu einer Familienheimfahrt im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung gemäß § 8 Abs. 2 S. 5 EStG mit 0,002 % des Listenpreises i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG für jeden Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstands und dem Beschäftigungsort anzusetzen ist. Dies gilt nicht, wenn für diese Fahrt ein Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 5 u. 6 EStG in Betracht käme. Der Nutzungsvorteil wird also nur für die über die wöchentlichen Heimfahrten hinausgehenden (zusätzlichen) Fahrten angesetzt, nicht für die wöchentlichen Fahrten i.S. des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 5 EStG, die dem Grunde nach zu Werbungskosten führen. Im Ergebnis ist es daher auch nur konsequent, dass der Gesetzgeber den Werbungskostenabzug gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 8 EStG korrespondierend ausschließt, soweit er für diese wöchentlichen Fahrten i.S. des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 5 EStG auch keinen Nutzungsvorteil ansetzt. Der Vorteil aus der Überlassung des Kraftfahrzeugs zu einer solchen Familienheimfahrt ist analog auch bei der Fahrtenbuchmethode werterhöhend zu berücksichtigen.
Zum Schluss betrachten wir das Prüfschema bei der doppelten Haushaltsführung.