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Versicherter Personenkreis
Da der versicherte Personenkreis in allen Zweigen der Sozialversicherung sehr ähnlich ist, wird dieser hier am Beispiel der gesetzlichen Rentenversicherung exemplarisch dargestellt.
Ausgehend vom versicherten Personenkreis der Sozialversicherung (§ 2 SGB IV) bestehen in der gesetzlichen Rentenversicherung zwei Möglichkeiten, die zur Pflichtmitgliedschaft führen:
Den Hauptanteil der Versicherten bilden in allen Zweigen der Sozialversicherung die „gegen Arbeitsentgelt Beschäftigten“ (§ 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI). Zum besseren Verständnis werden im Folgenden die Begriffe „Beschäftigung“ und „Arbeitsentgelt“ näher erläutert.
Beschäftigung i.S.d. § 7 SGB IV
Der § 1 SGB VI setzt für das Entstehen der Versicherungspflicht ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt voraus. Sind diese Bedingungen erfüllt und wird die Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübt, besteht dem Grunde nach Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Der § 7 SGB IV definiert den Begriff der Beschäftigung als "nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis". Es ist für das Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt entscheidend, dass keine selbständige Tätigkeit ausgeübt wird. § 7 Abs. 1 SGB IV grenzt damit die Beschäftigung zur selbständigen Tätigkeit ab.
Arbeitnehmer im Sinne des Sozialrechts ist also, wer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, das heißt persönlich und wirtschaftlich abhängig für einen Arbeitgeber tätig ist.
Wie die Rechtsprechung hierzu mehrmals betont hat, liegt dabei das Schwergewicht für die Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses auf der persönlichen Abhängigkeit.
- 7 Abs. 1 SGB IV stellt zudem klar, dass Anhaltspunkte für eine abhängige Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisung und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers darstellen. Dabei sprechen vor allem nachstehende Punkte für eine abhängige Beschäftigung (nicht abschließend):
- Feste Arbeitszeiten (z.B. mittels Zeiterfassungssystem) und festem Arbeitsort
- Das Tragen von Dienstkleidung, das Logo am Fahrzeug, Visitenkarten mit Logo
- Tätigkeit auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber
- Fehlendes unternehmerisches Auftreten am Markt
- Monatliche Vergütung ohne eine Rechnung zu stellen
- Die Vergütung wird vom Arbeitgeber als Betriebsausgabe verbucht
Ist die Einordnung problematisch, weil sowohl Merkmale einer abhängigen Beschäftigung als auch einer selbständigen Tätigkeit oder einer familienhaften Mithilfe vorliegen, muss die Entscheidung aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Umstände erfolgen. Die Zuordnung hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. In der Praxis ist hier ein Clearingverfahren bei der Clearingstelle der Rentenversicherung denkbar.
Arbeitsentgelt i.S.d. § 14 SGB IV
Arbeitsentgelte sind gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, egal ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
Ausschlaggebend ist dabei stets grundsätzlich der Bruttolohn und somit der Betrag, der sich vor Abzug der Steuern und Sozialversicherungsanteile ergibt.
Die gesetzliche Sozialversicherung unterscheidet als Abgrenzungsmerkmal in diesem Zusammenhang nach Einnahmen gemäß dem Zuflussprinzip und dem Entstehungsprinzip.
Das Entstehungsprinzip gilt in der Sozialversicherung für alle laufenden Zahlungen (§ 14 SGB IV). Demnach werden Beiträge für laufendes Arbeitsentgelt bereits dann fällig, wenn der Anspruch des Arbeitnehmers auf das Arbeitsentgelt „entsteht“. Der Anspruch auf das Entgelt und damit die Berechnungsgrundlage der Beiträge ergibt sich aus dem Tarifvertrag oder dem Einzelarbeitsvertrag.
Man kann also Zahlungen nach dem Entstehungsprinzip einem bestimmten Entgeltabrechnungszeitraum zuordnen – nämlich dem Zeitraum, in dem der Anspruch auf die Zahlung entstanden ist. Somit ist es durchaus möglich, dass das Datum der tatsächlichen Zahlung vom zugeordneten Abrechnungszeitraum abweicht.
Das Zuflussprinzip hingegen stellt auf den tatsächlichen „Zufluss“ der Einnahme ab. Dieser Grundsatz gilt für einmalig gezahltes Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV i.V.m. § 23a SGB IV). Da man eine Einmalzahlungen nicht einem bestimmten Abrechnungszeitraum zuordnen kann, entstehen die Beitragsansprüche der Sozialversicherungsträger, sobald diese ausgezahlt ist.
Deshalb ist durch § 23a Abs. 3 SGB IV auch möglich, die Einmalzahlung auf die anteilige Beitragsbemessungsgrenze (die sogenannte „SV-Luft“) bis zum Auszahlungsmonat zu verteilen. Maßgebend für die Beitragspflicht von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt ist demnach, ob und wann die Einmalzahlung zugeflossen ist und inwieweit die Beitragsbemessungsgrenze eingehalten oder überschritten ist. Das bedeutet auch, dass Beiträge nicht erhoben werden können, wenn das einmalig gezahlte Arbeitsentgelt tatsächlich gar nicht gezahlt wurde.
Hinweis
Gegenüberstellung von laufenden und einmaligen Einnahmen (nicht abschließend):
Laufende Einnahmen:
Lohn, Gehalt, Nachtarbeitszuschläge, Sonn- und Feiertagszulagen, freie Kost, freie Wohnung, freie Heizung, Deputate, Mehrarbeitsvergütung, Schmutzzulagen, Gefahrenzulage, Vermögenswirksame Leistungen, monatliche Provisionen
Einmalige Einnahmen:
Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, zusätzliche Monatsgehälter, Urlaubsabgeltungen, Jubiläumszuwendungen, Gratifikationen, Tantiemen, Vergütungen für Erfindungen
Nicht zum Arbeitsentgelt zählen dagegen laut der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) steuerfreie Aufwandsentschädigungen (§ 3 Nr. 12 EStG) und die in § 3 Nr. 26 und Nr. 26a EStG genannten steuerfreien Einnahmen (z.B. Freibetrag für Übungsleiter von 3.00 € jährlich – § 1 Abs.1 S.1 Nr.16 SVEV).
Bestimmte Tatbestände, wie zum Beispiel geringfügige kurzfristige Beschäftigungen nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV, führen trotz der bestehenden Merkmale des § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI (Beschäftigungsverhältnis, Arbeitsentgelt) wegen ihrer Besonderheiten nicht zur Versicherungspflicht.
Anfrageverfahren gem. § 7a SGB IV
Ist der Status des Erwerbstätigen unklar, können die Beteiligten (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) bei der Clearingstelle beantragen, den Status des Erwerbstätigen feststellen zu lassen. Dieses Verfahren tritt gleichwertig neben die Verfahren der Einzugsstellen und der Rentenversicherungsträger als Prüfstellen. Das Anfrageverfahren schließt auch die Entscheidung über die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung ein.
Dieses optionale Anfrageverfahren ist immer dann zweckmäßig, wenn kein obligatorisches Anfrageverfahren im Rahmen des Meldeverfahrens ausgelöst wird, um eine verbindliche Statusentscheidung für alle Sozialversicherungsträger zu erlangen. Diese Notwendigkeit besteht zum Beispiel, wenn während eines bestehenden versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses zusätzlich eine selbständige Tätigkeit aufgenommen oder ausgeweitet wird.
Eine Statusfeststellung kann durch beide Vertragspartner beantragt werden (Auftragnehmer und Auftraggeber), nicht jedoch durch andere Versicherungsträger. Dies gilt auch für bereits beendete Vertragsverhältnisse. Es ist nicht erforderlich, dass sich die Beteiligten über die Einleitung eines Anfrageverfahrens einig sind. Es ist ausreichend, wenn einer der Beteiligten das Anfrageverfahren beantragt. Der andere Beteiligte wird dann zum Verfahren herangezogen. Aus Beweisgründen ist für das Anfrageverfahren bei der Clearingstelle die Schriftform vorgeschrieben.
Nach Abschluss des Anhörungsverfahrens erteilt die Clearingstelle den Beteiligten einen rechtsbehelfsfähigen begründeten Bescheid über den Status und die versicherungsrechtliche Beurteilung. Die zuständige Einzugsstelle (die Krankenkasse des Arbeitnehmers) erhält eine Durchschrift des Bescheids. Außerdem wird sie unverzüglich informiert, wenn gegen den Bescheid der Clearingstelle Widerspruch eingelegt wird. Über das weitere Verfahren wird die zuständige Einzugsstelle regelmäßig unterrichtet.
Der Auftraggeber hat zu prüfen, ob Versicherungspflicht als Arbeitnehmer vorliegt. Ist dies der Fall, hat er alle Pflichten, die sich für einen Arbeitgeber aus den Vorschriften des SGB ergeben, zu erfüllen.
Wird im Rahmen einer optionalen Statusentscheidung durch die Clearingstelle Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung festgestellt, so tritt diese – ggf. rückwirkend – mit dem Tag des Eintritts in die beurteilte Beschäftigung ein. Hierbei besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass die Versicherungspflicht in der Sozialversicherung erst mit der Bekanntgabe der Statusentscheidung durch die Clearingstelle eintritt. Dazu müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Das optionale Statusfeststellungsverfahren wurde innerhalb eines Monats nach Aufnahme der nunmehr festgestellten Beschäftigung beantragt.
- Der Beschäftigte stimmt dem späteren Beginn der Sozialversicherungspflicht nach der Bekanntgabe der Statusentscheidung durch die Clearingstelle zu.
- Der Beschäftigte hat für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Bekanntgabe der Statusentscheidung bereits eine (private) Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen, welche den gesetzlichen Leistungsansprüchen vergleichbar sind.