Inmitten der fortschreitenden Digitalisierung und dem Streben nach Steuergerechtigkeit ergeben sich aus dem aktuellen Jahressteuergesetz 2022 bedeutsame Neuerungen im deutschen Steuerrecht. Diese Entwicklungen spiegeln sowohl das Bestreben wider, den Koalitionsvertrag umzusetzen, als auch die Notwendigkeit, das nationale Steuerrecht an die Dynamiken des EU-Rechts und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sowie des Bundesverfassungsgerichts anzupassen. Die anhaltenden Diskussionen im Bundesrat, unter anderem geprägt durch die Haltung Hessens und weiterer unionsgeführter Länder, verdeutlichen die politische Komplexität und die Tragweite der steuerlichen Entscheidungen.
Ein besonderer Diskussionspunkt ist die Besteuerung der Dezemberhilfe für Gas, die nach dem Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz und dessen Zurechnung zu sonstigen Einkünften gemäß § 22 Nr. 3 EStG ausgestaltet ist. Die Regelungen hierzu sind fein justiert und berücksichtigen eine sogenannte Milderungszone, welche die steuerliche Last für betroffene Haushalte abmildert. Diese fiskalpolitischen Maßnahmen sind ein exemplarisches Beispiel für die Bemühungen, wirtschaftliche Unterstützung und steuerliche Fairness in Einklang zu bringen.
Neuordnung im Steuerrecht: Umfassende Anpassungen und Entlastungen für 2023
Die jüngsten Reformen des deutschen Einkommensteuergesetzes bringen eine Reihe von Neuerungen, die von der Steuerbefreiung für Pflegepersonal über den Grundrentenzuschlag bis hin zur Förderung von Photovoltaikanlagen reichen. Zentrale Punkte dieser Reformen umfassen die Ausdehnung der Steuerbefreiung für Sonderleistungen an Pflegekräfte, die nun auch für Leistungen im April 2023 gelten. Hinzu kommen die Erweiterung der steuerfreien Einnahmen aus dem Betrieb bestimmter Photovoltaikanlagen und die Steuerfreistellung des Grundrentenzuschlags, rückwirkend gültig ab dem 1. Januar 2021.
Das häusliche Arbeitszimmer rückt ebenfalls in den Fokus: Die Abzugsmöglichkeiten werden flexibilisiert und es wird eine Homeoffice-Pauschale von 6 Euro pro Tag, jedoch maximal 1260 Euro pro Jahr eingeführt. Diese Pauschale und die Möglichkeit eines pauschalen Abzugs für das Arbeitszimmer sind insbesondere für diejenigen relevant, die überwiegend zu Hause arbeiten.
Eine wesentliche Änderung stellt auch die Neuregelung der Rechnungsabgrenzungsposten dar, die nun eine Vereinfachung erfahren, indem kleinere Beträge von der Bilanzierung ausgenommen werden können. Zusätzlich wird die Abschreibungsdauer für neue Wohngebäude durch die Anhebung des linearen Abschreibungssatzes auf 3 Prozent verkürzt.
Weiterhin wird eine Sonderabschreibung für die Herstellung neuer Mietwohnungen eingeführt, die nun an Effizienzvorgaben gekoppelt ist. Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag steigt auf 1.230 EUR und die Möglichkeit zum vollständigen Abzug von Altersvorsorgeaufwendungen wird vorgezogen.
Eine wichtige Neuregelung betrifft auch die Besteuerung der Gas- und Wärmepreisbremse, die nun vollständig der Besteuerung unterliegen wird, wobei eine Milderungszone Belastungssprünge verhindert.
All diese Maßnahmen sind Teil des Bestrebens, das Steuersystem an die aktuellen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten anzupassen und tragen dazu bei, steuerliche Gerechtigkeit zu fördern und die Steuerlast entsprechend der individuellen Lebensumstände zu verteilen.
In einer umfassenden Reform des Steuerrechts ergeben sich aus der EU-Energiekrise neue Verpflichtungen für Unternehmen im Energiebereich. Fortan besteht eine Übergewinnsteuer für erhöhte Gewinne infolge gestiegener Energiepreise. Änderungen im Umsatzsteuerrecht stellen klar, dass Unternehmereigenschaft und steuerfreie Lieferungen unabhängig von der Rechtsfähigkeit bestehen und die Erfordernisse für steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen festlegen. Zudem wird die Vorsteuererstattung für gemeinnützige Zwecke im Drittland erleichtert und der Nullsteuersatz für Photovoltaikanlagen eingeführt.
Im Bereich der Abgabenordnung werden das Steuergeheimnis und die öffentliche Zustellung neu geregelt, um eine effizientere Handhabung von Daten im Zusammenhang mit unrechtmäßig erhaltenen öffentlichen Mitteln und eine modernisierte Bekanntmachungspraxis zu ermöglichen. Auch wird die direkte Auszahlung öffentlicher Leistungen über die steuerliche Identifikationsnummer vorbereitet, was eine bürokratieärmere Verteilung ermöglicht.
Das Umwandlungssteuergesetz passt sich durch die Einführung der One-Fits-All-Regelung für einbringungsgeborene Anteile an und das Bewertungsgesetz wird durch eine Aktualisierung der Ertrags- und Sachwertverfahren angeglichen, um sie an die neue Immobilienwertermittlungsveror
Das Vergleichswertverfahren ist ein Bewertungsansatz zur Ermittlung des Verkehrswertes von Immobilien. Es wird vorrangig angewendet, wenn für eine Immobilie genügend Vergleichsdaten aus kürzlich erfolgten Transaktionen ähnlicher Objekte in der gleichen Lage vorhanden sind. Dieses Verfahren ist besonders bei der Bewertung von unbebauten Grundstücken sowie von Wohnimmobilien wie Ein- und Zweifamilienhäusern oder Eigentumswohnungen gebräuchlich, für die häufig Kaufpreissammlungen existieren.
Hierbei werden Verkaufspreise von Vergleichsobjekten herangezogen, um den Wert der in Frage stehenden Immobilie einzuschätzen. Die Vergleichspreise werden normalerweise von Gutachterausschüssen erfasst und zur Verfügung gestellt. Dabei müssen die Vergleichsobjekte in ihren wesentlichen wertbeeinflussenden Merkmalen – wie Baujahr, Zustand, Lage, Größe und Ausstattung – ähnlich sein.
Folgende Schritte sind für das Vergleichswertverfahren typisch:
- Sammlung von Vergleichsdaten: Erfassung von Daten zu kürzlich verkauften, vergleichbaren Objekten.
- Anpassung der Daten: Berücksichtigung von Unterschieden zwischen den Vergleichsobjekten und dem Bewertungsobjekt, z.B. Lage, Größe, Zustand und Ausstattungsqualität.
- Bildung von Vergleichswertindikatoren: Erstellung von Durchschnittswerten oder Bandbreiten für bestimmte Immobilientypen oder Lagen.
- Heranziehen von Bodenrichtwerten: Falls erforderlich, Anpassung der Vergleichswerte an aktuelle Bodenrichtwerte.
- Ermittlung des Verkehrswertes: Die angepassten Vergleichswerte dienen als Basis zur Schätzung des Marktwertes der zu bewertenden Immobilie.
Nachdem das Vergleichswertverfahren angewendet wurde, um den Marktwert ähnlicher Objekte zu analysieren, wenden wir uns nun dem Ertragswertverfahren zu, das den zukünftigen Ertrag der Immobilie berücksichtigt, bevor wir abschließend das Sachwertverfahren betrachten, welches die materiellen und baulichen Aspekte der Immobilie detailliert bewertet.
Die Änderung des Liegenschaftszinssatz nach § 188 BewG wird wie folgt definiert:
- 3,5 % für Mietwohngrundstücke (bislang 5 %),
- 4,5 % für gemischt genutzte Grundstücke mit einem gewerblichen Anteil von bis zu 50 % (bislang 5,5 %)
- 5,0 % für gemischt genutzte Grundstücke mit einem gewerblichen Anteil von mehr als 50 % (bislang 6 %)
- 6,0 % für Geschäftsgrundstücke (bislang 6,5 %)
Nach Anlage 21 BewG hat dies Auswirkungen auf den Kapitalisierungsfaktor. Nach § 185 Abs. 3 BewG wird der Gebäudereinertrag mit dem aus der Anlage 21 ergebenden Vervielfältiger zu kapitalisieren. Maßgebend für den Vervielfältiger sind der Liegenschaftszinssatz und die Restnutzungsdauer des Gebäudes!
Zur Vertiefung ein Beispiel mit einer kleinen Gegenüberstellung:
Die pauschale Aussage, es kommt mit der Anpassung des BewG zu einer drei- oder vierfachen Erhöhung bei der Schenkungsteuer sind unzutreffend! Haben die Gutachterausschüsse jedoch einen Liegenschaftszinssatz ermittelt kommt immer (nach altem und neuem Recht!) dieser Zinssatz zur Anwendung siehe hierzu § 177 Abs. 2 BewG.
Gilt für Bewertungsstichtage ab dem 31.12.2022
Fazit
Das Fazit zu den umfangreichen Änderungen in der deutschen Steuergesetzgebung reflektiert eine Anpassung an aktuelle wirtschaftliche Gegebenheiten und europäische Vorgaben. Insbesondere die Einführung der Übergewinnsteuer als Reaktion auf die Energiekrise zeigt, wie das Steuerrecht auf außerordentliche wirtschaftliche Situationen reagiert. Die Reformen im Umsatzsteuergesetz mit der Klarstellung zur Unternehmereigenschaft, der Einführung des Nullsteuersatzes für Photovoltaikanlagen sowie die Optimierung des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens zielen darauf ab, das Steuerrecht zu vereinfachen und gleichzeitig die Compliance zu fördern.
In der Abgabenordnung wird das Steuergeheimnis im Kontext von unrechtmäßig bezogenen öffentlichen Mitteln präzisiert, und die öffentliche Zustellung wird digitalisiert, was zu einer effizienteren Verwaltung führt. Die Implementierung eines direkten Zahlungsweges für öffentliche Leistungen stellt einen bedeutenden Schritt in Richtung einer digitalen und nutzerfreundlichen öffentlichen Verwaltung dar.
Das Umwandlungssteuergesetz und das Bewertungsgesetz erfahren Anpassungen, die die steuerlichen Rahmenbedingungen bei der Übertragung von Unternehmensanteilen und Immobilien aktualisieren, um diese an neue Bewertungsstandards anzupassen. Diese Änderungen sind ein Spiegelbild des Bestrebens, das Steuerrecht fortlaufend an wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen anzupassen und sowohl für Steuerpflichtige als auch für die Verwaltung effektive und gerechte Steuerprozesse zu gewährleisten.