Die Frage der korrekten steuerlichen Behandlung von Leasingsonderzahlungen steht regelmäßig im Brennpunkt steuerlicher Diskussionen und der Rechtsprechung. Das jüngste Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17. Mai 2022 zeigt neue Perspektiven auf diese Materie und bietet Anlass, die bisherigen Grundsätze und deren Anwendung zu überdenken. Im Fokus steht dabei die Entscheidung des Gerichts, dass im Rahmen der Billigkeitsregelung zur Kostendeckelung – festgehalten im BMF-Schreiben vom 18. November 2009 – Leasingsonderzahlungen auch bei der Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung periodengerecht über die Laufzeit des Leasings verteilt werden dürfen. Dieses Urteil (Az. VIII R 26/20) setzt nicht nur einen neuen Präzedenzfall, sondern klärt auch eine langjährige Unklarheit in der steuerlichen Praxis. In diesem Artikel werden wir die Tragweite dieser Entscheidung untersuchen und ihre Bedeutung für Steuerpflichtige und Beratungspraxis herausarbeiten.
Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 (3) EStG
Die Einnahmenüberschussrechnung wird im § 4(3) EStG wörtlich wie folgt beschrieben:
"Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen."
Die Einkommensüberschussrechnung - kurz EÜR - hat vor allem den Zweck, die Gewinnermittlung für kleinere Betriebe zu erleichtern, weshalb dieses Verfahren auch als "einfache Buchführung" bezeichnet wird.
Ausgaben im Sinne des § 11 (2) EStG
Der § 11 EStG beschreibt im Allgemeinen das Zu- und Abflussprinzip, bei dem die Ein- und Ausgaben in der Regel dem entsprechenden Kalenderjahr zuzuordnen sind, in dem sie entstanden sind.
Im zweiten Absatz Satz 1-3 dieses Paragraphen heißt es wörtlich:
"Ausgaben sind für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben gilt Absatz 1 Satz 2 entsprechend. Werden Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet, sind sie insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird." Folglich können die Leasingkosten nicht einfach willkürlich angesetzt oder abgeschrieben werden, sondern müssen bei der steuerlichen Betrachtung gleichmäßig auf den im Voraus bezahlten Zeitraum angesetzt werden.
Die 1 %-Regelung bei Firmenwagen
Bei der Nutzung eines Firmenwagens im privaten Bereich (bis zu 50 %) entsteht dem jeweiligen Arbeitnehmer ein Vorteil gegenüber den anderen Arbeitnehmern. Dieser Vorteil muss versteuert werden und wird im Alltag häufig mit der 1 %-Regelung, welche auch Listenpreismethode genannt wird, pauschal berechnet.
Dies bedeutet konkret, dass dem jeweiligen Arbeitnehmer monatlich 1 % des Bruttolistenpreises des jeweiligen Autos zusätzlich zur Einkommenssteuer berechnet wird. Infolgedessen erhöht sich das rechnerische Bruttogehalt, sodass sich durch die Steuerprogression die allgemeine Steuerbelastung des Arbeitnehmers erhöht. Auf diese Weise wird der geldwerte Vorteil steuerlich abgegolten. Zusätzlich wird der zurückgelegte Weg zwischen Wohnung und Arbeitsort versteuert, indem ebenfalls ein steuerliches Einkommens-Äquivalent gebildet wird. Konkret werden pro Kilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte 0,03% des inländischen Bruttolistenpreises als zusätzliches Einkommen hinzugerechnet.
Damit sind dann aber auch jegliche Privatfahren, zum Beispiel in den Urlaub, abgedeckt. Die 1 %-Regelung greift dabei unabhängig davon, ob es sich um einen Neu- oder Gebrauchtwagen handelt. Basis ist grundsätzlich der ausgewiesene Listenpreis.
Beispielrechnung:
Ein Arbeitnehmer verdient 4.000,00 € brutto im Monat und erhält einen Firmenwagen mit einem (Brutto-Inlands-)Listenpreis von 47.000,00 €. Der Arbeitnehmer wohnt 23 km von seiner Arbeitsstätte entfernt.
Gemäß der 1 %-Regelung wird das Einkommen des Arbeitnehmers somit um 470,00 € brutto monatlich erhöht. Zusätzlich werden ihm für die gefahrenen Kilometer (23 km Entfernung) monatlich 324,30 € brutto zusätzlich als Einkommen angerechnet.
1 % x 47.000,00 € = 470,00 €
(23 km x 0,03 %/km) x 47.000,00 € = 324,30 €
Damit ergibt sich ein neues monatliches Steuer-Brutto von 4.794,30 €.
Begrenzung der Pauschalversteuerung
Bei der Anwendung der 1 %-Regelung für Firmenwagen liegt die Annahme zugrunde, dass der Firmenwagen überwiegend für den Betrieb genutzt wird. Die private Nutzung hat somit einen geringen Anteil an der Gesamtnutzung. Je nach Nutzungsgrad kann es dazu kommen, dass die tatsächlich anfallenden Kosten für den Firmenwagen unter die Kosten fallen, die durch die pauschale 1%-Regelung entstehen. In einem solchen Fall kann die Kostendeckelung-Regelung angewandt werden. Damit werden nur die tatsächlich anfallenden Kosten angesetzt und die Erhöhung des Bruttoeinkommens muss entsprechend korrigiert werden. Die Basis dafür liefert das BMF-Schreiben vom 18.11.2009.
Das BMF-Schreiben vom 17.05.2022 weist ebenfalls auf diese mögliche Diskrepanz zwischen 1 %-Regelung und Kostendeckelung-Regelung hin. Dies ist auch der konkrete Fall bei Gebrauchtwagen: bei diesen weicht die Pauschale durch die 1 %-Regelung stark von den tatsächlichen Gesamtkosten ab.
Die Grundlage für die korrekte Anwendung der Kostendeckelung-Regelung ist, dass alle Kosten korrekt angesetzt werden. Besondere Achtsamkeit gilt dabei zum Beispiel bei Leasingsonderzahlungen. Je nach Höhe der Leasingsonderzahlungen berechnen sich auf dieser Basis die monatlichen Leasingzahlungen. Gemäß dem BMF-Urteil vom 17.05.2022 soll die Leasingsonderzahlung zur Berechnung der Gesamtkosten eines Fahrzeuges periodengerecht auf die Vertragslaufzeit aufgeteilt werden. Durch die periodengerechte Verteilung der Leasingsonderzahlung werden die jährlichen Gesamtkosten realistisch abgebildet und eine fälschliche Anwendung der Kostendeckelung-Regelung vermieden.
Fazit
Bei der Nutzung von Firmenwagen wird in der Regel die Listenmethode genutzt, um den geldwerten Vorteil zu versteuern. Sollten diese Kosten höher liegen, als die Gesamtkosten des jeweiligen Jahres für das Fahrzeug, so können alternativ die Kosten auf die tatsächlich entstandenen Gesamtkosten gedeckelt werden. Bei dieser Berechnung ist jedoch Vorsicht geboten: Beispielsweise müssen Leasingsonderzahlungen periodengerecht verteilt werden und können schlussendlich damit entscheidend sein, ob die Kostendeckelung greift, oder ob eben gemäß der Listenmethode angesetzt wird.
Zur Frage der Berücksichtigung einer Leasing-Sonderzahlung im Zusammenhang mit der Kostendeckelungsregelung bei privater Nutzung eines betrieblichen Pkw hatte sich der BFH in einem Urteil vom 17.5.2022 geäußert.
Praxis-Hinweis:
Sollte der zu versteuernde Wert der 1%-Regelung höher sein als die entstandenen KFZ-Kosten – kann hier die Kostendeckelung gewählt werden!
Rechtlicher Hintergrund:
Wenn ein Steuerzahler für ein privat genutztes Auto kein Fahrtenbuch führt, wird der private Nutzungsanteil, den er versteuern muss, in der Regel nach der 1%-Methode berechnet. Das bedeutet, dass 1% des Bruttolistenpreises als Entnahmewert angesetzt wird. Allerdings legt die Finanzverwaltung (gemäß Tz. 18 des BMF-Schreibens vom 18.11.2009) fest, dass dieser Wert auf die tatsächlichen Kosten begrenzt werden kann, wenn sie niedriger sind als der Betrag, der durch die 1%-Methode errechnet wird.
Insbesondere bei gebrauchten Autos kann die 1%-Methode, wie vom BFH (Urteil vom 17.5.22, VIII R 26/20) erläutert, zu erkennbar inkorrekten Ergebnissen führen. In solchen Situationen legt die Finanzverwaltung eine Obergrenze basierend auf den realen Kosten fest.
Die Finanzverwaltung hat jedoch keine Möglichkeit beabsichtigt, um in der Einnahmen-Überschussrechnung gezielt Einmalkosten zu erhöhen und in den Folgejahren die Sonderregelung aus Gründen der Billigkeit in Anspruch zu nehmen.
Die Sichtweise der Finanzverwaltung ist in diesem Kontext verständlich. Bei der Gewinnermittlung durch die Einnahmen-Überschussrechnung bleibt eine Leasingsonderzahlung im Zahlungsjahr als Betriebsausgabe vollumfänglich und somit steuermindernd erhalten.
Bei Anwendung der Billigkeitsregelung sollte diese Zahlung jedoch über die gesamte Vertragslaufzeit verteilt werden.
Umgang mit Leasingsonderzahlung bei Einnahmen-Überschussrechnern
Der Kläger arbeitete als Zahnarzt und ermittelte seinen Gewinn durch eine Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR). Für sein betrieblich genutztes Fahrzeug setzte er einen Anteil für private Nutzung an, wobei kein Fahrtenbuch geführt wurde. In den Streitjahren 2012 bis 2014 begrenzte er die Fahrzeugkosten und den privaten Nutzungsanteil auf Grundlage einer Billigkeitsvorschrift der Finanzverwaltung. Würde man die 1%-Methode verwenden, wäre dieser Anteil höher ausgefallen.
Das Finanzamt korrigierte den privaten Nutzungsanteil, da der Kläger im Jahr 2011, welches nicht Gegenstand des Streits war, eine einmalige Leasing-Sonderzahlung getätigt hatte. Diese Zahlung hatte er komplett im Zahlungsjahr geltend gemacht. Laut Finanzverwaltung sollten solche Sonderzahlungen über die gesamte Dauer des Leasingvertrages verteilt werden. Der Kläger war sowohl im Widerspruchs- als auch im Klageverfahren erfolglos.
Der BFH bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts Schleswig-Holstein und wies die Revision zurück. Damit stützte der BFH die Ansicht der Vorinstanz. Die Verwaltungsanweisung zur Kostendeckelung beruht auf einer Billigkeitsentscheidung und soll unangemessene Ergebnisse ausgleichen.
Es liegt jedoch kein unangemessenes Ergebnis vor, wenn eine Leasing-Sonderzahlung zur Anwendung der Deckelungsregel beiträgt. Daher muss auch bei der Gewinnermittlung durch EÜR eine solche Sonderzahlung als vorausgezahlte Nutzungsentgelte angesehen werden, die über die Vertragslaufzeit hinweg zu verteilen sind.
Quintessenz:
Bei Anwendern der Einnahmen-Überschussrechnung ist die Leasingsonderzahlung im Rahmen der Kostendeckelung über die Laufzeit des Vertrages zu verteilen.