Anders als im schriftlichen Prüfungsabschnitt, sind die Prüfungsinhalte der mündlichen Prüfung nicht im Vorfeld bekannt. So kann es vorkommen, dass gewisse Themengebiete gar nicht besprochen werden, während andere wiederum doppelt tangiert werden. Da jeweils sechs Prüflinge in einer Gruppe geprüft werden und alle Personen sich jeweils eines der untenstehenden Themen aussuchen können, kann diese Konstellation nicht beeinflusst werden. Die Prüfungsgebiete für die mündliche Prüfung zum Steuerberater sind in § 37 Abs. 3 StBerG festgelegt und unterteilen sich wie folgt:
- Steuerliches Verfahrensrecht sowie Steuerstraf- und Steuerordnungswidrigkeitenrech
t - Steuern vom Einkommen und Ertrag
- Bewertungsrecht, Erbschaftsteuer und Grundsteuer
- Verbrauch- und Verkehrssteuern, Grundzüge des Zollrechts
- Handelsrecht sowie Grundzüge des bürgerlichen Rechts, Gesellschaftsrechts, Insolvenzrechts und des Rechts der Europäischen Union
- Betriebswirtschaft und Rechnungswesen
- Volkswirtschaft
- Berufsrecht
Obwohl in der Prüfungsvorbereitung alle Themenblöcke als gleichmäßig relevant erachtet werden sollen, zeigen Erfahrungsberichte, dass der Fokus häufig auf besonders relevanten und breit gefragten Themengebieten mit einem Fokus auf Themen aus der Privatwirtschaft liegt. Entsprechend liegen die Schwerpunkte häufig bei den folgenden Themen: Einkommens-, Erbschafts- und Umsatzsteuer, Berufs-, Bilanzsteuer- und Verfahrensrecht, Handelsrecht sowie Grundzüge des bürgerlichen Rechts sowie Betriebswirtschafts- und Volkswirtschaftslehre.
Schritt-für-Schritt-Anleitung zur mündlichen Vorbereitung
Lernplanung:
Aufgrund dieses großen Umfangs ist eine gut strukturierte und zeitlich durchgeplante Prüfungsvorbereitung essenziell für das erfolgreiche Bestehen des mündlichen Prüfungsteils. Kernelement dieser ist es, das Gelernte praktisch anzuwenden und sein vorhandenes Themenverständnis anhand von anschaulichen Beispielen entsprechend zu präsentieren. Deswegen liegt in der Prüfung auch ein besonderer Fokus auf realen Situationen aus dem Arbeitsalltag (wie z.B. Betriebseröffnungen) und aktuellen wirtschaftspolitischen Ereignissen wie der Inflationslenkung und Zinsstrategie der Zentralbanken. Reine Definitionen hingegen spielen nur eine untergeordnete Rolle. Zwar sind sie wichtig, um bestimmte Sachverhalte präzise zu beschreiben, jedoch ist ein tiefgreifendes Verständnis für die Zusammenhänge innerhalb der angesprochenen Themen weitaus wichtiger. Demzufolge sollte auch die Prüfungsvorbereitung sehr anwendungsnah gestaltet werden und in die drei folgenden Phasen unterteilt werden. Der Auftakt wird mit der Wissensaneignung gemacht. In dieser Phase geht es zunächst ausschließlich um das Zusammentragen prüfungsrelevanter Informationen; dazu gehören vor allem Lernmaterial zu den oben gelisteten Themen, aber auch das Sammeln und Lesen aktueller Zeitungartikel mit Bezug auf Wirtschaftspolitik und Steuerrecht. Anschließend beginnt die Phase der Wissensanwendung, bei der das erworbene Wissen anhand von Praxisbeispielen angewendet wird. Es sollte also nicht nur das bereits Gelernte wiederholt und aufgefrischt werden, sondern das Wissen anhand von neuen Exempeln vertieft werden. Gleichzeitig wird in dieser Phase der Grundstein für eine gute mündliche Prüfung gelegt, da die präzise Formulierung von Problemstellungen und deren Lösungen zu den relevanten Kompetenzen in der mündlichen Prüfung zählen. Dabei ist der Übergang in die dritte Phase, der Prüfungssimulation, fließend. Je sicherer sich das Thema anfühlt, desto mehr Prüfungsanforderungen wie Zeitdruck oder Anwesenheit anderer Personen können berücksichtigt werden.
Da die Bekanntgabe der schriftlichen Prüfungsergebnisse zeitlich nicht eingeschätzt werden kann und vielen verschiedenen Einflussfaktoren unterliegt, ist es keinesfalls empfehlenswert erst nach der Bekanntgabe mit der Vorbereitung des mündlichen Teils zu beginnen. Der Zeitpunkt der Bekanntgabe kann je nach Bundesland um mehrere Wochen schwanken. Stattdessen sollten bis zur mündlichen Prüfung etwa vier bis fünf Vorträge simuliert und geübt werden, sodass bis zum tatsächlichen Prüfungstermin 50 bis 60 Präsentationen geübt worden sind.
Vorbereitung auf die Prüfungssituation:
Die Vorbereitungszeit von 30 Minuten ist knapp bemessen. Daher sollte nicht einfach wahllos breitgefächert gelernt, sondern diese Vorbereitung nachgestellt werden. Besonders förderlich ist hier die Wahl noch vergleichsweise unsicherer Themen. So kann das Wissen vertieft und die Vorbereitungszeit besser eingeschätzt werden. Bei der Wahl sind die oben gegebenen Themengebiete zu beachten. Anschließend sollte die Gliederung festgelegt werden. Schlussendlich sollte die Vortragszeit eingehalten werden, in der Regel zwischen 6 und 8 Minuten, maximal jedoch 10. In Berlin liegen diese Grenzen allerdings zwischen 5 und 7 Minuten.
Für viele Menschen ist die Situation in der mündlichen Prüfung des Steuerberaterexamens ungewohnt, daher empfiehlt es sich dringend, sich auf diese Konstellation vorzubereiten, indem man sie so oft simuliert, bis sie gewohnt erscheint. So lassen sich Ablenkungen und Nervosität durch die Prüfungssituation reduzieren und die Konzentration kann gänzlich auf den Vortrag sowie seinen fachlichen Inhalt gerichtet werden. Nachdem man sich also fachlich sicher fühlt, ist es Zeit den Vortag zu üben. Da es hier auf viele Sachen gleichzeitig ankommt, ist eine Unterteilung der einzelnen Schwerpunkte ratsam. Generell bietet sich die Unterteilung in zwei Kategorien an: Mimik und Gestik sowie Kompetenzen.
Kompetenzen:
Die mündliche Prüfung bzw. der Kurzvortrag dienen zum Nachweis von fünf grundlegend wichtigen Kompetenzen für den Beruf des Steuerberaters. Diese sind: Zeiteinteilung, Fokus auf das Wesentliche, sprachliche Präzision, Verständlichkeit für Nichtfachleute und Entscheidungssicherheit. Jede dieser Kompetenzen zeigt sich auf eine andere Art und Weise. Dennoch sollten alle während des Vortrags angemessen präsentiert werden. Wie diese Darstellung konkret aussieht, ist im Folgenden aufgeführt:
- Korrekte Zeiteinteilung
Diese Kompetenz zeigt sich während der gesamten Prüfung. Ziel ist es, in einer vorgegebenen Zeit von 30 Minuten eine aus drei Optionen zu wählen, auszuarbeiten und verständlich zu präsentieren. Eine effiziente Nutzung der Zeit ist also unabdingbar. Konkret sollte die Wahl des Themas schnell getroffen sein. Anschließend sind etwa 20-25 Minuten in die Aufarbeitung und Strukturierung des gewählten Themas zu investieren. Dabei hilft das zuvor Gelernte ungemein, um einen roten Faden festzulegen und die wichtigsten Kernelemente des Themas hervorzuheben. Sollte im Anschluss noch Vorbereitungszeit übrig sein, kann der Vortrag innerlich noch einmal durchgegangen oder „geübt“ werden.
- Fokus auf das Wesentliche
Anlass der Prüfung ist es, das gewählte Thema prägnant darzustellen. Dementsprechend sollten Einleitung, Schwerpunktsetzung und eine kurze Zusammenfassung innerhalb von sechs bis acht, maximal aber zehn Minuten im Rahmen des Vortrages umgesetzt sein.
- Sprachliche Präzision
Besonders in Anbetracht des kurzen Zeitrahmens und mangelnder Präsentationshilfen wie detailliert ausgearbeiteten Slides sind kurze und einfache Sätze oft unterschätzt. Gleichzeitig ist Begriffssicherheit erforderlich. Daher sind komplexe oder verschachtelte Sätze zu vermeiden. Stattdessen sollten die Aussagen mithilfe der richtigen Fachbegriffe präzise sein. Darüber hinaus ist eine klare Aussprache wichtig für die Vermittlung des gewählten Themas in eigenen Worten. Sprachpausen können zusätzlich helfen den Vortrag logisch zu strukturieren oder die Aufmerksamkeit auf die wichtigsten Aussagen zu lenken.
- Verständlichkeit für Nichtfachleute
Fachbegriffe sollten nur dort eingesetzt werden, wo sie hilfreich den Satz verkürzen. Zwar ist bei dem Prüfungsausschuss von einer gewissen fachlichen Expertise auszugehen, jedoch empfiehlt es sich den Vortrag so zu halten, dass auch Fachfremde die Essenz des Themas verstehen. Gelingt dies, wird das tiefgreifende fachliche Verständnis zum Ausdruck gebracht, ohne es explizit anzusprechen.
- Entscheidungssicherheit
Aufgrund der knappen Vorbereitungszeit ist eine schnelle Entscheidungsfindung besonders wichtig. Das Thema sollte schnell aber bestimmt ausgewählt werden und auch die Grundstruktur des Vortrags sollte nicht mehrfach von Grund auf neugestaltet werden. Beide Problematiken können durch häufiges Üben einer Prüfungssituation vermieden werden. In den meisten Bundesländern steht es den Prüflingen zur Wahl, ob der Vortrag im Stehen oder Sitzen gehalten werden soll. Der optimale Modus kann nur vom Prüfling selbst beurteilt werden.
Mimik und Körpersprache:
Bei einem gelungenen Vortrag geht es nicht nur um den Inhalt, sondern auch darum wie dieser vermittelt wird. Dementsprechend tragen Mimik und Gestik entscheidend dazu bei, wie das Gesprochene auf der Gegenseite ankommt und aufgenommen wird. Da die Prüfungssituation für viele Menschen ungewohnt oder gar unangenehm ist, werden Mimik und Gestik oft vernachlässigt oder entsprechen nicht der Situation. In Bezug auf die Mimik ist ein freundlicher aber bestimmter Gesichtsausdruck optimal. Er vermittelt gleichermaßen Ruhe und fachliche Sicherheit. Ebenso wichtig sind ein offener Blick und Augenkontakt; sie vermitteln Positivität und Freude. Das Gegenteil gilt für einen zu Boden gerichteten Blick oder angestrengte Gesichtsausdrücke, welche besonders in Stresssituationen ungewollt auftreten können. Diese gilt es auch zu vermeiden, wenn die Mitprüflinge an der Reihe sind. Augenrollen, respektlose Blicke oder Ähnliches werden auch ohne den direkten Fokus auf den jeweiligen Prüfling von der Prüfungskommission wahrgenommen. Ein professioneller Umgang im Gespräch zeichnet seriöse Fachleute aus, daher ist diese Professionalität in einer Fachprüfung zu eben diesen keinesfalls unerheblich.
Neben der Mimik ist die Körpersprache ein weiteres entscheidendes Werkzeug, um den Vortrag und das eigene Auftreten abzurunden. Wie bereits erläutert, kann es in der Prüfungssituation zu ungewollten Ausdrücken kommen, wenn die Situation ungewöhnlich für den Prüfling ist. Daher ist das passende Maß an Körperspannung entscheidend. Diese sollte nicht zu steif, jedoch auch nicht zu locker wirken. Ziel ist es, Gelassenheit bei gleichzeitiger Wahrnehmung für die Wichtigkeit der Prüfung zu vermitteln. Ebenso wichtig ist die Körperhaltung. Während der Kopf gerade und in Richtung des Publikums gerichtet sein sollte, sollten die Hände entweder locker neben dem Körper gehalten oder zur Untermalung einzelner gesprochener Inhalte eingesetzt werden. Verschränkte Arme oder hektische Bewegungen sollten bestmöglich vermieden werden.
Verbesserung der Vortragsweise:
Der Schlüssel zu einer souveränen Vortragsweise ist ein sicheres Auftreten in besonders stressigen Situationen. Im ersten Schritt kann es hilfreich sein, den Vortrag vor dem Spiegel zu üben, um Mimik, Gestik und Körpersprache zu kontrollieren und eine Einschätzung für passenden Augenkontakt zu bekommen. Die Aufzeichnung der geübten Vorträge mit einer Videokamera stellt ein nützliches Mittel zur Selbstüberprüfung dar. Gleichzeitig kann die eigene Wirkung auf andere wesentlich besser bewertet werden. Hier ist eine gesunde Selbstkritik entscheidend, indem nicht jede Geste angezweifelt jedoch auch Unklarheiten oder Verbesserungsmöglichkeiten kritisch hinterfragt werden. In der letzten Vorbereitungsphase sollten andere Personen hinzugezogen werden, um eine Prüfungssituation möglichst real nachzubilden. So können Nervosität und Prüfungsangst bewältigt werden. Je nach Verfügbarkeit bieten sich hierzu Freunde und Familie, aber auch Lerngruppen und gegebenenfalls Dozenten an, um die fachliche Sicherheit zu beurteilen. Je nach Fokus der Übung sollten bekannte und einfache oder unbekannte und komplexe Themen simuliert werden. Geht es vorrangig um die Vortragsweise, so ist es ratsam zunächst mit sattelfesten Themen zu üben, um die Konzentration auf die Verbesserung der Gestik und Mimik zu legen. Ungeachtet der Schwerpunkte sollten die Themenkomplexität und Kritik allmählich gesteigert werden, um letztendlich eine reale Prüfungssituation mit zusammenhängenden Fragestellungen und fachlicher Begutachtung der Vortragsweise nachzustellen. In Bezug auf das Thema sollte möglichst spezifisch auf die jeweilige Fragestellung eingegangen und gelernt werden.
Vorgehen in der mündlichen Prüfung:
Nachdem die Prüfungsunterlagen gesichtet wurden, geht es daran die wesentlichen Kernthemen des Vortrags systematisch aufzubereiten und in eine logische Reihenfolge zu bringen, dabei sollte ein roter Faden erkennbar sein. Die zugehörige Gliederung sollte unbedingt in Stichpunkten festgehalten werden und dient während der Präsentation als Orientierungshilfe. Je nach Steuerkammer ist das Mitbringen eigener, unbeschriebener Karteikarten erlaubt. Dies sollte unbedingt im Vorfeld der Prüfung abgeklärt werden. Das Ablesen eines vorgeschriebenen Textes hingegen ist nicht gestattet, dazu reicht die Vorbereitungszeit auch nicht aus. Wie bereits oben erläutert, geht es bei der Prüfung um den Nachweis von Kompetenzen, von denen eine das freie Sprechen ist. Das gilt ebenfalls für Gesetzestexte oder andere Regelungen. Die Wiedergabe in eigenen Worten zeigt, dass der Prüfling die Inhalte verstanden und nicht nur auswendig gelernt hat.
Generell sollte der Vortrag in eine Einleitung, einen Hauptteil und eine kurze Zusammenfassung gegliedert sein. Die Einleitung sollte die Problemstellung oder das gewählte Thema in einen größeren Kontext eingliedern und Bezug zu anderen themenrelevanten Vorschriften oder Ereignissen liefern. Zeitlich sollte dieser Teil etwa zwischen fünf und zehn Prozent der Vortragszeit ausmachen. Der Hauptteil sollte in drei bis vier Hauptaspekte unterteilt sein. Eine feinere Unterteilung kann zu kleinschrittig wirken und zu Unübersichtlichkeit führen. Zur Verdeutlichung von Schwerpunkten können allerdings bis zu drei Unterpunkte bei ausgewählten Themen angebracht sein. Entscheidend sind die Informationserhaltung oder Gliederung, die damit gewährleistet werden soll. Komplexe Sachverhalte sollten an sorgfältig ausgewählten, möglichst einfachen Beispielen erklärt werden. Der Einfachheit halber sollten wenige repräsentative statt vielen einzelnen Beispielen angeführt werden. Schließlich sollten die wesentlichen Kernaspekte des Vortrags in der Zusammenfassung wiederholt werden. Hier ist dann auch Raum für etwaige Anmerkungen in Hinblick auf die Notwenigkeit von Gesetzgebungen, Beantwortung von Eingangsfragen oder eventuelle Ausblicke. Das Thema sollte jedoch vollständig abgedeckt werden. Wichtig ist auch hier die Verfolgung der zuvor festgelegten Gliederung.
Fazit
Die mündliche Prüfung im Rahmen des Steuerberaterexamens ist äußerst anspruchsvoll und beleuchtet gleichermaßen fachliche sowie Präsentationskompetenzen. Daher ist die sorgfältige Vorbereitung auf diesen Prüfungsteil unabdingbar. Zunächst sollte der Prüfling fachlich sicher sein, ehe sich den Gebieten der Mimik, Gestik oder Rhetorik gewidmet wird. Es ist überaus ratsam bereits während der Vorbereitung dasselbe System wie in der späteren Prüfung zu verfolgen anstatt großflächig Definitionen auswendig zu lernen. Um sowohl die Nervosität in einer solchen Situation zu verlieren als auch eine souveräne Vortragsweise zu üben, empfiehlt sich die Simulation der Prüfung vor einer Kamera und später vor ausgewählten Personengruppen. Dabei sollte der Schwierigkeitsgrad kontinuierlich erhöht werden, um böse Überraschungen am Prüfungstag zu vermeiden.