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Volkswirtschaftslehre (Mündliche Prüfung)

Wirtschaftspolitik

Wirtschaftspolitik

Grundlagen der Wirtschaftspolitik

Die Teildisziplin der Wirtschaftspolitik ist gar nicht so einfach zu definieren, weil die Begründung für staatliches Eingreifen in die Wirtschaft umstritten ist. Ein pragmatischer Ansatz, Wirtschaftspolitik zu beschreiben, ist daher, zu identifizieren, auf welchen Feldern und mit welchen Zielen, Instrumenten und Erfolgen der Staat in die Wirtschaft eingreift.

 

Begriff der Wirtschaftspolitik

 

Wirtschaftspolitik umfasst die Gesamtheit der Maßnahmen, mit denen der Staat gestaltend und regelnd in die Wirtschaft eingreift. Er legt die Rahmenbedingungen fest, innerhalb derer sich die Wirtschaftsakteure auf verschiedenen Märkten betätigen.

 

Grundlegend für die Herausbildung der modernen Wirtschaftswissenschaften war seit Adam Smith – also dem 18. Jahrhundert – die Auffassung, dass der Staat sich möglichst weitgehend aus der Wirtschaft zurückziehen solle. Am besten konzentriere sich der Staat darauf, Privateigentum und Vertragsfreiheit zu garantieren und den Wettbewerb zwischen den Produzenten sowie Preisstabilität zu gewährleisten, dann würde die „unsichtbare Hand“ des Marktes das bestmögliche Ergebnis für den materiellen Wohlstand aller zustande bringen.

 

Das oberste Ziel der Wirtschaftspolitik und des staatlichen Handelns ist aus volkswirtschaftlicher Sicht die Erzielung eines gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts. Dieses Idealbild ist durch Einbrüche oder Überhitzungen der Konjunktur und rasche, plötzliche positive und negative Entwicklungen des Bruttoinlandsprodukts gefährdet.

 

Notwendigkeit des Eingriffs

 

Nach Adam Smith erzielt die „unsichtbare Hand“ des Marktes das bestmögliche Ergebnis für den materiellen Wohlstand aller. Ein Marktversagen liegt allerdings dann vor, wenn ein gewähltes wirtschaftspolitisches Instrument ein besseres Resultat erzielt, als der Markt ohne staatlichen Eingriff erzielen könnte. Dies wird z. B. durch eine Monopolstellung hervorgerufen, bei der weniger Waren und Dienstleistungen zu höheren Preisen angeboten werden. Dies hat zur Folge, dass die Kaufkraft der Bevölkerung geschwächt und ihren Wohlstand verringert wird.

Güter in der Volkswirtschaft

Kriterien von Gütern

 

Ausgangspunkt für wirtschaftspolitische Eingriffe in das Marktgeschehen ist die Erkenntnis, dass nicht alle Güter für die Bereitstellung über Märkte gleichermaßen geeignet sind. Marktfähig sind vor allem solche Güter, die zum einen durch Ge- oder Verbrauch ihre nützlichen Eigenschaften einbüßen und bei denen zum anderen Dritte recht einfach von der Nutzung ausgeschlossen werden können, wie z. B. beim Verzehr von Speiseeis.

 

Güter werden nach Kriterien unterschieden, in welchem Grad Rivalität im Konsum und Externalität (Ausschließbarkeit) vorliegen. Rivalität liegt dann vor, wenn der Gebrauch den Nutzen des Gutes verringert und Externalität, wenn es schwierig ist, Dritte von der Nutzung des Gutes auszuschließen.

 

Wie sind die grundlegenden Güterarten nach den Kriterien Rivalität (im Konsum) und Ausschließbarkeit einzuordnen?

 

 

Rivalität im Konsum

Hoch

Niedrig

Ausschließbarkeit

Hoch

Private Güter

Mautgüter

Niedrig

Gemeingut

Öffentliche Güter

 

Private Güter

 

Güter, bei denen Nutzer um einen möglichen Konsum konkurrieren und deren Eigentümer andere Personen davon ausschließen können, dasselbe Gut ebenfalls zu nutzen, bezeichnet man als private Güter. Sie sind knapp, weil sie ihren Nutzen einbüßen, wenn sie konsumiert werden. Ihr Nutzen fällt ausschließlich bei dem an, der dafür bezahlt hat. Derjenige, der nicht bereit ist, diesen Preis zu zahlen, kann das Gut auch nicht nutzen. Somit wird vorausgesetzt, dass Eigentumsrechte an diesen Gütern durchgesetzt werden können. Für private Güter müssen die Voraussetzungen der Ausschließbarkeit von der Güternutzung und Rivalität im Konsum erfüllt sein. Klassische Beispiele für private Güter sind Bekleidung, PKW oder Nahrungsmittel.

 

Öffentliche Güter

 

Bei einem Leuchtturm oder bei der Straßenbeleuchtung fehlen die Rivalität im Konsum und die Ausschließbarkeit des Konsums durch Dritte. Jeder kann diese beiden Güter nutzen (ob er nun seine Steuern bezahlt oder nicht) und ihr Informationsgehalt vermindert sich nicht, wenn einzelne Akteure sie tatsächlich gebrauchen. Das macht sie per Definition zu öffentlichen Gütern. Aufgrund dessen sollten öffentliche Güter vor allem durch den Staat bereitgestellt werden. Der Markt hat kein Interesse an einer Bereitstellung der Güter, dass er dadurch keinen Gewinn erzielen kann. Öffentliche Güter sind nicht knapp, weil sie nicht ihren Nutzen für andere verlieren, wenn sie konsumiert werden. Darüber hinaus sind sie kaum nur privat konsumierbar, weil andere nicht von der Nutzung ausgeschlossen werden könnten.

 

Abgrenzung zwischen Gemein- und Mautgütern

 

Als Mautgüter werden öffentliche Güter bezeichnet, bei denen keine Rivalität im Konsum besteht, die aber gegen ein Entgelt angeboten werden. Tunnel, Brücken, Straßen oder Schienennetze können einfach für Nutzer gesperrt werden. Jedoch würden sie durch häufigen Gebrauch nicht oder zumindest kaum in ihrem Nutzen geschmälert. Warum sollte also nicht offener Zugang gewährt werden? Privateigentum ist deshalb bei diesen Infrastrukturgütern nicht die erste Wahl. Insofern ist hier in der Regel die öffentliche Hand gefordert, aber der Staat kann Konzessionen für den Betrieb dieser Infrastrukturen gewähren.

 

Ist ein Nutzerausschluss nicht möglich, handelt es sich entweder um ein öffentliches Gut, sofern es bei Gebrauch seinen Nutzen behält, oder ein Gemeingut, sofern sein Gebrauch seinen Nutzen schmälert. Zu diesen Gemeingütern werden vor allem ökologische Ressourcensysteme wie Klima, Wasser und Wälder gezählt, die durch Gebrauch ab- oder übernutzt werden können, bei denen aber ein Nutzenausschluss nicht oder nicht ohne weiteres möglich ist.

 

Externer Effekt

 

Sind Dritte nicht vom Nutzen oder Schaden einer Markttransaktion auszuschließen, liegt ein sogenannter externer Effekt vor.

 

Dabei handelt es sich definitionsgemäß um die Auswirkung marktwirtschaftlichen Handelns auf die Wohlfahrt nicht beteiligter Dritter, die dafür weder ein Entgelt entrichten noch eine Entschädigung bekommen haben.

 

Positive und negative externe Effekte

Ein positiver externer Effekt liegt vor, wenn mehr als die beteiligten Akteure einen Nutzen von einer Markttransaktion haben. Beispiele sind das Pflanzen eines Apfelbaums in einem von außen einsehbaren Garten oder das Gestalten einer schönen Hausfassade: Es erfreuen sich auch Mitmenschen daran, die dafür nicht bezahlt haben.

 

Ein negativer externer Effekt liegt vor, wenn Dritte ganz oder teilweise den Schaden einer Produktions- oder Konsumentscheidung haben, z. B. die Anwohner eines Flusses, die unterhalb der Schadstoffeinleitungen einer Fabrik leben, oder die Fahrradfahrer und Fußgänger im Stadtverkehr, die den Feinstaub aus Dieselmotoren einatmen müssen. In beiden Fällen ist der Staat gefordert, regulierend in diese Marktaktivitäten einzugreifen oder Gebote sowie Verbote zu erlassen.

Handlungsfelder und Ziele

Vier zentrale Aufgaben der Wirtschaftspolitik

 

Als die vier zentralen Aufgaben der Wirtschaftspolitik werden oft genannt:

 

  • Öffentliche Güter bereitzustellen,
  • Negative externe Effekte von Markttransaktionen zu minimieren,
  • Informationssymmetrie auf den Märkten zu erhöhen sowie
  • Erwartungen hinsichtlich der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung zu stabilisieren.

 

Im politischen Raum ist jedoch umstritten, welche Güter zu den öffentlichen Gütern zu zählen sind. Als besonders problematisch erweist sich die Behandlung von Gemeingütern, wie der Klimastabilität: Sollen Verschmutzungsrechte auf Märkten gehandelt werden oder ist eine Besteuerung des CO2-Ausstoßes vorzuziehen? Sehr kontrovers behandelt wird auch die Bereitstellung der Mautgüter: Sollen Brücken, Tunnel, Straßen, Schienentrassen, Breitbandkabel lieber über Steuern finanziert werden oder sind das Aufgaben, deren Erfüllung der Staat guten Gewissens an Private übertragen könnte?

 

Ziele der Wirtschaftspolitik

 

In Staaten mit marktwirtschaftlicher Ordnung lassen sich traditionell vier Ziele identifizieren:

 

  • Stabilitätsziel,
  • Wachstumsziel,
  • Strukturziel und
  • Verteilungsziel.

 

Den vier Zielen lassen sich entsprechend vier Politikbereiche zuordnen: Stabilitäts-, Wachstums-, Struktur- und Verteilungspolitik.

 

Stabilitätsziel

 

Das Stabilitätsziel beschreibt die wirtschaftspolitische Aufgabe, gesamtwirtschaftliche Ungleichgewichte zu vermeiden, oder, falls dies nicht möglich ist, diese Ungleichgewichte in Ausmaß und Dauer zu begrenzen.

 

Es bezieht sich im weiteren Sinn auf die Gesamtheit aller wirtschaftspolitischen Maßnahmen, um den Wirtschaftsablauf zu stabilisieren und die Volkswirtschaft möglichst im Zustand des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu halten; im engeren Sinn die auf Preisniveaustabilität ausgerichtete Wirtschaftspolitik. Als Instrumentarium der Stabilitätspolitik werden Maßnahmen angesehen, die einen hohen Beschäftigungsstand, ein angemessenes Wachstum, Geldwertstabilität und außenwirtschaftliches Gleichgewicht schaffen sollen (vgl. nachfolgende Ausführungen zum „magischen Viereck“).

 

Wachstumsziel

 

Als Wachstumsziel wird das Bemühen der Wirtschaftspolitik beschrieben, das reale Pro-Kopf-Einkommen zu steigern und eine verbesserte Versorgung mit öffentlichen Gütern zu gewährleisten.

 

Neben einer Wettbewerbspolitik, die einen funktionierenden Leistungswettbewerb gewährleisten soll, sind insbesondere die Faktoren Kapital und Bildung Ansatzpunkte des Wachstumsziels. Technischer Fortschritt sowie die ständige Verbesserung des technischen Wissens sind ebenso Voraussetzungen für Wirtschaftswachstum wie gut ausgebildete, über entsprechendes Knowhow verfügende Mitarbeiter auf allen Ebenen der Unternehmen. Technologie- und Bildungspolitik gehören deshalb genauso zur Wachstumsziel wie Regionalpolitik oder Mittelstandspolitik.

 

Strukturziel

 

Das Strukturziel umfasst den Anspruch, dass die Anpassung der Produktionsstruktur an sich ständig ändernde Nachfrage-, Wettbewerbs- und Technologiebedingungen gefördert wird. Im Kern geht es darum, die Fähigkeit einer Volkswirtschaft zur Anpassung an neue wirtschaftliche Rahmenbedingungen sicherzustellen und – falls notwendig – zu verbessern. Ein gutes Beispiel ist die Energiewende in Deutschland. Sie löst ohne Zweifel erhebliche Strukturveränderungen in der deutschen Volkswirtschaft aus. Aber auch die Einkommensverteilung wird sich dadurch wahrscheinlich ändern, da die Energieversorgungsunternehmen, deren Geschäftsmodell vor allem auf fossilen und atomaren Brennstoffen basierte, Marktanteile an Versorger mit regenerativen Energiequellen abgeben müssen.

 

Verteilungsziel

 

Das Verteilungsziel steht dafür, das marktwirtschaftliche Verteilungsresultat zu korrigieren, um soziale Verteilungsgerechtigkeit zu erreichen. Es kann z. B. durch Umverteilungen von Einkommen oder Vermögen umgesetzt werden.

 

Im Rahmen der Finanzpolitik erfolgt eine Umverteilung z. B. durch unterschiedlich hohe Steuerabzüge vom Einkommen. Das belastet die Bezieher höherer Einkommen stärker als die Bezieher niedrigerer Einkommen. Eine Vermögensumverteilung erfolgt z. B. durch die Erbschaftsteuer, bei der die Höhe der zu zahlenden Steuer von der Höhe des geerbten Vermögens abhängt und so höhere Erbschaften stärker besteuert als niedrigere. Maßnahmen der Umverteilung sind aber auch die Zahlung von Sozialgeld, Arbeitslosengeld II oder Wohngeld, da sie bedürftigen Haushalten zufließen und ohne Gegenleistung gewährt werden.

Träger der Wirtschaftspolitik

 Prinzip der Gewaltenteilung

 

Die Gewaltenteilung gehört zu den Prinzipien unserer Demokratie und ist im Grundgesetz verankert. Die staatliche Gewalt ist in mehrere Gewalten aufgeteilt: Die legislative (gesetzgebende), die exekutive (vollziehende) und die judikative (Recht sprechende) Gewalt sollen sich gegenseitig kontrollieren und staatliche Macht begrenzen.

 

Der Bundestag ist nach dem Prinzip der Gewaltenteilung die gesetzgebende Gewalt (Legislative) in Deutschland. Demgegenüber stehen die Bundesregierung als Exekutive und die Bundes- und Landesgerichte als Judikative.

 

Die grundlegenden Eigenschaften des Staatsaufbaus müssen in einer Demokratie im Wege des Konsenses geregelt werden. Nur so kann verhindert werden, dass der Staat allmächtig wird und die Wünsche bzw. Präferenzen der einzelnen Bürger und Gruppen missachtet. Die Träger von Entscheidungen werden durch die Gewaltenteilung klar von den Trägern von Einflüssen abgegrenzt, wie z. B. Parteien, Verbände, Medien und Berater. Die Trennung dieser Gewalten soll ein Machtmonopol im Staat verhindern und damit die Freiheit der Bürger sicherstellen.

 

Entscheidungsträger der deutschen Wirtschaftspolitik

 

Wirtschaftspolitische Entscheidungsträger sind jene Institutionen und Personen, denen die Gesellschaft die Befugnis zuerkannt hat, wirtschaftspolitische Entscheidungen zu treffen (Kompetenz) und die über das Monopol der legitimen Zwangsgewalt zur verbindlichen Durchsetzung ihrer Entscheidungen verfügen (Macht).

 

Trägerebene

Legislative Instanzen

Primäre exekutive Instanzen

EU-Ebene

EU-Rat
Europäisches Parlament

EU-Kommission
Europäische Zentralbank

Bundesebene

Bundestag (Ausschüsse, Plenum)

Bundesrat

Vermittlungsausschuss

Bundesregierung

(Bundeskanzlerin, Bundesminister)

Deutsche Bundesbank

Länderebene

Landtage und Stadt-Parlamente der Bundesländer

Landesregierungen (Ministerpräsidenten/regierende Bürgermeister) Landesminister

Kommunalebene

Gemeinderäte, Stadträte

Kreistage

Gemeinde-, Stadt-, Kreisverwaltungen

 

 

Ministerium der Wirtschaftspolitik

 

In Deutschland heißt das für Wirtschaft und Handel verantwortliche Ressort mit offiziellem Namen Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (kurz BMWK).

 

Neben der allgemeinen Abteilung für Wirtschaftspolitik ist das BMWK in zwei Abteilungen für Energiepolitik und je eine Abteilung für Industrie-, Außenwirtschafts, Digital- und Innovationspolitik sowie für Mittelstandpolitik gegliedert. Interessant ist auch, dass das Bundesministerium mit einer eigenen Abteilung für Europapolitik in den größeren wirtschaftspolitischen Zusammenhang der Europäischen Union eingebunden ist. Der Wirtschaftsminister sitzt im Rat der Europäischen Union (Ministerrat) mit seinen Fachkollegen aus der EU zusammen und berät z. B. über Freihandelsabkommen.

 

Der amtierende Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz ist seit Ende 2021 Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen).

 

Zu den Trägern supranationaler Wirtschaftspolitik gehören insbesondere der Internationale Währungsfonds (IWF), die Welthandelsorganisation (WTO) und die Europäische Union (EU).

 

Supranational („übernational“) sind solche Institutionen immer dann, wenn sie aufgrund von völkerrechtlichen Verträgen auf einem bestimmten Politikfeld das Recht haben, in nationales Recht des Unterzeichnerstaates einzugreifen.

 

Zuletzt wurde z. B. anhand der Debatte über den Brexit deutlich, dass die Außenhandelspolitik supranationale Angelegenheit der EU ist. Großbritannien führt die Verhandlungen sowohl über den Austritt als auch über ein zukünftig geltendes Freihandelsabkommen nicht mit den einzelnen Staaten der EU, sondern mit der Europäischen Kommission.

 

Ein weiteres Beispiel sind die von der EU erlassenen Richtlinien, nicht zuletzt auch in Hinsicht auf das Steuerrecht, die von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umzusetzen sind, oder Verordnungen, die unmittelbar für alle Mitgliedsstaaten gelten (z. B. die im letzten Jahr heftig diskutierte Datenschutz-Grundverordnung DSGVO)