Florian Solich - Steuerberater, Master of Arts (Taxation), M.A.
Gesetzesänderungen in der Einkommensteuer
Steuerbefreiung für kleine Photovoltaikanlagen (§ 3 Nr. 72 EStG)
Die maximal zulässige Bruttoleistung von 30 kWp je Wohn- und Gewerbeeinheit wird für alle Gebäudearten vereinheitlicht.
Bisher lag die maximal zulässige Bruttoleistung für bestimmte Gebäudetypen bei maximal 15 kWp.
Die Maximalgrenze von 100 kWp pro Steuerpflichtigen und Mitunternehmerschaft bleibt bestehen.
Zusätzlich wird gesetzlich klargestellt, dass es sich bei der Steuerbefreiung von Photovoltaikanlagen nicht um einen Freibetrag, sondern um eine Freigrenze handelt.
Die Regelung gilt erstmals für Anlagen, die nach dem 31.12.2024 angeschafft, in Betrieb genommen oder erweitert wurden.
Änderungen in der Steuerentstrickung (§ 4g EStG)
Aufgrund der Neufassung des § 4g Abs. 1 S. 4 EStG sind die Regelungen zur Bildung und Auflösung eines Ausgleichspostens anzuwenden, wenn durch einen Umwandlungsvorgang zu einer Beschränkung oder Verlustes des Besteuerungsrechts für die Bundesrepublik Deutschland kommt und eine Zwangsaufdeckung stiller Reserven erfolgt.
Die Regelung ist in allen offenen Fällen anzuwenden.
Erweiterung des Datensatzes in der E-Bilanz (§ 5b EStG)
Der Pflichtdatenbestand bei Übermittlung der E-Bilanz wird um den Kontennachweis und das Anlagenverzeichnis erweitert. Dadurch soll eine Lücke der bislang unvollständigen elektronischen Übermittlungspflicht geschlossen werden.
Die Übermittlungspflicht des Anlagenspiegels wird in § 5b Abs. 1 EStG aufgenommen und gilt damit auch für die Steuerbilanz.
Anhang, Lage- und Prüfungsbericht sowie Verzeichnisse i. S. d. § 5 Abs. 1 S. 2 EStG, § 5a Abs. 4 EStG sind als weitere Pflichtbestandteile vorgesehen.
Eine (vollständige [Anm. d. Verf.]) Pflicht zur Übermittlung des Kontennachweises gilt für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2024 beginnen.
Weitere Übermittlungspflichten folgen für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2027 beginnen.
Buchwertübertragung bei beteiligungsidentischen Personengesellschaften (§ 6 Abs. 5 EStG)
§ 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 4 EStG soll die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaftern zum Buchwert ermöglichen.
Mit dieser Regelung wird die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts vom 28.11.2023 (BvL 8/13) umgesetzt werden.
In der Gesetzesbegründung wird eine Beteiligungsidentität ausgeschlossen, wenn unmittelbar oder mittelbar und zivilrechtlich oder nur wirtschaftlich eine natürliche Person oder eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse nur an einer der beiden Mitunternehmerschaften beteiligt ist.
Null-Prozent-Beteiligungen, z. B. eine Komplementär-GmbH gelten als unschädlich.
Zusätzlich liegt eine unmittelbare oder mittelbare Begründung oder Erhöhung eines Anteils einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse an dem übertragenen Wirtschaftsgut auch vor, wenn dieser Anteil an die Stelle eines unmittelbaren oder mittelbaren Anteils einer anderen Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse tritt.
Die Neuregelung gilt in allen offenen Fällen.
Bei Übertragungen vor dem 12.01.2024 kann aus Vertrauensschutzgründen auf die Anwendung § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 4 EStG verwiesen werden, wenn die an beiden Mitunternehmerschaften beteiligten Mitunternehmer dies auch gemeinsam beantragen.
Änderung in Gebäudeabschreibung (§ 7a Abs. 9 EStG)
§ 7a Abs. 9 EStG wird an den durch das Wachstumschancengesetz neu gefassten § 7 Abs. 5a EStG angepasst.
Der Gesetzgeber stellt nunmehr klar, dass sich nach Ablauf des maßgebenden Begünstigungszeitraums einer Sonderabschreibung (z. B. § 7b EStG) die weiteren Abschreibungen auch nach dem Restwert und dem nach § 7 Abs. 5a EStG maßgebenden Prozentsatz bemessen kann.
Voraussetzung dafür ist, dass der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut auch vor Ablauf des Begünstigungszeitraums der Sonderabschreibung bereits degressiv nach § 7 Abs. 5a EStG abgeschrieben hat.
Die Regelung gilt rückwirkend für das Veranlagungsjahr 2023.
Anpassung von Kinderbetreuungskosten (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG)
Die derzeitige Rechtslage für die Abziehbarkeit von Kinderbetreuungskosten sieht eine Beschränkung auf zwei Drittel der geleisteten Aufwendungen, bis max. 4.000 EUR je Kind vor.
Zukünftig beträgt die maximal zulässige Abziehbarkeit 80% der Aufwendungen, maximal 4.800 EUR je Kind.
Die Regelung gilt ab 2025.
Vorsorgeaufwendungen im Rahmen des Sonderausgabenabzugs (§ 10 Abs. 2b S. 2, S. 3 EStG)
Bonuszahlungen i. S. d. § 65a SGB V, die bis zu einer Höhe von 150 EUR pro Versicherten und Beitragsjahr ausgezahlt werden, gelten nicht als Beitragserstattung. Für Auszahlungssummen bis 150 EUR gilt damit eine Freigrenze. Ein übersteigender Auszahlungsbetrag gilt stets als Beitragserstattung.
Dem Steuerpflichtigen wird aber eine Nachweismöglichkeit gewährt, dass Bonuszahlungen in Höhe des übersteigenden Auszahlungsbetrags nicht als Beitragserstattung zu qualifizieren sind.
Bis zum 31.12.2024 kann aus Vereinfachungsgründen die Verwaltungsregelung gem. BMF-Schreiben vom 16.01.2021, BStBl. I 2022 S. 155 und BMF-Schreiben vom 07.10.2022, BStBl. I 2022, S. 1437 angewendet werden.
Ab 2025 ist gilt dann die neu gefasste Gesetzesregelung.
Vermögensbeteiligung an Arbeitnehmer (§ 19a EStG)
§ 19a EStG wird im Anwendungsbereich der Steuervergünstigung erweitert, dass auch Übertragungen von Anteilen an Konzernunternehmen möglich werden.
Damit können nicht nur Vermögensbeteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers als geldwerter Vorteil aufgeschoben besteuert werden, sondern auch Anteile an verbundenen Unternehmen.
Der Anteil am Konzernunternehmen kann jedoch nur dann steuerbegünstigt übertragen werden, wenn die Schwellenwerte des § 19a Abs. 3 EStG in Bezug auf die Gesamtheit aller Konzernunternehmen nicht überschritten werden und die Gründung keines Konzernunternehmens mehr als 20 Jahre zurückliegt.
Entgelt von Dritten (§ 20 Abs. 3 S. 2 EStG)
Mit der Neufassung des § 20 Abs. 3 S. 2 EStG liegen auch besondere Entgelte oder Vorteile vor, wenn Bestandsprovisionen, Verwaltungsentgelte oder sonstige Aufwendungen durch den Schuldner der Kapitalerträge nach Absatz 1 oder Absatz 2 durch einen Dritten erstattet werden.
Die Neuregelung gilt ab dem Tag der Gesetzesverkündung.
Verlustverrechnung (§ 20 Abs. 6 S. 5, S. 6 EStG)
Um der Abgeltungssteuer und dessen grundsätzlichem Vereinfachungsprinzip wieder näher zu kommen, wird der gesonderte Verlustverrechnungskreis des § 20 Abs. 6 S. 5 und S. 6 EStG für Termingeschäfte sowie die betragsmäßige Beschränkung der Verrechnung von Verlusten aus Forderungsausfällen gestrichen.
Damit soll auch den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Verlustverrechnungsbeschränkung entgegengewirkt werden (BFH-Beschluss vom 07.06.2024, VIII B 113/23).
Die Neuregelung gilt in allen offenen Fällen.
Hinzuweisen ist, dass es für den Kapitalertragssteuerabzug nicht beanstandet wird, wenn eine IT-technische Umsetzung bei den jeweiligen Kreditinstituten erst ab dem 01.01.2026 erfolgt.
Abfrage von steuerlichen Identifikationsnummern (§ 22a Abs. 2 S. 10, S. 12 EStG)
Mit Wirkung zum 01.01.2027 wird eine vorzeitige Befugnis für die Abfrage der steuerlichen Identifikationsnummer durch mitteilungspflichtige Stellen nach § 139b AO geschaffen, wenn die Erhebung der Identifikationsnummer zur Durchführung des Rentenübersichtsgesetzes erforderlich ist.
Gesamtheitsgemeinschaften bei privaten Veräußerungen (§ 23 Abs. 1 S. 4 EStG)
Für alle offenen Fälle wird in § 23 EStG klargestellt, dass die Anschaffung und Veräußerung von Anteilen an Gesamthandsgemeinschaften (insbesondere Anteile an Erbengemeinschaften) der Anschaffung und Veräußerung der zur Gesamthand gehörenden Wirtschaftsgüter gleichgestellt wird.
Abzug von Unterhaltszahlungen (§ 33a Abs. 1 S. 12 EStG)
Ein Abzug von Unterhaltsaufwendungen in Form von Geldzuwendungen ist ab dem Veranlagungsjahr 2025 nur möglich, wenn die Geldzuwendung durch Banküberweisung erfolgt ist.
Nachweiserleichterungen sind möglich. Bspw. kann aus allgemeinen Billigkeitsgründen bei Vorliegen besonderer Verhältnisse (z. B. Krieg) im Wohnsitzstaat der unterhaltenen Person aufgrund einer darauf beruhenden Verwaltungsregelung gewährt werden.
Haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, Dienst- und Handwerkerleistungen (§ 35a Abs. 5 S. 3 EStG)
Steuerermäßigungen nach § 35a Abs. 5 S. 3 EStG sind ab 2025 zulässig, wenn eine Rechnung vorliegt und die Zahlung auf das Konto des Leistenden erfolgt ist.
Aus dem bisherigen Gesetzeswortlaut des § 35a Abs. 5 S. 3 EStG ging dies laut Auffassung des BFH für Pflege- und Betreuungsleistungen nicht eindeutig hervor (BFH-Urteil vom 12.04.2022, VI R 2/20).
Freibeträge in der Lohnsteuer (§ 39a Abs. 1 EStG)
Zukünftig erlaubt § 39a Abs. 1 Nr. 9 EStG ab dem Tag der Trennung bei dauernd Getrenntlebenden Ehegatten und Lebenspartnern, dass der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zeitanteilig als Freibetrag im Lohnsteuerabzugsverfahren eingetragen werden kann.
Die übrigen Voraussetzungen des § 24b EStG sind weiter maßgebend.
Damit werden die Vorgaben des BFH-Urteils vom 28.10.2021, III R 17/20 umgesetzt und gesetzlich geregelt.
Die Normierung gilt ab dem Tag der Gesetzesverkündung.
Steuerabzug bei Bauleistungen (§ 48c EStG)
Die Erstattung der Bauabzugssteuer ist nun verbindlich in elektronischer Form zu beantragen. Dies gilt nicht, wenn es sich um einen Härtefall handelt und die elektronische Antragsstellung für den Steuerpflichtigen eine unbillige Härte darstellen würde.
Die Neuregelung gilt erstmals ab dem 01.01.2026.
Beschränkt steuerpflichtige Einkünfte (§ 49 EStG)
Als inländische Einkünfte i. S. d. beschränkten Steuerpflicht gelten auch Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, die für Zeiten der widerruflichen oder unwiderruflichen Arbeitsfreistellung im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt werden, soweit ohne die Freistellung die Arbeit während dieser Zeiten im Inland ausgeübt worden wäre (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 f) EStG).
Mit dieser Regelung sollen auch diejenigen Einkünfte von Arbeitnehmern erfasst werden, die in Deutschland weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, zukünftig einer beschränkten Steuerpflicht unterliegen, soweit Deutschland entsprechend dem internationalen Verständnis ein Besteuerungsrecht an den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit in der Freistellungsphase vor Beendigung eines Arbeitsverhältnisses zusteht, weil die Arbeit während dieser Zeit ohne die Freistellung in Deutschland ausgeübt worden wäre.
Elektronischer Antrag auf Kindergeld (§ 67 S. 1 EStG)
Zukünftig soll die elektronische Antragsstellung für Kindergeld zum Regelfall werden.
Die Antragsstellung erfolgt nach einem amtlich vorgeschriebenem Datensatz über eine amtlich vorgeschriebene Schnittstelle erfolgen. Eine einfache E-Mail ist ausgeschlossen.
Eine Antragsstellung soll zunächst aber weiterhin in Papierform zulässig sein.
Dies gilt für Anträge, die nach dem Tag der Gesetzesverkündung eingehen.
Behinderten-Pauschbetrag (§ 64 Abs. 3, Abs. 3a EStDV)
Die Gewährung des Behinderten-Pauschbetrags wird bei Neufeststellungen davon abhängig gemacht, ob die Feststellung einer Behinderung per elektronischer Datenübermittlung durch die festzustellende Behörde an die Finanzverwaltung bekannt gegeben wurde.
Selbiges gilt auch, wenn sich die Feststellung einer (bestehenden) Behinderung geändert hat.
Die Neuregelung gilt erstmals ab dem 01.01.2026.