Florian Solich - Steuerberater, Master of Arts (Taxation), M.A.
Definition und Abgrenzung
Die Unterscheidung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel ist von entscheidender Bedeutung, da sie erhebliche steuerliche Folgen hat.
Grundsätzlich liegt ein gewerblicher Grundstückshandel vor, wenn die Häufigkeit, die Art der Geschäftstätigkeit und die Intention der Veräußerung über das bloße Halten und Nutzen von Immobilien als Kapitalanlage hinausgehen.
Die Drei-Objekt-Grenze
Ein zentraler Prüfstein zur Abgrenzung ist die sog. Drei-Objekt-Grenze. Diese besagt, dass ein gewerblicher Grundstückshandel i. d. R. angenommen wird, wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als drei Objekte veräußert werden.
Dabei gilt:
- Ein Objekt kann ein bebautes oder unbebautes Grundstück sein.
- Die Grenze ist nicht absolut: Auch unterhalb dieser Schwelle kann ein gewerblicher Handel vorliegen, wenn weitere Indizien für eine gewerbliche Tätigkeit sprechen.
- Eine Veräußerung von mehr als drei Objekten in kurzer Zeit führt nicht zwangsläufig zu einer gewerblichen Einstufung, wenn eine private Vermögensverwaltung nachweisbar ist.
Darüber hinaus gilt auch die Einbringung eines Grundstücks in das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft als Veräußerung.
Davon inkludiert ist auch die Einbringung eines Grundstücks in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen.
Weitere Faktoren, die für die gewerbliche Einstufung herangezogen werden können, sind unter anderem:
- Der zeitliche Abstand zwischen Erwerb und Verkauf,
- die Finanzierung der Objekte (kurzfristige Kredite deuten auf gewerbliche Absichten hin),
- die Nutzung der Immobilien vor dem Verkauf (Vermietung oder kurzfristiger Weiterverkauf) sowie
- die Häufigkeit und Regelmäßigkeit der Veräußerungen.
Steuerliche Folgen des gewerblichen Grundstückshandels
Für Immobilieninvestoren kann die Einordnung als gewerblicher Grundstückshandel erhebliche steuerliche Auswirkungen haben. Die wichtigsten Steuerarten, die hierbei relevant sind, werden nachfolgend dargestellt.
Einkommensteuer
Gewinne aus dem gewerblichen Grundstückshandel gelten als Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG, Subsidaritätsprinzip). Das bedeutet:
- Der Gewinn wird mit dem individuellen Einkommensteuersatz des Steuerpflichtigen besteuert,
- es besteht eine Verpflichtung zur Buchführung,
- Abschreibungen und Sonderabschreibungen können nicht in Anspruch genommen werden,
- die Veräußerungsgewinne sind stets steuerpflichtig. Die zehnjährige Spekulationsfrist gilt nicht mehr.
- Die Gewinne aus der Grundstücksveräußerung sind regelmäßig nicht begünstigter laufender Gewinn.
Gewerbesteuer
Eine weitere steuerliche Belastung ergibt sich durch die Gewerbesteuerpflicht. Da gewerblicher Grundstückshandel als gewerbliche Tätigkeit gilt, fällt Gewerbesteuer an. Wichtige Punkte hierbei sind:
- Die Gewerbesteuerpflicht entsteht unabhängig von einer klassischen betrieblichen Infrastruktur.
- Die Höhe der Gewerbesteuer variiert je nach Hebesatz der jeweiligen Gemeinde.
- Eine Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer ist nur bis zu einem gewissen Umfang möglich. I. d. R. ist das Anrechnungspotential auf die Einkommensteuer von der Höhe des Gewerbesteuer-Hebesatzes der Gemeinde abhängig.
Umsatzsteuer
Grundstücksveräußerungen sind grundsätzlich umsatzsteuerfrei (§ 4 Nr. 9a UStG). Allerdings gibt es folgende Ausnahmen und Gestaltungsmöglichkeiten:
- Der Verkäufer kann zur Umsatzsteuerpflicht optieren, um den Vorsteuerabzug für in Anspruch genommene Leistungen (z. B. Baukosten) zu erhalten (§ 9 Abs. 1 und 3 UStG).
- Bei gewerblichen Immobilienprojekten kann eine Umsatzsteuerpflicht entstehen, wenn Bauleistungen bezogen und die Immobilie dann kurzfristig verkauft wird.
Bilanzielle Auswirkungen
Grundstücke im gewerblichen Grundstückshandel gelten steuerlich als Umlaufvermögen und nicht als Anlagevermögen. Dies hat u. a. folgende Konsequenzen:
- In den Fällen des Erwerbs für den gewerblichen Grundstückshandel sind die Grundstücke mit den Anschaffungskosten im Betriebsvermögen zu bewerten,
- im Fall der Einlage in das Betriebsvermögen erfolgt die Zugangsbewertung nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. Nr. 5 EStG,
- die Aufdeckung der stillen Reserven erfolgt vollumfänglich im Zeitpunkt des Verkaufs.
Besondere Fallkonstellationen
Eigennutzung und Verpachtung
Wenn eine Immobilie vor dem Verkauf selbst genutzt oder langfristig vermietet wird, kann dies gegen eine gewerbliche Einstufung sprechen. Allerdings muss der Steuerpflichtige nachweisen, dass von Beginn an keine Veräußerungsabsicht bestand.
Erbschaften und Schenkungen
Bei geerbten oder geschenkten Immobilien wird die Besitzzeit des Erblassers oder Schenkers berücksichtigt. Die Drei-Objekt-Grenze kann dadurch anders bewertet werden.
Beispiel
Sachverhalt:
V erwirbt im Jahr 01 vier Eigentumswohnungen E1, E2, E3 und E4.
Im Jahr 03 veräußert er die Eigentumswohnungen E1, E 2 und E3. Die Eigentumswohnung E4 überträgt er im Wege der vorweggenommenen Erbfolge im Jahr 03 auf seinen Sohn S. S hat im Jahr 02 die Reihenhäuser R1, R2 und R3 erworben. Im Jahr 04 veräußert S die Reihenhäuser und die Eigentumswohnung E4.
Lösung:
Die Veräußerung der Eigentumswohnung E4 innerhalb des zeitlichen Zusammenhangs durch S führt bei V zur Annahme eines gewerblichen Grundstückhandels. Der Gewinn aus der Veräußerung der Eigentumswohnung E1 bis E3 ist bei V steuerpflichtig.
Bei S ist der Gewinn aus der Veräußerung der Eigentumswohnung E4 steuerpflichtig. Auch aus der Veräußerung drei Objekte R1, R2 und R3 erzielt er Einkünfte aus einem gewerblichen Grundstückshandel, weil die Veräußerung der Eigentumswohnung E4 als sog. Zählobjekt mitzuzählen ist.
Verkauf an nahe Angehörige
Verkäufe innerhalb der Familie oder an nahe Angehörige können ebenfalls als gewerblicher Grundstückshandel gewertet werden, insbesondere wenn es sich um eine gezielte Umgehungsstrategie handelt.
Fazit
Der gewerbliche Grundstückshandel ist ein vielschichtiges und steuerlich anspruchsvolles Thema. Die steuerlichen Belastungen können erheblich sein, weshalb Investoren und Immobilienbesitzer sorgfältig prüfen sollten, ob ihre Transaktionen als gewerblicher Grundstückshandel einzustufen sind.
Eine frühzeitige steuerliche Beratung ist empfehlenswert, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden und eine optimale Steuerstrategie zu entwickeln.
Hinweis
Eine ausführliche Darstellung zum gewerblichen Grundstückshandel zzgl. eines Prüfschemas ist im BMF-Schreiben vom 26.03.2004 zu finden.
Quelle:
- BMF-Schreiben vom 26.03.2004