von Florian Solich - Steuerberater, Master of Arts (Taxation), M.A.
Geplante Gesetzesänderungen in der Einkommensteuer
Steuerbefreiung kleiner Photovoltaikanlagen (§ 3 Nr. 72 EStG)
Die maximale Einspeiseleistung kleiner Photovoltaikanlagen wird erhöht.
Dafür soll die bisher zulässige Leistungshöchstgrenze von 15 KWp auf 30 KWp je Wohn- oder Gewerbeeinheit erhöht werden.
Ziel dieser steuerlichen Erleichterung ist folgende Klarstellung:
- Es handelt sich bei dieser Steuerbefreiungsvorschrift um eine Freigrenze und nicht um einen Freibetrag.
- Gebäude mit mehreren Gewerbe- aber ohne Wohneinheiten und PV-Anlagen bis zu 30 KWp je Gewerbeeinheit sollen begünstigt werden.
Diese Vorschrift gilt für Anlagen, die nach dem 31.12.2024 angeschafft, in Betrieb genommen oder erweitert werden.
Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften (§ 6 Abs. 5 EStG)
Die Neuregelung des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 4 EStG beruht auf dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28.11.2023 (Az. BvL 8/13).
Zukünftig soll es möglich sein, Wirtschaftsgüter zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften zum Buchwert übertragen zu können. Die bisherige Gesetzeslage und Rechtsprechung hatte solche Übertragungsmöglichkeiten von Wirtschaftsgütern ausgeschlossen.
Hinweis
Abzuwarten bleibt, was die neue Gesetzesnorm des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 4 EStG unter einer beteiligungsidentischen Personengesellschaft verstehen wird. Erste Tendenzen dazu sind im Entwurf des Jahressteuergesetzes 2024 mit Stand vom 05.06.2024 einzusehen.
Für Übertragungen bis zum 12.01.2024 gewährt der Gesetzgeber Vertrauensschutz.
§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 4 EStG gilt in allen offenen Fällen.
Ausgleichsposten bei Steuerentstrickungen (§ 4g EStG)
Mit Einführung der Neufassung des § 4g Abs. 1 Satz 4 EStG soll die Regelung zur Bildung und Auflösung eines steuerlichen Ausgleichspostens in allen offenen Fällen anwendbar sein. Auslösender Tatbestand muss ein Umwandlungsvorgang sein, aus dem eine Aufdeckung stiller Reserven erfolgt.
Stille Reserven sind aufzudecken, wenn es zu einer Beschränkung oder Ausschlusses des Besteuerungsrechts für die Bundesrepublik Deutschland kommt.
Bemessungsgrundlage von Gebäudeabschreibungen (§ 7a Abs. 9 EStG)
§ 7a Abs. 9 EStG hat eine klarstellende Funktion. Ziel dieser Norm ist es, die Bemessungsgrundlage für weitere Abschreibungen des durch das Wachstumschancengesetz eingeführten § 7 Abs. 5a EStG zu definieren.
Die weitere Gebäudeabschreibung bemisst sich nach Ablauf des maßgebenden Begünstigungszeitraums einer Sonderabschreibung (z.B. Sonderabschreibungen für Wohnungsneubau gem. § 7b EStG) vom Restwert des Gebäudes und dem nach § 7 Abs. 5a EStG maßgebenden Prozentsatzes.
Voraussetzung dafür ist, dass der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut auch vor Ablauf des Begünstigungszeitraums der Sonderabschreibung bereits degressiv abgeschrieben hat.
§ 7a Abs. 9 EStG gilt ab dem 01.01.2023.
Sonderausgabenabzug von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 2 EStG)
Gehen Vorsorgeaufwendungen mit steuerfreien Einnahmen einher, ist ein Sonderausgabenabzug i. S. d. § 10 EStG ausgeschlossen (Grundsatz).
Aus unionsrechtlichen Gründen soll nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG eine Ausnahme gemacht werden.
Ein Sonderausgabenabzug ist wiederrum zulässig, soweit die Vorsorgeaufwendungen mit in der EU/EWR oder der Schweiz erzielten Einnahmen aus nichtselbstständiger Tätigkeit (§ 19 EStG) in direktem Zusammenhang stehen. Diese Einnahmen müssen nach einem DBA im Inland steuerfrei sein, zugleich darf der Beschäftigungsstaat keine Berücksichtigung der Vorsorgeaufwendungen zulassen.
Die Anwendbarkeit ist in allen offenen Fällen möglich.
Hinweis
Weitere Gesetzesänderungen im Bereich des Sonderausgabenabzugs von Vorsorgeaufwendungen sind für § 10 Abs. 2b Satz 2 und 3 EStG vorgesehen.
Vermögensbeteiligung von Arbeitnehmern (§ 19a EStG)
Der Anwendungsbereich des § 19a EStG wird auf die Übertragung von Anteilen an Konzernunternehmen erweitert. In Folge sollen zukünftig nicht mehr ausschließlich geldwerte Vorteile aus Vermögensbeteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers aufschiebend besteuert werden, sondern auch Anteile an verbundenen Unternehmen.
Die Anteilsübertragung an einem Konzernunternehmen soll begünstigt übertragen werden können, wenn die Schwellenwerte des § 19a Abs. 3 EStG in Bezug auf die Gesamtheit aller Konzernunternehmen nicht überschritten werden und die Gründung des Konzernunternehmens mehr als 20 Jahre zurückliegt.
Diese Regelung soll ab 01.01.2024 gelten.
Hinweis
Das Instrument des § 19a EStG ist u.a. für die Vermögens- und Unternehmensnachfolge geeignet.
Für die Anwendung der aktuellen Gesetzeslage zu § 19a EStG sollte das BMF-Schreiben vom 01.06.2024 (IV C 5 – S 2347/24/10001 :001, BStBl I S. 2308) beachtet werden.
Lohnsteuerfreibetrag – Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 39a Abs. 1 EStG)
Sind die übrigen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende i. S. d. § 24b EStG erfüllt, kann zukünftig der Entlastungsbetrag für Alleinziehende bei dauernd getrenntlebenden Ehe- und Lebenspartnern ab dem Tag der Trennung ein Freibetrag im Lohnsteuerabzugsverfahren ausgeschöpft werden.
Diese Neuregelung ist auf das BFH-Urteil vom 28.10.2021, III R 17/20, BStBl 2022 II S. 797 zurückzuführen.
Pauschalbesteuerung von Mobilitätsbudgets (§ 40 Abs. 2 Nr. 8 EStG)
Neu ist der Begriff des Mobilitätsbudget. Darunter gilt das vom Arbeitgeber oder auf seine Veranlassung von einem Dritten zur Verfügung gestellte Angebot zur Nutzung von Mobilitätsleistungen. Die Wahl des Verkehrsmittels ist unabhängig.
Ziel des Gesetzgebers ist der Ausbau bzw. Erweiterung von Pauschalierungsmöglichkeiten zur Nutzung neuer, moderner Fortbewegungsmöglichkeiten.
Folgende Eckdaten sind zu beachten:
- Arbeitgeber dürfen die Lohnsteuer für die außerdienstliche Nutzung von Mobilitätsleistungen in Form eines Sachbezugs oder Zuschusses pauschal mit 25% besteuern.
- Das zugesprochene Mobilitätsbudget muss zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. § 8 Abs. 4 EStG gilt.
- Die Möglichkeiten einer Pauschalbesteuerung wird auf 2.400 EUR begrenzt.
- Die dauerhafte und nicht nur gelegentliche Möglichkeit zur Nutzung von Kraftfahrzeugen ist ausgeschlossen. Die kurzfristige, gelegentliche und bedarfsgerechte Bereitstellung von Mobilität wird beabsichtigt.
- Die Erstattung von Einzelkosten ist ausgeschlossen. Der gesetzliche Wille bedingt die Nutzung einer Mobilitätsvariante. Begünstigt ist wiederum der Sachbezug und Zuschuss, die einem Arbeitnehmer die Nutzung von Mobilitätsleistungen für eine individuellen Fortbewegung im außerdienstlichen Bereich ermöglichen.
- Als Bemessungsgrundlage gelten die Aufwendungen des Arbeitgebers (einschließlich Umsatzsteuer). Nicht steuerbare oder steuerfreie Arbeitgeberleistungen (z. B. das Job-Ticket, Überlassung eines betrieblichen Fahrrades) sind nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.
- Eine Pauschalierung gem. § 40 Abs. 2 Nr. 8 EStG ist zulässig, wenn nicht bereits eine Pauschalbesteuerung des Sachbezugs oder Zuschusses gem. § 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EStG erfolgt. Beide Normen stehen alternativ zueinander.
- Erfolgt eine Pauschalbesteuerung gem. § 40 Abs. 2 Nr. 8 EStG ist § 37b EStG ausgeschlossen.
Pauschalierungswahlrechte in der Lohnsteuer (§ 40 Abs. 4 EStG)
§ 40 Abs. 4 EStG ist Ausfluss des BFH-Urteils vom 01.09.2021 (VI R 38/19, BFH/NV 2022 S. 321).
Lohnsteuerliche Pauschalierungswahlrechte sollen grundsätzlich durch die Übermittlung bzw. Abgabe einer Lohnsteuer-Anmeldung erfolgen.
Abweichend davon sollen Arbeitgeber für einen Prüfungszeitraum einer Lohnsteuer-Außenprüfung das Pauschalierungswahlrecht auch durch schriftliche oder elektronische Erklärung gegenüber dem Betriebsstättenfinanzamt ausüben können.
Eine solche Erklärung ist spätestens bis zur Bestandskraft der durch die Lohnsteuer-Außenprüfung erlassenen Steuerbescheide abzugeben. Die pauschale Lohnsteuer wird vom Betriebsstättenfinanzamt durch Erlass eines Steuerbescheids festgesetzt.
Änderungen in der Bauabzugssteuer (§ 48c EStG)
Ab 01.01.2026 soll die elektronische Antragsstellung für die Erstattung der Bauabzugssteuer eingeführt werden.
Härtefälle sind hiervon ausgenommen. In solchen Fällen soll es zu keinen Abweichungen vom bisherigen Beantragungsverfahren kommen.
Bezug von Einkünften bei beschränkter Steuerpflicht (§ 49 EStG)
§ 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG soll um den Buchstaben f) erweitert werden.
Inhalt ist, dass als inländische Einkünfte auch Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit für die Zeiten der widerruflichen und unwiderruflichen Arbeitsfreistellung im Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gelten, soweit ohne die Freistellung die Arbeit während dieser Zeiten im Inland ausgeübt worden wäre.
Dadurch sollen bisher nicht bloß von § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG erfasste Einkünfte von Arbeitnehmern, die in Deutschland weder ihren Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt haben, zukünftig einer beschränkten Steuerpflicht unterliegen, wenn dem Inlandsstaat (Deutschland) ein Besteuerungsrecht an den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit in der Freistellungsphase vor Beendigung eines Arbeitsverhältnisses zusteht.
Grundgedanke zur Anknüpfung an das Besteuerungsrecht ist, dass die Arbeit während der Freistellungszeit auch ohne Freistellungsphase im Inland (Deutschland) ausgeübt worden wäre. Per Gesetz besteht damit schon ein Besteuerungsrecht durch den aktiven Bezug von Einkünften i. S. d. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG.
Hinweis
Auf die geplanten Gesetzesänderungen im Jahressteuergesetz 2024 zu den übrigen Steuerarten wird in nachfolgenden Beiträgen gesondert eingegangen.
Quellen:
- BMF-Referentenentwurf zum JStG 2024 vom 17.05.2024
- Regierungsentwurf zum JStG 2024 vom 05.06.2024