Florian Solich - Steuerberater, Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.), Master of Arts (Taxation), M.A.
Leitsätze
Überträgt ein Ehegatte unentgeltlich das Familienheim auf eine GbR, an der beide Ehegatten zu gleichen Teilen beteiligt sind, ist der andere Ehegatte in Höhe des hälftigen Werts des Familienheims schenkungssteuerrechtlich bereichert.
Auch der Erwerb von Gesamthandseigentum an einem Familienheim wird von der Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a S. 1 ErbStG erfasst.
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 21.06.2023, 4 K 1639/21 wird als unbegründet zurückgewiesen.
(…)
Tatbestand
A (Kläger) und dessen Ehefrau (B) waren zu je 50 % Gesellschafter eine GbR [vor MoPeG, Anm. d. Verf.]. Die Gesellschaft entstand mittels notarieller Beurkundung am 06.08.2020. In derselben notariellen Urkunde vereinbarten A und B, dass das im Alleineigentum der B stehende und von den Eheleuten zu eigenen Wohnzwecken genutzte Grundstück in das Gesellschaftsvermögen der GbR übertragen wird. Die hierdurch zugunsten des A bewirkte Bereicherung an dem Grundstück bezeichneten die Vertragsschließenden als unentgeltliche ehebedingte Zuwendung von B an A.
Die zu diesem Vorgang vorgesehene Schenkungssteuererklärung wurde am 20.01.2021 erstellt. A gab den auf ihn entfallenen hälftigen Gebäudeanteil mit einem Wert von 1,8 Mio. EUR an und beantragte zugleich die Steuerbefreiung für ein Familienheim nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG.
Mit Schenkungssteuerbescheid vom 02.02.2021 setzte das Finanzamt (Beklagte) die Schenkungssteuer mit 274.000 EUR fest. Als Wert der Bereicherung legte das Finanzamt den erklärten Betrag i. H. v. 1,8 Mio. EUR zugrunde. Die Steuerbefreiung für ein Familienheim sah das Finanzamt wegen der Übertragung des Eigentums an dem Grundstück auf die GbR für nicht anwendbar an.
Der daraufhin eingelegte Einspruch des A wurde mit Einspruchsentscheidung vom 25.06.2021 als unbegründet zurückgewiesen.
A klagte daraufhin vor dem Finanzgericht Münster. Im Verlauf des Klageverfahrens stellte das Finanzamt mit Bescheid vom 07.10.2021 den Grundbesitzwert des gesamten Grundstücks auf den Stichtag 06.08.2020 mit 3,5 Mio. EUR fest. Der Feststellungsbescheid wurde bestandskräftig. Entsprechend der Grundbesitzbewertung setzte das Finanzamt die Schenkungssteuer mit Bescheid vom 04.11.2021 um 243.656 EUR herab.
Die von A erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht stimmte den Voraussetzungen für die Anwendung des § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG zu und setzte unter Änderung des Bescheids vom 04.11.2021 die Schenkungssteuer auf 0 EUR herab. Das Finanzgericht sah es als gegeben an, dass auch der Erwerb von Gesamthandseigentum an einem Grundstück im Rahmen einer GbR von der Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG erfasst sei (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte 2023, S. 1411).
Das Finanzamt erhob Revision und machte die Verletzung materiellen Rechts geltend. Es führte aus, die Voraussetzungen der Steuerbefreiung seien nicht identisch mit dem Erwerb i. S. d. § 10 Abs. 1 ErbStG, sondern als eigenständige und restriktive Norm auszulegen. Der Wortlaut dieser Vorschrift verweise hinsichtlich des Grundstücksbegriffs auf § 181 Abs. 1 Nr. 1 – 5 BewG. Dieser Grundstücksbegriff umfasse nicht das in Form eines Anteils an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft übertragene Grundstück. Von der Vorschrift seien lediglich Eigentum oder Miteigentum, nicht aber Gesamthandseigentum erfasst. Der Gesellschafter einer GbR sei zwar Eigentümer des gesamten Gesellschaftsvermögens, er werde aber beschränkt durch die Eigentumsrechte der anderen Gesellschafter. Dem Gesetzgeber sei es hingegen auf ein alleiniges Verfügungsrecht des Eigentümers angekommen, sei es über das Grundstück als Ganzes (Alleineigentum) oder über einen Anteil an einem Grundstück (Miteigentum). Der Wortlaut des Eigentums oder Miteigentums erfordert eine unmittelbare Beteiligung. § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG soll die Grundexistenz der Familie verschonen. Die Einbringung eines Grundstücks in eine GbR soll hingegen einen der Ehepartner daran hindern, dass er das Grundstück allein veräußere. Dieser über die Verschonung der Grundexistenz hinausgehende Zweck sei nach Auffassung des Finanzamts von der Befreiungsvorschrift nicht umfasst
Das Finanzamt beantragt daher die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
A (Kläger) beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Gemäß § 126 Abs. 2 FGO ist die Revision unbegründet und daher zurückzuweisen.
Das Finanzgericht hat richtigerweise entschieden, dass durch die Übertragung des Familienheims auf die GbR eine Schenkung an A in Höhe des Familienheims (zu 50 %) gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfolgte. Die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG ist anwendbar.
Überträgt – wie hier – ein Ehegatte ohne Gegenleistung ein ihm gehörendes Grundstück in das Gesellschaftsvermögen einer GbR, an der beide Ehegatten zu 50 % beteiligt sind, kann eine freigiebige Zuwendung an den anderen Ehegatten in Höhe des hälftigen Grundstücksanteils vorliegen (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG).
Die eigenständige schenkungsteuerrechtliche Prüfung – unabhängig von der Frage, ob zivilrechtlich die Gesellschaft als Beschenkte anzusehen ist – ergibt, dass nicht die GbR als Gesamthand, sondern die Gesellschafter als Gesamthänder als vermögensmäßig bereichert anzusehen sind. Weiter führt der BFH aus, dass Erwerber und letztendlich auch der Steuerschuldner nicht die GbR ist, sondern der jeweilige Gesellschafter ist. Insoweit entspricht der Bedachte i. S. d. Schenkungssteuerrechts (der Gesellschafter) nicht dem Beschenkten i. S. d. Zivilrechts (u. a. BFH-Urteil vom 14.09.1994, II R 95/92, BFHE 176, 44, BStBl. II 1995, S. 81, unter II.; m. w. N.).
Danach hat die Ehefrau durch die Übertragung des Familienheims auf die GbR mit notariell beurkundetem Vertrag vom 06.08.2020 dem A in Höhe seiner hälftigen Beteiligung an der GbR unentgeltlich Eigentum an dem Grundstück verschafft und diesen schenkungssteuerrechtlich in Höhe des halben Grundstückswerts bereichert. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sind damit erfüllt.
Der Entscheidung des Finanzgerichts Münster ist auch dahingehend zuzustimmen, dass der Erwerb von Gesamthandseigentum an einem bebauten Grundstück, das als Familienheim qualifiziert ist, von der Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a S. 1 ErbStG erfasst wird.
Zwar setzt § 13 Abs. 1 Nr. 4a S. 1 ErbStG voraus, dass ein Ehegatte dem anderen Ehegatten durch Zuwendung unter Lebenden Eigentum oder Miteigentum an einem Familienheim verschafft. Der Begriff des Gesamthandseigentums wird in der Vorschrift aber nicht genannt. Jedoch kann nach Rechtsauffassung des Finanzgerichts unter dieser Steuerbefreiungsvorschrift auch die Zuwendung aufgrund der Einlage des Familienheims durch einen Ehegatten in eine GbR fallen, an der beide Ehegatten als Gesellschafter beteiligt sind.
Diesem Rechtsverständnis zu § 13 Abs. 1 Nr. 4a S. 1 ErbStG stimmt der BFH zu. Sieht man den an der GbR als Gesellschafter beteiligten Ehegatten – unabhängig von der zivilrechtlichen Betrachtung – schenkungsteuerrechtlich durch die unentgeltliche Übertragung des Familienheims in das Gesellschaftsvermögen der GbR als bereichert an, ist auch für die Frage, wem durch die Zuwendung unter Lebenden Eigentum am Familienheim verschafft wird, auf den bereicherten Ehegatten abzustellen. Das über die GbR dem Gesellschafter als Beteiligten am Gesamthandsvermögen zugerechnete Eigentum ist für die Gewährung der Steuerbefreiung ausreichend.
Eine solche Gesetzesauslegung wird auch dem Sinn und Zweck des § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG gerecht, zumal der BFH mit Urteil vom 02.03.1994, II R 59/92, BFHE 173, 432, BStBl. II 1994, S. 366 die Steuerfreiheit von ehebedingten unbenannten Zuwendungen aufgegeben hatte. Der Gesetzgeber wollte die lebzeitige Zuwendung des Familienheims aus der Besteuerung wieder herauslösen (BFH-Urteil vom 29.11.2017, II R 14/16, BFHE 260, 372, BStBl. II 2018, S. 362, Rz. 26) und stellte diese Vorgänge durch § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG steuerfrei (vgl. BT-Drucks. 13/901, S. 157).
Fazit
Der BFH zeigt mit diesem Urteil auf, dass nach diesen Grundsätzen die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG auf den von A unentgeltlich erworbenen Anteil am Familienheim Anwendung findet.
Die weiteren Voraussetzungen der Vorschrift, insbesondere die Nutzung des Familienheims zu eigenen Wohnzwecken im Zeitpunkt der Zuwendung sind unstreitig erfüllt. Die Schenkungsteuer ist danach auf 0 EUR festzusetzen.
Quelle: BFH-Urteil vom 04.06.2025, II R 18/23
