von Florian Solich - Steuerberater, Master of Arts (Taxation), M.A.
Änderungen in der Einkommensteuer
Geschenke (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG)
Die Grenze des maximal zuwendbaren Geschenkewerts innerhalb eines Kalender- bzw. Veranlagungsjahres wird von 35 EUR auf 50 EUR angehoben. Die Anhebung des Freibetrags gilt ab dem 01.01.2024.
Besteuerung von Elektro- und Hybridfahrzeugen
Für Elektro- und Hybridfahrzeuge gilt ab 01.01.2024 folgendes:
- § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 3 EStG wird dahingehend geändert, dass der Wert des Bruttolistenverkaufspreises von 60.000 EUR auf 70.000 EUR angehoben wird. Dies gilt entsprechend für die Überlassung eines betrieblichen PKW an Arbeitnehmer.
- § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 5 und Satz 3 Nr. 5 EStG wird nicht geändert. An der Mindest-Reichweite von 60 km wird festgehalten.
Einlagen von jungen Wirtschaftsgütern (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG)
Ab dem Veranlagungsjahr 2024 werden die Einlagen von jungen Wirtschaftsgütern nur dann mit dem (fortgeführten) Anschaffungs- und Herstellungskosten bewertet, wenn die Einlage vom Privat- in das Betriebsvermögen erfolgt.
Einführung der degressiven Abschreibung (§ 7 Abs. 2 EStG)
Zur Steigerung des volkswirtschaftlichen Investitionsaufkommens wird die degressive Abschreibung wieder eingeführt. Zuletzt bestand diese als Konjunkturförderer nach der Corona-Pandemie und galt für Investitionen bis zum 31.12.2022.
Nunmehr darf die degressive Abschreibung wieder für Investitionen in bewegliches Anlagevermögen genutzt, welche in der Zeit vom 31.03.2024 bis 31.12.2024 durchgeführt werden.
Als Investitionsmaßnahme gelten Anschaffungs- oder Herstellungsvorgänge.
Die degressive Abschreibung wird seiner Höhe nach gedeckelt. Sie darf das zweifache und 20% der linearen Jahresabschreibung (§ 7 Abs. 1 EStG) nicht überschreiten.
Einführung der degressiven Abschreibung im Wohnungs(neu-)bau (§ 7 Abs. 5a EStG)
Weitere steuerliche Erleichterungen werden im Bau- und Wohnungssektor eingeführt. Käufer von Wohnimmobilien können zukünftig eine degressive Abschreibung i.H.v. 5% in Anspruch nehmen. Die Abschreibung gilt nur für Wohngebäude, die vom Steuerpflichtigen hergestellt oder bis zum Jahr der Fertigstellung angeschafft worden sind.
Die Abschreibung ist zeitanteilig (pro-rata-temporis) anwendbar.
Findet die degressive Abschreibung für Wohngebäude Anwendung, darf zusätzlich keine Abschreibung für außergewöhnliche wirtschaftlichen und technischen Anliegen beansprucht werden. Zur Ausschöpfung dieser außerordentlichen Abschreibung müsste von der degressiven in die lineare Abschreibung gewechselt werden.
Die degressive Abschreibung ist nur für Wohnimmobilien zulässig, mit deren Herstellung in der Zeit vom 30.09.2023 bis 01.10.2029 begonnen wurde.
Sonderabschreibungen im Mietwohnungsneubau (§ 7b EStG)
Aufgrund der weiter steigenden Baukosten neuer Gebäude hat der Gesetzgeber die zulässige Baukostenobergrenze je Quadratmeter Wohnfläche auf 5.200 EUR angehoben. Parallel wurde die Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibung auf 4.000 EUR je Quadratmeter Wohnfläche festgesetzt.
Diese Änderungen gelten ab dem Veranlagungsjahr 2023.
Hinweis
Die Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau i.S.d. § 7b ESG ist eine eigene Abschreibungsnorm. Sie kann neben der planmäßigen Abschreibung für Gebäude in Anspruch genommen werden.
Sonderabschreibungen (§ 7g Abs. 5 EStG)
Die prozentuale Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen wird zukünftig 40% (statt bisher 20%) der geplanten Investitionskosten betragen.
Dies gilt für Anschaffungen ab dem 01.01.2024.
Anhebung des Werbungskostenpauschbetrags für Berufskraftfahrer (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5b) Satz 2 EStG)
Der Werbungskostenpauschbetrag für Berufskraftfahrer, die in den LKW-Kabinen übernachten, werden von 8 EUR auf 9 EUR (Tagespauschale) angehoben.
Die Regelung gilt ab dem 01.01.2024.
Erweiterter Abzug von Verlustvortrag (§ 10d EStG)
Für die Veranlagungsjahre 2024 bis 2027 wird die Möglichkeit des Verlustvortrags erweitert. Der Verlustvortrag wird auf 70% (bisher 60%) des Gesamtbetrags der Einkünfte des Verlustvortragsjahres beschränkt.
Diese Erweiterung des Verlustvortrags gilt für die Einkommens- und Körperschaftsteuer (nicht: Gewerbesteuer).
Ab dem Veranlagungsjahr 2028 zum geltenden Rechtsstand bis 31.12.2023 zurückgekehrt.
Neues zur Rente: Anpassung des Besteuerungsanteils (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a) Doppelbuchst. aa) Satz 3 EStG)
Das Jahressteuergesetz sieht ab 2023 eine schrittweise Anwachsung des Besteuerungsanteils der Rentenbesteuerung vor. Für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang wird der Besteuerungsanteil um 0,5% reduziert. Die Besteuerung für 2023 beträgt 82,5%.
Die Rentenvollbesteuerung wird damit ab dem Jahr 2058 eintreten.
Freigrenze im Rahmen von privaten Veräußerungsgeschäften (§ 23 EStG)
Private Veräußerungsgeschäfte rücken in Zeiten diverser Onlinehandelsplattformen immer verstärkter ins Blickfeld der Finanzverwaltung.
Die aktuelle Rechtslage (bis 31.12.2023) hat für private Veräußerungsgeschäfte eine Freigrenze von 600 EUR vorgesehen. Diese wird mit Erlass des Wachstumschancengesetzes auf 1.000 EUR erhöht. Die Freigrenze ist personenbezogen.
Die Regelung gilt ab dem 01.01.2024.
Änderungen in der Gewerbesteuer
Erweiterte Gewerbesteuerkürzung (§ 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. b) GewStG)
Weitere steuerliche Maßnahmen zur Förderung der erneuerbaren Energien wurden auch im Bereich der erweiterten Gewerbesteuerkürzung implementiert. Die Unschädlichkeitsgrenze für Grundstücksunternehmen ist auf 20% angehoben worden.
Diese Maßnahme gilt ab dem Veranlagungsjahr 2023.
Änderungen in der Körperschaftsteuer
Keine doppelten Verlustabzüge bei ertragssteuerlichen Organschaften
Die doppelte Verlustabzugsmöglichkeit bei ertragssteuerlichen Organschaften wird gestrichen. Im Inland sind damit keine negativen Einkünfte des Organträgers oder der Organgesellschaft mehr abziehbar, sofern sie im Ausland in der Besteuerung des Organträgers, der Organgesellschaft oder einer anderen steuerpflichtigen Person Berücksichtigung finden.
Ziel dieser Norm ist die Verhinderung des doppelten Verlustabzugs bei doppeltansässigen Gesellschaften, deren Verluste bisher im Im- als auch Ausland Anerkennung fanden.
Diese Einschränkung gilt ab dem Veranlagungsjahr 2024.
Unschädlichkeitsgrenze bei Wohnungsgesellschaften (§ 5 Abs. 1 Nr. 10 Satz 3 KStG)
Wohnungsgenossenschaften und -vereine erhalten auch dann die Steuerbefreiung, wenn deren übrigen Einnahmen nur aufgrund von Stromlieferungen aus Mieterstromanlagen zwar die Unschädlichkeitsgrenze von 10% der Gesamteinnahmen übersteigen, die Einnahmen aus diesen Stromlieferungen aber nicht 30% der gesamtunternehmerischen Einnahmen übersteigen.
Diese Änderung gilt auch für die Gewerbesteuer und tritt ab dem 01.01.2023 in Kraft.
Optionsmöglichkeiten zur Körperschaftbesteuerung (§ 1a KStG)
Alle Personengesellschaften haben zukünftig die Möglichkeit das Wahlrecht zur Körperschaftbesteuerung auszuüben.
Bisher oblag dieses Recht nur Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften.
Änderungen in der Umsatzsteuer
Die eRechnungen ab 01.01.2025
Die Verwendung von elektronischen Rechnungen (sog. eRechnung) ist ab 01.01.2025 im B2B-Bereich verpflichtend.
Als eRechnung gelten Datenträger, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen werden können, die eine elektronische (Daten-)Verarbeitung ermöglichen und der EU-Richtlinie 2014/55/EU entsprechen.
Rechnungen, die in einem sonstigen Datenformat (z.B. einfache PDF) oder auf Papier übermittelt werden, werden als sog. sonstige Rechnung bezeichnet.
Unklar ist derzeit, welche Rechnungsformate in welcher Situation vom Unternehmer anzuwenden sind.
Für Kleinbetragsrechnungen und Fahrausweise (§§ 33, 34 UStDV) können weiterhin alle Arten einer Rechnung verwendet werden.
Es gelten folgende Übergangsregelungen:
- Bei einem in der Zeit vom 01.01.2025 bis 31.12.2026 ausgeführten Umsatzes kann statt einer eRechnung eine sonstige Rechnung ausgestellt werden. Der Empfänger muss der Entgegennahme einer Rechnung als sonstige Rechnung zustimmen.
- Unternehmer, die einen Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr (= 2026) bis 800.000 EUR haben, erhalten zu deren Umsetzung eine weitere Fristverlängerung bis 31.12.2027.
Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen (§ 18 UStG)
Ab dem Veranlagungszeitraum 2025 sollen Unternehmer durch das Finanzamt von der Abgabepflicht einer Umsatzsteuervoranmeldung und Entrichtung einer Vorauszahlung entbunden werden, wenn die Steuer für das vorausgegangene Kalenderjahr nicht mehr als 2.000 EUR betragen hat.
Keine Umsatzsteuererklärungen mehr von Kleinunternehmern (§ 19 Abs. 1 Satz 4 UStG)
Erstmals werden ab dem Besteuerungszeitraum 2024 Kleinunternehmer zur Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung befreit. Fälle des § 18 Abs. 4a UStG sind davon ausgenommen.
Die Pflicht zur Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung bleibt bestehen, wenn das zuständige Finanzamt eine solche anfordert.
Verzicht auf Anwendung der Kleinunternehmerregelung (§ 19 Abs. 2 UStG)
Zukünftig können Unternehmer auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung bis zum zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres verzichten. Die bisherige Regelung sah vor, dass die Verzichtserklärung bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung erklärt werden kann.
Dies gilt ab dem Besteuerungszeitraum 2024.
Ist-Besteuerung (§ 20 Satz 1 Nr. 1 UStG)
Ab 2024 wird die Gesamtumsatzgrenze zur Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten (sog. Ist-Besteuerung) auf 800.000 EUR angehoben.
Analog wurde der Grenzwert hinsichtlich der steuerlichen Buchführungspflichten i.S.d. § 141 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO auf 800.000 EUR angepasst.
Änderungen in der Abgabenordnung und weiteren Steuergesetzen
Aufbewahrungsfristen bei Überschusseinkünften
Steuerpflichtige, die Überschusseinkünfte erzielen haben, sind verpflichtet die Geschäftsunterlagen 6 Jahre lang aufzubewahren. Als Tatbestandsmerkmal zur Aufbewahrungspflicht galt bisher ein Überschuss der Einkünfte von 500.000 EUR.
Dieser Grenzwert wird ab 2027 auf 750.000 EUR festgesetzt.
Hemmung der Verjährung
Mit dem Jahressteuergesetz 2022 wurde § 230 Abs. 2 AO eingeführt. Durch das Wachstumschancengesetz wird nunmehr gesetzlich kodifiziert, dass diese Norm eine Ablaufhemmung für die Verjährungsfrist regelt (analog zu § 171 AO).
Die Regelung gilt für alle Fälle, die nach dem Tag der Verkündung noch keiner Zahlungsverjährungsfrist unterliegen haben.
Hinweis
Weitere Gesetzesänderungen im Bereich der Abgabenordnung sind im Kreditzweitmarktförderungsgesetz zu finden.
Anhebung der Grenzwerte in der handelsrechtlichen Buchführungspflicht
In § 241a Satz 1 HGB wird der Schwellenwert zur Feststellung einer handelsrechtlichen Buchführungspflicht angepasst.
Für Einzelkaufleute beträgt der Grenzwert nun:
- Umsatzerlöse 800.000 EUR,
- Jahresüberschuss 80.000 EUR.
Dies gilt für alle ab dem 31.12.2023 beginnenden Geschäftsjahre.
Welchen Regelungen wurde nicht zugestimmt?
Viele Regelungen wurden im Rahmen des Jahressteuergesetztes 2024 diskutiert. Bisher wurden aber noch nicht alle gewünschten und angedachten Steuerentlastungen verabschiedet, wie z.B.:
- Einführung einer Freigrenze für Vermietung und Verpachtung i.S.d. § 3 Nr. 72 EStG,
- Verbesserung der Abschreibungen für Geringwertige Wirtschaftsgüter bis 1.000 EUR,
- Anpassung der Abziehbarkeit von Firmenfeiern bis zu einem Gesamtwert von 150 EUR,
- Anhebung der Verpflegungsmehraufwandspauschalen,
- Anhebung der steuerlichen Abziehbarkeiten für energetischen Renovierungs- und Gebäudesanierungsmaßnahmen,
- Erweiterung des Verlustrücktrags auf drei Jahre sowie die Anhebung des Höchstbetrags von 10 Mio. EUR bzw. 20 Mio. EUR,
- …
Hinweis
Weitere Ausführungen zum aktuellen Stand des Wachstumschancengesetzes sind in BT-Drucks. 87/24 einzusehen.
Es bleibt abzuwarten, ob weitere steuerliche Entlastungen mit dem bereits angekündigten „Steuersommerentlastungsgesetz 2024“ verabschiedet werden.