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Abgabenordnung | Steuerfachwirtprüfung - Anhörung Beteiligter gemäß § 91 AO

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Abgabenordnung | Steuerfachwirtprüfung

Anhörung Beteiligter gemäß § 91 AO

Anhörung Beteiligter gemäß § 91 AO

Nach Art. 103 Abs. 1 GG hat jedermann vor Gericht Anspruch auf rechtliches Gehör. Dieser Grundsatz findet seinem Wortlaut nach unmittelbare Anwendung in allen finanzgerichtlichen Verfahren und bedeutet, dass in Gerichtsverfahren Beteiligte niemals von einer Entscheidung des Gerichts negativ überrascht werden dürfen siehe hierzu § 96 Abs. 2 FGO.

Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs strahlt aber auch auf das Besteuerungsverfahren aus. Daher ist eine Vielzahl von abgabenrechtlichen Vorschriften unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs zu sehen und auszulegen.  § 91 AO trägt hierzu wesentlich bei. Im § 91 AO wird normiert, dass grundsätzlich vor jeder nachteiligen Entscheidung der Betroffene zu hören ist.

Beispiel

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Der Lehrer Hans Blau reicht die ESt-Erklärung für das Jahr 01 ein. Er beantragt unter anderem die Anerkennung von Werbungskosten in Höhe von 390 €, weil er sich ein Brockhaus-Lexikon angeschafft habe. Das Finanzamt will die Aufwendungen nicht anerkennen, weil diese zu den Kosten der Lebensführung zählten nach § 12 Nr. 1 EStG.

Ohne weitere verfahrensrechtliche Maßnahmen zu ergreifen, erlässt das Finanzamt den ESt-Bescheid. In die Erläuterungsspalte nimmt es den Vermerk auf, die Aufwendungen in Höhe von 390 € seien nicht anerkannt worden, da es sich um solche der privaten Lebensführung handle.

Aufgabe:

  1. Hat das Finanzamt einen Rechtsfehler begangen?

  2. Ergeben sich gegebenenfalls daraus rechtliche Folgen?

Lösung:

  1. Das Finanzamt hat § 91 Abs. 1 AO verletzt. Es hätte Blau vor Erlass des Steuerbescheids hören müssen. Dies gilt besonders deshalb, weil es von der ESt-Erklärung abgewichen ist siehe hierzu § 91 Abs. 1 Satz 1 AO. Der Bescheid ist daher formell rechtswidrig.

  2. Bei dem Fehler handelt es sich um einen Verfahrensfehler, der jedoch nicht zur Nichtigkeit im Sinne des § 125 Abs. 1 AO und damit zur Unwirksamkeit nach § 124 Abs. 3 AO des Verwaltungsakts führt. Der Verwaltungsakt ist allerdings formell rechtswidrig. Dieser Fehler ist aber nach § 126 Abs. 1 Nr. 3 AO heilbar.

Eine Heilung ist möglich bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz vor dem Finanzgericht nach § 126 Abs. 2 AO. Blau hätte in diesem Fall die Möglichkeit, Einspruch gegen den ESt-Bescheid einzulegen nach § 347 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO. In dem nunmehr folgenden Einspruchsverfahren siehe hierzu § 367 Abs. 2 AO kann dieser Fehler geheilt werden siehe hierzu auch AEAO Nr. 2 zu § 91.

Gibt sich Blau mit dem Text in der Erläuterungsspalte zufrieden und greift den Bescheid nicht an, so bleibt der Fehler in dem bestandskräftigen Bescheid enthalten.