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Abgabenordnung | Steuerfachwirtprüfung - Aufhebung oder Änderung gem. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO

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Aufhebung oder Änderung gem. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO

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Aufhebung oder Änderung gem. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO

Vorbemerkungen

In diesem Video wird die Änderung von Steuerbescheiden bei rückwirkenden Ereignissen nach § 175 AO behandelt

 

§ 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO ist eine in der Anwendung nicht zu unterschätzende Vorschrift. Sie setzt voraus, dass das FA ursprünglich einen richtigen Sachverhalt veranlagt hat, später aber durch den Eintritt eines Ereignisses die Voraussetzungen eines Tatbestandsmerkmals mit Rückwirkung eingetreten oder weggefallen sind. Bedingungen haben sich also mit Wirkung für die Vergangenheit geändert.

Hinweis

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Insofern unterscheidet sich diese Vorschrift grundlegend von § 173 AO, bei dessen Vorliegen das FA einen falschen Sachverhalt veranlagt hat, weil es den richtigen nicht kannte.

Der Bescheid ist im Falle des § 173 AO im Zeitpunkt des Erlasses bereits rechtswidrig. Im Falle des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO ist der Bescheid zunächst rechtmäßig und wird erst durch eine nachträgliche Änderung des Sachverhaltes rechtswidrig. Beide Vorschriften schließen sich gegenseitig aus.

Die folgende Abbildung veranschaulicht die Abgrenzung des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO von § 173 AO: 

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Prüfungstipp

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Werfen Sie zur Frage, ob ein rückwirkendes Ereignis vorliegt, am besten einen Blick in den AEAO zu § 175. Dort sind diverse Beispielsfälle aufgeführt.

Rückwirkendes Ereignis

Wichtig ist bei der Anwendung des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO, dass ein tatsächliches Geschehen nicht mit Wirkung für die Vergangenheit wegfallen oder entstehen kann.

Beispiel

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Ihr Mandant Sträflich hat im Jahre 03 ein zum Privatvermögen gehörendes unbebautes Grundstück veräußert, das er im Jahre 02 erworben hatte. 

Im EStB 03 vom 10.04.04 sind die Einkünfte gemäß § 23 EStG (Spekulationsgewinn) in folgender Höhe angesetzt worden: 

                    Verkaufserlös                                        300.000 €

                    ./. Anschaffungskosten                           250.000 €

                    Einkünfte                                                50.000 € 

Variante a)

Im Jahre 12 entdeckt das FA im Rahmen einer Steuerfahndungsprüfung, dass der tatsächliche Verkaufserlös 400.000 € betragen hat (Auszug aus der Vereinbarung: "100.000 € sind bar und außerhalb des notariellen Vertrages zu zahlen, um Steuern zu sparen").

 

Variante b)

Aufgrund eines Zivilprozesses wird Sträflich im Jahre 09 dazu verurteilt, an den Makler M 20.000 € Provision für die Vermittlung des Verkaufes zu zahlen.

  

Ist eine Korrektur des Einkommensteuerbescheides 03 in den beiden Fallgestaltungen erforderlich und zulässig?

  

Lösungshinweise

Variante a)

  • Der EStB 03 ist gemäß § 173 I Nr. 1 AO zu ändern.
  • Tatsache ist, dass der tatsächliche Verkaufserlös 400.000 € betragen hat und demzufolge der Spekulationsgewinn iS des § 23 EStG 150.000 € beträgt.
  • Diese Tatsache ist neu, da sie zwar bereits vor Erlass des erstmaligen Steuerbescheides 03 verwirklicht worden ist, jedoch dem FA bisher nicht bekannt war. Des Weiteren führt sie zu einer höheren ESt.

Auch ist die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen, da diese "insoweit" 10 Jahre beträgt. Gemäß §§ 170 II Satz 1 Nr. 1, 169 II Satz 2 AO iVm § 370 AO endet die Festsetzungsfrist für diesen Steueranspruch erst mit Ablauf des 31.12.14.

 

Variante b)

  • Der EStB 03 ist gemäß § 175 I Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern.
  • In diesem Fall ist bei Erlass des erstmaligen Steuerbescheides der vorliegende Sachverhalt -zunächst- materiell zutreffend behandelt worden.
  • Bei der für die Vermittlung des Verkaufes zu zahlenden Provision handelt es sich gemäß § 23 III 1 EStG um Werbungskosten, die den Spekulationsgewinn mindern; der zutreffende Gewinn beträgt somit 30.000 €.
  • Wie der BFH entschieden hat, wirkt dieser Umstand im Hinblick auf § 23 EStG auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurück; bei dem Spekulationsgeschäft handele es sich um einen einmaligen, punktuellen Besteuerungstatbestand, der Vorrang vor § 11 II EStG habe!

Die Festsetzungsfrist ist ebenfalls noch nicht abgelaufen, da diese "insoweit" nach der besonderen Anlaufhemmung des § 175 I Satz 2 AO erst mit dem Ablauf des 31.12.09 beginnt und somit gemäß § 169 II Nr. 2 AO mit Ablauf des 31.12.13 endet.

Rückwirkendes Ereignis bei laufend veranlagten Steuern

Maßgebend für die Anwendung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sind die Vorschriften der Einzelsteuergesetze, die in vielen Fallgestaltungen aufgrund der Regelungen des § 11 EStG oder des BV-Vergleichs die Korrektur nach dieser Vorschrift ausschließen.

Beispiel

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Stpfl. erhält in 01 Mieteinnahmen von 10.000 €, die er im endgültigen EStB für 01 als Einkünfte aus V+V versteuert hat. Aufgrund eines gegen ihn wegen überhöhter Mieten angestrengten Prozesses muss er hiervon in 03 2.000 € zurückzahlen.

 

Lösungshinweise

Kein Fall von § 173 I Nr. 2 oder § 175 I Satz 1 Nr. 2 AO, da das Ereignis "Rückzahlung von Mieteinnahmen" nach den hierfür maßgebenden Vorschriften des EStG (= Einzelsteuergesetz) keine steuerliche Auswirkung für die Vergangenheit hat. Die ESt wird nach den im Kalenderjahr bezogenen Einkünften festgesetzt. Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ist das Zu- und Abflussprinzip des § 11 EStG zu beachten.

Demzufolge ist die erforderliche Berücksichtigung der Rückzahlung der Mieten in dem Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die steuerliche Wirkung (§ 11 II EStG) eintritt = Berücksichtigung als sog. negative Einnahmen bzw. Werbungskosten im VZ 02!