Kursangebot | Abgabenordnung (Vertiefung) | Leichtfertige Steuerverkürzung als Ordnungswidrigkeit, § 378 AO

Abgabenordnung (Vertiefung)

Leichtfertige Steuerverkürzung als Ordnungswidrigkeit, § 378 AO

Prüfungsschema zur leichtfertigen Steuerverkürzung als Ordnungswidrigkeit, § 378 AO iVm den Vorschriften des OwiG

I.Tatbestand

1. Objektiver Tatbestand, § 378 Abs. 1 i.V.m. § 370 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und § 370 Abs. 4 AO

1.1 Tathandlung, 378 Abs. 1 Satz 1 AO iVm § 370 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 AO

Nr. 1 AO

Nr. 2 AO

Positives Tun

Pflichtwidriges Unterlassen
Unrichtige oder unvollständige Angaben über steuerlich erhebliche TatsachenVerletzung steuerlicher Pflichten
Tatsache = Zitierung der maßgebenden §§ der Einzelsteuergesetze als Begründung (z.B. § 4 Abs. 4 EStG, § 1 UStG)

Pflichten resultieren insbesondere aus den §§ 149, 150 und 153 AO i.V.m. den Einzelsteuergesetzen

1.2 Taterfolg, 378 Abs. 1 Satz 2 AO iVm § 370 Abs. 4 AO 

 Satz 1 AO Satz 2 AO
 Durch die Tathandlung im Sinne des § 370 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 AO ist eine Steuerverkürzung eingetreten!Durch die Tathandlung im Sinne des § 370 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 AO ist ein ungerechtfertigter Steuervorteil erlangt worden!
  • Anzahl der Taten = Getrennte Würdigung von Steuerarten und Veranlagungszeiträumen!
  • Höhe der Steuerverkürzung des ungerechtfertigten Steuervorteils unter Beachtung des Saldierungsverbotes gemäß § 370 Abs. 4 Satz 3 AO = Objektiv verkürzter Betrag unabhängig von der nachfolgenden Prüfung des subjektiven Tatbestandes!
  • Zeitpunkt der leichtfertigen Steuerverkürzung („Gefährungstatbestand“) = Zu welchem Zeitpunkt ist der Taterfolg eingetreten?

 

1.3 Kausalität

Die Tathandlung muss kausal (entscheidend) für den Taterfolg sein = Bei Ordnungswidrigkeiten grundsätzlich immer gegeben!

  

1.4 Täterkreis, 378 Abs. 1 Satz 1 AO

Stpfl. oder beauftragter Dritter (Buchhalter, Prokurist usw.); kein fremder Dritter!

 

2. Subjektiver Tatbestand, § 378 Abs. 1 Satz 1 AO

Leichtfertigkeit in Bezug auf die Tathandlung; entspricht dem Begriff der groben Fahrlässigkeit = Vorgabe durch Angabe der Beweggründe des Täters

  • Hinweis auf die Ausführungen im AEAO zu 173 AO, Tz. 5
  • Berechnung der subjektiv leichtfertig verkürzten Steuer
    Saldierung von leichtfertig nicht erklärten steuererhöhenden Tatsachen und leichtfertig nicht erklärten steuermindernden Tatsachen = Keine Geltung von § 370 Abs. 4 Satz 3 AO im Gegensatz zur Ermittlung der objektiv leichtfertig verkürzten Steuer!

 

II. Rechtwidrigkeit

Mit Erfüllung des Tatbestandes ist die Rechtswidrigkeit bei Ordnungswidrigkeiten indiziert Rechtfertigungsgründe des Ordnungswidrigkeitengesetzes (z.B. §§ 15 und 16 OWiG) greifen im Steuerrecht praktisch nie!

 

III. Vorwerfbarkeit

Keine Schuld bei Verbotsirrtum des Täters, § 377 Abs. 2 AO i.V.m. § 11 Abs. 2 OwiG

 

III. Strafausschließungsgrund -  Strafaufhebungsgrund

Schuldunfähigkeit des Täters, § 12 OWiG                             Selbstanzeige, § 378 Abs. 3 AO

Verfolgungsverjährung, § 31 OWiG

 

Erläuterungen zur leichtfertigen Steuerverkürzung gemäß § 378 AO

Es    gelten    die    Vorschriften    des    Ordnungswidrigkeitengesetzes     (OWiG),    soweit    die Bußgeldvorschriften der Steuergesetze nichts anderes bestimmen, § 377 II AO

  • Gemäß § 378 I AO ist der objektive Tatbestand identisch mit der Regelung des § 370 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und Abs. 4 Sätze 1 bis 3 AO 
  • Subjektiv ist nach Leichtfertigkeit erforderlich, dh grobes Verschulden wie Leichtsinnigkeit, Achtlosigkeit, Nachlässigkeit bei der Aufzeichnung und Fertigung der Erklärung (vgl. zu § 173 I Nr. 2 AO)
  • „Leichtfertigkeit“ iSv 378 AO setzt einen erheblichen Grad von Fahrlässigkeit voraus, der etwa der groben Fahrlässigkeit des bürgerlichen Rechts entspricht, aber im Gegensatz hierzu auf die persönlichen Fähigkeiten des Täters abstellt. Der Täter muss die ihm zuzurechnenden Sorgfaltspflichten verletzt haben

  • Der Versuch ist nicht strafbar, da § 370 II AO im Rahmen des § 378 AO nicht gilt = Taterfolg muss eingetreten sein!

  • Ahndung mit einer Geldbuße, § 377 2 AO iVm § 1 OWiG
  • Unter den Voraussetzungen des § 378 III AO („Selbstanzeige“) wird die Ordnungswidrigkeit nicht sanktioniert; zu beachten sind hierbei aber die abweichenden Voraussetzungen im Gegensatz zur strafaufhebenden Selbstanzeige gemäß § 371 AO
  • Auch eine unvollständige Selbstanzeige ist wirksam. Gemäß dem Wortlaut von § 378 Abs. 3 AO „soweit“ ist eine Teilselbstanzeige möglich. Der wesentliche Unterschied zwischen § 371 AO und § 378 Abs. 3 AO liegt darin, dass die bußgeldrechtliche Selbstanzeige nur ausgeschlossen ist, wenn dem Täter oder seinem Vertreter die Einleitung eines Steuerstraf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat mitgeteilt worden ist.
  • Eine Selbstanzeige nach § 378 Abs. 3 Satz 1 AO ist deshalb bei leichtfertiger Steuerverkürzung auch dann möglich, wenn eine Prüfungsanordnung nach § 196 AO ergeht, ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung erschienen ist, oder wenn die Tat zum Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung bereits ganz oder zum Teil entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Sachverhaltswürdigung damit rechnen musste.
  • Eine Sperrwirkung tritt im Rahmen des § 378 AO nur dann ein, wenn dem Täter oder seinem Vertreter (Hinweis auf 80 AO) vor Berichtigung der unzutreffenden Angaben die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben worden ist
  • Voraussetzung ist jedoch nach § 378 Abs. 3 Satz 2 AO die Entrichtung der leichtfertig verkürzten Steuern; jedoch ohne steuerliche Nebenleistungen!