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Arbeits- und Sozialversicherungsrecht (Mündliche Prüfung) - Arbeitsvertrag und Arbeitnehmer

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Arbeits- und Sozialversicherungsrecht (Mündliche Prüfung)

Arbeitsvertrag und Arbeitnehmer

Die wichtigste Voraussetzung für die Anwendung des Arbeitsrechts ist das Vorliegen eines Arbeitsvertrags. Der Arbeitsvertrag ist ein schuldrechtlicher Vertrag, der den allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts unterliegt. Dieser wird vom Gesetzgeber in § 611a Abs. 1 S. 1 BGB als eine besondere Form des „normalen“ Dienstvertrags i.S.d. § 611 BGB definiert.

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Unter einem Arbeitsvertrag versteht man einen gegenseitigen Vertrag zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber, durch den sich der Arbeitnehmer zur Leistung der festgelegten Arbeit und der Arbeitgeber im Gegenzug zur Gewährung eines Arbeitsentgelts verpflichtet.

Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitsvertrag als solcher bezeichnet wird. Maßgeblich sind allein die tatsächlichen Verhältnisse.

Privatrechtliche Rechtsverhältnisse

Die Rechtsbeziehung zwischen den Parteien muss dem privaten Recht zuzuordnen sein. An dieser Stelle ist eine Abgrenzung zu öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnissen notwendig. Dem Anwendungsbereich des Arbeitsrechts unterfallen demnach etwa nicht Beamte, Soldaten und Richter. Diese Beziehungen basieren nämlich nicht auf einer „Einstellung“, also dem Abschluss eines Arbeitsvertrags. Rechtsgrundlage für die genannten Berufsbilder ist vielmehr die Ernennung, also die hoheitliche Indienststellung des Betroffenen durch einen Verwaltungsakt. Diese Rechtsbeziehungen ergeben sich also aus dem öffentlichen Recht.

Hinweis

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Bitte nicht Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst verwechseln oder gleichstellen. Personen, die als Angestellte des öffentlichen Dienstes gelten, sind mit dem öffentlichen Träger der Staatsgewalt durch einen privatrechtlichen Vertrag verbunden. Diese Personen sind als privatrechtliche Arbeitnehmer zu qualifizieren.

Nicht auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhen weiterhin Tätigkeiten, die eine Person ausschließlich aufgrund familiärer Bindungen erbringt, etwa im Rahmen des § 1360 BGB.

Strafgefangene, die während der Inhaftierung in der Haftanstalt Arbeit verrichten, sind ebenfalls keine Arbeitnehmer. Ihre Tätigkeit fußt allein auf einem staatlichen Zwangsverhältnis und gehört somit dem öffentlichen Recht an.

Abgrenzung insbesondere zum Dienstvertrag

Die Frage, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt und eine Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Beziehung vorliegt, ist wegen der großen Unterschiede zum Dienst- oder Werkvertragsrecht sehr wichtig, in der Praxis aber häufig nicht einfach zu beantworten. Neben der Festlegung des anzuwendenden materiellen Rechts hat das Vorliegen der Arbeitnehmereigenschaft auch prozessrechtliche Folgen. Für Streitigkeiten eines Arbeitnehmers, die sein Arbeitsverhältnis betreffen, ist die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3, 4, 5, 9 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) gegeben.

Hinweis

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Das Arbeitsrecht wird gerne auch als Arbeitnehmerschutzrecht bezeichnet, da sehr viele Regelungen nur dazu geschaffen wurden, einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen des Arbeitnehmers und denen des ihm übergeordnet anzusehenden Arbeitgeber zu gewährleisten. Die Eingrenzung eines Dienstschuldners als Arbeitnehmer und damit die Anwendbarkeit des Arbeitnehmerschutzrechts ist daher von enormer Bedeutung für die Betroffenen.

Der Begriff der Arbeitnehmereigenschaft ist mittlerweile explizit in § 611a BGB gesetzlich geregelt. In einigen weiteren Vorschriften wird er ebenfalls erwähnt, so etwa in § 5 Abs. 1 S. 1 ArbGG und § 5 Abs. 1 BetrVG. Dort wird wortgleich festgelegt, dass Arbeitnehmer im Sinne des jeweiligen Gesetzes „Arbeiter, Angestellte und zur Berufsausbildung Beschäftigte“ seien. Im Laufe der Jahre und der Rechtsprechung hat sich nach allgemeiner Ansicht folgende Definition bewährt und nun Niederschlag im Gesetzeswortlaut gefunden.

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Nach § 611a Abs. 1 S. 1 BGB ist Arbeitnehmer, wer sich auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zu weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet.

Um zu prüfen, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, müssen eine Reihe von anderen Verträgen (insbesondere der Werkvertrag, der Gesellschaftsvertrag, der Auftrag sowie der „normale“ Dienstvertrag nach § 611 BGB) ausgeschlossen werden.

Als Faustformel gilt für die Abgrenzung zwischen einem Werkvertrag und einem Dienstvertrag Folgendes: „Beim Dienstvertrag wird die Tätigkeit, beim Werkvertrag der Erfolg geschuldet“.

Der Dienstverpflichtete verpflichtet sich also „nur“ zum Tätigwerden als solchen und will nicht die Haftung für ein bestimmtes Resultat der Tätigkeit, d.h. einen bestimmten Erfolg, übernehmen. Da es dem Dienstberechtigten in aller Regel nicht egal ist, was das Resultat der Tätigkeit ist, ist die Abgrenzung selten eindeutig.

Die Annahme eines Dienstvertrages liegt nahe, wenn der zur Tätigkeit Verpflichtete das bei Abschluss des Vertrages geplante Leistungsergebnis erkennbar aufgrund seiner Tätigkeit nicht sicher herbeiführen kann. Beim Dienstvertrag verbleibt das Risiko des Leistungsergebnisses beim Dienstberechtigten. Tritt das gewünschte Resultat trotz Tätigkeit des Dienstverpflichteten nicht ein, kann er dennoch die Gewährung der vereinbarten Vergütung beanspruchen.

Beispiel

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Die Beauftragung eines Sicherdienstes zur Bewachung einer Sache ist Dienstvertrag, da der Bewacher einen absoluten Schutz vor Einbrüchen regelmäßig nicht garantieren will.

Die Beauftragung eines Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens ist dagegen ein Werkvertrag (Leistungsergebnis in Form des Gutachtens).

Auszuschließen ist als Nächstes das Vorliegen eines Gesellschaftsvertrages gem. §§ 705 ff. BGB. Mit einem solchen Vertrag regeln die Vertragsparteien, dass sie zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks kooperieren und ihre Einsätze mit Blick auf diesen Zweck leisten wollen (vgl. § 705 BGB). Ein solcher Einsatz kann auch in der Erbringung von Arbeitsleistung bestehen.

Die Dienste müssen gegen ein Entgelt erbracht werden. Wenn zwischen den Parteien Klarheit darüber herrscht, dass keine Vergütungsansprüche des Dienstleistenden bestehen, kann ein Auftrag i.S.d. §§ 662 ff. BGB vorliegen. Wenn hingegen die Parteien nicht über eine Vergütung gesprochen haben, aber Dienste wie die vereinbarten normalerweise nur gegen Geld erbracht werden, kann auch § 612 Abs. 1 BGB eingreifen. Diese Norm regelt die Höhe des Vergütungsanspruchs in diesen Fällen.

Im nächsten Schritt ist zu ermitteln, ob ein so genannter freier Dienstvertrag oder ein Arbeitsvertrag vorliegt. Anders als beim „freien“ Dienstvertrag ist der Dienstverpflichtete beim Arbeitsvertrag (= der Arbeitnehmer) zur unselbständigen Tätigkeit verpflichtet. Der Arbeitnehmer ist aufgrund des Arbeitsvertrages zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Dienste in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet.

Im Umkehrschluss zu § 84 Abs. 1 S. 2 HGB ist dies dann der Fall, wenn der Dienstverpflichtete nicht „im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann“.

Die vertraglich geschuldete Leistung ist beim Arbeitsvertrag im Rahmen einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation zu erbringen. Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere darin, dass der Beschäftigte einem Weisungsrecht seines Vertragspartners (= „Arbeitgebers“) unterliegt. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen.

Um zu bestimmen, ob es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, müssen alle äußeren und inneren Merkmale herangezogen werden, die aus dem gegebenen Sachverhalt hervorgehen. Die konkrete Bezeichnung des Vertragsverhältnisses (z.B. Überschrift „Vertrag für freie Mitarbeiter“) kann nur als Indiz gewertet werden. Maßgeblich für die Qualifizierung des Rechtsverhältnisses ist nämlich seine tatsächliche Durchführung. Erscheint dieses nach Würdigung der äußeren Umstände als Arbeitsverhältnis, so sind die Parteien als Arbeitnehmer und Arbeitgeber einzuordnen und zu behandeln.

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