Inhaltsverzeichnis
- Beendigung von Arbeitsverhältnissen
- Allgemeines
- Befristung
- Auflösende Bedingung
- Aufhebungsvertrag
- Kündigung
- Kündigungserklärung
- Kündigungsgrund
- Kündigungsarten
- Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz
- Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes
- Personenbedingte Kündigung
- Verhaltensbedingte Kündigung
- Betriebsbedingte Kündigung
- Kündigungsfrist
- Kein Ausschluss der Kündigung
- Zustimmungsbedürftigkeit, Anhörung des Betriebsrates und ggf. Anzeigebedürftigkeit
- Besonderer Kündigungsschutz
- Schwerbehinderte Menschen
- Mutterschutz
- Arbeitnehmer in Elternzeit
- Datenschutzbeauftragter
- Mitglieder und Wahlbewerber der Betriebsverfassungsorgane
- Kündigungsschutzklage
Beendigung von Arbeitsverhältnissen
Allgemeines
Das Arbeitsverhältnis (Dauerschuldverhältnis) kann auf verschiedene Weisen enden. Eine Beendigungsmöglichkeit ist die Kündigung, welche einseitig auf dem Willen einer der Vertragsparteien beruht. Möchten beide Parteien das Arbeitsverhältnis beenden, ist der Abschluss eines Aufhebungsvertrages möglich. Daneben kann das Arbeitsverhältnis u.a. durch Fristablauf, gerichtliche Entscheidung, Anfechtung oder Tod des Arbeitnehmers enden.Waltermann, Arbeitsrecht, 20. Auflage 2021, Rn. 287 ff.
Am praxisrelevantesten ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag. Eine Kündigung kann ordentlich, d.h. unter Einhaltung einer Kündigungsfrist oder außerordentlich, also fristlos, erfolgen. Für die außerordentliche Kündigung ist ein wichtiger Grund gem. § 626 BGB erforderlich.
Zu den Möglichkeiten der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses schauen wir uns zunächst das folgende Video an.
Befristung
Bei einer Beendigung durch Fristablauf endet das Arbeitsverhältnis automatisch nach einer bestimmten – vorher vereinbarten – Zeit, wenn es nicht verlängert oder entfristet wird.
Da ein befristetes Arbeitsverhältnis für einen Arbeitnehmer i.d.R. schlechter ist als ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, ist eine Befristung an gewisse Voraussetzungen geknüpft. Zu unterscheiden ist zwischen einer Befristung ohne bestimmten Grund (sachgrundlose Befristung) und einer Befristung aufgrund eines sachlichen Grundes.
Eine sachgrundlose Befristung ist nur bis zu einer Dauer von maximal zwei Jahren zulässig. Voraussetzung ist, dass zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber zuvor noch kein Arbeitsverhältnis bestanden hat, § 14 Abs. 2 TzBfG.
Bei Vorliegen eines sachlichen Grundes ist auch eine längere Befristung möglich. Mögliche Gründe für eine Befristung sind in § 14 Abs. 1 TzBfG geregelt. Diese sind nicht abschließend, es sind also auch andere Gründe möglich. Grund für eine Befristung kann z.B. sein:
- ein nur vorübergehender Bedarf an der Arbeitsleistung
- Vertretung eines anderen Arbeitnehmers
- Rechtfertigung durch die Art der Arbeitsleistung
Zu beachten ist, dass die Befristungsabrede zwingend schriftlich erfolgen muss, § 14 Abs. 4 TzBfG.
Hinweis
Erfolgt keine schriftliche Befristungsabrede, so entsteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
Wichtig ist außerdem § 15 Abs. 6 TzBfG: Arbeitet der Arbeitnehmer nach dem Ende der Frist weiter, ohne dass der Arbeitgeber dem widerspricht, entsteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
Die Kündigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses ist nur möglich, wenn dies einzelvertraglich oder in einem Tarifvertrag vereinbart wurde, § 15 Abs. 4 TzBfG.
Hinweis
Eine außerordentliche Kündigung ist immer möglich.
Auflösende Bedingung
Ein Arbeitsverhältnis kann auch durch eine auflösende Bedingung enden.
Beispiel
Das Arbeitsverhältnis soll mit der Rückkehr des ursprünglichen Mitarbeiters aus der Elternzeit enden.
Hinweis
Eine auflösende Bedingung sieht vor, dass ein Rechtsverhältnis (in diesem Fall das Arbeitsverhältnis) mit Eintritt der Bedingung endet.
Bei Arbeitsverhältnissen unter einer auflösenden Bedingung gilt gem. § 21 TzBfG allerdings u.a. der soeben besprochene § 14 Abs. 1 TzBfG. Die Vereinbarung eines Arbeitsverhältnisses unter einer auflösenden Bedingung bedarf also eines sachlichen Grundes.
Aufhebungsvertrag
Das Arbeitsverhältnis kann auch durch einen Aufhebungsvertrag enden. Den Parteien ist es jederzeit möglich, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden. Dies folgt aus der Vertragsfreiheit.Junker, Grundkurs Arbeitsrecht, 24. Auflage 2025, Rn. 425
Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages hat für den Arbeitnehmer den Vorteil, dass er nicht befürchten muss, dass der Arbeitnehmer sich im Wege der Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung wehrt. Oft bietet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer daher eine Abfindung für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages an.
Für das Zustandekommen eines Aufhebungsvertrages sind zwei inhaltlich korrespondierende Willenserklärungen – Angebot und Annahme – erforderlich, §§ 145 ff. BGB. Der Aufhebungsvertrag bedarf zu seiner Wirksamkeit u.a. der Schriftform, § 623 BGB.
Zu beachten ist, dass bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages i.d.R. der Anspruch auf Arbeitslosengeld für zwölf Wochen gesperrt ist, weil in dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages durch das selbstverschuldete Herbeiführen der Arbeitslosigkeit grundsätzlich ein versicherungswidriges Verhalten liegt, § 159 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 SGB III.
Arbeitnehmer, die für den Verlust ihres Arbeitsplatzes eine Abfindung erhalten, müssen diese als lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn grundsätzlich voll versteuern. Unter bestimmten Voraussetzungen können sie nach der sog. Fünftelregelung tarifermäßigt besteuert werden, vgl. §§ 24 Nr. 1a, 34 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 1 S. 3 EStG. Die Fünftelregelung ist wie folgt anzuwenden:
Zunächst ist die Abfindung aus dem zu versteuernden Einkommen herauszurechnen. Für das verbleibende zu versteuernde Einkommen wird die Einkommensteuer nach geltendem Steuertarif ermittelt. Sodann wird die Abfindung durch 5 dividiert und ein Fünftel dem restlichen zu versteuernden Einkommen hinzugerechnet. Für die danach verbleibende Summe wird wiederum die Einkommensteuer nach dem Steuertarif berechnet. Zwischen beiden Steuerbeträgen wird die Differenz gebildet und diese mit 5 multipliziert. Das Ergebnis ist die Einkommensteuer auf die außerordentlichen Einkünfte.
Beispiel
Frau M. ist single und hat keine Kinder. Sie hat ein Jahreseinkommen i.H.v. 26.000 Euro. Außerdem hat sie im Jahr 02 eine Abfindung i.H.v. 10.000 Euro erhalten. Dementsprechend liegt ihr zu versteuerndes Einkommen in 02 bei insgesamt 36.000 Euro.
Zunächst ist die Steuer für das Jahreseinkommen ohne Abfindung zu errechnen:
| Zu versteuerndes Einkommen (ohne Abfindung) | = 26.000 Euro |
| Darauf entfallender Steuerbetrag | = 3.845 Euro |
Sodann ist die Steuer für das Jahreseinkommen ohn Abfindung zu errechnen:
| Jahreseinkommen (ohne Abfindung) | = 26.000 Euro |
| + ein Fünftel der Abfindung | = 2.000 Euro |
| Zu versteuendes Einkommen | = 28.000 Euro |
| Darauf entfallender Steuerbetrag | = 4.424 Euro |
Schließlich wird die Differenz aus beiden Steuerbeträgen gebildet und das Ergebnis verfünffacht:
| Steuerbetrag mit Abfindung | = 4.424 Euro |
| Steuerbetrag ohne Abfindung | = 3.845 Euro |
| Unterschiedsbetrag | = 579 Euro |
| x5 | = 2.895 Euro |
Die Einkommensteuer, die Frau M für die Abfindung zahlen muss, beträgt also 2.895 Euro.
M zahlt dementsprechend 3.845 Euro Einkommensteuer auf ihr Jahreseinkommen und 2.895 Euro auf die Abfindung, insgesamt also 6.740 Euro.
Kündigung
Kündigungserklärung
Jede Kündigung – egal ob durch den Arbeitnehmer oder den Arbeitgeber, egal ob ordentlich oder außerordentlich – bedarf zunächst einer wirksamen Kündigungserklärung. Die Kündigungserklärung muss schriftlich erfolgen.
Entscheidend bei einer Kündigung ist zudem der Zeitpunkt des Zugangs. Wie wir uns sogleich noch im Detail anschauen werden, kann gegen eine Kündigung in vielen Fällen nur innerhalb von drei Wochen vorgegangen werden. Für den Beginn dieser Frist ist der Zugang entscheidend. Der Zugang erfolgt in dem Moment, in dem die Mitteilung in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist und dieser unter gewöhnlichen Umständen von der Erklärung Kenntnis nehmen konnte.Einsele, MüKo BGB, § 130 BGB, 9. Auflage 2021, Rn. 17 ff., 29 ff.
Beispiel
Dies ist bei einer persönlichen Übergabe mit der Übergabe der Fall. Bei einer Zustellung mit der Post erfolgt der Zugang, wenn sich der Briefumschlag im Briefkasten befindet, zu dem Zeitpunkt, an dem mit der Leerung durch den Empfänger gerechnet werden kann.
Im Fall der Stellvertretung bei der Erklärung der Kündigung (z.B. bei einer Kündigung durch die Personalabteilung) ist § 174 BGB zu beachten. Eine Kündigung, die durch einen Bevollmächtigten wahrgenommen wird, ist unwirksam, wenn keine Vollmachtsurkunde vorgelegt wird und der Erklärungsempfänger das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den Erklärungsempfänger von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hat.
Den Kündigungsgrund muss das Kündigungsschreiben allerdings nicht enthalten. Bei einer außerordentlichen Kündigung hat der Arbeitnehmer allerdings einen Anspruch auf Mitteilung des Kündigungsgrundes, § 626 Abs. 2 S. 3 BGB.
Eine Kündigung ist grds. bedingungsfeindlich. Grund für die Bedingungsfeindlichkeit ist die Rechtssicherheit des Erklärungsempfängers. Dieser hat selbst keinen Einfluss auf die Änderung seiner Rechtsstellung und soll deshalb nicht noch zusätzlich mit der Unsicherheit, ob die Bedingung eintritt, belastet werden.Stadler, BGB AT, § 20 Bedingung und Befristung, Rn. 12
Eine Ausnahme gilt für sog. Potestativbedingungen, bei denen es ausschließlich vom Erklärungsempfänger abhängt, ob die Bedingung eintritt oder nicht, und für sog. Rechtsbedingungen,BAG, NZA 2008, 812, Rn. 22 bei denen die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts lediglich von einer objektiv feststehenden (subjektiv aber noch ungewissen) Rechtslage abhängt.BAG,NZA 2001, 1070 (1071); Stadler, BGB AT, § 20 Bedingung und Befristung, Rn. 8, 12
Beispiel
A kündigt B für den Fall, dass er sich nicht innerhalb von drei Tagen für eine erfolgte Beleidigung entschuldigt.Vgl. BAG, NJW 1968, m.w.N. Es handelt sich um eine Potestativbedingung. Es hängt allein vom Willen des B ab, ob er die Bedingung eintreten lässt und sich bei A entschuldigt.
Beispiel
A kündigt den B am 11.05.2024 „hilfsweise“ für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis nicht schon durch die Kündigung vom 23.03.2024 beendet worden ist. Hierbei handelt es sich um eine zulässige Rechtsbedingung; die Wirksamkeit der Kündigung hängt von der objektiv feststellbaren Rechtslage ab, ob die vorhergehende Kündigung wirksam ist. Die Wirksamkeit der Kündigung ist lediglich subjektiv ungewiss.Vgl. BAG, NZA 2015, 162, Rn. 12
Kündigungsgrund
Bei der Frage, ob eine Kündigung eines Kündigungsgrundes bedarf, ist zunächst zwischen der ordentlichen und der außerordentlichen Kündigung zu differenzieren und anschließend danach, ob der Betroffene Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz genießt oder nicht.
Kündigungsarten
Eine Kündigung kann sowohl ordentlich als auch außerordentlich erfolgen. Der Unterschied ist, dass eine ordentliche Kündigung die Einhaltung einer Kündigungsfrist erfordert. Bei der außerordentlichen Kündigung endet das Arbeitsverhältnis dagegen sofort.
Die außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses erfordert das Vorliegen eines wichtigen Grundes. § 626 Abs. 1 BGB sieht vor, dass ein Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden kann, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
Beispiel
Ein Grund für eine außerordentliche Kündigung kann etwa vorliegen, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber bestohlen hat.
Neben einer Beendigungskündigung, die – wie der Name schon sagt – das Arbeitsverhältnis beendet, ist auch der Ausspruch einer Änderungskündigung möglich. Bei einer Änderungskündigung kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, § 2 KSchG.
Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz
Wenn das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) anwendbar ist, kann einem Arbeitnehmer auch ordentlich nur bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes gekündigt werden. Vielleicht haben Sie die drei Kündigungsgründe schon mal gehört: personenbedingt, verhaltensbedingt und betriebsbedingt.
Zum Einstieg in das Kündigungsschutzgesetz schauen wir uns zunächst folgendes Video an:
Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes
Das Kündigungsschutzgesetz ist nur auf Betriebe anwendbar, die in der Regel mindestens zehn Arbeitnehmer beschäftigen, § 23 Abs. 1 S. 2 und 3 KSchG. Zweck der Voraussetzung einer Mindestzahl von Arbeitnehmern für die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes ist der Schutz von kleinen Unternehmen, in denen es ganz besonders auf das Betriebsklima und das Vertrauensverhältnis des Arbeitgebers zu seinen Arbeitnehmern ankommt. Auch treffen die Folgen des Kündigungsschutzes kleine Unternehmen besonders hart.BVerfG, NZA 1998, 470 (472)
Eine Regel für die Berechnung der Anzahl der Arbeitnehmer im Fall von teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern stellt § 23 Abs. 1 S. 4 KSchG auf. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.
Beispiel
Folgendes Beispiel zur Verdeutlichung:
A beschäftigt 5 Arbeitnehmer in Vollzeit und zwei Arbeitnehmer mit 25 Stunden/Woche. Drei weitere Arbeitnehmer sind 18 Stunden/Woche tätig. Alle Arbeitsverhältnisse wurden nach dem 31. Dezember 2003 geschlossen.
Die Rechnung ist wie folgt: 5 x 1 + 2 x 0,75 + 3 x 0,5 = 8. Die Mitarbeiter des A sind mithin als acht zu berücksichtigen. Der Schwellenwert des § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG ist nicht erreicht. Die Vorschriften des ersten Abschnittes des Kündigungsschutzgesetzes sind auf den Betrieb des A nicht anwendbar.
Zweite Voraussetzung für die Anwendbarkeit des KSchG ist, dass das Arbeitsverhältnis seit mehr als sechs Monaten ohne Unterbrechung bestehen muss, § 1 Abs. 1 KSchG.
Hinweis
Die ersten sechs Monate eines Arbeitsverhältnisses werden oft als Probezeit bezeichnet. Eine in dieser Zeit erfolgende Kündigung muss nicht sozial gerechtfertigt sein.
Ist das Kündigungsschutzgesetz anwendbar, ist eine Kündigung unwirksam, wenn sie nicht sozial gerechtfertigt ist, § 1 Abs. 1 KSchG. Die soziale Rechtfertigung kann sich aus personenbedingten, verhaltensbedingten und betriebsbedingten Gründen ergeben.
Hierzu schauen wir uns zunächst ein Video an:
Personenbedingte Kündigung
Ein Kündigungsgrund kann in der Person des Arbeitnehmers begründet sein (personenbedingte Kündigung).
Definition
„Gründe in der Person des Arbeitnehmers sind solche, die auf den persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten des Arbeitnehmers beruhen.“BAG, NZA 1989, 464 (466)
Zunächst muss die Eigenschaft oder die fehlende Fähigkeit den Arbeitnehmer „an sich“ an der weiteren Ausübung der Tätigkeit hindern.
Beispiel
Typische Fälle, in denen eine personenbedingte Kündigung in Betracht kommt, sind (längere und ggf. häufig wiederkehrende) Krankheiten, Alkohol- und/oder Drogenabhängigkeit, mangelnde körperliche oder geistige Eignung oder eine mangelnde Anpassungsfähigkeit.
Darüber hinaus muss es nach dem Prognoseprinzip wahrscheinlich sein, dass dieser Grund auch in Zukunft fortbestehen wird. Auf Leistungsdefizite in der Vergangenheit kommt es dabei grundsätzlich nicht an. Diese können allerdings eine Indizwirkung für die Prognose haben.
Die zur Kündigung führenden Umstände müssen die betrieblichen Interessen erheblich beeinträchtigen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der gewöhnliche Betriebsablauf gestört wird oder der Ausfall des Arbeitnehmers zu erheblichen wirtschaftlichen Belastungen des Arbeitgebers führt.
Nach dem ultima-ratio-Prinzip darf es kein milderes, dem Arbeitgeber zumutbares Mittel geben, als die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Hierbei ist darauf zu achten, dass bei der personenbedingten Kündigung gerade nicht an ein Verhalten des Arbeitnehmers angeknüpft wird, weshalb eine Abmahnung meistens kein taugliches Mittel ist. Eine Abmahnung kann jedoch auch bei einer personenbedingten Kündigung in Betracht kommen, wenn es sich um personenbedingtes Leistungshindernis handelt, welches durch ein steuerbares Verhalten des Arbeitnehmers behebbar wäre.BAG, NZA 2010, 625, Rn. 28; Junker, Grundkurs Arbeitsrecht, 24. Auflage 2025, Rn. 406
Beispiel
Ein solches behebbares Leistungshindernis ist etwa bei mangelnden Sprachkenntnissen gegeben, da diese durch einen Sprachkurs erlernt/verbessert werden können.Vgl. BAG, NZA 2010, 625, Rn. 28
Als milderes Mittel kommt zudem eine Änderungskündigung, also eine Kündigung, um das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortzuführen, in Betracht.
Schließlich muss in der Interessenabwägung das Kündigungsinteresse des Arbeitgebers das Interesse des Arbeitnehmers an der Fortführung des Arbeitsverhältnisses überwiegen. Als Kriterien sind bei der Interessenabwägung insbesondere heranzuziehen:
- die Dauer der Beschäftigung,
- der Familienstand des Arbeitnehmers,
- das Alter,
- die Zumutbarkeit von Überbrückungsmaßnahmen und
- im Fall der Kündigung wegen einer Krankheit, der Grund der Erkrankung (z.B. einen Arbeitsunfall) sowie die Dauer und Häufigkeit der Fehlzeiten.
Beispiel
K ist bei B als Polsterer beschäftigt. K wird zum zweiten Mal wegen Drogenbesitzes zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt.
In der Arbeitsverhinderung aufgrund von Strafhaft liegt ein Grund, der eine personenbedingte Kündigung an sich rechtfertigen kann.
Nach seiner Prognose kann B erwarten, dass K aufgrund seiner Haftstrafe die nächsten drei Jahre nicht arbeiten werden kann (Prognoseprinzip). Eine Beschäftigung des Arbeitnehmers auf einem anderen Arbeitsplatz kommt nicht in Betracht (ultima ratio-Prinzip).
Bei der Interessenabwägung ist auf Seiten des Arbeitgebers zu berücksichtigen, dass K an seiner Inhaftierung selbst schuld ist. Auch ist es bereits das zweite Mal, dass K einschlägig verurteilt wird.
Auf Seiten des Arbeitnehmers kann angeführt werden, dass der Arbeitgeber während der Verbüßung der Haftstrafe von seiner Lohnzahlungspflicht befreit ist (§§ 616 Abs. 1, 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 BGB) und so keine finanziellen Einbußen entstehen. Auch könnte dem Arbeitgeber eine Freihaltung des Arbeitsplatzes und eine Überbrückung durch eine Aushilfskraft zuzumuten sein. Steht wie im vorliegenden Fall eine Haftstrafe von drei Jahren im Raum, kann jedoch nicht vom Arbeitgeber verlangt werden, solange nur vorläufige Maßnahmen zu ergreifen. Auch kann eine sachgrundlose Befristung einer Aushilfskraft z.B. nur für zwei Jahre erfolgen.
Im Ergebnis überwiegt auch bei der Interessenabwägung das Interesse des Arbeitgebers, die Kündigung ist sozial gerechtfertigt.Vgl. zu Fall und Falllösung: BAG, NZA 2013, 1211
Vertiefung
Kündigung wegen Krankheit des Arbeitnehmers
Ein häufig vorkommender Fall der personenbedingten Kündigung ist die Krankheit des Arbeitnehmers. Die Wirksamkeit einer Kündigung wegen Krankheit erfolgt in drei Stufen.Zu den drei Stufen: BAG, NZA 2018, 1056, Rn. 19
- Erste Stufe: Es müssen objektive Tatsachen vorliegen, die weitere Erkrankungen in der Zukunft befürchten lassen.
- Zweite Stufe: Die Krankheit muss betriebliche Interessen erheblich beeinträchtigen, etwa weil die Entgeltfortzahlungen zu einer erheblichen wirtschaftlichen Belastung für den Arbeitgeber führen.
- Dritte Stufe: Letztlich muss die Interessenabwägung ergeben, dass die Beeinträchtigung dem Arbeitgeber billigerweise nicht mehr zumutbar ist.
Verhaltensbedingte Kündigung
Der Grund für die Kündigung kann zudem in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Dies ist dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt.Vgl. BAG, NZA 2020, 1022, Rn. 15
Hinweis
Die Abgrenzung zur personenbedingten Kündigung erfolgt über das Merkmal der Steuerbarkeit. Ein Verhalten ist im Gegensatz zu einer Eigenschaft steuerbar.Maties, BeckOGK, Stand 01.07.2025, § 611a BGB, Rn. 1910
Als Faustformel können Sie sich Folgendes merken: Bei einer personenbedingten Kündigung will sich der Arbeitnehmer anders verhalten, er kann es aber nicht. Bei einer verhaltensbedingten Kündigung kann sich der Arbeitnehmer anders (als vertraglich festgelegt) verhalten, er will es aber nicht.
Zunächst muss eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers vorliegen, welche den Ausspruch einer Kündigung an sich rechtfertigt. Ein Verhalten außerhalb der Tätigkeit kann ausnahmsweise dann zu einem verhaltensbedingten Kündigungsgrund führen, wenn es konkrete Auswirkungen auf die vertragliche Tätigkeit hat.
Beispiel
Der Arbeitnehmer geht häufig am Sonntagabend feiern und kommt am Montag regelmäßig aufgrund der durchzechten Nacht zu spät und völlig übermüdet zur Arbeit
Darüber hinaus darf nicht zu erwarten sein, dass der Arbeitnehmer seine vertraglichen Pflichten in Zukunft ohne Störungen erfüllen wird (negative Prognose).BAG, NZA 2020, 1022, Rn. 15 Diese negative Prognose wird in der Regel durch eine Abmahnung objektiviert. Verletzt der Arbeitnehmer trotz Abmahnung weiterhin seine vertraglichen Pflichten, kann davon ausgegangen werden, dass er diese auch in Zukunft verletzen wird.BAG, NZA 2010, 1231, Rn. 36
Vertiefung
Funktion der Abmahnung
Die Abmahnung soll dem Arbeitnehmer aufzeigen, dass er sich vertragswidrig verhält und ihn warnen, dass er mit einer Kündigung rechnen muss, wenn er sein Verhalten nicht ändert.Waltermann, Arbeitsrecht, 20. Auflage 2021, Rn. 366 Eine Abmahnung erfüllt ihre Funktion, wenn sie eine deutliche und ernsthafte Missbilligung des genau bezeichneten, konkreten Fehlverhaltens beinhaltet. Sie muss eine Aufforderung vorsehen, dass das missbilligte Verhalten zu unterlassen ist und dem Arbeitnehmer klarmachen, dass andernfalls der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist. Neben der Hinweis- und Warnfunktion für den Arbeitnehmer kommt der Abmahnung auch eine Beweisfunktion zu, da sie das gerügte Verhalten festhält.Dütz/Thüsing, Arbeitsrecht, 29. Auflage 2024, Rn. 211
Vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung ist der Ausspruch einer Abmahnung nach dem Ultima-ratio-Prinzip i.d.R. erforderlich, da die Abmahnung ein milderes Mittel als die endgültige Vertragsbeendigung darstellt. Eine Abmahnung ist nicht erforderlich, wenn zu erwarten ist, dass der Arbeitnehmer sein Verhalten nicht ändern wird oder wenn die Pflichtverletzung so schwerwiegend ist, dass dem Arbeitgeber selbst eine einmalige Hinnahme unzumutbar ist und dies für den Arbeitnehmer erkennbar ist.BAG, NZA 2020, 646, Rn. 75 Als andere mildere Mittel kommen auch hier (grundsätzlich) die Änderungskündigung, die Umsetzung oder die Versetzung in Betracht.
Schließlich muss die Interessenabwägung ergeben, dass dem Arbeitgeber die weitere Beschäftigung des Arbeitnehmers unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile nicht zugemutet werden kann.BAG, NZA 2020, 1022, Rn. 15 In die Interessenabwägung fließt auf Seiten des Arbeitgebers ein, dass der Arbeitnehmer – anders als bei der personenbedingten Kündigung – die Möglichkeit gehabt hätte, sich vertragstreu zu verhalten.Waltermann, Arbeitsrecht, 20. Auflage 2021, Rn. 369, 370 Weitere Anhaltspunkte bei der Interessenabwägung sind:
- der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers,
- die Dauer der Betriebszugehörigkeit und der fehlverhaltensfreien Zeit,
- die Bedeutung der verletzten vertraglichen Pflichten sowie
- die Schwere der Beeinträchtigung der betrieblichen Belange.
Beispiel
L ist seit Jahren bei T als Lagerist beschäftigt. L war immer wieder arbeitsunfähig krankgeschrieben. Dabei gab er in einem Fall keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab, in mehreren Fällen gab er die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu spät ab. L wurde von T zweimal einschlägig abgemahnt. Als er daraufhin die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erneut zu spät abgibt, kündigt T dem L form- und fristgerecht. L fragt sich, ob ein Kündigungsgrund vorliegt.
Vorliegend kommt eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht. Die Pflicht zur unverzüglichen Anzeige der Arbeitsunfähigkeit und ihrer Dauer soll dem Arbeitgeber ermöglichen, sich frühzeitig auf den Ausfall des Arbeitgebers einzustellen und entsprechend planen zu können. Eine nicht erfolgte oder verspätete Anzeige der Arbeitsunfähigkeit erschwert dem Arbeitgeber die Planung, weil er nicht weiß, wie lange er voraussichtlich ohne den Arbeitnehmer auskommen muss. Eine schuldhafte Verletzung der Pflicht zur unverzüglichen Anzeige der Arbeitsunfähigkeit (§ 5 Abs. 1 EntgFG) kann demnach eine verhaltensbedingte Kündigung an sich rechtfertigen.
Auch müsste zu erwarten sein, dass L seine Pflichten auch in Zukunft nicht störungsfrei erfüllen wird (Prognoseprinzip). L hat seine Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wiederholt nicht beachtet. Auch nach einer erfolgten Abmahnung hat L sein Verhalten nicht angepasst (Objektivierung der Prognose). Folglich ist die Prognose gerechtfertigt, dass L diese auch in Zukunft nicht rechtzeitig abgeben wird.
Eine Abmahnung als milderes Mittel ist vor Ausspruch der Kündigung erfolgt, jedoch erfolglos geblieben.
Schließlich muss eine Interessenabwägung ergeben, dass T die Fortführung des Arbeitsverhältnisses unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht mehr zugemutet werden kann. Auf Seiten des T fließt in die Interessenabwägung ein, dass L durch die Abmahnung positive Kenntnis von seiner Pflicht zur Abgabe der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hatte. Auch beeinträchtigt das Fehlen ohne bzw. mit verspäteter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erheblich die Planungsfähigkeit des Arbeitgebers, da er nicht weiß, wie lange er voraussichtlich ohne den Arbeitnehmer auskommen muss. Für den L spricht lediglich, dass er bereits seit vielen Jahren bei T beschäftigt ist.
Im Ergebnis fällt die Interessenabwägung aufgrund der wiederholten Pflichtverletzungen und der Planungsunsicherheit zugunsten des T aus. Die Kündigung war mithin sozial gerechtfertigt.
Auch die Kündigungsfrist ist laut Sachverhalt eingehalten. Die Kündigung des L ist folglich wirksam.Vgl. zu dem gesamten Fall: BAG, NZA 2020, 1022
Betriebsbedingte Kündigung
Für die soziale Rechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung ist erforderlich, dass dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen und zudem die soziale Auswahl zulasten des betroffenen Arbeitnehmers ausfällt, § 1 Abs. 2 und 3 KSchG.
Zunächst müssen dringende betriebliche Gründe vorliegen, die die Kündigung an sich rechtfertigen.
Dringende betriebliche Erfordernisse liegen vor, wenn kein Bedarf mehr für die Weiterbeschäftigung des betreffenden Arbeitnehmers besteht, also ein Überhang an Arbeitgebern vorhanden ist.BAG, NZA 2012, 852, Rn. 15 Dringende betriebliche Erfordernisse können innerhalb (innerbetriebliche Gründe) und außerhalb (außerbetriebliche Gründe) des Betriebes begründet sein.Vgl. BAG, NZA 2012, 852, Rn. 18
Beispiel
Ein innerhalb des Betriebs liegender Grund ist z.B. die Verlagerung der Produktion ins Ausland oder die Stilllegung des Betriebes.Junker, Grundkurs Arbeitsrecht, 23. Auflage 2024, Rn. 371 Außerhalb des Betriebs liegende Gründe sind etwa bei einem Auftragsverlust oder einem reduzierten Auftragsvolumen gegeben.Vgl. BAG, NZA 2012, 852, Rn. 16
Aufgrund der betrieblichen Gründe muss der Arbeitgeber die unternehmerische Entscheidung (z.B. den Abbau von Personal) treffen, dass der Arbeitsplatz des betreffenden Arbeitnehmers wegfällt.Waltermann, Arbeitsrecht, 20. Auflage 2021, Rn. 372
Die unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers, den betroffenen Arbeitsplatz zu streichen, ist von Art. 12 Abs. 1 GG gedeckt (s.o.). Die Entscheidung des Arbeitgebers wird von den Arbeitsgerichten daher nur daraufhin überprüft, ob die der Entscheidung zugrunde gelegten Tatsachen tatsächlich vorliegen und ob die Entscheidung offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (sog. Missbrauchskontrolle).BAG, NZA 2012, 852, Rn. 16 f.; Junker, Grundkurs Arbeitsrecht, 23. Auflage 2024, Rn. 371 Die Darlegungslast für den Missbrauch trifft den Arbeitnehmer.Vgl. BAG, NZA 2023, 579, Rn. 15
Für die Wirksamkeit der Kündigung muss die Prognose gerechtfertigt sein, der Arbeitsplatz werde auf Dauer wegfallen.BAG, NZA 2012, 852, Rn. 23 Darüber hinaus darf es kein milderes Mittel als die Kündigung des Arbeitgebers geben.
Beispiel
Ein milderes Mittel, welches die soziale Rechtfertigung der Kündigung entfallen lässt, ist z.B. die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers an einem anderen Arbeitsplatz (auch zu schlechteren Bedingungen).BAG, NZA 2008, 1180, Rn. 14 f.
Schließlich muss die Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers ausfallen.
Trotz des Vorliegens dringender betrieblicher Erfordernisse ist die Kündigung sozial nicht gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber die soziale Auswahl nicht richtig getroffen hat, § 1 Abs. 3 KSchG. Bei der von dem Arbeitgeber zu treffenden Sozialauswahl sind die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und eine potenzielle Schwerbehinderung des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, § 1 Abs. 3 KSchG. Dabei sind alle Kriterien gleichwertig.BAG, NZA 2015, 426, Rn. 11
Beispiel
B beschäftigt zwei Sekretäre, L und M. Eine der Stellen soll aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung gestrichen werden. L ist 30 Jahre alt und arbeitet seit sechs Jahren bei der B. M ist 55 Jahre alt, arbeitet seit drei Jahren für die B und hat eine Tochter, für die er unterhaltspflichtig ist.
Für L spricht, dass er länger im Betrieb der B beschäftigt ist. Für M spricht demgegenüber, dass er ein höheres Lebensalter hat und für seine Tochter unterhaltspflichtig ist.
Im Ergebnis sprechen daher zwei Punkte für M. Er ist sozial schutzbedürftiger.
Bei der Beurteilung der sozialen Kriterien kommt dem Arbeitgeber ein Wertungsspielraum zu. Er muss nicht die „bestmögliche Sozialauswahl“ treffen. Ein relevanter Auswahlfehler liegt erst vor, wenn ein entlassener Arbeitnehmer deutlich schutzbedürftiger als es ein nicht entlassener Arbeitnehmer war.BAG, NZA 2015, 426, Rn. 11
Von der Sozialauswahl ausgenommen sind Arbeitnehmer, deren Weiterbeschäftigung aufgrund ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur im Interesse des Betriebes liegt, § 1 Abs. 3 S. 2 KSchG.
Relevanter Zeitpunkt, um zu beurteilen, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt ist, ist der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung bei dem betroffenen Arbeitnehmer.BAG, NZA 2005, 1307 (1308)
Erhebt der Arbeitnehmer nach einer betriebsbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber keine Kündigungsschutzklage, so hat er Anspruch auf eine Abfindung, § 1a Abs. 1 S. 1 KSchG. Erforderlich für den Abfindungsanspruch ist der Hinweis des Arbeitgebers, dass es sich um eine betriebsbedingte Kündigung handelt und dass der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Frist eine Abfindung beantragen kann, § 1a Abs. 1 S. 2 KSchG.
Kündigungsfrist
Gem. § 622 Abs. 1 BGB kann mit einer Frist von vier Wochen zum 15. Tag eines Kalendermonats oder zum Monatsende gekündigt werden. Diese Frist verlängert sich nach § 622 Abs. 2 BGB für eine vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung je nach Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers. § 622 Abs. 3 BGB enthält eine Mindestkündigungsfrist von zwei Wochen während einer gesondert zu vereinbarenden Probezeit, die längstens von sechsmonatiger Dauer sein darf.
Beispiel
Ein Mitarbeiter erhält am 1. Februar die ordentliche Kündigung zum 28. Februar. Das Arbeitsverhältnis besteht noch keine zwei Jahre. Es gilt eine Kündigungsfrist von vier Wochen zum Monatsende, vgl. § 622 Abs. 1 BGB. Der Tag der Aushändigung der Kündigung wird nicht eingerechnet. Die Frist beginnt daher am 2. Februar. Daher kann bis zum Ende des laufenden Monats die Frist von vier Wochen nicht mehr eingehalten werden. Das Arbeitsverhältnis endet daher erst am 31. März.
Ein anderer Mitarbeiter ist bereits mehr als zwei Jahre im Unternehmen beschäftigt. Es gilt eine Kündigungsfrist von einem Monat zum Ende des Kalendermonats; vgl. § 622 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Soll das Arbeitsverhältnis zum 30.11. gekündigt werden, muss die Kündigung also spätestens am 31.10. des laufenden Jahres ausgesprochen werden.
Eine Mitarbeiterin ist bereits seit 17 Jahren im Unternehmen beschäftigt. Es gilt eine Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Monatsende, vgl. § 622 Abs. 2 Nr. 6 BGB. Soll die Arbeitnehmerin zum 31.12. ordentlich gekündigt werden, muss die Kündigung spätestens bis zum 31.6. ausgesprochen werden.
Unter den Voraussetzungen des § 622 Abs. 5 Nr. 1 BGB kann einzelvertraglich eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist vereinbart werden. Im Übrigen haben es nur die Tarifparteien in der Hand, die Fristen zu verkürzen, § 622 Abs. 4 S. 1 BGB.
Wird die einzuhaltende Kündigungsfrist zu kurz berechnet, ergibt sich aber aus dem Kündigungsschreiben im Wege der Auslegung, dass eine Kündigung zum richtigen Endtermin gewollt war, ist die Kündigung gem. § 4 KSchG i.V.m. § 7 KSchG als wirksam anzusehen, und zwar mit dem richtigen Endtermin. Will der gekündigte Arbeitnehmer nur auf Einhaltung seiner Kündigungsfrist und entsprechender auf Lohnfortzahlung pochen, braucht er daher nicht innerhalb der für Kündigungsschutzklagen geltenden Dreiwochenfrist Klage erheben.
Kein Ausschluss der Kündigung
Außerdem darf die Kündigung nicht ausgeschlossen sein. Die ordentliche Kündigung kann z.B. durch einen Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder den Arbeitsvertrag ausgeschlossen sein. Auch bei einem befristeten Arbeitsverhältnis ist eine ordentliche Kündigung in der Regel nicht möglich, § 15 TzBfG. Die Parteien können jedoch Entsprechendes vereinbaren, § 15 Abs. 3 TzBfG.
Hinweis
Das Recht zur außerordentlichen Kündigung ist nicht abdingbar.
Zustimmungsbedürftigkeit, Anhörung des Betriebsrates und ggf. Anzeigebedürftigkeit
Vereinzelt ordnet das Gesetz das Erfordernis einer Zustimmung durch Dritte an. Diese müssen berücksichtigt werden, z.B. Zustimmung des Integrationsamtes (§ 168 SGB IX) im Fall des besonderen Kündigungsschutzes bei Schwerbehinderten (s. auch in diesem Abschnitt).
Weitere Wirksamkeitsvoraussetzung einer Kündigung eines Arbeitnehmers kann die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats sein, wenn für ihn das BetrVG gilt. Gemäß § 102 Abs. 1 S. 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung anzuhören. Dabei muss der Arbeitgeber die Kündigungsabsicht, die Art der Kündigung – ordentlich oder außerordentlich – mitteilen, sowie die Gründe für die Kündigung (§ 102 Abs. 1 S. 2 BetrVG). Er muss die Person des Arbeitnehmers und seine Sozialdaten nennen (bei der personenbedingten Kündigung auch die Sozialdaten vergleichbarer Arbeitnehmer und die Gründe, warum er den betroffenen Arbeitnehmer ausgewählt hat), sowie Umstände, die einen besonderen Kündigungsschutz begründen können. Ist das KSchG anwendbar (s. dazu in diesem Abschnitt), so muss er auch mitteilen, ob die Kündigung auf personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe gestützt werden soll.
Es gilt der Grundsatz der sog. subjektiven Determinierung. Das heißt, der Arbeitgeber muss den Betriebsrat über die Tatsachen informieren, die, seiner Ansicht nach, die Kündigung rechtfertigen. Er muss dem Betriebsrat bei der Anhörung die von ihm als ausschlaggebend angesehenen Kündigungsgründe derart beschreiben, dass der Betriebsrat ohne Weiteres deren Schlüssigkeit prüfen und sich eine Überzeugung bilden kann. Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese nach § 102 Abs. 2 S. 1 BetrVG unter der Angabe der Gründe dem Arbeitgeber innerhalb einer Woche mitzuteilen. Für die außerordentliche Kündigung gilt höchstens eine Frist von drei Tagen, vgl. § 102 Abs. 2 S. 3 BetrVG. Es handelt sich dabei um eine Äußerungsfrist. Die Regelung will sicherstellen, dass eine Einwirkungsmöglichkeit auf den Arbeitgeber tatsächlich gegeben ist. Es ist nicht ausreichend, dass das Anhörungsverfahren lediglich vor Zugang der Kündigung abgeschlossen ist, da ansonsten der Arbeitgeber die Möglichkeit der Einflussnahme des Betriebsrats abkürzen könnte.
Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn im Einzelfall zuverlässig eine Verhinderung des Zugangs der Kündigung noch möglich ist und daher gewährleistet wird, dass der Arbeitgeber sich mit der Stellungnahme des Betriebsrates noch auseinandersetzen kann.
Beispiel
Der Arbeitgeber lässt das Kündigungsschreiben fertigstellen, verpackt es in einen frankierten Umschlag und wartet mit dem Absenden ab, bis die Frist des § 102 Abs. 2 BetrVG abgelaufen ist.
Der Arbeitgeber muss den vom Betriebsrat angemeldeten Bedenken gegen eine Kündigung nicht folgen, er ist in seiner Entscheidung frei. Unter den Voraussetzungen des § 102 Abs. 3 BetrVG kann der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung widersprechen. Der Widerspruch ist Voraussetzung für einen Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers, § 102 Abs. 5 BetrVG. Der Betriebsrat kann der Kündigung auch zustimmen oder auf eine Stellungnahme verzichten.
Unterlaufen im Anhörungsverfahren Fehler, die der Sphäre des Betriebsrats zuzuordnen sind, so bleibt dies ohne Auswirkung auf die Wirksamkeit der Kündigung, es sei denn, der Fehler hat dem Arbeitgeber sich offensichtlich aufgedrängt.
Handelt es sich um eine Massenentlassung und ist das Kündigungsschutzgesetz anwendbar, ist § 17 KSchG zu beachten. Solche Massenentlassungen müssen der Bundesagentur für Arbeit angezeigt werden. Die Anzeige muss vor Ausspruch der Kündigung erfolgen.
Hinweis
Der Arbeitgeber muss darauf achten, dass er das Verfahren nach § 17 KSchG ordnungsgemäß einhält. Eine fehlerhafte Anzeige von Massenentlassungen kann zur Rechtswidrigkeit der Kündigungen führen. So war beispielsweise die Kündigungsschutzklage eines Arbeitnehmers erfolgreich, weil der Arbeitgeber der schriftlichen Anzeige an die Bundesagentur für Arbeit keine Stellungnahme des Betriebsratsgremiums beigefügt hatte, § 17 Abs. 3 S. 2 KSchG. Der Beklagte konnte auch nicht nachweisen (§ 17 Abs. 3 S. 3 KSchG), dass er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor der Anzeigeerstattung unterrichtet hatte. Daher war die Massenentlassungsanzeige unwirksam, in deren Folge auch die Kündigung. Dies folge aus einer unionsrechtskonformen Auslegung des § 17 Abs. 3 KSchG, welcher eine Verbotsnorm i.S.d. § 134 BGB darstelle, so die Richter. Damit beantwortete das BAG die lange umstrittene Frage, welche Konsequenzen eigentlich ein Verstoß gegen § 17 KSchG hat.
Besonderer Kündigungsschutz
Bestimmte Personengruppen können sich auf einen besonderen gesetzlichen Kündigungsschutz zurückziehen. Greifen die nachfolgend genannten Schutznormen ein, ist die ausgesprochene Kündigung gemäß § 134 BGB unwirksam.
Hinweis
Schlagen Sie jeweils die Ihnen wahrscheinlich noch unbekannten Paragrafen des SGB IX, MuSchG, BEEG, KSchG und BDSG nach, um den nachfolgenden Erläuterungen folgen zu können.
Schwerbehinderte Menschen
Schwerbehinderte Menschen genießen gemäß § 168 SGB IX grundsätzlich auch gegenüber der außerordentlichen Kündigung den gesetzlichen Kündigungsschutz (vgl. § 174 SGB IX). Das hierbei zuständige Integrationsamt muss sich jedoch an verkürzte Fristen halten (§ 174 Abs. 2 und 3 SGB IX).
§ 2 Abs. 2 SGB IX bestimmt, wer als schwerbehindert i.S.d. SGB IX zählt. Demnach sind Menschen schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie im Geltungsbereich des deutschen Sozialgesetzbuchs wohnen oder arbeiten. Der Grad der Behinderung (GdB) beziffert die Schwere einer Behinderung. Er ist also das Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Er kann zwischen 20 und 100 liegen.
Um den Grad der Behinderung festzustellen, ist ein ärztliches Begutachtungsverfahren erforderlich, das auf Antrag durchgeführt wird. Bei mehreren Beeinträchtigungen wird ein sog. Gesamt-GdB ermittelt. Die Kriterien für die Bestimmung des Grades der Behinderung sind die Versorgungsmedizinischen Grundsätze der „Versorgungsmedizin-Verordnung“.
Der besondere Kündigungsschutz gilt nicht nur für schwerbehinderte Menschen, sondern auch für Personen, die i.S.d. § 2 Abs. 3 SGB IX einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind. Die Bundesagentur für Arbeit stellt behinderte Menschen den schwerbehinderten Menschen gleich, wenn sie einen Grad der Behinderung zwischen 30 und 50 haben, im Geltungsbereich des SGB IX wohnen oder arbeiten und wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 SGB IX nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen). Die Gleichstellung wird nach einem Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit ausgesprochen. Die Gleichstellung wird mit dem Tag des Eingangs des Antrags wirksam. Sie kann befristet werden. Die dort angegebenen Werte stellen eine Orientierung für die Ermittlung des GdB dar. Die konkrete Ermittlung ist jedoch stets vom Einzelfall abhängig.
Hinweis
Im Hinblick auf Schwerbehinderte Menschen hat der Arbeitgeber nicht nur bei der Kündigung besondere Pflichten. Private und öffentliche Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich monatlich mindestens 20 Arbeitsplätzen haben nach § 154 Abs. 1 S. 1 SGB IX auf wenigstens 5 Prozent der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen. Dabei sind schwerbehinderte Frauen besonders zu berücksichtigen. Solange Arbeitgeber die vorgeschriebene Zahl schwerbehinderter Menschen nicht beschäftigen, müssen sie für jeden unbesetzten Pflichtarbeitsplatz für schwerbehinderte Menschen eine Ausgleichsabgabe entrichten, § 160 Abs. 1 S. 1 SGB IX, die die Pflicht zur Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen jedoch nicht aufhebt. Sie beträgt, abhängig von der tatsächlichen Quote, 125 Euro – 320 Euro. Die Ausgleichsabgabe erhöht sich entsprechend der Veränderung der Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV. Sie erhöht sich zum 1. Januar eines Kalenderjahres, wenn sich die Bezugsgröße seit der letzten Neubestimmung der Beträge der Ausgleichsabgabe um wenigstens 10 Prozent erhöht hat. Weitere Pflichten des Arbeitgebers ergeben sich aus den §§ 160 ff. SGB IX. So ist der Arbeitgeber beispielsweise verpflichtet, zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können.
Mutterschutz
Besonders vor Kündigungen geschützt sind auch Frauen während der Schwangerschaft und in den ersten vier Monaten nach der Entbindung, § 17 Abs. 1 MuSchG. Voraussetzung ist, dass dem Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung die Schwangerschaft oder die Entbindung bekannt gewesen ist oder ihm dies innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. Aus diesem Grund sieht auch § 15 MuSchG vor, dass eine schwangere Frau ihrem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft und den voraussichtlichen Tag der Entbindung mitteilen soll, sobald sie weiß, dass sie schwanger ist. Eine stillende Frau soll ihrem Arbeitgeber so früh wie möglich mitteilen, dass sie stillt. Auf Verlangen des Arbeitgebers soll eine schwangere Frau als Nachweis über ihre Schwangerschaft ein ärztliches Zeugnis oder das Zeugnis einer Hebamme oder eines Entbindungspflegers vorlegen.
Eine Versäumung der 2-Wochen-Frist ist unschädlich, wenn sie auf einem von der Frau nicht zu vertretenden Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn sie selbst erst drei Wochen nach Ausspruch der Kündigung von ihrer Schwangerschaft erfährt (Schutzfrist, § 3 Abs. 2 MuSchG).
Der Arbeitgeber kann die besonders geschützte Arbeitnehmerin wirksam kündigen, wenn er eine Zustimmung der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde gem. § 17 Abs. 2 MuSchG erhalten hat. Die Behörde kann nach dieser Vorschrift aus besonderen Gründen, die nicht mit dem Zustand einer Frau während der Schwangerschaft zusammenhängen, ausnahmsweise die Kündigung für zulässig erklären.
Hinweis
Neben dem besonderen Schutz ergeben sich für den Arbeitgeber weitere Pflichten in Bezug auf werdende oder stillende Mütter. Eine besondere Schutzfrist gilt beispielsweise in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung. In dieser Zeit darf der Arbeitgeber eine schwangere Frau nicht beschäftigen, soweit sie sich nicht zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit erklärt (§ 3 Abs. 1 MuSchG). Sie kann die Erklärung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Dies gilt auch für die Zeit nach der Entbindung: Der Arbeitgeber darf eine Frau bis zum Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung nicht beschäftigen (sog. Schutzfrist nach der Entbindung). Die Schutzfrist nach der Entbindung verlängert sich auf zwölf Wochen bei Frühgeburten, bei Mehrlingsgeburten und, wenn vor Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung bei dem Kind eine Behinderung ärztlich festgestellt wird.
Nach § 16 MuSchG darf der Arbeitgeber eine schwangere Frau nicht beschäftigen, soweit nach einem ärztlichen Zeugnis ihre Gesundheit oder die ihres Kindes bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist. Außerdem darf er eine Frau, die nach einem ärztlichen Zeugnis in den ersten Monaten nach der Entbindung nicht voll leistungsfähig ist, nicht mit Arbeiten beschäftigen, die ihre Leistungsfähigkeit übersteigen.
Stillenden Müttern ist auf Verlangen die erforderliche Zeit zum Stillen freizugeben. Die Stillzeit ist Arbeitszeit und darf weder vor- oder nachgearbeitet werden noch darf eine Minderung des Arbeitsentgelts eintreten (§ 7 MuSchG).
Des Weiteren hat der Arbeitgeber die weiteren Vorgaben der §§ 3 ff. MuSchG zu beachten, wie z.B. das Verbot der Mehrarbeit oder auch das Verbot der Nacharbeit.
Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bei Schwangerschaft und Mutterschaft ergeben sich aus § 24c SGB V. Sie umfassen ärztliche Betreuung und Hebammenhilfe, Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Entbindung, häusliche Pflege, Haushaltshilfe und auch das sog. Mutterschaftsgeld. Der Anspruch für gesetzlich versicherte Frauen ergibt sich aus §§ 19, 20 MuSchG und wird in § 24i SGB V näher ausgestaltet.
Arbeitnehmer in Elternzeit
Arbeitnehmer, die sich in der Elternzeit befinden, unterliegen besonderem Kündigungsschutz gem. § 18 des Gesetzes zum Elterngeld und Elternzeit (BEEG). Der Arbeitgeber darf das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt, von dem an Elternzeit verlangt worden ist, höchstens jedoch acht Wochen vor Beginn der Elternzeit, und während der Elternzeit nicht kündigen.
Auch hier kann die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde ausnahmsweise eine Kündigung für zulässig erklären. Der Kündigungsschutz gilt auch, wenn der Arbeitnehmer während der Elternzeit bei seinem Arbeitgeber Teilzeitarbeit leistet, § 18 Abs. 2 BEEG.
Datenschutzbeauftragter
§ 6 Abs. 4 BDSG garantiert einen besonderen Kündigungsschutz für den Beauftragten für den Datenschutz. Danach ist die Abberufung der oder des Datenschutzbeauftragten ist nur in entsprechender Anwendung des § 626 BGB zulässig. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die die öffentliche Stelle zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Der Datenschutzbeauftragte eines Betriebes kann also nur aus wichtigem Grund (= außerordentlich) gekündigt werden.
Nach dem Ende der Tätigkeit als Datenschutzbeauftragte oder als Datenschutzbeauftragter ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich innerhalb eines Jahres unzulässig, außer, es liegt ein wichtiger Grund vor.
Mitglieder und Wahlbewerber der Betriebsverfassungsorgane
§ 15 KSchG gewährleistet besonderen Kündigungsschutz für den Betriebsrat, andere Interessenvertreter, Wahlbewerber und Wahlvorstand. § 15 Abs. 1 KSchG sieht den Ausschluss der ordentlichen Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung, einer Bordvertretung oder eines Seebetriebsrats vor. Eine außerordentliche Kündigung ist nur mit Zustimmung des Betriebsrats gem. § 103 BetrVG möglich. Gem. § 15 Abs. 2 KSchG wirkt dieser Schutz noch ein Jahr (im Falle der Bordvertretung ein halbes Jahr) nach Beendigung des Amtes nach. Er ist aber in dieser Phase insoweit gelockert, als eine Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 BetrVG nicht mehr notwendig ist. Hier braucht es also im Normalfall „nur“ einen wichtigen Grund i.S.d. § 626 BGB und einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats. Eine Ausnahme vom Erfordernis des wichtigen Grundes sieht § 15 Abs. 1 a.E. KSchG vor. Demnach kann auch ordentlich gekündigt werden, wenn die Beendigung der Mitgliedschaft auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht.
§ 15 Abs. 2 KSchG bezieht sich auf Mitglieder öffentlich-rechtlicher Interessenvertretungen und sieht für diese den gleichen Schutz vor wie den oben beschriebenen für die Mitglieder der Gremien des Privatrechts. Besonders geschützt vor Kündigungen sind auch der Wahlvorstand und Wahlbewerber, vgl. dazu § 15 Abs. 3 und 4 KSchG.
Kündigungsschutzklage
Die Kündigungsschutzklage ist ein Instrument, mithilfe dessen sich ein Arbeitnehmer gegen seine Kündigung wehren kann. Es handelt sich dabei um eine Klage, die darauf gerichtet ist, vom Arbeitsgericht feststellen zu lassen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Einen Überblick über die Kündigungsschutzklage erhalten Sie in dem folgenden Video:
Eine Kündigungsschutzklage ist begründet, wenn die ausgesprochene Kündigung unwirksam ist. Will der Arbeitnehmer sich auf den Kündigungsschutz des KSchG berufen, muss er die angeblich fehlende soziale Rechtfertigung selbst im Rahmen einer Kündigungsschutzklage geltend machen. Gem. § 4 S. 1 KSchG muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung beim Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erheben. Nach §§ 187, 188 Abs. 2 BGB endet die Frist mit Ablauf des gleichen Wochentags der dritten Woche.
Beispiel
Erhält der Arbeitnehmer die Kündigung am Dienstag, 05.03., so muss er spätestens bis Dienstag, 26.03., 24 Uhr, Klage beim Arbeitsgericht gegen die Kündigung erheben.
Versäumt er diese Frist, gilt die Kündigung als von Anfang an wirksam, § 7 KSchG.
Hinweis
Merken Sie sich also: Eine Kündigungsschutzklage muss unter Wahrung der 3-Wochen-Frist eingelegt werden! Entscheidend ist der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung.
Vorsicht
Genau das Gesetz lesen! Die Regelungen der §§ 4 bis 7 KSchG und § 13 KSchG gelten nicht nur für die Kündigungsschutzklage nach dem KSchG, sondern müssen auch eingehalten werden, wenn der Arbeitnehmer nicht den allgemeinen Schutz dieses Gesetzes genießt, vgl. § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG!
Die 3-Wochen-Frist kann jedoch in Ausnahmefällen gem. § 5 Abs. 1 KSchG verlängert werden. Nach dieser Vorschrift ist eine verspätet eingereichte Klage nachträglich zuzulassen, wenn der Arbeitnehmer nach erfolgter Kündigung trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung zu erheben. Der entsprechende Antrag muss nach § 5 Abs. 3 KSchG innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses gestellt werden. Ausgeschlossen ist eine nachträgliche Zulassung der Klage nach Ablauf von sechs Monaten, vom Ende der versäumten Frist an gerechnet.
Beispiel
Dies kann der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer krankheitsbedingt oder wegen längerer Urlaubsabwesenheit keine Möglichkeit hatte, selbst oder durch einen beauftragten Dritten rechtzeitig Klage zu erheben. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Arbeitnehmer mit seiner Kündigung rechnen musste. In diesem Fall muss er entsprechende Maßnahmen für die Möglichkeit der Kenntnisnahme treffen.


