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Arbeits- und Sozialversicherungsrecht (Mündliche Prüfung)

Begriffe des Arbeitsrechts

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Grundbegriffe

Zunächst ist es wichtig, dass Sie einige arbeitsrechtliche Grundbegriffe kennen. Wie in jedem Gebiet, kann man hierdurch direkt sein Verständnis der Materie demonstrieren und findet sich so auch besser in dem Rechtsgebiet als solchem zurecht. 

Zu den arbeitsrechtlichen Begriffen schauen wir uns zunächst das folgende Lernvideo an:

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Arbeitsvertrag und Arbeitnehmer

 

Zentrale Frage des Arbeitsrechts ist die Frage, ob eine Person Arbeitnehmer ist, d.h., ob ein Arbeitsvertrag vorliegt. Nur dann können arbeitsrechtliche Normen angewendet werden.

Hinweis

Für Arbeitnehmer gelten – ähnlich wie für Mieter und für Verbraucher – eine Reihe von Schutzvorschriften. Auch können nur Arbeitnehmer bei Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses (Kündigungsschutzklage) das Arbeitsgericht anrufen, § 2 Abs. 1 Nr. 3b ArbGG.

Nach der Definition des § 611a Abs. 1 BGB erfordert ein Arbeitsverhältnis einen privatrechtlichen Vertrag, die entgeltliche Erbringung einer Dienstleistung im Dienste eines anderen und die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber.

Privatrechtlicher Vertrag 

Das erste Kriterium der Arbeitnehmereigenschaft ist die Begründung des Arbeitsverhältnisses durch einen privatrechtlichen Arbeitsvertrag

Nicht unter den Arbeitnehmerbegriff fallen Beamte. Diese werden durch einen Verwaltungsakt ernannt und stehen in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis.Junker, Grundkurs Arbeitsrecht, 24. Auflage 2025, Rn. 92

Hinweis

Davon abzugrenzen sind Angestellte im öffentlichen Dienst. Diese sind keine Beamten, sondern Arbeitnehmer, ihr Arbeitsverhältnis beruht auf einem privatrechtlichen Vertrag.Junker, Grundkurs Arbeitsrecht, 24. Auflage 2025, Rn. 92

Auch Strafgefangene und Sicherungsverwahrte, die während ihrer Haft Arbeitsleistungen erbringen, sind keine Arbeitnehmer, da sie in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis tätig werden.Junker, Grundkurs Arbeitsrecht, 24. Auflage 2025, Rn. 93

Ebenso nicht unter den Arbeitnehmerbegriff fallen Familienmitglieder, die aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift füreinander tätig werden. Zu nennen sind Kinder, die im elterlichen Haushalt tätig werden (§ 1619 BGB) und Eheleute, die einander beistehen.Vgl. Junker, Grundkurs Arbeitsrecht, 24. Auflage. 2025, Rn. 93

Entgeltliche Erbringung einer Dienstleistung

Weitere Voraussetzung für das Vorliegen eines Arbeitsvertrages ist die entgeltliche Erbringung einer Dienstleistung. 

Eine Dienstleistung liegt vor, wenn ein Tätigwerden des Leistenden geschuldet ist. Abgrenzen lässt sich dies von einem Werkvertrag, bei dem ein konkreter Erfolg geschuldet ist.

Beispiel

Ein Mitarbeiter in der IT wird damit beauftragt, ein Programm zu programmieren. Er erfüllt sein vertragliches Soll bereits dadurch, dass er daran arbeitet, das Programm zu erstellen. Bei einem Werkvertrag dagegen wird das vertragliche Soll erst durch das tatsächlich fertiggestellte Programm erfüllt.

Die Erbringung der Dienstleistung muss zudem entgeltlich erfolgen.Junker, Grundkurs Arbeitsrecht, 24. Auflage 2025, Rn. 94

Beispiel

Eine ehrenamtliche Tätigkeit, bei der karitative und unentgeltliche Tätigkeiten erbracht werden, ist kein Arbeitsverhältnis.BAG, NZA 2012, 1433, Rn. 21

Schließlich folgt aus der Formulierung „im Dienste eines anderen“, dass ein Arbeitnehmer nicht für sich selbst, sondern für fremde Zwecke tätig wird. Durch das Merkmal der Fremdnützigkeit grenzt sich das Arbeitsverhältnis vom Verhältnis eines Gesellschafters zu seiner Gesellschaft ab. Auch ein Gesellschafter kann gem. § 709 Abs. 1 BGB zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichtet sein. Diese Dienste erbringt der Gesellschafter allerdings zur Förderung des gemeinsamen Zwecks (und damit auch für eigene Zwecke) und nicht für einen anderen.Junker, Grundkurs Arbeitsrecht, 24. Auflage 2025, Rn. 95

Persönliche Abhängigkeit

Das letzte und schwierigste Merkmal der Eigenschaft als Arbeitnehmer ist die Erbringung der Dienstleistung in weisungsgebundener, fremdbestimmter und persönlicher Abhängigkeit. In diesem Merkmal unterscheidet sich der Arbeitsvertrag von dem selbständigen Dienstvertrag des § 611 BGB.

Vertiefung

Verhältnis zum Dienstvertrag

Ein Arbeitsvertrag ist ein Unterfall des „normalen” Dienstvertrages, bei dem keine persönliche Abhängigkeit besteht. Dies ist Ihnen vielleicht schon mal in der Unterscheidung von freien Mitarbeitern („normaler” Dienstvertrag) und Arbeitnehmern (Arbeitsvertrag) begegnet.

Die persönliche Abhängigkeit resultiert aus der Weisungsgebundenheit. Nach der Legaldefinition des § 611a Abs. 1 S. 3 BGB ist weisungsgebunden, wer seine Tätigkeit nicht im Wesentlichen frei gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.

Beispiel

C arbeitet als Kassiererin im Laden des E. E hat für seine Mitarbeiterinnen einen Dienstplan ausgearbeitet, in dem die jeweiligen Arbeitszeiten notiert sind. C kann ihre Tätigkeit also nicht frei gestalten. Ihr Arbeitsort ist der Laden des E, die Lage ihrer Arbeitszeit bestimmt ebenfalls E.

Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab, § 611a Abs. 1 S. 4 BGB. Insgesamt ist für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen, § 611a Abs. 1 S. 5 BGB. Anhaltspunkte für eine persönliche Abhängigkeit sind etwa:

  • ein Tätigwerden für nur ein Unternehmen,
  • ein fester Dienstplan,
  • die Benutzung von gestellten Betriebsmitteln,
  • eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall,
  • das Nichtvorliegen eigener Mitarbeiter.Vgl. Dütz/Thüsing, Arbeitsrecht, 29. Auflage 2024, Rn. 36

Anhaltspunkte für selbstständige Arbeit sind: 

  • die freie Einteilung der Arbeitszeit, 
  • eigene Mitarbeiter,
  • die Benutzung eigener Materialien
  • die eigenständige Gestaltung der Preise,
  • eine Umsatzbeteiligung sowie
  • die Tragung der Sachkosten.Vgl. Dütz/Thüsing, Arbeitsrecht, 29. Auflage 2024, Rn. 36

Beispiel

Zeitung P beschäftigt A als Fotografin. Die Fotos macht A von bestimmten, für P interessanten Ereignissen. A bekommt für eine bestimmte Anzahl von Bildern eine Pauschale. Werden mehr als die von der Pauschale abgedeckten Bilder veröffentlicht, bekommt A diese gesondert vergütet. Um die Abführung der Steuern muss sich A selbst kümmern. A bekommt auch während ihres Urlaubs 18 Tage die Pauschalvergütung bezahlt. Um ihre Ausrüstung muss sich A selbst kümmern. Sie kann ihre Bilder entwickeln, wo sie will, und sie hat das Recht, die Bilder an andere Zeitungen zu verkaufen oder sonst gewinnbringend zu verwerten. Schließlich ist vertraglich nicht ausgeschlossen, dass A für andere arbeitet. 


In dem soeben beschriebenen Fall sind weder der privatrechtliche Vertrag noch die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen für einen anderen problematisch. Vielmehr kommt es allein auf die Fragestellung an, ob A persönlich abhängig tätig ist. 


Gegen die persönliche Abhängigkeit spricht, dass A ihr Material selbst stellen muss. Auch kann A mehr als die in der Pauschale vereinbarten Bilder machen und so selbst festlegen, wie viel sie arbeiten möchte. Es liegt also keine Mindestarbeitszeit vor. Zudem kann A ihre Bilder weiter wirtschaftlich verwerten (z.B. indem sie sie auch an andere Zeitungen verkauft) und für andere tätig werden. 


Für die persönliche Abhängigkeit der A spricht zunächst die Weiterzahlung der Pauschale im Urlaub und die Tatsache, dass A die Fotos zu bestimmten Terminen machen muss, an denen die Ereignisse stattfinden, die P interessieren. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass gem. §§ 1, 2 S. 2 BUrlG auch arbeitnehmerähnlichen Personen ein Urlaubsanspruch zusteht. Auch spricht allein die Tatsache, dass Bilder zu bestimmten Zeiten gemacht werden, nicht gegen die persönliche Abhängigkeit. Bei einem Fotografen liegt es gerade in der Natur des Berufes, dass dieser sich nach den Terminen bestimmter Ereignisse richten muss. Zudem kann A die Fotos entwickeln, wann sie möchte, sie ist also nur zeitlich gebunden, soweit die Arbeit als Fotograf dies notwendigerweise voraussetzt. 


Im Ergebnis ist A nicht als Arbeitnehmerin einzuordnen, da die Gesamtbetrachtung einen freien Dienstvertrag ergibt. Allein aus einigen zeitlichen Vorgaben und der Zahlung einer Vergütung im Urlaub ergibt sich noch keine Eigenschaft als Arbeitnehmerin.vgl. BGH, NZA 1992, 835 

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Scheinselbstständigkeit

Ein immer wieder vorkommendes Problem ist die sog. Scheinselbstständigkeit. Eine Scheinselbstständigkeit liegt vor, wenn der Vertrag auf eine Beschäftigung als freier Mitarbeiter angelegt ist, der Dienstleistende aber tatsächlich die Merkmale eines Arbeitnehmers erfüllt.


Gem. § 611a Abs. 1 S. 6 BGB kommt es in einem solchen Fall nicht auf die Bezeichnung in dem Vertragsdokument an, sondern auf die tatsächliche Durchführung des Vertrages. Es ist also irrelevant, ob der Arbeitsvertrag etwa als „Anstellungsvertrag“ oder als „Vertrag für eine freie Mitarbeit“ tituliert ist. Es ist allein die Gesamtbetrachtung nach den oben angeführten Kriterien entscheidend.


Liegt eine Scheinselbstständigkeit vor, kann sich der Arbeitnehmer vollständig auf die arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften berufen. Ggf. muss die Vergütung angepasst werden, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass das Gehalt, das einem freien Mitarbeiter gezahlt wird, dem eines Arbeitnehmers entspricht.Dütz/Thüsing, Arbeitsrecht, 29. Auflage 2024, Rn. 37a. m.w.N.

Vertiefung

Merkmal der Weisungsgebundenheit bei hochqualifizierten Tätigkeiten

Gerade bei hochqualifizierten Tätigkeiten – wie etwa bei Ihnen als Steuerberater – kann die Weisungsgebundenheit eingeschränkt sein „und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein.”LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17.3.2023 – L 2 BA 38/22, DStRE 2024, 506, Rn. 36 Mit dem Merkmal der Weisungsgebundenheit ist in der Praxis also Vorsicht geboten – es darf nicht vorschnell davon ausgegangen werden, dass kein Arbeitsverhältnis vorliegt. Gehen die Parteien von einem freien Dienstverhältnis aus, liegt aber tatsächlich eine abhängige Beschäftigung vor, so kann dies verheerende Folgen haben, da für abhängig Beschäftigte Sozialversicherungsbeiträge zu bezahlen sind. Im schlimmsten Fall steht eine Strafbarkeit wegen Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) im Raum. In der Praxis kann dieses Problem dadurch umgangen werden, dass bei der Deutschen Rentenversicherung ein sog. Statusfeststellungsverfahren (§ 7a SGB IV) durchgeführt wird.

 

Arbeitgeber

Vertragspartner des Arbeitnehmers ist der Arbeitgeber. Arbeitgeber ist, wer Arbeitnehmer beschäftigt. Um den Begriff des Arbeitgebers zu definieren, ist also auf den oben beschriebenen Begriff des Arbeitnehmers zurückzugreifen.

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