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Arbeits- und Sozialversicherungsrecht (Mündliche Prüfung) - Arbeitsrecht - Rechte & Pflichten der Vertragsparteien

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Arbeits- und Sozialversicherungsrecht (Mündliche Prüfung)

Arbeitsrecht - Rechte & Pflichten der Vertragsparteien

Rechte und Pflichten der Vertragsparteien

Den Arbeitsvertragsparteien kommen im Arbeitsverhältnis verschiedene Rechte und Pflichten zu. Diese Pflichten kann man in Leistungspflichten und Nebenpflichten unterteilen. Die Leistungspflichten kann man wiederum in Hauptleistungspflichten und Nebenleistungspflichten untergliedern.

Vertiefung

Unterscheidung von Hauptleisungs-, Nebenleistungs- und Nebenpflichten

Hauptleistungspflichten bestimmen den Charakter des  Schuldverhältnisses.Medicus/Lorenz, SchuldR AT, 22. Auflage 2021, § 13, Rn. 10 Nebenleistungspflichten ergänzen und unterstützen die Hauptleistung, sind aber anders als die Hauptleistung nicht prägend für den Vertragstyp.Medicus/Lorenz, SchuldR AT, 22. Auflage 2021, § 13, Rn. 11

Den Leistungspflichten gegenüber stehen Nebenpflichten, welche nicht der Erfüllung der Leistung dienen, sondern zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten, § 241 Abs. 2 BGB.Vgl. Junker, Grundkurs Arbeitsrecht, 24. Auflage 2025, Rn. 200

 

Hauptleistungspflichten

Arbeitnehmer

Die Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers ist das Erbringen der Arbeitsleistung. Der Arbeitgeber hat im Zweifel einen Anspruch darauf, dass der Arbeitnehmer seine Arbeit persönlich erbringt (§ 613 S. 1 BGB). Parallel dazu kann auch der Arbeitgeber seinen Anspruch auf Erbringung der Arbeitsleistung im Zweifel nicht übertragen (§ 613 S. 2 BGB).

Der Umfang der Arbeitspflicht wird durch das Weisungsrecht des Arbeitgebers (§ 106 S. 1 GewO) konkretisiert. Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. 

Beispiel

S ist im Geschäft des P als Verkäuferin angestellt. P kann S auftragen, von nun an ausschließlich in der Schuhabteilung tätig zu sein. Nicht von seinem Weisungsrecht wäre die Weisung gedeckt, dass S von jetzt an als Sekretärin arbeiten solle, da dies der Tätigkeitsbeschreibung im Arbeitsvertrag der S widerspricht.

Beispiel

G weist H an, ab jetzt dreimal die Woche 13 Stunden zu kommen, um weniger Personalwechsel über den Tag zu haben. Diese Weisung ist unzulässig. Gemäß § 3 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht übersteigen und nur unter bestimmten Voraussetzungen auf zehn Stunden am Tag heraufgesetzt werden.

Bei der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung handelt es sich in der Regel um eine absolute Fixschuld.Waltermann, Arbeitsrecht, 20. Auflage 2021, Rn. 217 Mit Zeitablauf wird die Erbringung der Arbeitsleistung daher unmöglich (§ 275 Abs. 1 BGB), der Anspruch geht unter. Aufgrund der Unmöglichkeit der Leistung entfällt nach § 326 Abs. 1 BGB auch die Pflicht des Gläubigers zur Erbringung der Gegenleistung, also die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung des Lohns. 

Vertiefung

Rechtsfolge bei Nichterbringung der Arbeitsleistung

Entsteht dem Arbeitgeber durch die Nichtleistung des Arbeitnehmers ein Schaden kann dieser – bei Vorliegen der Voraussetzungen – Schadensersatz verlangen, §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283, 275 BGB.

 Arbeitgeber

Als Pendant zur Arbeitspflicht des Arbeitnehmers ist die Hauptpflicht des Arbeitgebers die Zahlung des Arbeitsentgelts.

Die Vertragsfreiheit hinsichtlich der Vereinbarung der Lohnhöhe wird nach unten durch das Mindestlohngesetz beschränkt. § 1 Abs. 1 MiLoG gewährt dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns.

Hinweis

 Die Höhe des Mindestlohns wird von der Mindestlohnkommission festgelegt, § 9 MiLoG.

In Bezug auf das Arbeitsentgelt gelten gemäß den §§ 850 ff. ZPO besondere Pfändungsvorschriften. So ist das Arbeitsentgelt z.B. gemäß § 850c ZPO unter einer gewissen Grenze nicht pfändbar.

Nebenleistungspflichten

Arbeitnehmer

Neben der Erbringung der Arbeitsleistung als Hauptleistung trifft den Arbeitnehmer die Nebenleistungspflicht, Vorteile, die er im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis erlangt hat, herauszugeben. Diese Pflicht folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 667 Alt. 2 BGB.BAG, NZA 2006, 1089, Rn. 20 f.

Beispiel

Derartige Vorteile können z.B. in Bonusmeilen liegen, die der Arbeitnehmer für Dienstreisen bekommen hat.BAG, NZA 2006, 1089

Arbeitgeber

Den Arbeitgeber trifft die Nebenleistungspflicht, dem Arbeitnehmer den ihm zustehenden Erholungsurlaub zu gewähren. Gemäß § 3 Abs. 2 BurlG hat jeder Arbeitnehmer einen Anspruch auf mindestens 24 Urlaubstage, ausgehend von einer Sechs-Tage-Woche. Bei einer Fünf-Tage-Woche reduziert sich der Mindestanspruch auf 20 Urlaubstage. 

Hinweis

§ 3 BUrlG garantiert nur einen Mindestanspruch, mehr Urlaubstage können die Parteien also immer vereinbaren. Neben arbeitsvertraglichen Regelungen ergibt sich ein höherer Urlaubsanspruch auch oft aus Tarifverträgen. 

Vertiefung

Möglichkeit des Verfalls des Urlaubsanspruchs

Nimmt ein Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch nicht in Anspruch, so kann dieser grundsätzlich verfallen. Hierfür gelten allerdings strenge Anforderungen: Nach der Rechtsprechung muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer dazu auffordern, seinen Urlaub zu nehmen, und ihn eindeutig und rechtzeitig darüber in Kenntnis setzen, dass der Urlaubsanspruch verfällt, wenn kein Urlaub genommen wird.Kraayvanger/Siegel, NZA 2025, 151

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht nur bezahlen, sondern ihn als Nebenleistungspflicht auch beschäftigen (Beschäftigungspflicht).Waltermann, Arbeitsrecht, 20. Auflage 2021, Rn. 211 Grund dafür ist, dass die Anerkennung eines Menschen in der Gesellschaft mitunter auch davon abhängt, ob dieser Teil der Berufsgemeinschaft ist und arbeitend etwas zur Gesellschaft beiträgt. Besteht ein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung – etwa während des Ablaufs der Kündigungsfrist –, kann die Beschäftigungspflicht entfallen.Vgl. BAG, BeckRS 1955, 103569, zu II

Nebenpflichten

Als Nebenpflicht sind beide Arbeitsvertragsparteien allgemein verpflichtet, gemäß § 241 Abs. 2 BGB auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils Rücksicht zu nehmen. 

Verletzen die Vertragsparteien die Rücksichtnahmepflicht, kommt unter anderem ein Schadensersatzanspruch des anderen Teils aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB in Betracht. 

Beispiel

Im Betrieb des B bricht ein Rohr. Arbeitnehmer S sieht dies, teilt es dem B aber nicht mit. Erst zwei Stunden später wird der Rohrbruch von einem anderen Arbeitnehmer entdeckt. Der Mehrschaden durch die verspätete Entdeckung beläuft sich auf 4.000 €. 

S hat die ihm obliegende Nebenpflicht zur Mitteilung von Schäden am Eigentum des B verletzt. B hat gegen S einen Anspruch auf Ersatz des Schadens.Vgl. Dütz/Thüsing, Arbeitsrecht, 29. Auflage 2024, Rn. 208 f.