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Besteuerung der Personengesellschaften - Übertragung eines Mitunternehmeranteils gegen Versorgungsleistungen

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Besteuerung der Personengesellschaften

Übertragung eines Mitunternehmeranteils gegen Versorgungsleistungen

Begriff der Versorgungsleistungen

Mitunternehmeranteile können gegen die Gewährung von wiederkehrenden Leistungen übertragen werden. Bei den wiederkehrenden Leistungen kann es sich um

  1. Versorgungsleistungen,
  2. Unterhaltsleistungen oder um
  3. eine Gegenleistung für die entgeltliche Übertragung des Mitunternehmeranteils

handeln.

Versorgungsleistungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG liegen nach der Rechtsprechung des BFH dann vor, wenn der Mitunternehmeranteil (in der Regel im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge) unentgeltlich übertragen wird und gleichzeitig die Versorgung des Überträgers des Mitunternehmeranteils (zumindest teilweise) dadurch gesichert wird, dass er vom Vermögensübernehmer erwirtschaftete Erträge aus dem übertragenen Mitunternehmeranteil in Form von wiederkehrenden Leistungen erhält (vgl. BFH v. 5.7.1990 – GrS 4-6/89, BStBl. II 1990, 847).

Versorgungsleistungen können ausschließlich in den Fällen vorliegen, wenn die Übertragung des Mitunternehmeranteils als unentgeltlicher Vorgang i.S.d. § 6 Abs. 3 EStG anzusehen ist; die wiederkehrenden Leistungen dürfen daher keine Gegenleistung für die Übertragung des Mitunternehmeranteils anzusehen ist (vgl. BFH v. 12.5.2003 – GrS 1/00, BStBl. II 2004, 95). Die Einordnung der wiederkehrenden Bezüge als Versorgungsleistungen oder Gegenleistung häng davon ab, ob die Vertragsparteien die wiederkehrenden Bezüge nach kaufmännischen Gesichtspunkten haben (Gegenleistung) oder nach dem Versorgungsbedürfnis des Übertragenden und nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Verpflichteten bemessen haben. (vgl. BFH v. 5.7.1990 – GrS 4-6/89, BStBl. II 1990, 847)

Wird der Mitunternehmeranteil unter nahen Angehörigen übertragen, ist im Regelfall davon auszugehen, dass die Vertragsparteien die wiederkehrenden Bezüge nicht wie unter Fremden nach kaufmännischen Gesichtspunkten bemessen haben (vgl. BMF v. 11.3.2010, BStBl. I 2010, 227, Rn. 5), weshalb nach einer widerlegbaren Vermutung von einer Behandlung der wiederkehrenden Leistungen als Versorgungsleistungen auszugehen ist (vgl. BFH v. 20.6.2007 – X R 2/06, BStBl. II 2008, 99).

Unter fremden Dritten ist hingegen grundsätzlich davon auszugehen, dass die wiederkehrenden Leistungen nach kaufmännischen Gesichtspunkten bemessen worden sind, was gegen das Vorliegen von Versorgungsleistungen und stattdessen für eine entgeltliche Gegenleistung spricht. (vgl. BMF v. 11.3.2010, BStBl. I 2010, 227, Rn. 6) 

Diese Vermutung kann insbesondere dann widerlegt werden, wenn nachgewiesen wird, dass der Übernehmer des Mitunternehmeranteils aufgrund besonderer persönlicher (zumeist familienähnlicher) Beziehungen zum Übergeber ein Interesse an der lebenslangen angemessenen Versorgung des Übergebers hat und daher der Versorgungsgedanke im Vordergrund der Bemessung der wiederkehrenden Leistungen steht.

Abgrenzung von Unterhaltsleistungen

Anders als Versorgungsleistungen stehen Unterhaltsleistungen nicht in einem engen Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögen. Bei der Übertragung von Mitunternehmeranteilen gegen wiederkehrende Bezüge, kommen Unterhaltsleistungen nur ausnahmsweise in Betracht. Ein solcher Ausnahmefall liegt nach Rechtsprechung des BFH vor, wenn die wiederkehrenden Bezüge zwar aus den Erträgen des übertragenen Mitunternehmeranteils bezahlt werden können, der übertragene Mitunternehmeranteil jedoch weder nicht über einen positiven Substanzwert noch einen positiven Ertragswert verfügt (vgl. BFH v. 12.5.2003 – GrS 2/00, BStBl. II 2004, 100).

. In diesem Fall liegt nach Auffassung des BFH kein Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung vor, weshalb die wiederkehrenden Bezüge in diesem Fall als Unterhaltszahlungen i.S.d. § 12 Nr. 2 EStG einzuordnen sind. Diese Rechtsprechung des BFH wird jedoch ausdrücklich von der Finanzverwaltung nicht angewandt, nach Auffassung der Verwaltung liegen auch in einem solchen Fall Versorgungsleistungen vor (vgl. BMF v. 11.3.2010, BStBl. I 2010, 227, Rn. 31).

Abgrenzung betriebliche und private Versorgungsleistungen

Betriebliche Versorgungsleistungen

Für steuerliche Zwecke ist zwischen betrieblichen und privaten Versorgungsleistungen zu unterscheiden. Wesentliches Merkmal einer betrieblichen Versorgungsleistung ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH, dass der Gedanke der Entlohnung der früher für den Betrieb der Mitunternehmerschaft geleisteten Dienste im Vordergrund steht (vgl. BFH v. 20.6.2007 – X R 2/06, BStBl. II 2008, 99).

Dieser Gedanke steht insbesondere in den Fällen im Vordergrund, in denen die Versorgungsleistungen an einen früher im Unternehmen der Mitunternehmerschaft tätigen Gesellschafter oder unter Rücksichtnahme auf das geschäftliche Ansehen des Betriebsübernehmers erbracht werden (vgl. BFH v. 12.11.1985 – VIII R 286/81, BStBl. II 1986, 55). Liegt eine betriebliche Versorgungsleistung vor, so sind die laufend gezahlten Versorgungsleistungen bei den leistenden Mitunternehmern als Betriebs – bzw. Sonderbetriebsausgaben gewinnmindernd zu berücksichtigen (vgl. BFH v. 7.4.1994 – IV R 56/92, BStBl. II 1994, 740). Beim Empfänger der betrieblichen Versorgungsleistung führen die Zahlungen zu nachträglichen Sonderbetriebseinnahmen gem. § 24 Nr. 2 EStG i.V.m. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 2. HS. EStG, da die Versorgungsleistung aufgrund der früher für den Betrieb der Mitunternehmerschaft geleisteten Dienste des ausgeschiedenen Mitunternehmers gezahlt werden (vgl. BFH v. 2.12.1997 – VIII R 11/96, BFH/NV 1998, 835).

Private Versorgungsleistungen

Überblick

Eine private Versorgungsleistung liegt nach der Rechtsprechung des BFH hingegen vor, wenn für die Zahlung der Versorgungsleistungen vorrangig erbrechtliche oder andere familiäre Gründe ausschlaggeben sind (vgl. BFH v. 7.4.1994 – IV R 25/93, BFH/NV 1995, 212).

In den Fällen, in denen familiäre Beziehungen zwischen Überträger und Übernehmer des Mitunternehmeranteils bestehen, spricht eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung für das Vorliegen einer privaten Versorgungsleistung (vgl. BFH v. 29.1.1992 – X R 1193/87, BStBl. II 1992, 465). Eine steuerlich begünstigte Übertragung eines Mitunternehmeranteils gegen eine private Versorgungsleistung liegt nur unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG vor.

Gewerbliche Tätigkeit der Mitunternehmerschaft

Wesentliche Voraussetzung ist dabei, dass die Mitunternehmerschaft, an welcher ein Mitunternehmeranteil übertragen wird, originär gewerblich tätig ist, die Übertragung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft oder einer Mitunternehmerschaft, die bloß aufgrund einer gewerblichen Prägung i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerbliche Einkünfte erzielt, ist sowohl nach Ansicht der Rechtsprechung als auch der Finanzverwaltung nicht nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG begünstigt (vgl. BFH v. 22.1.2015 – X B 118/14, BFH/NV 2015/676; BMF v. 11.3.2010, BStBl. I 2010, 227, Rn. 10).

Nicht erforderlich ist hingegen, dass die Mitunternehmerschaft ausschließlich gewerblich tätig ist, eine nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gewerblich infizierte Mitunternehmerschaft ist ebenfalls begünstigt. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bilden Mitunternehmeranteile an vermögensverwaltenden Personengesellschaften, die bloß aufgrund einer Beteiligung an einer gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft gewerblich infiziert sind; eine Übertragung dieser Mitunternehmeranteile ist ebenfalls nicht nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG begünstigt (vgl. BMF v. 11.3.2010, BStBl. I 2010, 227, Rn. 9).

Ausreichend Ertrag bringender Mitunternehmeranteil

Des Weiteren ist erforderlich, dass der Mitunternehmeranteil ausreichend Ertrag bringt, um die Versorgungsleistungen aus diesen Erträgen leisten zu können (vgl. BFH v. 12.5.2003 – GrS 1/00, BStBl. II 2004, 95) .

Hiervon ist auszugehen, wenn die Versorgungsleistungen nach einer überschlägigen Berechnung nicht höher sind als der langfristig erzielbare Ertrag des übertragenen Mitunternehmeranteils (vgl. BMF v. 11.3.2010, BStBl. I 2010, 227, Rn. 27) . Dieser Berechnung können die durchschnittlichen Nettoerträge des Jahres der Übertragung und der beiden vorangegangenen Jahre zugrunde gelegt werden (vgl. BMF v. 11.3.2010, BStBl. I 2010, 227, Rn. 34). Die durchschnittlichen Nettoerträge sind die auf der Grundlage des steuerlichen Gewinns ermittelten Erträge, jedoch erhöht um Absetzungen für Abnutzung und außerordentliche Aufwendungen. Ein Unternehmerlohn ist bei der Ermittlung der Nettoerträge nicht abzuziehen. (vgl. BMF v. 11.3.2010, BStBl. I 2010, 227, Rn. 32 Von einer ausreichenden Ertragslage ist auch dann auszugehen, wenn die Versorgungsleistungen die erzielbaren Nettoerträge um nicht mehr als 10 % übersteigen (vgl. BFH v. 16.6.2004 – X R 50/01, BStBl. II 2005, 130). Sollte die Übertragung des Mitunternehmeranteils im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erfolgen, ist nach einer nur ausnahmsweise widerlegbaren Vermutung davon auszugehen, dass die Erträge des Mitunternehmeranteils zur Deckung der Versorgungsleistungen ausreichend sind (vgl. BMF v. 11.3.2010, BStBl. I 2010, 227, Rn. 29).

Empfänger der Versorgungsleistungen

Empfänger der Versorgungsleistungen muss zwingend eine Person sein, die dem sogenannten Generationennachfolge-Verbund angehört. Dies sind insbesondere der Ehegatte bzw. eingetragene Lebenspartner des Überträgers und dessen erb- und pflichtteilsberechtige Abkömmlinge sowie die Eltern des Überträgers, wenn der Überträger den übertragenen Mitunternehmeranteil selbst im Rahmen einer Übertragung gegen Versorgungsleistungen erhalten hatte (vgl. BMF v. 11.3.2010, BStBl. I 2010, 227, Rn. 50).

Übertragungen auf andere Personen, beispielsweise langjährige Freunde oder Mitarbeiter, sind nicht nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG begünstigt. Zudem muss der Empfänger der Versorgungsleistungen zwingend unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sein (vgl. BMF v. 11.3.2010, BStBl. I 2010, 227, Rn. 53-55) .

Umfang der Versorgungsleistungen

Die Versorgungsleistungen müssen zudem lebenslang auf die Lebenszeit des Empfängers der Versorgungsleistungen gezahlt werden. Versorgungsleistungen mit einer Mindest- oder Höchstzeitbegrenzung sind daher in keinem Fall nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG begünstigt (vgl. BMF v. 11.3.2010, BStBl. I 2010, 227, Rn. 56) .

Versorgungsleistungen können alle Leistungen in Geld oder Geldeswert sein, begünstigt sind daher auch Sachleistungen sowie die Übernahme von Aufwendungen (vgl. BFH v. 14.11.2001 – X R 120/98, BStBl. II 2002, 413) . Die Erbringung wiederkehrender persönlicher Dienstleistungen durch den Übernehmer des Mitunternehmeranteils stellen jedoch mangels Aufwendungen keine Versorgungsleistungen dar (vgl. BFH v. 28.7.1983 – IV R 174/80, BStBl. II 1984, 97). 

Vertragliche Voraussetzungen

Die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien im Zusammenhang mit der Übertragung des Mitunternehmeranteils müssen klar und eindeutig im Übertragungsvertrag geregelt sein. Der Übertragungsvertrag ist zudem gem. § 761 BGB zwingend schriftlich abzuschließen. Die vertraglich vereinbarten Leistungen müssen tatsächlich entsprechend der vertraglichen Abreden erbracht werden. Leistungen, die abweichend von den vertraglichen Vereinbarungen erbracht werden, sind steuerlich nicht anzuerkennen (vgl. BFH v. 15.9.2010 – X R 31/09, BFH/NV 2011, 583; BMF v. 11.3.2010, BStBl. I 2010, 227, Rn. 63) .

Rechtsfolgen

Sind alle Voraussetzungen des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG erfüllt, stellt die Übertragung des Mitunternehmeranteils einen Vorgang nach § 6 Abs. 3 S. 1 EStG dar, welcher zwingend zum Buchwert zu erfolgen hat und folglich beim Überträger nicht zu einem Veräußerungsgewinn und beim Übernehmer des Mitunternehmeranteils nicht zu einem Anschaffungsvorgang führt. Die gezahlten Versorgungsleistungen stellen beim Empfänger sonstige Einkünfte gem. § 22 Nr. 1a EStG und beim Leistenden steuerlich in voller Höhe zu berücksichtigende Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG vor. Liegen die Voraussetzungen von § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG nicht vor, handelt es sich bei den gezahlten wiederkehrenden Bezügen entweder um eine Gegenleistung für eine entgeltliche Übertragung des Mitunternehmeranteils oder ausnahmsweise um Unterhaltszahlungen gem. § 12 Nr. 2 EStG.