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BGB (Mündliche Prüfung) - Grundsatz der Privatautonomie und der Vertragsfreiheit

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BGB (Mündliche Prüfung)

Grundsatz der Privatautonomie und der Vertragsfreiheit

Das BGB ist von dem Grundsatz der Privatautonomie geprägt. Die Privatautonomie ist das Recht, seine privaten Rechtsverhältnisse nach eigener Entscheidung zu gestalten. Sie ist Ausdruck der allgemeinen Handlungsfreiheit und durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützt.

Zur Privatautonomie gibt es im BGB keine ausdrücklichen Regelungen. Sie wird aber vorausgesetzt (s. § 311 Abs. 1 BGB). Die Privatautonomie ist ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal für die Abgrenzung des Privatrechts zu anderen Rechtsgebieten. Im öffentlichen Recht hat der Einzelne z.B. in aller Regel – abgesehen von den öffentlich-rechtlichen Verträgen nach den §§ 54 ff. VwVfG – nicht die Möglichkeit, frei zu entscheiden, ob er bestimmte Verbindlichkeiten eingehen möchte. 

Beispiel

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Unabhängig vom Willen der Eltern muss ein Kind im schulpflichtigen Alter eingeschult werden. Die Verpflichtung, Abgaben wie z.B. Steuern zu zahlen, besteht unabhängig von dem Willen des Abgabenpflichtigen.

Ausprägungen der Privatautonomie

Kernelement der Privatautonomie ist die Vertragsfreiheit. Der Einzelne soll frei entscheiden dürfen, ob und mit wem er einen Vertrag schließt (Abschlussfreiheit). Im Sinne einer negativen Abschlussfreiheit besteht grds. auch das Recht, einen Vertragsabschluss zu verweigern, ohne dass dafür eine Begründung abgegeben werden muss. Hiermit korrespondiert die Beendigungsfreiheit. Soweit sich die Parteien einig sind, können sie den geschlossenen Vertrag auch wieder aufheben.

Weiteres wichtiges Element der Vertragsfreiheit ist die Gestaltungsfreiheit oder auch Inhaltsfreiheit, nach der die Parteien grds. frei darüber entscheiden können, welchen Inhalt der Vertrag haben soll. Die Parteien sind dabei nicht an die im Besonderen Teil des BGB näher geregelten Vertragstypen, wie z.B. den Kauf-, Miet- oder Leihvertrag, gebunden. Sie haben vielmehr die Möglichkeit, ein Schuldverhältnis jeglichen Inhalts zu begründen, soweit dieses nicht gegen zwingendes Recht verstößt, vgl. §§ 311, 241 BGB.

Beispiel

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Ein Vertrag, der im BGB nur beiläufig erwähnt (vgl. § 506 Abs. 2 BGB), aber nicht näher geregelt ist und der im täglichen Leben regelmäßig geschlossen wird, ist der Leasingvertrag.

Neben der Abschluss- und Gestaltungs- bzw. Inhaltsfreiheit umfasst die Privatautonomie auch die Formfreiheit, also die weitgehende Freiheit, die Form von Verträgen oder Rechtsgeschäften zu wählen. Sofern beide Parteien sich darüber einig sind, dass keine bestimmte Form für ein Rechtsgeschäft eingehalten werden soll und soweit auch gesetzlich keine besonderen Formvorgaben vorgesehen sind, können Verträge daher auch z.B. mündlich verbindlich geschlossen werden.

Beispiel

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Ein Mietvertrag oder auch ein Arbeitsvertrag kann mündlich verbindlich geschlossen werden, da das Gesetz hierfür keine besonderen Formvorschriften vorschreibt.

Vertiefung

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Weitere Ausprägungen der Privatautonomie

Neben der Vertragsfreiheit sind auch die Vereinigungs-, Eigentums-, Eheschließungs- und Testierfreiheit Ausprägungen der Privatautonomie. Die Vereinigungsfreiheit gewährleistet allen Deutschen das Recht, Vereine (§§ 21 ff. BGB) und Gesellschaften (§§ 705 ff. BGB) zu gründen (Art. 9 Abs. 1 GG). Die Eigentumsfreiheit beinhaltet die Freiheit, nach der der Eigentümer mit seinen Sachen frei verfahren und Dritte von jeder Einwirkung ausschließen kann (§ 903 BGB, Art. 14 Abs. 1 GG). Zur Eheschließungsfreiheit gehört die Freiheit der Entscheidung zur Eheschließung, der Gattenwahl, des Zeitpunkts und des Ortes der Eheschließung (Art. 6 Abs. 1 GG). Die Testierfreiheit gewährleistet das Recht, über das Vermögen auch nach dem Tode verfügen zu können (§ 1937 BGB, Art. 14 Abs. 1 GG).

Einschränkungen der Privatautonomie

Allerdings kann die Privatautonomie und insb. die Vertragsfreiheit nicht schrankenlos gewährleistet werden. Das Gesetz muss die unterschiedlichen Interessen der Einzelnen und der Gemeinschaft und das Kräfteverhältnis zwischen den Teilnehmern am Rechtsverkehr (Markt) in einen Ausgleich bringen. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass die schrankenlose Privatautonomie des Stärkeren zur rechtlichen und wirtschaftlichen Unfreiheit des Schwächeren führen könnte. 

Die Abschlussfreiheit wird z.B. zum Schutz des Handelnden eingeschränkt. Denn das Gesetz will den rechtsgeschäftlich Handelnden schützen, sofern dieser die Risiken seines Handelns nicht oder nicht ausreichend einschätzen kann. Der Schutz des Handelnden wird in diesen Fällen entweder dadurch gewährleistet, dass das Rechtsgeschäft, was er abschließen möchte, keine Wirksamkeit erlangt, oder er sich von diesem nachträglich wieder lösen kann. 

Beispiel

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Regeln zur Geschäftsfähigkeit (§§ 104 ff. BGB); Regeln über Willensmängel (§§ 116- 124 ff. BGB); Widerrufsrechte bei bestimmten Verbraucherverträgen (§§ 312 Abs. 1, 312d Abs. 1, 312g Abs. 1 BGB).

Zum Schutz von Dritten wird die sog. negative Abschlussfreiheit eingeschränkt, wenn eine der Parteien eine rechtlich geschaffene oder anerkannte Monopolstellung hat. In diesen Fällen tritt die Vertragsfreiheit insoweit zurück, als es der Schutz überwiegender Interessen der Allgemeinheit oder des Einzelnen dies gebietet. Diese Einschränkung der Abschlussfreiheit ist auch unter dem Begriff „Kontrahierungszwang“ bekannt.

Ein Kontrahierungszwang kann sich auf Grundlage einer spezialgesetzlichen Anordnung ergeben. Für die öffentlich-rechtlichen Monopolbetriebe und die ihnen gleichgestellten privaten Unternehmen ergibt sich bspw. ein Zwang, einen Vertrag abzuschließen, aus spezialgesetzlichen Vorschriften wie § 22 PBefG für Beförderungsunternehmen, § 17 EnWG für Energieversorgungsunternehmen, § 5 PflVersG für bestimmte Versicherungen oder § 48 BRAO für Rechtsanwälte.

Die Inhaltshaltsfreiheit wird sowohl zum Schutz des Vertragspartners als auch zum Schutz von Dritten und der Allgemeinheit eingeschränkt. Ist eine der Vertragsparteien der anderen wirtschaftlich und/oder intellektuell überlegen, ist das Verhandlungsgleichgewicht gestört und die unterlegene Vertragspartei muss geschützt werden. Vorschriften, die dem Schutz einer unterlegenen Vertragspartei dienen, finden sich insbesondere im Arbeits- und Reiserecht. 

Beispiel

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§ 618 BGB für die Schutzpflichten des Arbeitgebers zugunsten des Arbeitnehmers oder auch § 651d BGB, der Informationspflichten des Reiseveranstalters gegenüber dem Reisenden vorsieht.

Weitere gesetzliche Normen hinsichtlich eines vorgeschriebenen Inhalts finden sich bei Wohnraummietverträgen zum Schutz des Mieters (§§ 549 ff. BGB) sowie zum Schutz des Verbrauchers in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB) und bestimmten Verbraucherverträgen (z.B. §§ 650i ff. BGB, §§ 327 ff. BGB, §§ 474 ff. BGB). Ferner führen die Generalklauseln wie § 138 BGB und § 242 BGB zu einer Pflicht zur Inhaltskontrolle von Verträgen, die einen der beiden Vertragspartner ungewöhnlich stark belasten und das Ergebnis strukturell ungleicher Verhandlungsstärke sindBVerfGE 89, 214. Betroffen sind insbesondere sittenwidrige und wucherische Rechtsgeschäfte sowie solche Rechtsgeschäfte, die gegen Treu und Glauben verstoßen. Dem Schutz von Dritten und der Allgemeinheit sollen insb. die Generalklauseln der §§ 134, 138 BGB Rechnung tragen. 

Ausnahmen von dem Grundsatz der Formfreiheit sind insbesondere dort vorgesehen, wo der Schutz vor Übereilung bzw. die Warnfunktion dies gebietet. Hier schreibt das Gesetz vor, dass das Rechtsgeschäft einer bestimmten Form bedarf.

Beispiel

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Nach § 311b Abs. 1 S. 1 BGB bedarf ein Vertrag der notariellen Beurkundung, wenn mit diesem das Eigentum an einem Grundstück übertragen oder erworben werden soll. § 766 S. 1 BGB fordert die Schriftform für die Wirksamkeit der Bürgschaftserklärung.