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Einkommensteuer - Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG

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Einkommensteuer

Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG

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Ein Veräußerungsgewinn wird grundsätzlich in voller Höhe zur Einkommensteuer herangezogen. Für Veräußerungs- und Aufgabengewinne i.S.d. § 16 Abs. 2 EStG besteht die Möglichkeit einer Besteuerung zu entgehen.

Wenn ein Steuerpflichtiger, der seinen Betrieb veräußert oder aufgibt,

  • das 55. Lebensjahr vollendet hat oder
  • dauernd berufsunfähig im Sinne des Sozialversicherungsrechts ist, so wird
  • auf Antrag

ein Veräußerungsgewinn nur dann zur Einkommensteuer herangezogen, soweit dieser 45.000 € übersteigt und kein Freibetragsverbrauch vorliegt.

Hinweis

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Die Überschreitung des 55. Lebensjahres muss bereits im Zeitpunkt der Betriebsveräußerung vorgelegen haben. Gemäß § 16 Abs. 4 S. 2 EStG kann der Freibetrag einem Steuerpflichtigen nur einmal im Leben gewährt werden. Die Einmaligkeit des Freibetrags ist dabei personenbezogen und somit unabhängig von der Einkunftsart. Der Nachweis der sozialversicherungsrechtlichen Berufsunfähigkeit kann nur mit amtlichen Dokumenten erfolgen.

  • R 16 Abs. 13 S. 5 EStR
  • H 16 Abs. 13 (Freibetrag - 3. Spiegelstrich) EStH und
  • R 16 Abs. 14 EStR und
  • H 16 Abs. 14 EStH

Gemäß § 16 Abs. 4 Sätze 1 und 3 EStG verringert sich der Freibetrag um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn 136.000 € übersteigt. Wenn ein Betrieb im Rahmen eines Erbes übergeht und im Anschluss von dem Erben aufgegeben wird, so müssen die Voraussetzungen für die Gewährung des Freibetrags nach § 16 Abs. 4 EStG durch den Erben selbst erfüllt werden. Eine Ausnahme liegt vor, wenn der Betriebsinhaber noch zu Lebzeiten die Praxis verkauft hat und dann vor der tatsächlichen Übertragung verstirbt, da dann die Erben den Freibetrag im Sinne des § 16 Abs. 4 EStG beanspruchen können.

Die Höhe des Freibetrags ist dabei im Rahmen des Veranlagungsverfahrens der Erben festzustellen. Es ist wichtig zu beachten, dass in diesem Fall keine Zurechnung des Freibetrags des Erblassers auf die Erben erfolgt, sondern dass nur eine Zurechnung der Voraussetzungen des Erblassers auf die Erben erfolgt. Eine Konsequenz ist insoweit, dass die Erben den Freibetrag entsprechend verbrauchen.

Wenn der Veräußerungsgewinn in einem Grundlagenbescheid festgestellt wird, so ist die entsprechende Feststellung für das Folgeverfahren bindend. Die persönlichen Voraussetzungen des Freibetrags sind im Einkommensteuerverfahren zu beurteilen. Sofern sich im Rahmen der Änderung eines Grundlagenbescheides eine Veränderung über die Höhe oder die Zurechnung des Veräußerungsgewinns ergibt, so führt dies zu einer entsprechenden Anpassung des Freibetrags im Einkommensteuerbescheid. Die Feststellungen im Grundlagenbescheid sind auch dann bindend, wenn das Veräußerungsgeschäft vor einem Erbfall beschlossen worden ist, aber erst nach dem Erbfall wirksam wird. Der Freibetrag ist auch in diesem Fall nur dem Erben zuzurechnen (BFH vom 9.6.2015, BFH/NV 2015, S. 1373).

Der Veräußerungsgewinn wird gemäß § 16 Abs. 4 EStG in Höhe von 45.000 € freigestellt. Wenn der Gewinn 136.000 € überschreitet, so führt dies zu einem Abschmelzen des Freibetrags. Bei einem Veräußerungsgewinn von 181.000 € ist er komplett abgeschmolzen.

Der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG kann nur einmal im Leben in Anspruch genommen werden. Die Voraussetzungen sind höchstpersönlich. Wenn der Freibetrag nicht in vollem Umfang beansprucht wird, dann kann der verbleibende Teil bei späteren Veräußerungen nicht mehr genutzt werden! Die Gewährung ist auch über alle Einkunftsarten hinweg einmalig.

Beispiel

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Peter Lustlos betreibt seit vielen Jahren ein Schuhgeschäft in München. Er ist 60 Jahre alt und hat keine Lust mehr noch einen Online-Shop zu eröffnen. Sein Nachbar, der Informatikstudent und gelernte Schuhmacher Anton Fortschritt, sieht jedoch großes Potential und kauft den Betrieb für 300.000 €. Der Wert der Aktiva beträgt 1300.000 €. Verbindlichkeiten weist der Betrieb keine auf. Es fallen Notargebühren in Höhe von 5.000 € an, die durch Peter Lustlos getragen werden.

Der Veräußerungsgewinn im Sinne des § 16 Abs. 2 EStG beträgt:

 Veräußerungspreis300.000 €
-Veräußerungskosten5.000 €
-Buchwert der Aktiva130.000 €
 Veräußerungsgewinn165.000 €
Peter Lustlos hat das 55. Lebensjahr überschritten und kommt somit für den Freibetrag im Sinne des § 16 Abs. 4 EStG in Betracht. Er stellt einen entsprechenden Antrag. Der Sockelbetrag von 136.000 € wird somit bei einem ermittelten Veräußerungsgewinn von 165.000 € um 29.000 € überstiegen. Der Betrag von 45.000 € schmilzt somit auf 16.000 € ab. Das Abschmelzen ist in § 16 Abs. 4 S. 3 EStG geregelt. Es entsteht somit ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn in Höhe von 165.000 € - 16.000 € = 149.000 €

Beispiel

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Ferdinand Meyer verkauft einen Gewerbebetrieb für 600.000 €. Ihm entstehen im Rahmen der Veräußerung 40.000 € an Beratungs- und Notarkosten. Der Wert der Aktiva beträgt 500.000 € und der Wert der Schulden 100.000 €. 

Veräußerungspreis600.000 €
Veräußerungskosten40.000 €
Aktiva500.000 €
Schulden100.000 €
Veräußerungsgewinn160.000 €

Der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG schmilzt ab, soweit der Betrag von 136.000 € überstiegen wird. Der Grenzwert wird hier um 160.000 € -136.000 € = 24.000 € überschritten. Der Freibetrag von 45.000 € schmilzt somit auf 21.000 € ab. Es verbleibt ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn von 139.000 €. Der Veräußerungsgewinn unterliegt des Weiteren der Tarifbegünstigung des § 34 EStG.

Wichtig ist die Trennung von Veräußerungsgewinnen und laufenden Gewinnen, da nur die Veräußerungsgewinne unter § 16 EStG fallen. Gewinne aus "normalen Geschäften des Betriebes" fallen unter die Versteuerung im Rahmen von § 15 EStG, auch wenn sie in zeitlichem Zusammenhang mit der Veräußerung erfolgen (vgl. BFH v. 25.06.1970, BStBl II 1970, S. 719).

Beispiel

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Ferdinand betreibt eine Schreinerei in Regensburg. Er verkauft diese zum 01.07.01 an seinen Neffen. Er erhält von diesem 30.000 € hierfür. Ferdinand vollendet am Morgen des 01.07.01 noch eine Arbeit bei einem Kunden und erhält wegen des zusätzlichen Arbeitsaufwands 500 €. Die 500 € sind nicht in den Veräußerungsgewinn einzubeziehen, da sie aus normalen Vorfällen resultieren. Der sehr enge zeitliche Zusammenhang mit der Betriebsveräußerung ist dabei unerheblich.


Veräußerungs- und Aufgabegewinns und die Berücksichtigung des Freibetrags

Nachdem wir uns bereits intensiv mit der Theorie auseinandergesetzt haben, möchten wir Ihnen nun eine visuelle Vertiefung anbieten. In den folgenden fünf Videos werden Sie Schritt für Schritt durch die Ermittlung des Veräußerungs- und Aufgabegewinns geführt. Dabei liegt unser Hauptaugenmerk auf der Anwendung des Freibetrags, welcher im Zentrum der Beispielaufgaben steht.

Beispiel 1

X (73 Jahre alt) ist Einzelunternehmer und gleichzeitig an der K-OHG zu 50 % beteiligt, wobei die OHG-Beteiligung zum BV des Einzelunternehmens gehört. Am 31.12.19 entschließt sich X den Ruhestand zu genießen und veräußert das Einzelunternehmen und den OHG Anteil. 

Veräußerungsgewinne:

  • Einzelunternehmen (ohne OHG): 166.000 €
  • OHG Anteil: 50.000 €

Frage: Wie ist die Rechtslage?

Beipiel 2

A (62 Jahre) gibt seinen Gewerbebetrieb auf, wobei er sämtliche wesentlichen Betriebsgrundlagen zum einen an den X und zum anderen an den Z veräußert. Der Aufgabegewinn in 01 beläuft sich auf: 88.000 € und der in 02 auf: 69.000 € (Gesamt: 157.000 €)

Aufgabe: Ermitteln Sie die gewerblichen Einkünfte.

Beipiel 3

A erzielt im ersten Jahr einen Aufgabeverlust von 40.000 € und im zweiten Jahr einen Aufgabegewinn von 35.000 €.

Aufgabe: Wie ist der Aufgabeverlust und der Aufgabegewinn zu berücksichtigen?

Beispiel 4

A (62 Jahre), veräußert seinen gesamten Autohandel für 460.000 € an X, wobei sein Kapitalkonto 390.000 € beträgt. In dem BV befinden sich BMW-Aktien (Buchwert 30.000 €), wobei 45.000 € des Veräußerungspreises auf die Aktein entfällt.

Aufgabe: Ermitteln Sie die gewerblichen Einkünfte.

Beispiel 4 (Abwandlung)

Buchwert der BMW-Aktien 10.000 € und Veräußerungserlös insgesamt 500.000 €, wobei auf die Aktien 70.000 € entfallen.