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Während bei Land- und Forstwirten das Wirtschaftsjahr gemäß § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG häufig vom Kalenderjahr abweicht und stattdessen vom 01.07. bis zum 30.06. des Folgejahres läuft, ist es bei Gewerbetreibenden nicht immer das Kalenderjahr. Laut § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG ist das Wirtschaftsjahr der Zeitraum, für den der Gewerbetreibende regelmäßig seine Abschlüsse erstellt.
Gewerbetreibende, die nach handelsrechtlichen Grundsätzen verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, können somit ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr festlegen, das aber dennoch den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen muss. Die Entscheidung für ein abweichendes Wirtschaftsjahr steht dabei nicht nur im Handelsregister eingetragenen Betrieben offen, sondern auch anderen Gewerbetreibenden unter den gegebenen Voraussetzungen.
Ein einmal gewähltes Wirtschaftsjahr ist nicht beliebig wechselbar. Der Unternehmer muss bei einem Wechsel des Wirtschaftsjahres die handelsrechtlichen Vorschriften beachten und kann erforderlicherweise die Zustimmung des Finanzamtes benötigen. Der einmal festgelegte Abschlusszeitpunkt muss in der Regel als regelmäßiger Abschlusszeitpunkt beibehalten werden, um Kontinuität und Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse zu gewährleisten.
Gewerbetreibende ohne Eintragung im Handelsregister
Nach § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG ist bei den anderen Gewerbetreibenden das Wirtschaftsjahr regelmäßig das Kalenderjahr. Hierzu zählen Gewerbebetriebe deren Firma im Handelsregister nicht eingetragen ist.
Ausnahme gem. § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Satz 2 EStG
Gewerbetreibende, deren Firma im Handelsregister nicht eingetragen ist, können ausnahmsweise ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr haben, wenn sie gleichzeitig buchführende Land- und Forstwirte sind.
Mit der Zustimmung des Finanzamts können diese den Gewinn aus Gewerbebetrieb nach dem Zeitraum ermitteln, der dem land- und forstwirtschaftlichen Wirtschaftsjahr entspricht, wenn sie für den Gewerbebetrieb Bücher führen und für diesen Zeitraum regelmäßig Abschlüsse machen.
Beispiel
Frau Schmitt hat sowohl eine kleine Landwirtschaft als auch einen damit verbundenen Hofladen. Ihr Hof ist nicht im Handelsregister eingetragen, aber sie führt für beide Geschäftsbereiche ordnungsgemäße Bücher. Die Landwirtschaft arbeitet mit einem Wirtschaftsjahr, das vom 1. Juli bis zum 30. Juni des folgenden Jahres reicht.
Frau Schmitts Landwirtschaft folgt einem abweichenden Wirtschaftsjahr, welches sich an den landwirtschaftlichen Zyklus anpasst. Ihr Hofladen, der sich auf den Direktverkauf ihrer landwirtschaftlichen Produkte spezialisiert hat, unterliegt eigentlich dem Kalenderjahr als Wirtschaftsjahr.
Besonderheit und Zustimmung des Finanzamts:
Aufgrund der engen Verbindung zwischen Landwirtschaft und Hofladen stellt Frau Schmitt einen Antrag beim Finanzamt, um auch für ihren Gewerbebetrieb das vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsjahr anwenden zu dürfen. Sie argumentiert, dass die Buchführung vereinfacht wird und die Gewinn- und Verlustrechnung realistischer ausfällt, wenn beide Betriebe auf dem gleichen Wirtschaftsjahr basieren.
Das Finanzamt stimmt zu, da Frau Schmitt für ihren Gewerbebetrieb Bücher führt und für diesen Zeitraum regelmäßige Abschlüsse macht. Nun kann Frau Schmitt den Gewinn aus ihrem Gewerbebetrieb nach dem gleichen Wirtschaftsjahr ermitteln wie für ihre Landwirtschaft, nämlich vom 1. Juli bis zum 30. Juni.
Fazit:
Für Frau Schmitt bedeutet diese Anpassung, dass sie nur einmal im Jahr für beide Bereiche einen Jahresabschluss erstellen muss und somit die Kosten und Mühen für die Buchhaltung und das Berichtswesen reduziert. Sie erreicht auch eine bessere Übereinstimmung zwischen den betrieblichen Abläufen ihrer Landwirtschaft und des Hofladens, was zu einer genaueren und vereinfachten Gewinnermittlung führt.
Eintrag im Handelsregister
Eröffnet ein Gewerbetreibender, dessen Firma im Handelsregister eingetragen ist, seinen Betrieb am 01.06. und stellt er auf diesen Tag seine Eröffnungsbilanz auf, so hat er die Wahl zwischen den nachfolgenden Möglichkeiten:
- Er wählt als regelmäßigen Abschlusszeitpunkt den 31. 05. jeden Jahres. Sein Wirtschaftsjahr umfasst somit den Zeitraum vom 01.06. bis 31.05. und weicht damit vom Kalenderjahr ab.
- Der Gewerbetreibende kann aber auch den 31. 12. als regelmäßigen Abschlusszeitpunkt wählen. Nach § 8b Satz 2 Nr. 1 EStDV ist das erste Jahr ein s.g. Rumpfwirtschaftsjahr und umfasst den Zeitraum vom 01.06. bis zum 31.12. Die nachfolgenden Wirtschaftsjahre umfassen den Zeitraum vom 01.01. bis 31.12. eines jeden Jahres und stimmen somit mit dem Kalenderjahr überein.
Umstellung des Wirtschaftsjahres
Nach § 4a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG ist eine Umstellung des Wirtschaftsjahres auf ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr nur dann wirksam, wenn die Umstellung mit dem Einvernehmen der Finanzbehörde vorgenommen wird. Ein Gewerbetreibender, dessen Firma im Handelsregister eingetragen ist, kann nur bei der Betriebseröffnung ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr wählen. Hierzu braucht er kein Einverständnis der Finanzbehörde. Ebenso ohne Einverständnis kann der Gewerbetreibende sein abweichendes Wirtschaftsjahr auf das Kalenderjahr umstellen.
Beispiel
Herr Müller plant eine Neugründung. Er möchte eine Spezialgärtnerei für exotische Pflanzen eröffnen. Die Anzucht dieser Pflanzen erfolgt überwiegend im Frühjahr und der Hauptverkauf findet im Herbst statt. Um eine bessere Übereinstimmung der Kosten und Erlöse innerhalb des Wirtschaftsjahres zu erreichen, entscheidet sich Herr Müller dazu, ein abweichendes Wirtschaftsjahr zu wählen.
Bei der Neugründung seiner Gärtnerei hat Herr Müller die Möglichkeit, ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr ohne Zustimmung der Finanzbehörde festzulegen. Hierfür muss er:
- Das gewählte Wirtschaftsjahr im Businessplan dokumentieren und in der Finanzplanung berücksichtigen.
- Die Entscheidung für das abweichende Wirtschaftsjahr in der Satzung bzw. im Gesellschaftsvertrag des Unternehmens festhalten.
- Die Finanzbehörde im Rahmen der Anmeldung des Gewerbes bzw. bei der Eröffnung des Betriebs über das gewählte Wirtschaftsjahr informieren.
Da Herr Müller das Unternehmen zum 1. April gründet, beginnt sein erstes Wirtschaftsjahr am Gründungstag und endet am 31. März des folgenden Jahres. Diese Festlegung hat er bei allen betrieblichen und steuerlichen Dokumentationen und Abrechnungen zu berücksichtigen. Herr Müller sollte beachten, dass, sobald das abweichende Wirtschaftsjahr einmal festgelegt ist, Änderungen nur noch mit Zustimmung der Finanzbehörde möglich sind.
Hinweis/Anmerkung:
Durch die Wahl des Wirtschaftsjahres vom 1. April bis zum 31. März kann Herr Müller eine bessere zeitliche Zuordnung von Kosten und Erlösen erreichen, was eine realistischere Darstellung der wirtschaftlichen Lage seiner Gärtnerei ermöglicht und die Planung erleichtert.
Beispiel
Frau Schmidt möchte ihr Wirtschaftsjahr umstellen. Sie hat ihre Marketingagentur bereits vor einigen Jahren gegründet und bisher das Kalenderjahr als Wirtschaftsjahr verwendet. Nun möchte sie das Wirtschaftsjahr auf den Zeitraum vom 1. April bis zum 31. März umstellen.
Um das Wirtschaftsjahr auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum umzustellen, ist es nach § 4a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG erforderlich, dass Frau Schmidt das Einvernehmen der Finanzbehörde einholt. Dies bedeutet, dass sie einen Antrag bei ihrem zuständigen Finanzamt stellen muss, in dem sie die Gründe für die gewünschte Umstellung darlegt. Dabei ist zu beachten, dass die Finanzbehörde eine solche Umstellung nur dann zustimmen wird, wenn triftige Gründe vorliegen, die eine Abweichung vom Kalenderjahr als Wirtschaftsjahr betriebswirtschaftlich rechtfertigen.
Frau Schmidt sollte daher in ihrem Antrag detailliert ausführen, wie die spezifischen Geschäftszyklen ihrer Branche die Umstellung erforderlich machen und welche betriebswirtschaftlichen Vorteile sich daraus ergeben. Nach Einreichung des Antrags und gegebenenfalls einer ergänzenden Diskussion mit dem Finanzamt kann das Einvernehmen erteilt werden, und das neue Wirtschaftsjahr wird rechtskräftig etabliert.
Gewinnberücksichtigung
Bei Gewerbetreibenden gilt der Gewinn des Wirtschaftsjahres als in dem Kalenderjahr bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet.
Beispiel
Nehmen wir an, Sie sind als Steuerberater tätig und Herr Müller, ein Klient, kommt zu Ihnen mit einer Frage bezüglich seiner Gewinnversteuerung. Er führt ein Gewerbe, das Gartenbedarf verkauft, und hat ein abweichendes Wirtschaftsjahr, das vom 1. Mai bis zum 30. April des folgenden Jahres geht. Im Wirtschaftsjahr 02/03 hat sein Geschäft besonders gut performt, und er verzeichnet einen Gewinn von 120.000 €.
Herr Müller möchte nun von Ihnen wissen, für welches Kalenderjahr er diesen Gewinn versteuern muss. Gemäß den steuerlichen Regelungen für Gewerbetreibende gilt der Gewinn des Wirtschaftsjahres als in dem Kalenderjahr bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet. Hier ist der Gewinn in Höhe von 120.000 EUR im Jahr 03 voll zu versteuern.