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Gemäß dem BMF-Schreiben vom 23.12.2010 (BStBl I 2011, S. 37; Beck'sche Textausgaben Steuererlasse 1 § 4/3) müssen bei steuerlich relevanten Verträgen unter nahen Angehörigen, einschließlich Mietverträgen, folgende Kriterien erfüllt sein:
- Einkunftserzielungsabsicht: Der Vertrag muss mit der Absicht geschlossen werden, Einkünfte zu erzielen.
- Bürgerlich-rechtliche Wirksamkeit: Der Vertrag muss rechtlich wirksam sein. Dies ist in der Regel ein Indiz, aber nicht das einzige Kriterium.
- Fremdvergleich: Der Vertrag und dessen tatsächliche Durchführung müssen einem Fremdvergleich standhalten. Dies bedeutet, dass die Konditionen und die Durchführung des Vertrags vergleichbar mit denen zwischen fremden Dritten sein müssen.
- Vermeidung von Missbrauch: Die Gestaltung darf nicht den Tatbeständen des Missbrauchs von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO entsprechen.
- H 4.8 „Fremdvergleich“ EStH
- H 21.4 „ Fremdvergleich“ EStH
- und die analogen Anwendung des BMF-SChreibens : Steuerliche Anerkennung von Darlehensverträgen zwischen nahen Angehörigen, BMF v. 23.12.2010, Beck‘sche Erlasse 1 § 4/3.
Die Verträge mit nahen Angehörigen sind einem Fremdvergleich zu unterziehen und insbesondere auf die nachfolgenden Voraussetzungen zu prüfen:
Scheingeschäft
Es darf kein Scheingeschäft vorliegen (§ 41 AO)! Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn sich die Vertragsbeteiligten über den Scheincharakter des Rechtsgeschäfts einig sind, was bereits daran offenkundig werden kann, dass sie die notwendigen Folgerungen aus dem Vertrag bewusst nicht gezogen haben.
Beispiel
Herr Schmidt und seine Tochter, Frau Bauer, schließen einen Mietvertrag ab, in dem Frau Bauer vereinbart, monatlich 500 € Miete für eine Wohnung ihres Vaters zu zahlen. Trotz der vertraglichen Vereinbarung zahlt Frau Bauer jedoch nie die Miete. Beide Parteien sind sich stillschweigend einig, dass die Mietzahlungen nur auf dem Papier existieren und tatsächlich keine Zahlungen stattfinden werden.
In diesem Fall liegt ein Scheingeschäft vor, da die Vertragsparteien, Herr Schmidt und Frau Bauer, sich über den Scheincharakter des Mietvertrags einig sind. Dies wird dadurch offenkundig, dass die vereinbarten Mietzahlungen nie erfolgen und beide Parteien dieses Vorgehen stillschweigend akzeptieren. Somit erfüllen sie nicht die notwendigen Folgerungen aus dem Vertrag und handeln damit im Sinne von § 41 AO.
Vermögensbereiche
Eine Strikte Trennung der Vermögensbereiche ist zwingend notwendig. Die gezahlte Miete gelangt tatsächlich und endgültig aus dem Vermögen des Mieters in das Vermögen des Vermieters.
Beispiel
Frau Meier vermietet eine Wohnung an ihren Sohn, Herrn Meier. Sie vereinbaren eine monatliche Miete von 600 €. Jeden Monat überweist Herr Meier diesen Betrag von seinem persönlichen Bankkonto direkt auf das Bankkonto seiner Mutter. Es gibt keine verdeckten Rückzahlungen oder Verrechnungen mit anderen Leistungen. Die Mietzahlungen sind klar nachvollziehbar und werden in den Bankunterlagen beider Parteien dokumentiert.
In diesem Fall wird eine strikte Trennung der Vermögensbereiche eingehalten. Die Miete wird tatsächlich und endgültig vom Vermögen des Mieters (Herrn Meier) in das Vermögen der Vermieterin (Frau Meier) übertragen, ohne dass es zu Vermischungen oder Rückflüssen kommt. Dadurch wird die steuerrechtliche Anforderung der klaren und eindeutigen Trennung der Vermögensbereiche zwischen nahen Angehörigen erfüllt.
Pflichten
Die Hauptpflichten der Parteien müssen klar und eindeutig vereinbart und durchgeführt werden.
Merke
Ein Angehörigenmietverhältnis ist also nur dann anzuerkennen, wenn es einem Fremdvergleich sowohl beim Vertragsinhalt als auch bei der Durchführung standhält.
Beispiel
Herr Weber vermietet eine Wohnung an seine Schwester, Frau Müller. Im Mietvertrag, den beide unterzeichnen, wird festgelegt, dass Frau Müller eine monatliche Miete von 800 € zu zahlen hat. Zusätzlich sind im Vertrag die üblichen Pflichten und Rechte von Mieter und Vermieter klar definiert, wie z.B. die Instandhaltungspflicht des Vermieters und die Pflicht der Mieterin, die Wohnung pfleglich zu behandeln.
Frau Müller überweist jeden Monat pünktlich die vereinbarte Miete von ihrem Konto auf das Konto ihres Bruders. Herr Weber führt seinerseits regelmäßige Instandhaltungsarbeiten durch und stellt sicher, dass die Wohnung in gutem Zustand bleibt. Beide Parteien halten sich strikt an die im Vertrag festgelegten Vereinbarungen.
In diesem Fall ist das Mietverhältnis zwischen Herrn Weber und Frau Müller steuerrechtlich anzuerkennen, da sowohl der Inhalt des Vertrags als auch die tatsächliche Durchführung einem Fremdvergleich standhalten. Die Hauptpflichten der Parteien sind nicht nur klar und eindeutig vereinbart, sondern werden auch entsprechend durchgeführt.
Verstöße gegen den Fremdvergleich
Gravierende Verstöße gegen den Fremdvergleich sind z. B.
- vereinbarte aber tatsächlich nicht geleistete Kaution,
- Mietzahlung entgegen der Vereinbarung nicht regelmäßig, sondern in späterem Jahr in einer Summe,
- fehlende Durchführung vereinbarter Mieterpflichten,
- fehlende Regelung / Unterscheidung: möblierte Vermietung oder unmöblierte Vermietung.
Hält das Mietverhältnis einem Fremdvergleich nicht stand, wird das Mietverhältnis insgesamt nicht anerkannt, insbesondere mit der Folge, dass mit der Vermietung zusammenhängende Werbungskosten nicht geltend gemacht werden können.
Beispiel
Frau Schwarz vermietet eine Wohnung an ihren Neffen, Herrn Fischer. Im Mietvertrag ist eine Kaution von 1.000 € vereinbart, die Herr Fischer jedoch nie bezahlt. Außerdem wurde festgelegt, dass die Miete monatlich zu entrichten ist, aber Herr Fischer zahlt die Miete für das gesamte Jahr erst am Jahresende in einer Gesamtsumme. Zusätzlich gibt es keine klare Vereinbarung im Vertrag, ob die Wohnung möbliert oder unmöbliert vermietet wird. Im Laufe des Mietverhältnisses unterlässt es Herr Fischer außerdem, vereinbarte Pflichten wie kleinere Reparaturen und die regelmäßige Reinigung der Gemeinschaftsflächen durchzuführen.
Diese Konstellation stellt gravierende Verstöße gegen den Fremdvergleich dar: die nicht geleistete Kaution, die unregelmäßige Mietzahlung, das Nichterfüllen vereinbarter Mieterpflichten und die unklare Regelung bezüglich der Möblierung. Da das Mietverhältnis zwischen Frau Schwarz und Herrn Fischer einem Fremdvergleich nicht standhält, wird es steuerrechtlich nicht anerkannt. Dies hat zur Folge, dass Frau Schwarz die mit der Vermietung zusammenhängenden Werbungskosten nicht steuerlich geltend machen kann.
Prüfung der verbilligten Vermietung an Angehörige
Das folgende Schema dient dazu, die Prüfung des Fremdvergleichs im Kontext des § 21 Abs. 2 EStG zu verdeutlichen. Bei der Anwendung dieses Schemas ist es entscheidend, genau auf die Anforderungen der jeweiligen Aufgabenstellung zu achten und zu überprüfen, ob Anhaltspunkte für einen Fremdvergleich (überhaupt) gegeben sind.
- Fremdvergleich anerkannt?
- Nein = Das Mietverhältnis ist insgesamt einkommensteuerlich unbeachtlich.
- Ja = Aufteilung der Nutzungsübertragung im Verhältnis der tatsächlichen Miete zur Marktmiete, § 21 Abs. 2 EStG
- Prüfung der Entgeltlichkeitsgrenzen