Kursangebot | Einkommensteuer | Schema zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommen

Einkommensteuer

Schema zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommen

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Zu versteuerndes Einkommen

Die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer ist das zu versteuernde Einkommen eines Veranlagungszeitraumes. Die Einkommensteuer erfasst das Einkommen eines Jahres und nicht das Totaleinkommen am Ende des Lebens des Steuerpflichtigen. 

Die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens ist ein grundlegender Bestandteil und wird in R 2 EStR detailliert erläutert. Diese Ermittlung fängt bei der Summe der Einkünfte an. Nach der Ermittlung der Summe der Einkünfte werden bestimmte Abzüge vorgenommen, um das zu versteuernde Einkommen zu berechnen. Zu diesen Abzügen gehören u.A. Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und gegebenenfalls Verlustabzüge. Das Einkommensteuergesetz definiert die Regeln für diese Berechnungen und legt fest, wie die verschiedenen Positionen  zu behandeln sind. Ziel ist es, eine gerechte und dem Leistungsfähigkeitsprinzip entsprechende Besteuerung sicherzustellen.

Ermittlungstufen

Die erste Stufe lässt dabei alle Aufwendungen zum Abzug zu, die zur Erzielung des Einkommens notwendig sind. Die Abzugsfähigkeit dieser Aufwendungen bezeichnet man als objektives Nettoprinzip. Aus den verschiedenen Einkünften ergibt sich dann die Summe der Einkünfte nach § 2 Abs. 3 S. 1 EStG. Diese werden dann um den Altersentlastungsbetrag, § 24a EstG, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, § 24b EStG bzw. den Freibetrag für Land- und Forstwirte, §13 Abs. 3 EStG, (sofern jeweils die Tatbestandsvoraussetzungen gegeben sind) gemindert und ergeben den Gesamtbetrag der Einkünfte nach § 2 Abs. 3 EStG.

In einer nächsten Stufe wird dieser um Sonderausgaben, §§ 10 ff. EStG und außergewöhnliche Belastungen, §§ 33 ff. EStG gemindert und ergibt das Einkommen nach § 2 Abs. 4 EStG. Die Minderungen um den Altersentlastungsbetrag, die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen sind dabei nicht erforderlich, um das Einkommen zu erzielen, sondern um den existenznotwendigen Bedarf des Steuerpflichtigen zu sichern. Dieser Aspekt der Leistungsfähigkeit wird als subjektives Nettoprinzip bezeichnet und findet seine Begründung auf der individuellen Ebene.

Hinweis

Der Bereich ist stark von Sozialzwecknormen bestimmt und berücksichtigt auch die Vermeidung besonderer Härten für den Steuerpflichtigen, wie z.B. die Entlastung von Alleinerziehenden (Tipke/Lang, § 8, Rz. 80). Ein Alleinerziehender hat dabei in der Regel weniger Möglichkeiten zur Erzielung von Einkünften und muss gleichzeitig die Last der Kindererziehung alleine tragen, sodass seine Leistungsfähigkeit im Vergleich zu typisierenden Erziehenden im Familienverbund gemindert ist.  

Das Einkommen, verringert um den Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG und andere vom Einkommen abziehbare Beträge, ergibt das zu versteuernde Einkommen gemäß § 2 Abs. 5 S. 1 EStG.

Prüfungstipp

Markieren Sie sich R 2 Abs. 1 EStR und arbeiten Sie die Klausur nach diesem Schema ab, dann vergessen Sie keinen der relevanten Schritte zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommens und halten die gesetzlich vorgesehene Reinfolge der Ermittlung ein.

Bei der Orientierung an dem nachfolgenden Schema kann sichergestellt werden, dass kein entscheidender Schritt bei der Ermittlung der Einkommensteuer ausgelassen wird. Häufig ist es auch hilfreich, sich an dem Schema zu orientieren, wenn die Aufgabenstellung verlangt, dass man einen bestimmten Betrag ermittelt, damit man dann letztlich bei der Aufgabenbearbeitung nicht zu viele Ausführungen oder Berechnungen tätigt, da dies in der Regel keine Punkte mehr gibt.

Prüfungstipp

Orientieren Sie sich (gerade wenn Sie mit dem Lernen beginnen) bei Aufgaben aus dem Ertragsteuerrecht, insbesondere der Einkommensteuer, immer an dem unten dargestellten Schema, sodass Sie es mit der Zeit verinnerlichen und irgendwann automatisch keine Schritte mehr auslassen oder gegebenenfalls zu viel ausführen.

Im Folgenden wird das vorgegebene Schema zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommens kurz dargestellt. Es ist wichtig zu betonen, dass dieses Schema zwingend einzuhalten ist, um eine korrekte und gesetzeskonforme Berechnung des zu versteuernden Einkommens sicherzustellen.

Ermittlungsschema

Das zu versteuernde Einkommen wird nach R 2 Abs. 1 EStR nach folgendem Schema gebildet:

Einkünfte aus Land– und Forstwirtschaft (§13 EStG, §13a EStG, §14 EStG, 14a EStG)
+ Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§15 EStG, §15a EStG, § 15b EStG, § 16 EStG, § 17 EStG)
+ Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (§ 18 EStG)
+ Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 EStG)
+ Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG)
+ Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG)
+ sonstige Einkünfte (§ 22 EStG, § 23 EStG)

= Summe der Einkünfte (§ 2 Abs. 1 EStG)

- Altersentlastungsbetrag (§ 24a EStG)
- Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b EStG)
- Freibetrag für Land- und Forstwirte (§ 13 Abs. 3 EStG)

= Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 S. 1 EStG)

- Verlustabzug (§ 10d EStG)
- Sonderausgaben (§ 10 EStG, §10a EStG, §10b EStG, § 10c EStG)
- außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG, § 33a EStG, § 33b EStG)
- Steuerbegünstigung für bestimmte zu eigenen Wohnzwecken genutzte Gebäude
  sowie für schutzwürdige Kulturgüter (§ 10e EStG, § 10f EStG, § 10g EStG)

= Einkommen (§ 2 Abs. 4 EStG)

- Freibeträge für Kinder (§ 31 EStG, § 32 Abs. 6 EStG)
- Härteausgleich (§ 46 Abs. 3 EStG, § 70 EStDV)

= zu versteuerndes Einkommen

Veranlagung der Einkommensteuer

Das Veranlagungsverfahren ist ein förmliches Verwaltungsverfahren zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage und Festsetzung der Einkommensteuer. Der Veranlagungszeitraum ist das Kalenderjahr (§ 25 Abs. 1 EStG). Der Steuerpflichtige ist im Rahmen der Veranlagung verpflichtet eine Steuererklärung abzugeben (§ 25 Abs. 3 EStG).

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Übersicht

Die Grundlagen zur Veranlagung in der Einkommensteuer werden im ersten Video zunächst zusammenfassend erläutert.

Im Folgenden sollen die Arten der Veranlagung dargestellt werden und herausgearbeitet werden, wann welche Veranlagungsart angewendet werden kann und worin der Vorteil beziehungsweise die Besonderheiten der einzelnen Veranlagungsarten bestehen.

 

Einzelveranlagung nach § 25 EStG

Als Grundsatz wird für jeden Steuerpflichtigen das Einkommen und die resultierende Steuer einzeln ermittelt. Ledige, Verwitwete, Geschiedene und Ehegatten/Lebenspartner mit der Option zur Einzelveranlagung nach § 26a EStG fallen hierunter.

Ehegattenveranlagung nach § 26 EStG

Die einzige Ausnahme stellen Ehegatten/Lebenspartner dar, wenn folgende Voraussetzungen seit Beginn oder während des Veranlagungszeitraums nach § 26 Abs. 1 EStG erfüllt sind:

  • Eine gültige Ehe muss vorliegen

  • Die Eheleute müssen beide unbeschränkt steuerpflichtig sein (§ 1 Abs. 1, 2 EStG oder § 1a EStG)

  • sie dürfen nicht dauerhaft getrennt sein.

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Eine Mindestdauer der Erfüllung gibt es nicht, sodass es genügt, wenn die Voraussetzungen an einem einzigen Tag erfüllt waren.

Eine Ehe ist nach bürgerlichem Recht dann wirksam, wenn sie standesamtlich geschlossen worden ist.

Die Frage, ob Ehegatten dauerhaft getrennt leben, wird daran beurteilt, ob eine räumliche Trennung gegeben ist. Eine vorübergehende räumliche Trennung führt jedoch noch nicht dazu, dass von einem dauerhaften Getrenntenleben auszugehen ist. Auch eine dauerhafte Trennung durch eine Freiheitsstrafe oder Krankheit kann noch dafür sprechen, dass die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft weiterbesteht, sofern nach Wegfall der Hindernisse die eheliche Gemeinschaft wiederhergestellt wird. (R 26 Abs. 1 EStR).

Wenn ein Ehegatte seine Ehe in einem Veranlagungszeitraum aufgelöst hat und eine neue Ehe eingeht und bei ihm und dem neuen Ehegatten die Voraussetzungen zur Zusammenveranlagung nach § 26 Abs. 1 EStG vorliegen, so kommt für die alte Ehe die Anwendung der Zusammenveranlagung nach § 26 Abs. 1 S. 2 EStG nicht in Betracht. 

Merke

Bei Ehegatten/Lebenspartnern, die die Voraussetzungen erfüllen, kann die sogenannte Zusammenveranlagung durchgeführt werden, soweit nicht ausdrücklich zur Einzelveranlagung nach § 26a EStG optiert wird.

Die Zusammenveranlagung nach § 26b EStG erfolgt technisch in zwei Schritten:

  1. Es werden zunächst gemäß § 26b EStG die Einkünfte getrennt für jeden Ehegatten ermittelt und dann summiert.

  2. Danach werden die Ehegatten grundsätzlich gemeinsam als Steuerpflichtiger behandelt.

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Einzelveranlagung nach § 26a EStG

Eine Einzelveranlagung unter Ehegatten erfolgt gemäß § 26 Abs. 2 S. 1 und 3 EStG, wenn ein Ehegatte die Einzelveranlagung wählt und die Wahl durch Erklärung im Rahmen der Steuererklärung wirksam ist. Wurde durch die Ehegatten keine Wahl zur Einzelveranlagung getroffen, dann ist nach § 26 Abs. 3 EStG eine Zusammenveranlagung vorzunehmen.

Beispiel

Johanna Meyer und Peter Müller sind seit 10 Jahren verheiratet. Für den Veranlagungszeitraum 10 wählt Johanna Meyer durch die Abgabe einer entsprechenden Steuererklärung, dass sie einzeln veranlagt werden möchte. Peter Müller kann nun nicht mehr wählen, dass eine Zusammenveranlagung vorgenommen wird, da das Wahlrecht zur Einzelveranlagung nach § 26 Abs. 2 S. 1 und 3 EStG durch Johanna Müller ausgeübt worden ist.

Wenn der Steuerbescheid für einen Veranlagungszeitraum nicht mehr anfechtbar ist, dann ist eine Änderung der Veranlagungsart nur möglich, wenn

  • der Steuerbescheid geändert oder aufgehoben wird

  • die neue Veranlagungsform der Finanzbehörde vor Ablauf der Anfechtungsfrist für den Änderungsbescheid mitgeteilt wurde

  • die Differenz der festgesetzten Einkommensteuern nach neuer und alter Veranlagungsform positiv ist. Die Einkommensteuern beider Ehegatten sind hierfür zu summieren.

Die Ehegatten werden bei der Einzelveranlagung wie alle anderen Steuerpflichtigen behandelt. Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen werden grundsätzlich jeweils getrennt berechnet.

Hinweis

Bitte beachten Sie, dass in diesem Video teilweise noch ältere Bemessungsgrundlagen und Freibeträge verwendet werden. Wir haben uns entschieden, das Video in unserem Bestand zu behalten, da die zusammenfassende Darstellung des Dozenten sehr gelungen ist und eine hervorragende Übersicht über die wesentlichen Aspekte bietet.

Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer

Im Folgenden wird erläutert, wann in der Abhängigkeit von der Veranlagungsform welcher Tarif anzuwenden ist und welche besonderen Regelungen es für Ehepaare im Fall des Todes oder der Scheidung etc. gibt. Es wird auch erläutert, inwieweit Einkünfte berücksichtigt werden, die zwar selbst steuerfrei sind, jedoch einen Einfluss auf die Höhe des Steuertarifs haben. Man spricht hier vom sogenannten Progressionsvorbehalt. Auf die konkrete Berechnung wird dann im nächsten Abschnitt eingegangen.
Die Höhe der festzusetzenden Einkommensteuer richtet sich nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip und nimmt mit der Höhe des zu versteuernden Einkommens zu. Es handelt sich um einen progressiven Steuertarif.
Es gibt zwei Tarife:

  • Der Grundtarif
  • Der Splittingtarif für die Zusammenveranlagung

Grundtarif

Der Grundtarif kommt bei allen Steuerpflichtigen zur Anwendung, die nicht in den Bereich des Splittingtarifs fallen. Der Splittingtarif ist dabei grundsätzlich Ehegatten mit Zusammenveranlagung zugänglich.

Hieraus ergibt sich, dass der Grundtarif nach § 32a Abs. 1 EStG insbesondere in folgenden Fällen greift:

  • es handelt sich um einen ledigen Steuerpflichtigen
  • es handelt sich um einen verwitweten Steuerpflichtigen
  • es handelt sich um einen geschiedenen Steuerpflichtigen
  • ein Ehegatte/Lebenspartner wählt aktiv die Einzelveranlagung, § 26 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 3 EStG
  • es handelt sich zwar um Personen, die verheiratet sind bzw. um Lebenspartner, jedoch greifen nicht die Voraussetzungen des § 26 EStG (beispielsweise ist eine Person während des Veranlagungszeitraums dauernd nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig)

Splittingverfahren

Das Splittingverfahren ist ein wichtiges Verfahren im Einkommensteuerrecht, das insbesondere für verheiratete Paare und eingetragene Lebenspartnerschaften von Bedeutung ist. Ziel des Splittingverfahrens ist es, die gemeinsame steuerliche Belastung der Ehegatten oder Lebenspartner zu mildern, insbesondere wenn zwischen den Partnern ein deutlicher Unterschied im Einkommen besteht.

Im Rahmen des Splittingverfahrens wird zunächst die Summe der individuellen Einkünfte beider Partner ermittelt. Dieses gemeinsame zu versteuernde Einkommen wird dann halbiert und auf dieser Grundlage der Einkommensteuertarif angewendet. Die sich daraus ergebende Steuer wird anschließend wieder verdoppelt. Dies führt dazu, dass die steuerliche Belastung insgesamt geringer ausfällt, als wenn beide Partner ihre Einkünfte einzeln versteuern würden, besonders in Fällen, wo ein Partner wenig oder kein eigenes Einkommen hat.

Beispiel

Rechtslage 2024:

Lena und Jonas sind verheiratet. Lena erzielt ein jährliches Einkommen von 80.000 €, während Jonas 20.000 € verdient.

Steuerlast bei Einzelveranlagung:

  • Lena zahlt auf ihr Einkommen von 80.000 € etwa 22.963 € Steuern.
  • Jonas zahlt auf sein Einkommen von 20.000 € etwa 1.725 € Steuern.
  • Die gesamte Steuerlast des Paares bei Einzelveranlagung beträgt somit 24.688 € (22.963 € + 1.725 €).

Steuerlast bei Zusammenveranlagung (Splittingverfahren):

Entscheiden sich Lena und Jonas für das Splittingverfahren, wird ihr gemeinsames Einkommen von 100.000 € (80.000 € + 20.000 €) addiert und anschließend halbiert. Somit beträgt das zu versteuernde Einkommen für beide jeweils 50.000 €.

  • Auf ein Einkommen von 50.000 € ergibt sich eine Einkommensteuer von etwa 10.872 € pro Person.
  • Diese Steuer wird verdoppelt, was zu einer gesamten Steuerlast von 21.744 € für das Paar führt.

Steuerliche Ersparnis: Durch die Wahl des Splittingverfahrens ergibt sich für Lena und Jonas eine Steuerersparnis von 2.944 € (24.688 € - 21.744 €).

Dieses Beispiel verdeutlicht, wie das Splittingverfahren Ehepaaren mit unterschiedlichen Einkommenshöhen eine erhebliche Steuerersparnis ermöglichen kann.

Das Splittingverfahren wird in § 32a Abs. 5 und § 26b des Einkommensteuergesetzes geregelt und steht Ehepaaren oder eingetragenen Lebenspartnern offen, die zusammenveranlagt werden. Die Zusammenveranlagung ist jedoch nicht zwingend; Ehegatten oder Lebenspartner können auch wählen, getrennt veranlagt zu werden, was in bestimmten Fällen steuerliche Vorteile bieten kann.

Gnadensplitting

Bei Verwitweten kommt gemäß § 32a Abs. 6 S. 1 Nr. 1 EStG für den Veranlagungszeitraum des Todes der Splittingtarif zur Anwendung.

In Fällen, in denen ein Ehepartner verstirbt, besteht also für den überlebenden Partner die Möglichkeit, im Jahr des Todes und im darauf folgenden Jahr die steuerlichen Vorteile des Splittingtarifs zu nutzen. Dieses Verfahren, oft als Witwen- oder Gnadensplitting bezeichnet, setzt voraus, dass zum Zeitpunkt des Todes die Bedingungen für eine gemeinsame Veranlagung erfüllt waren.

Konkret bedeutet dies, dass der überlebende Ehegatte formal eine Einzelveranlagung für Ledige nach § 25 EStG wählt, jedoch mit der Besonderheit, dass ausnahmsweise der Splittingtarif gemäß § 32a Abs. 6 Nr. 1 EStG Anwendung findet. Wichtig ist dabei, dass beide Ehepartner zum Todeszeitpunkt ihren Wohnsitz in Deutschland hatten und nicht dauernd getrennt lebten. Eine bloße Zusammenveranlagung im Sterbejahr reicht für die Anwendung des Gnadensplittings nicht aus, falls die Ehegatten zuvor dauerhaft getrennt lebten (BFH-Urteil vom 27.2.1998, BStBl. 1998 II S. 350; H 184a EStR). Die Gewährung des Splittingtarifs zielt darauf ab, eine steuerliche Mehrbelastung für den überlebenden Ehepartner zu verhindern.

Beispiel

Die Ehegatten Josef und Maria Müller trennen sich am 14. April 01. Am 9. Oktober 01 verstirbt Maria Müller. Im Veranlagungszeitraum des Todes 01 ist eine Zusammenveranlagung mit Splittingtarif für Josef und Maria Müller durchzuführen. Die Bekanntgabe des Bescheides erfolgt an Josef als Gesamtrechtsnachfolger der Maria Müller.

Für den Veranlagungszeitraum 02 ist der Grundtarif anzuwenden, wenn die Ehegatten im Zeitpunkt des Todes die Voraussetzung des § 26 Abs. 1 S. 1 EStG nicht mehr erfüllt haben, da sie getrennt gelebt haben (vgl. § 32a Abs. 6 S. 1 Nr. 1 EStG). § 32 a Abs. 6 S. 1 Nr. 2 EStG ist nicht erfüllt, da die Voraussetzungen im Veranlagungszeitraum 02 nach § 26 Abs. 1 S. 1 EStG nicht mehr erfüllt waren.

Anwendung des Ehegattensplittings bei Trennung und Wiederheirat

Das Ehegattensplitting ist ein relevantes Verfahren der steuerlichen Entlastung für Ehepaare, das auch im Jahr einer Scheidung Anwendung finden kann. Dies setzt jedoch voraus, dass die Ehepartner zumindest für einen Tag im betreffenden Jahr eine gemeinsame Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft geführt haben.

Gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 EStG gilt: Sollte ein Ehepartner im selben Veranlagungszeitraum, in dem die frühere Ehe aufgelöst wurde, erneut heiraten und mit dem neuen Ehepartner die Bedingungen für die Zusammenveranlagung erfüllen, wird die vorherige Ehe bei der Anwendung dieser Regelung nicht berücksichtigt.

Hinweis

Im Jahr nach der Trennung müssen Ehegatten grundsätzlich einzeln veranlagt werden, es sei denn, es kommt zu einem Versöhnungsversuch, der eine gemeinsame Veranlagung wieder möglich macht.

Bei einer Scheidung, Aufhebung oder Nichtigkeitserklärung der Ehe innerhalb eines Veranlagungszeitraums und anschließender Wiederheirat eines der Ehegatten, entfällt nach § 26 Abs. 1 Satz 2 EStG das Wahlrecht zwischen Einzel- und Zusammenveranlagung für die aufgelöste Ehe.

Der nicht wieder verheiratete Ex-Ehegatte kann jedoch weiterhin den Splittingtarif gemäß § 32a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG nutzen. Dies dient dazu, eine steuerliche Benachteiligung zu vermeiden, falls der Ex-Ehegatte in demselben Veranlagungszeitraum erneut heiratet und beide neuen Ehepartner die Kriterien des § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllen. In diesem Fall ist eine Anwendung des Splittingtarifs mit dem früheren Ehepartner ausgeschlossen, wobei der nicht wieder verheiratete frühere Partner weiterhin den Splittingtarif in Anspruch nehmen kann.

Beispiel

Johanna Meyer ist schon lange mit ihrer Ehe unzufrieden und unterhält eine Liebschaft mit Peter Müller. Wolfgang Meyer ist damit nicht einverstanden und zieht am 1. April 01 aus der gemeinsamen Wohnung aus. Nach Absolvierung des Trennungsjahres erfolgte darauf am 1. April 02 die rechtskräftige Scheidung. Johanna Meyer kann es nicht abwarten und heiratet bereits am 1. Mai 02 Peter Müller. Johanna Meyer und Wolfgang Meyer haben stets die Zusammenveranlagung gewählt. Für den Veranlagungszeitraum 02 kann keine Zusammenveranlagung von Johanna und Wolfgang Meyer durchgeführt werden, da sie während des gesamten Veranlagungszeitraums getrennt gewohnt haben (§ 26 Abs. 1 S. 1 EStG). Für den Veranlagungszeitraum 02 können die Eheleute Johanna und Peter Müller zwischen der Einzelveranlagung und der Zusammenveranlagung wählen, da sie die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 S. 1 EStG erfüllen. Wolfgang Meyer kann sich im Veranlagungszeitraum 02 lediglich einzeln veranlagen lassen.

Progressionsvorbehalt

Viele staatliche Sozialleistungen, wie beispielsweise das Kurzarbeitergeld oder Arbeitslosengeld, sind steuerfrei. Dennoch können diese Leistungen die Steuerlast erhöhen, da sie dem sogenannten Progressionsvorbehalt unterliegen. Der Progressionsvorbehalt bewirkt, dass der Steuersatz für das steuerpflichtige Einkommen steigt, indem er die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen berücksichtigt.

Rechtsgrundlage

Die gesetzliche Grundlage findet sich in § 32b EStG. Dieser regelt, dass steuerfreie Einkünfte, die unter den Progressionsvorbehalt fallen, bei der Berechnung des Steuersatzes berücksichtigt werden. Ziel ist es, Steuerpflichtige mit steuerfreien Einkünften und solche ohne steuerfreie Einkünfte gleich zu behandeln.

Persönliche und sachliche Anwendung

  • Persönlich: Der Progressionsvorbehalt gilt nur für natürliche Personen. Er ist nicht auf Körperschaften anwendbar, da der Körperschaftsteuersatz von 15 % nicht progressiv ausgestaltet ist (§ 23 Abs. 1 KStG).
  • Sachlich: Die Einkünfte unter Progressionsvorbehalt werden abschließend in § 32b EStG aufgelistet. Diese lassen sich in zwei Gruppen unterteilen:
    • Steuerfreie Lohnersatzleistungen wie Krankengeld, Arbeitslosengeld, Elterngeld etc. (§ 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG).
    • Bestimmte steuerfreie ausländische Einkünfte, z. B. gemäß Doppelbesteuerungsabkommen (§ 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 5 i.V.m. Sätze 2 und 3 EStG).

Beispiele für Lohnersatzleistungen unter Progressionsvorbehalt

Zu den Einkünften, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, zählen unter anderem:

  • Arbeitslosengeld I,
  • Elterngeld,
  • Mutterschaftsgeld und Zuschüsse,
  • Kurzarbeitergeld,
  • Insolvenzgeld,
  • Krankengeld und Kinderkrankengeld,
  • Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz.

Hinweis

Leistungen, die nicht in § 32b EStG aufgeführt sind, wie beispielsweise Arbeitslosengeld II, unterliegen nicht dem Progressionsvorbehalt.

Auswirkungen des Progressionsvorbehalts

Um die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen angemessen zu berücksichtigen, berechnet das Finanzamt den Steuersatz wie folgt:

  1. Das steuerpflichtige Einkommen wird mit den steuerfreien Einkünften addiert, um das Gesamteinkommen zu ermitteln.
  2. Auf Basis dieses Gesamteinkommens wird ein fiktiver Durchschnittssteuersatz berechnet.
  3. Der ermittelte Steuersatz wird dann auf das tatsächliche steuerpflichtige Einkommen angewandt.

Dieser Mechanismus sorgt dafür, dass nur das steuerpflichtige Einkommen höher besteuert wird.

Pflichtveranlagung bei Lohnersatzleistungen

Steuerpflichtige, bei denen die positive Summe der einkommensteuerpflichtigen Einkünfte, die nicht dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unterliegen, abzüglich der darauf entfallenden Beträge nach § 13 Abs. 3 und § 24a EStG, mehr als 410 € beträgt, sind verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben (§ 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG).

Sonderfall: Negativer Progressionsvorbehalt

In bestimmten Fällen kann der Progressionsvorbehalt steuerlich entlastend wirken. Verluste aus ausländischen Einkünften, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, können den Steuersatz senken. Rückzahlungen staatlicher Leistungen oder andere negative Einkünfte mindern ebenfalls den Steuersatz.

Auswirkungen auf Ehegatten und Lebenspartner

Bei der Zusammenveranlagung wirkt sich der Progressionsvorbehalt auch auf den Ehegatten oder Lebenspartner aus. Die dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte beider Partner werden gemeinsam berücksichtigt, was den Steuersatz beeinflussen kann.

Progressionsvorbehalt 2024

 

Beispiel

Harald Findig hat ein zu versteuerndes Einkommen von 100.000 € und weitere steuerfreie Einkünfte von 20.000 €, die gemäß Doppelbesteuerungsabkommen nicht besteuert werden. Ohne Berücksichtigung des Progressionsvorbehalts beträgt seine Einkommensteuer für 2024 31.363 €.

Wenn die steuerfreien Einkünfte jedoch im Rahmen des Progressionsvorbehalts berücksichtigt werden, ergibt sich folgendes Bild:

  • Fiktives zu versteuerndes Einkommen: 100.000 € + 20.000 € = 120.000 €.
  • Steuer auf 120.000 €: 39.763 €.
  • Durchschnittssteuersatz: 39.763 € ÷ 120.000 € = 33,14 %.

Dieser Steuersatz wird auf das tatsächlich zu versteuernde Einkommen von 100.000 € angewendet. Einkommensteuer mit Progressionsvorbehalt: 100.000 € × 33,14 % = 33.140 €.

Durch den Progressionsvorbehalt ergibt sich für Harald eine Steuermehrbelastung von 1.777 € (33.140 € - 31.363 €).

Hinweis

Die in den Videos verwendeten Beträge sind veraltet. Wir haben uns jedoch entschieden, die Videos weiterhin zu nutzen, da die dargestellte Systematik unverändert geblieben ist und die Inhalte weiterhin relevant sind. Bitte beachten Sie, dass an der Erstellung neuer Videos mit den aktuellen Beträgen bereits mit Hochdruck gearbeitet wird.

 

Berechnungsleitfaden

Die tarifliche Einkommensteuer wird nach § 32a Abs. 1 EStG auf Basis des zu versteuernden Einkommens ermittelt. Abhängig von der Höhe des z.v.E. wird die Einkommensteuer in fünf Zonen berechnet, wobei jede Zone eigene Formeln verwendet. Ziel dieses Abschnitts ist es, die Berechnungsmethode verständlich darzustellen und anhand von Beispielen zu illustrieren.

Steuerzonen nach § 32a Abs. 1 EStG

Das zu versteuernde Einkommen wird in fünf Zonen eingeordnet:

  • Nullzone: z.v.E. von 0 € bis 11.604 €
    → Keine Einkommensteuer, da das Einkommen unterhalb des Grundfreibetrags liegt.
  • Untere Progressionszone: z.v.E. von 11.605 € bis 17.005 €
    → Einkommensteuer steigt progressiv an.
  • Mittlere Progressionszone: z.v.E. von 17.006 € bis 66.760 €
    → Einkommensteuer steigt weiter progressiv an.
  • Obere Progressionszone: z.v.E. von 66.761 € bis 277.825 €
    → Einkommensteuer wird proportional mit einem festen Satz berechnet (42 %).
  • Proportionalzone ("Reichensteuer"): z.v.E. ab 277.826 €
    → Einkommensteuer wird mit einem festen Satz von 45 % berechnet.

Methode

SCHEMA:

1. In welcher der vier Zonen befindet sich das zu versteuernde Einkommen?

2. Runden Sie das zu versteuernde Einkommen auf den nächsten vollen €-Betrag ab.

3. Berechnen Sie, je nachdem in welcher Zone man sich befindet, den Wert x, y bzw. z.

  • Zone 4 und Zone 5: x = das auf einen vollen Euro Betrag abgerundete zu versteuernde Einkommen (§ 32a I 5 EStG).
  • Zone 3: z = 1/10.000·(abgerundetes zu versteuerndes Einkommen - 17.005 € (§ 32a Abs. 1 S. 4 EStG).
  • Zone 2: y = 1/10.000·(abgerundetes zu versteuerndes Einkommen - 11.604 € (§ 32a Abs. 1 S. 3 EStG).
  • Zone 1: keine Berechnung notwendig

4. gehen Sie mit dem ausgerechneten Wert in die jeweilige Formel

  • Zone 5: 0,45∙x - 18.936,88
  • Zone 4: 0,42·x - 10.602,13
  • Zone 3: (181,19·z + 2.397)·z + 1.025,38
  • Zone 2: (922,98·y + 1.400)·y
  • Zone 1: keine Berechnung notwendig

5. Runden Sie die erhaltene Einkommensteuer auf den nächsten vollen Euro-Betrag ab (§ 32a Abs. 1 S. 6 EStG).

In der ersten Zone ist das zu versteuernde Einkommen bis zum sog. Grundfreibetrag in Höhe von 11.604 € steuerfrei.

Beispiel

Der Steuerpflichtige Fritz erzielt mit seiner Übersetzungstätigkeit im Kalenderjahr 2024 ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 11.500 €.

Lösung: Da das zu versteuernde Einkommen unter dem Grundfreibetrag von 11.604 € liegt, beträgt die Einkommensteuer 0 €.

Beispiel

Der Steuerpflichtige Günther hat ein zu versteuerndes Einkommen von 15.750,64 €.

Das abgerundete zu versteuernde Einkommen liegt damit bei 15.750 €. Es gilt damit

y = 1/10.000·(abgerundetes zvE – 11.604)

y = 0,0001·(15.750 - 11.604)

y = 0,4147

= (922,98 · 0,4147 + 1.400)·0,4147

= 739,31 €

Schließlich beträgt die Einkommensteuer wegen der Abrundung auf den nächsten vollen Euro Betrag dann 739 € (§ 32a Abs. 1 S. 6 EStG).

Beispiel

Der Steuerpflichtige Franz erzielt ein Einkommen im Veranlagungszeitraum 2024 in Höhe von 17.500,53 €.
Das abgerundete zu versteuernde Einkommen beträgt daher 17.500 €. Man erhält einen Wert:

z = 1/10.000·(17.500 - 17.005)

z = 0,0495

= (181,19·0,0495 + 2.397) · 0,0495 + 1.025,38

= 1.144,48 €

 

Wegen der Abrundung lautet die Einkommensteuer des Steuerpflichtigen Franz 1.144 €. 

Beispiel

Der Steuerpflichtige Hubert erzielt ein zu versteuerndes Einkommen im Jahre 2024 in Höhe von 69.084,29 €.

Das abgerundete zu versteuernde Einkommen beträgt damit x = 69.084 €. Man errechnet die Einkommensteuer als 0,42·69.084 – 10.602,13 € = 18.413,15 €. Nach der Rundungsvorschrift des § 32a Abs. 1 S. 6 EStG erhält man damit 18.413 €.

Die ermittelten Steuerbeträge können in Tabellen des Einkommensteuergesetzes nachvollzogen werden. Für eine exakte Berechnung sind jedoch die Formeln gemäß § 32a Abs. 1 EStG anzuwenden. Dies verdeutlicht die technische Relevanz der progressiven Berechnungssystematik.