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Einkommensteuer - Wesentliche Betriebsgrundlagen i.S.d. § 16 EStG

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Einkommensteuer

Wesentliche Betriebsgrundlagen i.S.d. § 16 EStG

§ 16 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG sieht vor, dass der gesamte Betrieb entgeltlich übertragen werden muss.

Wesentliche Betriebsgrundlagen i.S.d. § 16 EStG

Für den Begriff des gesamten Betriebes kommt es dabei auf die Übertragung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen an. Unter die wesentlichen Betriebsgrundlagen fallen in der Regel das Anlagevermögen inklusive der immateriellen Wirtschaftsgüter, Fertigungstechniken etc. Das Umlaufvermögen zählt hingegen nicht unbedingt zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen (BFH, vgl. Urteil vom 29.10.1992, BFH/NV, S. 233). Die Beurteilung der wesentlichen Betriebsgrundlage ist in der Praxis nicht immer einfach, da es in der Rechtsprechung zwei Beurteilungskriterien gibt:

  1. Funktionalität
  2. Quantität

Das quantitative Kriterium geht dabei auf die stillen Reserven ein, während das funktionale Beurteilungskriterium die Abgrenzung anhand des Beitrags zur Funktionsfähigkeit des Betriebes vornimmt.

Der Erwerber muss den Betrieb nach der Übertragung weiterführen können. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass er dies auch tatsächlich macht (vgl. R 16 Abs. 1 S. 2 EStR). Der Veräußerer muss seine bisherige unternehmerische Tätigkeit im Kontext des Betriebes aufgeben.

Wesentliche Betriebsgrundlage

 

Beispiel

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Der Rechtsanwalt Hermann Müller betreibt seine Praxis in Heidelberg. Er veräußert diese zum 31.12.01 an den Rechtsanwalt Dr. Huber. Hermann Müller arbeitet noch für 2 Stunden in der Woche in der Kanzlei, um für bestimmte Fragen bei Altfällen zur Verfügung zu stehen. Hermann Müller behält weiter zwei Mandanten zurück, die in den letzten drei Jahren circa 13 % Umsatzes ausgemacht haben, da die Mandanten ebenfalls im fortgeschrittenen Alter sind und sich nicht von einem Jungspund beraten lassen wollen.

Greifen bei Hermann Müller die Regelungen des § 18 Abs. 3 S. 1 und S. 2 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG?

Zweifelhaft ist die Frage, ob der Rechtsanwalt hier seine bisherige Tätigkeit aufgibt. Grundsätzlich muss er seine eigene oder freiberufliche Tätigkeit im Kontext des Betriebes aufgeben. Die Anstellung beim neuen Betriebsinhaber ist hingegen unschädlich, da er sie nicht selbständig ausführt, sondern als weisungsgebundener Angestellter.Aus quantitativer Sicht könnte jedoch die Betreuung der eigenen Mandanten mit einem Anteil von mehr als 10 % der Umsätze der letzten drei Jahre schädlich sein. Laut der Rechtsprechung des BFH ist eine Rückbehaltung bei Mandanten, die in den letzten drei Jahren weniger als 10% der Umsätze generiert haben, unschädlich (vgl. BFH-Urteil vom 7.11.1991 (IV R 14/90) BStBl. 1992 II, S. 457). Da hier jedoch ein deutlich höherer Teil zurückbehalten wird, kann nicht von einer Aufgabe des Betriebes ausgegangen werden.

Aufgrund der Höhe stellt sich auch die Frage, ob der gesamte Betrieb veräußert wird. Aufgrund der Rechtsprechung des BFH zur 10 % Grenze kann nicht von einer Aufgabe des gesamten Betriebes ausgegangen werden.

Eine Anwendung des § 18 Abs. 3 S. 1, 2 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG scheidet insoweit aus.

 

Urteile für die Beurteilung nach quantitativen Aspekten sind bisher nur für den Bereich der freiberuflichen Einkünfte ergangen. Für die originäre Anwendung des § 16 EStG im gewerblichen Bereich gibt es bisher keine entsprechenden Urteile. Der oben genannte Fall wäre damit bei einem gewerblichen Unternehmensberater wohl immer schädlich, unabhängig davon, ob die Mandanten die 10% Grenze unter- oder überschreiten. Der Veräußerer kann unschädlicherweise also nur einen Gewerbebetrieb mit einem anderen Betätigungsfeld in einem anderen Umfeld eröffnen. Die Zielgruppe der Kunden sollte sich insoweit auch unterscheiden.

 

Beispiel

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Der unschädliche Wechsel

Hanjo Müller hatte bisher einen Betrieb mit Dienstleistungen rund um das Haus und den Hof. Er hat unter anderem Gartengestaltung, Pflasterarbeiten, Zaunmontagen etc. durchgeführt. Hanjo ist das Geschäft jedoch körperlich zu anstrengend geworden und er verkauft es an Patrick Malocher. Hanjo eröffnet nun in der gleichen Gemeinde einen Laden zur Reparatur und zum Verkauf von Computern und Fernsehgeräten etc. Gibt es negative Auswirkungen hinsichtlich der Tatbestandsmerkmale des § 16 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG?

Nein, da Hanjo Müller seine bisherige Tätigkeit in keiner Form fortsetzt und nun einen anderen Wirkungskreis hat. Er betreibt einen andersartigen Gewerbebetrieb (vgl. BFH 11.03.1982,  BStBl II 1982, S. 707).

Hinweis

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Ihre Alarmglocken sollten immer läuten, wenn Sie lesen, dass die Tätigkeit mit zulässigerweise zurückgehaltenem Betriebsvermögen fortgesetzt wird. (vgl. BFH vom 09.10.1996, BStBl II 1997, S. 236)

 Weitere und vertiefende Informationen zu diesem Thema finden Sie darüber hinaus im vertiefenden Kapitel zum Thema Wesentliche Betriebsgrundlagen.