In den vorherigen Kapiteln haben wir uns mit den Tatbestandsmerkmalen zu der der Betriebsveräußerung auseinandergesetzt. Der Anwendungsbereich des § 16 EStG ist nun bekannt. Im nächsten Schritt erfolgt die Ermittlung des Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinns.
Der Veräußerungsgewinn gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb und ist nach den Vorgaben des § 16 Abs. 2 EStG zu ermitteln. Der begünstige Veräußerungsgewinn gemäß § 16 Abs. 2 EStG ermittelt sich aus der Differenz zwischen dem Veräußerungspreis abzüglich der Veräußerungskosten und dem Buchwert des übertragenen Betriebsvermögens. Der Buchwert ist entsprechend um zurückbehaltene Wirtschaftsgüter zu kürzen.
Ermittlung des Veräußerungsgewinns und Aufgabegewinns Teil 1
Berechnung des Veräußerungsgewinnes:
Veräußerungspreis | |
+ | gemeiner Wert der in das Privatvermögen übertragenen Wirtschaftsgüter |
- | Veräußerungskosten |
- | Kapitalkonto im Veräußerungszeitpunkt |
= | Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 2 EStG |
- | Freibetrag gemäß § 16 Abs. 4 EStG |
= | Begünstigter Veräußerungsgewinn |
= | außerordentliche Einkünfte nach § 34 Abs. 2 EStG |
Ermittlung des Veräußerungsgewinns und Aufgabegewinns Teil 2
Der Veräußerungsgewinn wird wegen des Soll-Prinzips in dem Veranlangungsszeitraum erfasst, in dem das wirtschaftliche Eigentum übertragen wird. Der Verkaufspreis enthält alle Gegenleistungen für die Übertragung des Betriebs. Es werden auch die Übernahme privater Schulden miteinbezogen. Betriebliche Schulden zählen hingegen nicht zum Veräußerungspreis, da sie bilanztechnisch zum Betriebsvermögen gezählt werden. Es wird immer der Nettobuchwert aus Aktiva abzüglich des Fremdkapitals zugrunde gelegt. Für den Erwerber werden damit gleichzeitig die Eröffnungsbilanzwerte in Form der Anschaffungskosten spiegelbildlich über den Veräußerungspreis festgelegt.
Ermittlung des Veräußerungsgewinns und Aufgabegewinns anhand eines Beispiels:
Abgrenzung vom Veräußerungsgewinn bzw. Aufgabengewinn zum laufenden Gewinn.
Der Veräußerungsgewinn bzw. Aufgabegewinn ist von den laufenden Gewinnen abzugrenzen. Denn Veräußerungs- und Aufgabegewinn sind steuerbegünstigt und unterliegen nicht der Gewerbesteuer. Bei ihnen werden die mit der Veräußerung oder Aufgabe zusammenhängenden Veräußerungs- oder Aufgabekosten berücksichtigt.
Die laufenden Gewinne, die im zeitlichen Zusammenhang mit der Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe und den ihnen gleichgestellten Vorgängen anfallen, werden "normal" besteuert und unterliegen, wenn es sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb handelt, der Gewerbesteuer. Gewinnmindernd wirken sich die Betriebsausgaben aus.
Zur Abgrenzung von laufendem Gewinn und Aufgabegewinn ist grundsätzlich auf den zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang des einzelnen Geschäftsvorfalls mit dem laufenden Geschäftsbetrieb einerseits und der Betriebsaufgabe andererseits abzustellen.
In den nachfolgenden 3 Videos wird dieses Thema aufgegriffen und im Detail erläutert.
Beispiel 1: Abgrenzung vom Veräußerungsgewinn bzw. Aufgabengewinn zum laufenden Gewinn.
Beispiel 2: Abgrenzung vom Veräußerungsgewinn bzw. Aufgabengewinn zum laufenden Gewinn.
Beispiel
Hermann verkauft seinen Schuhladen an Friedrich zum 31.12.01. Hermann lebt privat deutlich über seinen Verhältnissen und hat einen hohen Schuldenberg aufgebaut. Der Schuhladen stellt jedoch für Friedrich den einzigen Konkurrenten weit und breit dar, und so übernimmt er auch die privaten Schulden des Hermann in Höhe von 400.000 €. Er überweist ihm darüber hinaus noch 500.000 € auf sein Bankkonto. Hermann hat im Zusammenhang mit dem Verkauf Rechtsanwaltskosten von 3.000 €. Die Bilanz des Betriebs sieht zum 31.12.01 folgendermaßen aus:
Aktiva | Passiva | ||
Anlagevermögen | 600.000 € | Eigenkapital | 800.000 € |
Umlaufvermögen | 400.000 € | Verbindlichkeiten | 200.000 € |
Aktiva | 1.000.000 € | Passiva | 1.000.000 € |
Wie ermittelt sich der Veräußerungsgewinn im Sinn des § 16 Abs. 2 EStG?
Die Betriebsschulden sind Bestandteil des Betriebsvermögens nach § 16 Abs. 2 EStG und zählen nicht zum Veräußerungspreis. Die privaten Schulden in Höhe von 400.000 € zählen hingegen zum Veräußerungspreis, sodass sich ein Veräußerungspreis von 900.000 € ergibt. Der Veräußerungsgewinn beträgt nun:
Berechnung des Veräußerungsgewinnes:
Veräußerungspreis | 900.000 € | |
+ | gemeiner Wert der in das Privatvermögen übertragener Wirtschaftsgüter | 0 € |
- | Veräußerungskosten | 3000 € |
- | Kapitalkonto im Veräußerungszeitpunkt | 800.000 € |
= | Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 2 EStG | 97.000 € |