Es gilt, dass der Veräußerer irgendwann innerhalb von 5 Jahren zu mindestens 1% an der Kapitalgesellschaft beteiligt gewesen sein muss. Es kommt dabei nicht auf den Veräußerungszeitpunkt oder die Dauer der Beteiligung an. Die Regelung kann bei vielen mittelbaren Streubesitzanteilen unter Umständen zu Überraschungen führen. Die Berechnung der 5 Jahre muss dabei tagesgenau erfolgen.
Beispiel
Anton ist am 01.03. des Jahres 01 zu 3 % an der A-AG beteiligt. Er verkauft nun 2,5 % hiervon. Am 28.02. des Jahres 06 wird sein Geld knapp und er verkauft weitere 0,5% der Anteile. Die Veräußerung führt dazu, dass am 01.03. des Jahres 01 mit der Berechnung der 5 Jahres-Frist begonnen wird. Der Verkauf der Anteile an der A-AG sind auch im Jahr 06 von § 17 EStG erfasst, da er für das Überschreiten der 5 Jahres-Frist zwei Tage hätte warten müssen.
Die Voraussetzungen der 5 Jahres-Frist müssen auch nicht höchstpersönlich erfüllt sein. Bei einer unentgeltlichen Übertragung im Rahmen einer Erbschaft, Schenkung oder eines Vermächtnisses werden gemäß § 17 Abs. 1 S. 4 EStG die Tatbestandsmerkmale auf den Nachfolger übertragen.
Beispiel
Erbe EB hat von Erblasser EL 0,1 % Anteile an der X-AG geerbt. EL verstarb am 01.05.2021. Am 01.05.2020 hatte EL in einer Tranche 5 % der Anteile an der X-AG erworben, jedoch davon 4,9 % wegen akutem Liquiditätsbedarf kurz vor seinem Tod am 01.04.2021 verkauft.
Am 01.05.2022 veräußert EB seine im Erbgang erworbenen Beteiligung an der X-AG von 0,1 %.
Auch bei EB handelt es sich um einen Vorgang im Rahmen des § 17 EStG, da hier der Rechtsvorgänger EL zu mindestens einem Zeitpunkt innerhalb der letzten 5 Jahre vor Veräußerung zu mindestens 1 % an der X-AG beteiligt war, § 17 Abs. 1 S. 4 i.V.m. S. 1 EStG.
Bei teilentgeltlichen Vorgängen kommt nur eine Anwendung auf den unentgeltlichen Teil in Betracht. Es muss eine Aufteilung in einen voll entgeltlichen und voll unentgeltlichen Teil gemäß der Trennungstheorie erfolgen.
Beispiel
A erwirbt von B 10 Anteile an einer Kapitalgesellschaft für insgesamt 30.000 EUR. Der gemeine Wert jedes Anteils beträgt 10.000 EUR. A hat in diesem Fall drei Anteile entgeltlich und sieben Anteile unentgeltlich erworben.
Zur optimalen Übung schauen wir uns nun in drei Lernvideos Beispiele zur 5-Jahres-Frist an:
Sitzverlegung ins Ausland
Gemäß § 17 Abs. 5 S. 1 EStG wird zur Sicherung des deutschen Besteuerungsrechtes eine identitätswahrende Sitzverlegung einer Kapitalgesellschaft wie eine Veräußerung behandelt, sofern diese zu einer Beschränkung oder einem Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechtes führt (Entstrickung).
Jedoch ist nach S. 2 der Vorschrift die Sitzverlegung in einen anderen EU-Mitgliedstaat von einer Europäischen Gesellschaft bzw. von jeder anderen Kapitalgesellschaft unschädlich. Bei späterer Veräußerung ist der Gewinn aber in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung dieser Anteile zu besteuern gewesen wäre, wenn keine Sitzverlegung stattgefunden hätte, § 17 Abs. 5 S. 3 EStG. Dies gilt explizit unbeachtet einer anderslautenden Regelung in einem DBA.