Anschaffung
Eine Anschaffung nach § 23 Abs. 1 EStG liegt vor, wenn ein Wirtschaftsgut entgeltlich von Dritten erworben wird. Tauschgeschäfte gelten ebenfalls als Anschaffung. Selbstgeschaffene Wirtschaftsgüter können aufgrund einer fehlenden Anschaffung den Tatbestand des privaten Veräußerungsgeschäfts nicht erfüllen. Wird hingegen auf einem erworbenen Grund und Boden ein Gebäude errichtet und der Grund und Boden ist Gegenstand eines privaten Veräußerungsgeschäfts, so wird das Gebäude in das private Veräußerungsgeschäft eingeschlossen.
Bei der Überführung eines Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen wird eine Anschaffung fingiert. Der unentgeltliche Erwerb eines Wirtschaftsguts durch Gesamtrechtsnachfolge und Einzelrechtsnachfolge erfüllt nicht den Tatbestand der Anschaffung.
Bei der Gesamtrechtsnachfolge ist für die Fristberechnung vom Anschaffungszeitpunkt des Rechtsvorgängers auszugehen. Der Vorgang wird beim Erben so erfasst, als hätte der Rechtsvorgänger die Veräußerung vorgenommen. Bei der Prüfung nach § 23 EStG wird die Anschaffung des Rechtsvorgängers auch im Rahmen der Einzelrechtsnachfolge dem Rechtsnachfolger zugerechnet (§ 23 Abs. 1 S. 3 EStG).
Merke
Eine Anschaffung ist der entgeltliche Erwerb von Wirtschaftsgütern. Typische Anschaffungsvorgänge sind Kauf und Tausch.
Keine Anschaffung ist der unentgeltliche Erwerb eines Wirtschaftsguts durch Schenkung, Erbschaft, Vermächtnis oder bei einem Erwerb im Rahmen einer Erbauseinandersetzung ohne Abfindung (H 23 ,,Anschaffung" EStH).
Veräußerung
Eine Veräußerung liegt im Falle der entgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts auf einen Dritten gegen Entgelt vor. Findet die Übertragung hingen unentgeltlich statt, so liegt kein Veräußerungstatbestand im Sinne des § 23 Abs. 1 EStG vor. Die Übertragung eines Wirtschaftsguts im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge führt dann zu einer teilentgeltlichen Veräußerung, soweit Verbindlichkeiten übernommen werden.
Aus § 23 Abs. 1 S. 5 Nr. 1 folgt, dass die Einlage eines Wirtschaftsgut in das Betriebsvermögen eine Veräußerung darstellt, sofern das Wirtschaftsgut innerhalb von 10 Jahren nach der Anschaffung aus dem Betriebsvermögen heraus veräußert wird. Die verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft ist nach § 23 Abs. 1 S. 5 Nr. 2 EStG ebenfalls als Veräußerung zu behandeln, da der Gegenstand dann die Rechtssphäre des Steuerpflichtigen verlässt.
Kein Veräußerungstatbestand liegt gemäß BMF-Schreiben vom 05.10.2000, BStBl. I S. 1383, Beck´sche "Steuererlasse" 1 § 23/1 in Fällen einer Einlage (§ 4 Abs. 1 S. 8 EStG) eines Wirtschaftsguts
- in das Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens,
- in das Sonderbetriebsvermögen des Steuerpflichtigen bei einer Personengesellschaft und
- in das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten und sonstigen Gegenleistungen
vor. Demgegenüber ist jedoch abzugrenzen, dass eine verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft stets als Veräußerung des Wirtschaftsguts zu behandeln ist, § 23 Abs. 1 S. 5 Nr. 2 EStG.
Die Einlage eines Wirtschaftsguts in das Betriebsvermögen ist jedoch dann nachträglich als Veräußerung zu werten, wenn das Wirtschaftsgut innerhalb von zehn Jahren nach seiner Anschaffung aus dem Betriebsvermögen veräußert wird, § 23 Abs. 1 S. 5 Nr. 1 EStG.
Ebenso führt oben genanntes BMF-Schreiben in Rz. 8 aus, dass die Übertragung eines Wirtschaftsguts auf eine Personengesellschaft bzw. Gemeinschaft ohne steuerliches Betriebsvermögen gegen die Gewährung von Gesellschaftsrechten keine Veräußerung darstellt, soweit der Übertragende an dieser Gesellschaft/Gemeinschaft beteiligt ist.
Beispiel
An der vermögensverwaltend tätigen BC-GbR sind B und C zu je 1/2 beteiligt. Im Jahr 2000 beteiligt sich A an der GbR und bringt dazu ein unbebautes Grundstück mit einem Wert von 240.000 EUR, das er im Jahr 1993 für 180.000 EUR erworben hatte, in die GbR ein. Danach sind A, B und C zu je 1/3 an der GbR beteiligt. Im Jahr 2004 veräußert die GbR das Grundstück zu einem Kaufpreis von 270.000 EUR an den Gesellschafter B, der es seinerseits im Jahr 2005 für 300.000 EUR an einen fremden Dritten verkauft.
Einbringung durch A in GbR
Die Übertragung des Grundstücks auf die GbR ist zu 1/3 nicht als Veräußerung anzusehen, weil A in diesem Umfang an der GbR beteiligt ist.
Berechnung des Veräußerungsgewinns:
2/3 des Veräußerungserlöses von 240.000 EUR | 160.000 EUR |
abzgl. 2/3 der Anschaffungskosten von 180.000 EUR | 120.000 EUR |
Veräußerungsgewinn des A | 40.000 EUR |
Verkauf GbR an B
Die Veräußerung durch die GbR an B ist als anteilige Veräußerung des Grundstücks durch A und C an B zu behandeln. Der von A erzielte Veräußerungsgewinn unterliegt nicht der Besteuerung nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, weil er das Grundstück, das ihm noch zu 1/3 zuzurechnen ist, vor mehr als zehn Jahren vor der Veräußerung erworben hat.
Berechnung des Veräußerungsgewinns des C:
1/3 des Veräußerungserlöses von 270 000 EUR | 90.000 EUR |
abzgl. 1/3 der Anschaffungskosten von 240 000 EUR im Jahr 2000 | 80.000 EUR |
Veräußerungsgewinn des C | 10.000 EUR |
Verkauf B an Dritten
Der Erwerb des Grundstücks durch die GbR im Jahr 2000 ist zu 1/3 als Anschaffung durch B und der Erwerb des Grundstücks von der GbR durch B im Jahr 2004 zu 2/3 als Anschaffung des Grundstücks durch B zu behandeln. Da die Anschaffungsvorgänge und die Veräußerung der jeweiligen Grundstücksanteile innerhalb der Zehnjahresfrist erfolgten, unterliegt der gesamte Vorgang der Besteuerung nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG.
Berechnung des Veräußerungsgewinns:
Veräußerungserlös | 300.000 EUR | |
Anschaffungskosten | ||
1/3 von 240.000 EUR im Jahr 2000 | 80.000 EUR | |
2/3 von 270.000 EUR im Jahr 2002 | 180.000 EUR | 260.000 EUR |
Veräußerungsgewinn des B | 40.000 EUR |
Des Weiteren liegt auch in der Zerstörung bzw. im Verlust eines Wirtschaftsguts keine Veräußerung vor.
Bedeutung des Zu- und Abflussprinzips (§ 11 EStG)
Da es sich bei § 23 EStG um eine Überschusseinkunftsart handelt (vgl. § 22 Nr. 2 EStG), ist der Veräußerungsgewinn im Zuflussjahr des Veräußerungserlöses zu erfassen.
Werbungskosten sind abweichend vom Abflussprinzip in dem Kalenderjahr zu berücksichtigen, in dem der Veräußerungserlös zufließt (H 23 "Werbungskosten" EStH).
Beispiel
Peter hat im Juli 01 ein Grundstück erworben (AK 675.000 €), das er seitdem vermietet. Im Dezember 04 veräußert er das Grundstück für 900.000 €. Der Veräußerungserlös fließt ihm im Juni 03 zu. Die Veräußerungskosten in Höhe von 10.000 € zahlt er erst im März 04.
Lösung:
Der Veräußerungsgewinn ist im Zuflussjahr des Veräußerungserlöses, hier also im Jahr 03 zu erfassen. Obwohl die Veräußerungskosten erst im Jahr 04 abfließen, sind sie, abweichend vom Abflussprinzip des § 11 Abs. 2 ESIG, bereits im Jahr 03 zu berücksichtigen.