Inhaltsverzeichnis
- Verluste in der Einkommensteuer
- Verlustausgleich im Selben Jahr
- Verrechnung der Verluste Zwischen den Einkunftsarten
- Besonderheiten und Einschränkungen
- Zusammenfassung und Technische Umsetzung
- Verlustausgleich, § 2 Abs. 3 EStG
- Der innerperiodische Verlustausgleich und die positive Summe der Einkünfte
- Der innerperiodische Verlustausgleich und die negative Summe der Einkünfte
- Verlustabzug
- Der Verlustabzug gemäß §10d EStG
- Verlustrücktrag
- Änderung des § 10d EStG - Verlustrücktrag
- Möglichkeiten für den Verlustrücktrag
- Änderungen im Verlustrücktrag gemäß § 10d EStG
- Verlustrücktrag bei Eheleuten
- Verlustvortrag
- Verlustvortrag und seine Begrenzungen
- Zusammenfassendes Beispiel
- Verlustausgleichsbeschränkungen
- § 10d EStG und die Verlustverrechnungskreise
- Gesonderte Verlustfeststellung
Verluste in der Einkommensteuer
Ein wesentliches Element in der steuerlichen Betrachtung sind die Verluste. Diese Aussage mag auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen, ist jedoch in Fachkreisen von Steuerberatern weit verbreitet und birgt zumindest in einem Punkt Wahrheit.
Im Gegensatz zu anderen rechtlichen Bereichen gelten Verluste im Steuerrecht nicht als Negativposten in der Bilanz der Steuerpflichtigen, sondern vielmehr als anstrebenswerte Zahlen. Die allgemein verständliche Deutung dieser Verluste als abzugsfähige Posten in der Steuererklärung, um die persönliche Steuerlast zu reduzieren oder sogar auf null zu setzen, inspiriert zu einer Kreativität in der steuerlichen Gestaltung, die in dieser Form wohl einzigartig innerhalb der gesamten Rechtsordnung ist. Besonders im Unternehmensbereich, etwa bei Sanierungen oder Umstrukturierungen, ist das Bewahren der ursprünglichen Verlustvorträge für die neuen juristischen Personen eines der Hauptziele.
Im deutschen Steuerrecht spielt die Verlustverrechnung eine entscheidende Rolle, basierend auf dem objektiven Leistungsfähigkeitsprinzip. Sie ermöglicht es, negative Einkünfte in Form des horizontalen und vertikalen Verlustausgleichs sowie des Verlustvortrags und -rücktrags zu berücksichtigen. Dieser Mechanismus ist essenziell, um das Leistungsfähigkeitsprinzip über das gesamte Lebenseinkommen eines Steuerpflichtigen hinweg umzusetzen. Der Wegfall einer interperiodischen Verlustverrechnung würde diese Umsetzung gefährden.
Verlustausgleich im Selben Jahr
Im Rahmen der Einkommensteuer gibt es sieben Arten steuerpflichtiger Einkünfte, darunter Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung, selbstständiger Tätigkeit, Gewerbebetrieb, Land- und Forstwirtschaft sowie sonstige Einkünfte wie Renten. Innerhalb einer Einkunftsart werden alle positiven und negativen Einkünfte verrechnet (horizontaler Verlustausgleich).
Beispiel
Ein Steuerzahler besitzt zwei Wohnungen. Mit der ersten erzielt er 01 einen Überschuss von 5.000 Euro, mit der zweiten einen Verlust von 8.000 Euro. Insgesamt resultiert daraus ein Verlust von 3.000 Euro bei den Vermietungseinkünften.
Verrechnung der Verluste Zwischen den Einkunftsarten
Neben dem horizontalen Verlustausgleich gibt es den vertikalen Verlustausgleich, bei dem Einkünfte aus verschiedenen Einkunftsarten miteinander verrechnet werden.
Beispiel
Ein Arbeitnehmer mit einem Jahresgehalt von 35.000 Euro gründet eine Firma, die im ersten Jahr einen Verlust von 10.000 Euro verzeichnet. Das Finanzamt verrechnet beide Beträge, sodass der Gesamtbetrag der Einkünfte 25.000 Euro beträgt.
Besonderheiten und Einschränkungen
Die Verlustverrechnung wird jedoch nur akzeptiert, wenn eine Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht verfolgt wird. Fehlt diese, wie im Fall der sogenannten "Liebhaberei", werden weder Verluste noch Gewinne steuerlich berücksichtigt. Für die Anerkennung von Anlaufverlusten kann das Finanzamt eine Prognoserechnung verlangen, um die Gewinnabsicht zu bestätigen.
Für Verluste aus Einkünften aus Kapitalvermögen, geregelt in § 20 Abs. 6 S.1 EStG, gilt ein spezielles Verrechnungsverbot. Diese Regelung ist steuersystematisch korrekt, da sie keinem Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip darstellt.
Zusammenfassung und Technische Umsetzung
Die Verlustverrechnung im deutschen Steuerrecht, sowohl horizontal als auch vertikal, ist ein komplexes, aber wesentliches Instrument, das die Leistungsfähigkeit eines Steuerpflichtigen adäquat widerspiegelt. Das nachfolgende Kapitel zeigt detailliert auf , unter welchen Voraussetzungen und bis zu welcher Höhe eine Verlustverrechnung möglich ist und wie diese technisch funktioniert.
Verlustausgleich, § 2 Abs. 3 EStG
Negative Einkünfte aus einer Einkunftsart stellen einen Verlust dar. Verluste einer Einkunftsart sind mit positiven Einkünften derselben Einkunftsart verrechenbar. Man spricht vom horizontalen Verlustausgleich. Wenn dann noch ein Verlust übrig bleibt, so können die Verluste mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, dies nennt man vertikalen Verlustausgleich.
Bei der Ermittlung der Einkünfte ist die Summe der Einkünfte auszurechnen. Die Summe der Einkünfte ist der Saldo der Zusammenrechnung der einzelnen Einkünfte. Im ersten Schritt sind im Rahmen des horizontalen Verlustausgleichs zunächst die negativen Einkünfte einer Einkunftsart mit den positiven Einkünften derselben Einkunftsart auszugleichen. Im nächsten Schritt sind die Einkünfte aus den verschiedenen Einkunftsarten miteinander (sogenannter vertikaler Verlustausgleich) zu verrechen.
Der innerperiodische Verlustausgleich und die positive Summe der Einkünfte
Beispiel
Der Steuerpflichtige A hat eine vermietete Wohnimmobilie 1 und eine vermietete Wohnimmobilie 2. Bei Nr. 1 erzielt er einen Überschuss von 50.000 EUR, bei Nr. 2 einen Verlust von 20.000 EUR.
Im Rahmen des horizontalen Verlustausgleiches (innerhalb einer Einkunftsart, hier aus Vermietung und Verpachtung) kann A die beiden Ergebnisse saldieren, so dass er nur noch 30.000 EUR EK aus Vermietung und Verpachtung hat.
Beispiel
Der Steuerpflichtige A hat erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 20.000 EUR.
Daneben betreibt er noch einen Getränkehandel, hier lief es jedoch sehr schlecht, so dass hier ein Verlust von 10.000 EUR zu verzeichnen war.
Im Rahmen der vertikalen Verlustausgleiches (zwischen den Einkunftsarten, hier aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Gewerbebetrieb) kann A die beiden Ergebnisse saldieren, so dass er nur noch eine Summe der Einkünfte von 10.000 EUR hat.
Beispiel
Der Steuerpflichtige Hans erzielt im Jahr 04 einen Veräußerungsgewinn durch den Verkauf des Unternehmens A in Höhe von 200.000 € und erleidet gleichzeitig einen laufenden Verlust aus einem weiteren Unternehmen B von 70.000 €. Zusätzlich hat er einen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft (L+F) in Höhe von 40.000 € und einen nicht zu beanstandenen Verlust aus der Vermietung eines Mehrfamilienhauses von 150.000 €.
Ermitteln Sie die Summe der Einkünfte.
Lösung:
Der horizontale Verlustausgleich
Die Einkünfte des H betragen im Jahr 04:
Einkünfte gemäß § 15 EStG: + 130.000 € (200T€ gemäß § 16 EStG abzüglich 70.000 € gemäß § 15 EStG),
Einkünfte gemäß § 13 EStG: + 40.000 €,
Einkünfte gemäß § 21 EStG: - 150.000 €.
Zuerst erfolgt der horizontale Verlustausgleich innerhalb von § 15 EStG. Nach R 34.1 Abs. 3 EStR nehmen die außerordentlichen Einkünfte des § 16 EStG sowohl am horizontalen als auch am vertikalen Verlustausgleich teil.
Hingegen werden spezifische steuerliche Befreiungen, wie Freibeträge bei Aufgabe- oder Veräußerungsgewinnen nach § 16 Abs. 4 EStG und steuerfreie Einnahmen gemäß § 3 EStG, nicht in die Verlustverrechnung einbezogen (entsprechend dem BFH-Urteil vom 29.07.1966, BStBl III 1966, 544). Demnach belaufen sich die gewerblichen Einkünfte des H auf +130.000 € (nach § 15 EStG).
Der vertikale Verlustausgleich
Die positiven und negativen Ergebnisse miteinander saldiert. Dies ergibt die Summe der Einkünfte.
Einkünfte gemäß § 15 EStG: + 130.000 €
Einkünfte gemäß § 13 EStG: + 40.000 €
Einkünfte gemäß § 21 EStG: - 150.000 €
Summe der Einkünfte: 20.000 €
Anmerkungen: Zur Berechnung der ESt nach §34 Abs. 1EStG bei negativem verbleibenden z. v.E. und den Einkünften mit Progressionsvorbehalt s. BFH vom 17.01.2008, BStBl II 2011, 21 und vom 11.12.2012, BStBl II 2013, 370; vgl. das auch das Beispiel4 in H 34.2 "Berechnungsbeispiele" EStH.
Der innerperiodische Verlustausgleich und die negative Summe der Einkünfte
Für die Reihenfolge des Verlustausgleichs gilt, dass zunächst der horizontale und dann der vertikale Verlustausgleich durchzuführen ist.
Wenn die Verluste die positiven Einkünfte übersteigen, dann kann ein Verlustabzug in Form eines Verlustrücktrags oder eines Verlustvortrags nach § 10d EStG erfolgen.
Unausgeglichene negative Einkünfte können bis zu einer Höhe von 10 Millionen Euro, und bei zusammenveranlagten Ehegatten bis zu 20 Millionen Euro, vom Gesamtbetrag der Einkünfte des direkt vorherigen Steuerjahres abgezogen werden. Dieser Vorgang, bekannt als Verlustrücktrag, hat Vorrang vor dem Abzug von Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und anderen Abzugsbeträgen. Wenn ein solcher Ausgleich im unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum nicht vollständig möglich ist, können die negativen Einkünfte vom Gesamteinkommen des zweiten Jahres vor dem aktuellen Steuerjahr, ebenfalls vorrangig vor Sonderausgaben und anderen Abzügen, abgezogen werden.
Hinweis
Ab dem 1. Januar 2024 gelten neue Regelungen für den Verlustrücktrag im deutschen Steuerrecht. Negative Einkünfte, die nicht mit anderen Einkünften im Rahmen der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte verrechnet werden können, dürfen bis zu einer Höhe von 1 Million Euro (2 Millionen Euro bei zusammenveranlagten Ehegatten) vom Gesamtbetrag der Einkünfte des vorherigen Veranlagungszeitraums abgezogen werden. Dieser Verlustrücktrag erfolgt vorrangig vor dem Abzug von Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und anderen Abzugsbeträgen.
Beispiel
Herr und Frau Müller sind zusammenveranlagte Ehegatten. Im Jahr 02 haben sie gemeinsam einen Verlust von 15 Millionen Euro in ihrem Gewerbebetrieb erlitten. Ihr Gesamtbetrag der Einkünfte im Jahr 01 belief sich auf 18 Millionen Euro.
Im Jahr 02 können sie den Verlust von 15 Millionen Euro rückwirkend mit den Einkünften aus dem Jahr 01 verrechnen. Da sie zusammenveranlagt sind, können sie bis zu 20 Millionen Euro an negativen Einkünften rücktragen. In diesem Fall verrechnen sie den vollen Verlust von 15 Millionen Euro mit dem Einkommen von 01. Nach dem Verlustrücktrag reduziert sich ihr steuerpflichtiges Einkommen für das Jahr 01 auf 3 Millionen Euro (18 Millionen Euro - 15 Millionen Euro).
Da der Verlustrücktrag Vorrang vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und anderen Abzügen hat, wird dieser Betrag vor der Berücksichtigung weiterer Abzüge angewendet.
Falls sie im Jahr 01 nicht genügend Einkünfte hätten, um den gesamten Verlust von 15 Millionen Euro zu verrechnen, könnten sie den verbleibenden Teil des Verlusts mit dem Gesamteinkommen des Jahres 00 verrechnen, wiederum vorrangig vor allen anderen Abzügen.
Verlustabzug
Mit der Systematik des § 10d EStG können Verluste, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen worden sind, wie Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Dieser Verlustabzug durchbricht die periodenbezogene Betrachtung, somit werden Verluste aus anderen Veranlagungszeiträumen berücksichtigt.
Beispiel
Nehmen wir an, Herr Meier ist selbständiger Grafikdesigner. Im Jahr 02 hat er einen Verlust von 50.000 Euro erlitten, da die Auftragslage aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten schlecht war. Sein Gesamtbetrag der Einkünfte für das Jahr 01 betrug hingegen 80.000 Euro.
Nach § 10d EStG kann Herr Meier seinen Verlust von 02 in Höhe von 50.000 Euro vom Gesamtbetrag seiner Einkünfte des Jahres 01 abziehen. Dies reduziert sein steuerpflichtiges Einkommen für das Jahr 01 von 80.000 Euro auf 30.000 Euro (80.000 Euro - 50.000 Euro).
Dieser Verlustabzug durchbricht die übliche Abschnittsbesteuerung, indem er es Herrn Meier ermöglicht, seinen Verlust aus dem Jahr 02 mit den positiven Einkünften aus dem Jahr 01 zu verrechnen. Somit kann er von der steuerlichen Entlastung profitieren, die durch den Verlustabzug entsteht, und seine Steuerlast für das Jahr 01 reduzieren.
Der Verlustabzug gemäß §10d EStG
Negative Einkünfte, die nach § 2 Abs. 3 EStG nicht ausgeglichen werden können, müssen entweder vom Gesamtbetrag der Einkünfte des vorangegangenen Jahres (durch Verlustrücktrag) oder von den Einkünften der nachfolgenden Veranlagungszeiträume (durch Verlustvortrag) abgezogen werden, wie in § 10d EStG festgelegt. In der gesetzlichen Umsetzung wird der Verlustrücktrag (nach Abs. 1) vor dem Verlustvortrag (nach Abs. 2) priorisiert, was sich aus der Reihenfolge der Absätze auch ergibt.
Der im § 10d EStG normierte Verlustabzug gewährt also die Verrechnung von erlittenen Verlusten mit positiven Einkünften des Steuerpflichtigen. Bei einem überperiodischen Verlustabzug ist also zwischen einem Verlustrücktrag und einem Verlustvortrag zu unterscheiden.
Dabei gilt es zu beachten, dass nicht ausgeglichene Verluste "vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen" sind. Der vorzunehmende Verlustabzug erfolgt somit nach der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte (vgl. auch das Berechnungsschema in R 2 Abs. 1 EStR). Mit dieser gesetzlich vorgeschriebenen Vorgehensweise gehen alle weiteren Abzüge des betreffenden Abzugsjahres, wie z. B. Sonderausgaben, endgültig verloren.
Hinweis
Eine früher mögliche Beschränkung des Verlustrücktrags ist ab VZ 2022 nicht mehr möglich.
§ 10d Abs. 1 S. 1 EStG ab 01.01.2024: Negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, sind bis zu einem Betrag von 1 000 000 Euro, bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammenveranlagt werden, bis zu einem Betrag von 2 000 000 Euro vom Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen (Verlustrücktrag).
Verlustrücktrag
Die wirtschaftlichen Herausforderungen, die Unternehmen in Deutschland aufgrund der Pandemie und des Krieges zu bewältigen haben, sind weiterhin beträchtlich. Um diese Belastungen abzumildern, zielt das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz darauf ab, die Liquidität der Unternehmen durch bestimmte steuerliche Maßnahmen zu stärken.
Das Gesetz fokussiert sich auf die Erweiterung der Verlustverrechnung und die Verlängerung der Fristen für Investitionsabzugsbeträge. Diese Maßnahmen sollen eine sofortige Unterstützung bieten und die finanzielle Flexibilität der Unternehmen verbessern.
Änderung des § 10d EStG - Verlustrücktrag
Unternehmen haben nun die Möglichkeit, Verluste bis zu zehn Millionen Euro, bzw. bei gemeinsamer Veranlagung bis zu 20 Millionen Euro, mit Gewinnen aus früheren Jahren zu verrechnen.
- Veranlagungszeiträume bis 2021: Für Verluste, die bis zum Jahr 2021 entstanden sind, ist ein Verlustrücktrag nur ins Vorjahr möglich.
- Seit 2022: Ab dem Jahr 2022 können Verluste mit den Gewinnen der beiden unmittelbar vorausgehenden Jahre verrechnet werden.
- Begrenzung der Verlustverrechnung: Die Verlustverrechnung ist auf maximal zehn Millionen Euro beschränkt, bei gemeinsamer Veranlagung auf 20 Millionen Euro.
- Anpassungen ab 2024: Ab dem Jahr 2024 sind die zulässigen Höchstbeträge für die Verlustverrechnung auf eine Million bzw. zwei Millionen Euro reduziert.
Möglichkeiten für den Verlustrücktrag
Das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz bringt gemischte Auswirkungen für Unternehmen. Obwohl § 10d EStG den Verlustrücktrag auf zwei Jahre ausdehnt und die Obergrenze von einer Million auf zehn Millionen Euro anhebt, wird gleichzeitig die Möglichkeit eines teilweisen Verzichts auf den Verlustrücktrag abgeschafft. Diese Änderung betrifft insbesondere Unternehmen, Einzelunternehmer und Gesellschafter von Personengesellschaften. Die Details dieser Regelung sind wie folgt:
- Bis zum Ende des Jahres 2023 wird die erweiterte Verlustverrechnung verlängert. Für Verlustrückträge in den Jahren 2022 und 2023 beträgt der maximale Betrag zehn Millionen Euro bei Einzelveranlagung und 20 Millionen Euro bei Zusammenveranlagung. Ab 2024 sinken diese Höchstbeträge wieder auf eine Million Euro bzw. zwei Millionen Euro.
- Ab dem Jahr 2022 ist der Verlustrücktrag dauerhaft auf die zwei direkt vorhergehenden Jahre erweitert.
- Das bisherige Wahlrecht, gemäß § 10d Abs. 1 Satz 5 und 6 EStG auf den Verlustrücktrag ganz oder teilweise zu verzichten, wird eingeschränkt. Für Verluste ab 2022 können Unternehmen nur noch komplett auf den Verlustrücktrag zugunsten eines Verlustvortrags verzichten; ein partieller Verzicht ist nicht mehr möglich.
- Die Erweiterung des Verlustrücktrags gilt ebenfalls für die Körperschaftsteuer.
Hinweis
Eine Konsequenz des Verlustrücktrags ist ab VZ 2022 die Nicht-Berücksichtigung des Grundfreibetrags nach § 32a Abs. 1 EStG. Der Steuerpflichtige kann daher nach § 10d Abs. 1 S. 6 EStG vollständig auf den Verlustrücktrag verzichten.
Beim Verlustrücktrag wird dieser vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen vorgenommen. Der Gesamtbetrag der Einkünfte wird um die Begünstigungsbeträge nach § 34a Abs. 3 S. 1 EStG reduziert, wie es § 10 d Abs. 1 S. 1 und S. 2 EStG vorsehen.
Falls das zu versteuernde Einkommen aufgrund des Verlustrücktrags den steuerlichen Grundfreibetrag unterschreitet oder sogar auf null absinkt, bevor Sonderausgaben und/oder außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden, können diese Posten ihre steuerliche Wirkung nicht entfalten. Ein Vor- oder Rücktrag von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen ist nicht vorgesehen.
Änderungen im Verlustrücktrag gemäß § 10d EStG
In § 10d des EStG wurde eine scheinbar geringfügige Änderung vorgenommen: Das Wort 'teilweise' wurde durch 'insgesamt' ersetzt. Diese kleine Anpassung hat jedoch weitreichende Folgen für natürliche Personen, Unternehmen, Selbstständige und Gesellschafter von Personengesellschaften. Auch Kapitalgesellschaften wie GmbHs und Aktiengesellschaften sind betroffen, wenn auch in geringerem Maße, da bei ihnen der Abzug von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen nicht anwendbar ist.
- Durch die Gesetzesänderung besteht nun nur die Möglichkeit, auf den Verlustrücktrag komplett zu verzichten. Steuerpflichtige haben die Wahl, entweder den gesamten Verlust zurückzutragen oder den Verlust vollständig in zukünftige Veranlagungszeiträume vorzutragen. Für Unternehmer kann ein vollständiger Rücktrag des Verlustes in vorangegangene Wirtschaftsjahre, besonders bei hohen Gewinnen, zur schnellen Liquiditätsgewinnung beitragen, da dies zu einer Steuerrückerstattung führt. Ein kompletter Verzicht auf den Rücktrag würde diese Möglichkeit ausschließen.
- Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen können weder vor- noch rückgetragen werden. Sie können lediglich im Jahr ihres Anfalls bei der Einkommensteuerberechnung berücksichtigt werden. Um durch diese Abzüge Steuern zu sparen, muss der Gesamtbetrag der Einkünfte nach einem eventuellen Verlustabzug über dem Grundfreibetrag liegen.
- Fehlt eine Veranlagung für das Jahr vor dem Verlustjahr oder dem davorliegenden Veranlagungszeitraum, bleibt das Potenzial eines Verlustabzugs ungenutzt. Das heißt, ohne Veranlagung in einem bestimmten Zeitraum kann ein darin entstandener Verlustabzug nicht in anderen Veranlagungszeiträumen geltend gemacht werden. Diese Regelung war bereits zuvor gültig. Bei einem Verzicht auf den Verlustrücktrag gemäß § 10d Abs. 1 Satz 6 EStG erfolgt keine Minderung des verbleibenden Verlustvortrags zum Ende des vorangegangenen Veranlagungszeitraums.
Beispiel
Herr Müller ist Einzelunternehmer und hat im Jahr 03 einen Verlust von 100.000 Euro erlitten. Im Vorjahr 02 erzielte er jedoch einen hohen Gewinn von 200.000 Euro. Herr Müller entscheidet sich für einen vollständigen Verlustrücktrag, da dies ihm eine sofortige Steuerrückerstattung für das Jahr 02 ermöglicht, was seine Liquidität deutlich verbessert. Würde er auf den Verlustrücktrag verzichten, könnte er keine sofortige Steuererleichterung nutzen.
Beispiel
Herr Müller erwirtschaftet im Jahr 03 einen Verlust von 50.000 Euro. Für das Jahr 02 wurde jedoch keine Veranlagung durchgeführt. Trotz des entstandenen Verlustes im Jahr 03 kann dieser Verlust nicht in einem anderen Veranlagungszeitraum geltend gemacht werden, da für 02 keine Veranlagung vorliegt. Dies bedeutet, dass das Potenzial des Verlustabzugs (im Form eines Verlustrücktrags) verloren geht.
Beispiel
Die ABC GmbH erleidet im Geschäftsjahr 03 einen Verlust von 150.000 Euro. Als Kapitalgesellschaft hat die ABC GmbH keine Möglichkeit, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die GmbH steht vor der Entscheidung, entweder den Verlust komplett in die kommenden Veranlagungszeiträume vorzutragen oder einen vollständigen Verlustrücktrag durchzuführen. Da Kapitalgesellschaften keine Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen geltend machen können, hängt die Entscheidung vor allem von der Liquiditätsplanung und den Gewinnerwartungen in den folgenden Jahren ab.
Verlustrücktrag bei Eheleuten
Bei zusammenveranlagten Ehegatten wird zunächst ein vertikaler Verlustausgleich beim Ehegatten mit negativen Einkünften in einer Einkunftsart vorgenommen und dann erfolgt ein Ausgleich mit positiven Einkünften des anderen Ehegatten. Wenn ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte verbleibt, ist der Verlustvortrag gesondert festzustellen. Bei der Feststellung sind die negativen Einkünfte im Verhältnis der Verlustverteilung unter den Ehegatten im Veranlagungszeitraum der Verlustentstehung auf die Ehegatten zu verteilen.
Wenn ein Verlustrücktrag vorliegt und die Ehegatten im Jahr des Rücktrags noch nicht verheiratet waren, so hat der Ehegatte, der den Verlust erlitten hat, ein Wahlrecht für den Verlustrücktrag. Wenn ein Verlustvortrag nach § 10d Abs. 2 EStG vor der Eheschließung entstanden ist, so kann der Verlustvortrag auch in nachfolgenden Veranlagungszeiträumen im Rahmen der Zusammenveranlagung verwertet werden.
Bei Erbfällen können die Verluste des Erblassers nur in dessen Verlustausgleich nach § 2 Abs. 3 EStG eingehen. Eine Berücksichtigung beim Erben bei der Veranlaung des Erbens ist nicht möglich (R 10d Abs. 9 S. 1 und S. 2 EStR).
Bei Ehegatten mit einer Zusammenveranlagung kann im Todesjahr jedoch ein Verlustausgleich stattfinden. Wenn die Ehegatten auch im Jahr vor dem Tod zusammenveranlagt worden sind, dann ist auch ein Verlustrücktrag möglich. In Fällen der Einzelveranlagung für den Veranlagungszeitraum vor dem Tod ist ein Verlustrücktrag nur für die Veranlagung des Erblassers möglich. Wenn eine Zusammenveranlagung im VZ vor dem Todesveranlagungszeitraum stattgefunden hat, dann ist ein Verlustrücktrag möglich (§ 62d Abs. 2 S. 1 EStDV).
Für den hinterbliebenen Ehegatten sind für den Verlustvortrag und die Anwendung der Mindestbesteuerung nach § 10d EStG nur die ihm zuzurechnenden nicht ausgeglichen Verluste relevant.
Verlustvortrag
Die nicht ausgeglichenen Verluste, die im Jahr ihrer Entstehung nicht mit positiven Einkünften verrechnet werden konnten, werden in die folgenden Veranlagungszeiträume vorgetragen. Dies umfasst auch Verluste, die nicht in das vorangegangene Jahr zurückgetragen wurden oder bei denen der Steuerpflichtige auf einen Rücktrag verzichtet hat.
Verlustvortrag und seine Begrenzungen
Der Verlustvortrag gem. § 10d Abs. 2 EStG umfasst alle Verluste unabhängig von der Einkunftsart, außer bei Einkünften, die speziellen Verlustverrechnungsbeschränkungen unterliegen. Der Verlustvortrag ist bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 1 Million Euro uneingeschränkt möglich, darüber hinaus jedoch nur bis zu 60 % des diesen Betrag übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte.
Bei Zusammenveranlagung erhöht sich der Betrag auf 2.000.000 €. Der Verlustvortrag am Ende eines Veranlagungszeitraums ist nach § 10d Abs. 4 EStG gesondert festzustellen. Die Feststellungsfrist für den Verlustvortrag endet erst, wenn die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum, für den der Verlustvortrag festzustellen ist, abgelaufen ist.
Es gibt keine zeitliche Begrenzung für den Verlustvortrag. Die sogenannte Mindestbesteuerung, die die zeitliche Streckung der Verlustabzugsfähigkeit vorsieht, verstößt nicht gegen Verfassungsrecht, solange die Abziehbarkeit der Verluste nicht grundsätzlich und dauerhaft ausgeschlossen ist.
Beispiel
Herr Meyer kann von dem im VZ 02 erzielten negativen Gesamtbetrag der Einkünfte von 13 Mio. EUR nur 10 Mio. EUR in den VZ 01 zurücktragen. Der darüberhinausgehende Betrag von 3 Mio. EUR Verlust aus dem Jahr 02 ist zwingend in den VZ 03 vorzutragen.
Wenn Herr Meyer im VZ 03 einen Gesamtbetrag der Einkünfte von 5 Mio. EUR erzielen sollte, so kann er hiervon zunächst 1 Mio. von den verbleibenden 3 Mio. EUR Verlustvortrag verrechnen, darüber hinaus max. 60 % von 4 Mio. EUR (denn 4 Mio. EUR sind "der 1 Mio. EUR übersteigende Gesamtbetrag der Einkünfte im VZ 02"), also 2,4 Mio. EUR, somit kann also M die vorliegend nicht in 02 abziehbaren Verlusten von 3 Mio. EUR in voller Höhe im VZ 03 abziehen.
VZ 03 | |
Gesamtbetrag der Einkünfte | 5.000.000 € |
§ 10d Abs. 2 S. 1 HS 1 EStG | 1.000.000 € |
§ 10d Abs. 2 S. 1 HS 2 EStG ((5 Mio. -1 Mio.) x 60%=) max. weitere 2.4 Mio. €, | 2.000.000 € |
Einkommen, § 2 Abs. 4 EStG | 2.000.000 € |
Zusammenfassendes Beispiel
Verlustausgleichsbeschränkungen
In der Einkommensteuer existieren spezielle Beschränkungen zur Verlustverrechnung, bei denen Verluste, entgegen der allgemeinen Regel der Verrechnung mit anderen Einkünften, innerhalb ihrer eigenen Einkunftsart verbleiben.
Die zahlreichen Regelungen im EStG, welche die Verlustverrechnung einschränken oder untersagen, lassen sich in einer Art Überblick zusammenfassen:
Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 3 S. 7 und S. 8 EStGFür die jeweiligen Beschränkungen gelten gesonderte Feststellungen der entsprechenden Verluste. § 10d Abs. 4 EStG ist analog anzuwenden.
§ 10d EStG und die Verlustverrechnungskreise
Eine spezifische Herausforderung ergibt sich aus dem Zusammnespiel zwischen § 10d EStG und bestimmten Verlustverrechnungsbereichen wie § 2b a.F., § 15 Abs. 4, § 22 Nr. 3 und § 23 EStG. Hierzu hat das Bundesministerium der Finanzen am 29.11.2004 (IV C 8 – S 2225 – 5/04) festgelegt, dass die Begrenzung des Abzugs gemäß § 10d Abs. 2 EStG sowohl bei Verlustvorträgen als auch innerhalb dieser speziellen Verrechnungsbereiche anzuwenden ist.
Die Begrenzung des Abzugs nach § 10d Abs. 2 EStG muss sowohl bei der Durchführung des Verlustvortrags nach § 10d Abs. 2 EStG als auch innerhalb der speziellen Verrechnungskreise berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang bilden die Einkünfte aus § 15 Abs. 4 Satz 1 und 2 sowie den Sätzen 3 bis 5 und 6 bis 8 EStG jeweils eigenständige, spezielle Verrechnungskreise.
Folgendes Beispiel wurde gebildet:
Einkünfte (§ 21 EStG) | 5.000.000 EUR | |
Einkünfte ( § 22 Nr. 2, 23 EStG) | 2.500.000 EUR | |
Verlustvortrag (§ 22 Nr. 2, 23 EstG) | 2.000.000 EUR | |
Verlustvortrag nach § 10d Abs. 2 EStG | 4.000.000 EUR | |
Besonderer Verrechnungskreis | ||
Einkünfte (§§ 22 Nr.2, 23 EStG) | 2.500.000 EUR | 2.500.000 EUR |
Abziehbarer Betrag (§ 10d Abs. 2 EStG) | ||
Sockelbetrag | 1.000.000 EUR | |
zzgl. 60 % des verbleibenden Betrages von 1 500 000 € | 900.000 EUR | |
maximal abziehbar | 1.900.000 EUR | |
vorhandener Verlustvortrag §§ 22, 23 EStG | 2.000.000 EUR | |
Abziehbarer Betrag | 1.900.000 EUR | |
In den Gesamtbetrag der Einkünfte (G.d.E.) eingehender Gewinn | 600.000 EUR | |
G.d.E. | ||
Einkünfte (§ 21 EStG) | 5 000 000 € | |
Einkünfte (§§ 22, 23 EStG) | 600 000 € | |
G.d.E. | 5 600 000 € | |
Verlustvortrag nach § 10d Abs. 2 EStG | ||
G.d.E. | 5 600 000 € | |
Abziehbarer Betrag (§ 10 Abs. 2 EStG)/Berechnung | ||
Sockelbetrag | 1 000 000 € | |
zzgl. 60 % von 4 600 000 € (verbleibender Betrag) | 2 760 000 € | |
maximal abziehbar | 3 760 000 € | |
vorhandener Verlustvortrag (§ 10d EStG) | 4 000 000 € | |
Abziehbarer Betrag | 3 760 000 € | |
Ergebnis (G.d.E. nach Verlustabzug) | 1 840 000 € |
Gesonderte Verlustfeststellung
Werden die Verluste nicht „verbraucht“ sind diese nach § 10d Abs. 4 EStG am Schluss eines Veranlagungszeitraums als verbleibender Verlustvortrag gesondert festzustellen.
Die Feststellungsfrist für den Verlustvortrag endet nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag gesondert festzustellen ist, § 10d Abs. 4 Satz 6 EStG.
Beispiel
Ein Unternehmen erlitt im Veranlagungszeitraum 01 einen Verlust von 100.000 Euro. Dieser Verlust konnte innerhalb des Jahres nicht vollständig mit positiven Einkünften verrechnet werden. Am Ende des Veranlagungszeitraums 01 wird daher der noch ungenutzte Teil des Verlustes, sagen wir 40.000 Euro, als verbleibender Verlustvortrag nach § 10d Abs. 4 EStG separat festgestellt. Die Frist für diese Feststellung endet erst mit Ablauf der Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum 01.
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