Der Verlustrücktrag wird dann vorrangig vor den Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abgezogen. Der Gesamtbetrag der Einkünfte wird um Begünstigungsbeträge nach § 34a Abs. 3 S. 1 EStG gemindert (§ 10 d Abs. 1 S. 1 und S. 2 EStG).
Hinweis
Eine Konsequenz des Verlustrücktrags ist ab VZ 2022 die Nicht-Berücksichtigung des Grundfreibetrags nach § 32a Abs. 1 EStG. Der Steuerpflichtige kann daher nach § 10d Abs. 1 S. 6 EStG vollständig auf den Verlustrücktrag verzichten.
Rechtslage bis VZ 2022 (incl. Beispielaufgabe)
Der Steuerpflichtige kann in einem Antrag die gewünschte Höhe des Verlustrücktrags angeben. Der Steuerbescheid des Vorjahres ist nach § 10d Abs. 1 S. 3 und S. 4 EStG, soweit dies durch den Verlustrücktrag notwendig ist, zu ändern. Die Änderung kann auch erfolgen, wenn der Bescheid bereits unanfechtbar geworden ist. Die Festsetzungsfrist endet nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum endet, aus dem die negativen Einkünfte des Verlustrücktrags stammen.
Beispiel
Der geschiedene Steuerpflichtige Meyer hat bei der Veranlagung 02 eine nicht zu beanstandende Summe der Einkünfte in Höhe 30.000 €. Herrn Meyer steht ein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende von insgesamt 4.008 € zu. Ferner sind Sonderausgaben in Höhe von 6.500 € zu berücksichtigen. Im Jahr 02 hat Herr Meyer eine negative Summe der Einkünfte von 35.000 €.
Nach § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG ist zunächst ein Verlustrücktrag vorrangig durchzuführen. Der Abzug vom Gesamtbetrag der Einkünfte des vorangegangenen Veranlagungszeitraums hat vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen zu erfolgen.
Da nach § 2 Abs. 3 EStG zur Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende abzuziehen ist, würde ohne besonderen Antrag ein Teilbetrag i. H. v. 25.992 € des Verlustrücktrages verbraucht werden. Da bis zur Höhe des Grundfreibetrages die tarifliche Einkommensteuer aber ohnehin 0 € beträgt, sollte der Verlustrücktrag gem. § 10d Abs. 1 Satz 5 und 6 EStG auf 9.145 € beschränkt werden. Damit verbleibt für den Verlustvortrag ein Betrag i. H. v. 25.855 €.
Für den VZ 02 ergibt sich damit folgende geänderte Veranlagung:
Summe der Einkünfte | 30.000 € |
Entlastungsbetrag für Alleinerziehende | 4.008 € |
Verlustrücktrag | 9.145 € |
Sonderausgaben | 6.500 € |
zu versteuerndes Einkommen | 10.347 € |
tarifliche Einkommensteuer | 0 € |
Ohne besonderen Antrag wird der Verlustrücktrag von Amts wegen immer im höchstmöglichen Umfang vorgenommen. Ziel muss es sein, nicht einen Gesamtbetrag der Einkünfte von Null, sondern eine Steuerbelastung von Null zu erreichen.
Vorsicht
Die hier dargestellte Berechnung ist ab dem Verlustentstehungsjahr 2022 nicht mehr möglich. Eine Beschränkung des Verlustrücktrags kann nicht mehr vorgenommen werden ( § 10d Abs. 1 S. 6 EStG).
Bei zusammenveranlagten Ehegatten wird zunächst ein vertikaler Verlustausgleich beim Ehegatten mit negativen Einkünften in einer Einkunftsart vorgenommen und dann erfolgt ein Ausgleich mit positiven Einkünften des anderen Ehegatten. Wenn ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte verbleibt, ist der Verlustvortrag gesondert festzustellen. Bei der Feststellung sind die negativen Einkünfte im Verhältnis der Verlustverteilung unter den Ehegatten im Veranlagungszeitraum der Verlustentstehung auf die Ehegatten zu verteilen.
Wenn ein Verlustrücktrag vorliegt und die Ehegatten im Jahr des Rücktrags noch nicht verheiratet waren, so hat der Ehegatte, der den Verlust erlitten hat, ein Wahlrecht für den Verlustrücktrag. Wenn ein Verlustvortrag nach § 10d Abs. 2 EStG vor der Eheschließung entstanden ist, so kann der Verlustvortrag auch in nachfolgenden Veranlagungszeiträumen im Rahmen der Zusammenveranlagung verwertet werden.
Bei Erbfällen können die Verluste des Erblassers nur in dessen Verlustausgleich nach § 2 Abs. 3 EStG eingehen. Eine Berücksichtigung beim Erben bei der Veranlaung des Erbens ist nicht möglich (R 10d Abs. 9 S. 1 und S. 2 EStR). Bei Ehegatten mit einer Zusammenveranlagung kann im Todesjahr jedoch ein Verlustausgleich stattfinden. Wenn die Ehegatten auch im Jahr vor dem Tod zusammenveranlagt worden sind, dann ist auch ein Verlustrücktrag möglich. In Fällen der Einzelveranlagung für den Veranlagungszeitraum vor dem Tod ist ein Verlustrücktrag nur für die Veranlagung des Erblassers möglich. Wenn eine Zusammenveranlagung im VZ vor dem Todesveranlagungszeitraum stattgefunden hat, dann ist ein Verlustrücktrag möglich (§ 62d Abs. 2 S. 1 EStDV).
Für den hinterbliebenen Ehegatten sind für den Verlustvortrag und die Anwendung der Mindestbesteuerung nach § 10d EStG nur die ihm zuzurechnenden nicht ausgeglichen Verluste relevant.
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