Inhaltsverzeichnis
- Betriebsaufspaltung
- Tatbestandsmerkmal personelle Verflechtung
- Beteiligungs- bzw. Beherrschungsidentität
- Faktische Beherrschung
- Beherrschung im Familienverbund
- Mitunternehmerische Betriebsaufspaltung
- Allgemeines
- Betriebsaufspaltung versus § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 HS. 2 EStG
- Abfärberegelung und "Nur-Besitzgesellschafter"
- Ausgewählte Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung
Betriebsaufspaltung
Insbesondere in Steuerberaterprüfungen kann - sowohl am zweiten Tag im Rahmen der Ertragsteuerklausur als am auch dritten und letzten Tag bei der Bilanzsteuerklausur - das Thema Betriebsaufspaltung eine wichtige Rolle spielen. Neben den Ausführungen im Grundlagenkurs möchten wir an dieser Stelle in die Tiefe gehen. Sollte nämlich eine Betriebsaufspaltung übersehen werden bzw. solche Sachverhaltskonstellationen, welche zu dem Beginn einer Betriebsaufspaltung oder auch zur Beendigung einer solchen führen, dann ist i.d.R. die weitere rechtliche Würdigung falsch und somit ein großer Teil der Aufgabe punktelos. Insofern sollen Sie bei diesem Basisthema nicht "auf Lücke" setzen.
Im Rahmen der Vertiefung wollen wir uns zum einen mit der Frage näher beschäftigen, welche Faktoren zur so genannten personellen Verflechtung führen, also wie es dazu kommen kann, dass eine Person oder mehrere Personen zusammen sowohl das Besitzunternehmen als auch das Betriebsunternehmen in dem Sinne beherrschen, dass sie in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen.
Des Weiteren gehen wir auf die besondere Ausprägung der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung ein, d.h. wenn sowohl das Besitz- als auch das Betriebsunternehmen jeweils Personengesellschaften sind. In diesem Zusammenhang kann das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung mit § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 HS. 2 EStG konkurrieren.
Überlagerung von Betriebsaufspaltung und -verpachtung im Ganzen
Die Betriebsaufspaltung und die -verpachtung im Ganzen können sich überlagern, soweit die Voraussetzungen beider Rechtsinstitute erfüllt sind. Entscheidend sind dabei die Gegebenheiten der sachlichen Verflechtung.
Während die Betriebsverpachtung die Überlassung sämtlicher wesentlichen Betriebsgrundlagen voraussetzt, genügt für das Vorliegen einer sachlichen Verflechtung im Rahmen der Betriebsaufspaltung die Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage. Sind die Voraussetzungen beider Rechtsinstitute erfüllt, hat die Betriebsaufspaltung Vorrang (BFH 15.3.05, X R 2/02, BFH/NV 05, 1292).
Tatbestandsmerkmal personelle Verflechtung
Beteiligungs- bzw. Beherrschungsidentität
Gemäß H 15.7 Abs. 4 EStH "Allgemeines" liegt eine Betriebsaufspaltung dann vor, wenn ein Unternehmen (Besitzunternehmen) eine wesentliche Betriebsgrundlage an eine gewerblich tätige Personen- oder Kapitalgesellschaft (Betriebsunternehmen) zur Nutzung überlässt (sachliche Verflechtung) und eine Person oder mehrere Personen zusammen (Personengruppe) sowohl das Besitzunternehmen als auch das Betriebsunternehmen in dem Sinne beherrschen, dass sie in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen (personelle Verflechtung).
Die offensichtlichste Ausprägung der personellen Verflechtung ist hierbei die Beteiligungsidentität, d.h. es sind sowohl am Besitzunternehmen als auch am Betriebsunternehmen dieselben Personen im gleichen Verhältnis beteiligt.
Beispiel
An der gewerblich tätigen A-B OHG sind A und B zu je 50 % beteiligt. Die OHG betreibt ihre Produktion auf einem bebauten Grundstück, welches ihr von der A-B Grundstücksvermietung GbR vermietet wird.
Vorliegend sind A und B jeweils identisch zu je 50 % sowohl am Besitz als auch am Betriebsunternehmen beteiligt (Beteiligungsidentität) und können damit zusammen als Personengruppe jeweils ihren geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen.
Jedoch setzt nach H 15.7 Abs. 6 EStH "Beherrschungsidentität" 1. Spiegelstrich ein einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille nicht voraus, dass an beiden Unternehmen die gleichen Beteiligungen derselben Personen bestehen. Es genügt vielmehr, wenn die Personen, die das Besitzunternehmen tatsächlich beherrschen, in der Lage sind, auch in dem Betriebsunternehmen ihren Willen durchzusetzen.
Beherrschungsidentität auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage ist i.d.R. gegeben, wenn dieselben Personen – dies können auch Ehegatten sein – und nur diese am Besitzunternehmen und an der Betriebsgesellschaft, aber in unterschiedlicher Höhe beteiligt sind.
Beispiel
A und B sind zu je 50 % Miteigentümer eines Grundstücks, das an GmbH vermietet ist, deren Gesellschafter A zu 60 % und B zu 40 % sind.
Auch hier liegt Beherrschungsidentität vor.
Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass solche Personen, die an beiden Unternehmen beteiligt sind, eine durch gleichgerichtete Interessen geschlossene Personengruppe darstellen, die enge wirtschaftliche Verflechtungen der beiden Unternehmen bekunden und durch ihre Einheit und ihre Doppelleistung in der Lage sind, beide Unternehmen faktisch zu beherrschen, H 15.7 Abs. 6 EStH „Personengruppentheorie".
Sollte jedoch nachgewiesen werden, dass zwischen den Beteiligten an dem Besitzunternehmen und dem Betriebsunternehmen tatsächliche Interessensgegensätze aufgetreten sind, ist ein einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille nicht anzunehmen, H 15.7 Abs. 6 EStH „Interessensgegensätze".
Prüfungstipp
In einer Klausur müssen sich eindeutige Hinweise aus dem Sachverhalt ergeben, um von tatsächlichen Interessensgegensätzen der Beteiligten auszugehen!
Ihre Grenze findet die Personengruppentheorie ebenfalls, wenn an Besitz- und Betriebsunternehmen die Beteiligungsverhältnisse so extrem unterschiedlich sind, dass sie der Annahme einer durch gleich gerichtete Interessen geschlossene Personengruppe entgegenstehen.
Beispiel
A ist zu 98 % und B zu 2 % an einem Besitzunternehmen beteiligt, während am Betriebsunternehmen die Beteiligung A 2% und B 98 % ausmacht.
Zwar besitzen A und B jeweils zu 100 % die Anteile an beiden Unternehmen, jedoch bilden sie auf Grund der jeweils extrem konträren Beteiligungshöhe keine geschlossene Personengruppe.
A könnte beispielsweise durch seine 98 % Beteiligung am Besitzunternehmen ein Interesse an einer möglichst hohen Pachtzahlung haben, während bei B dies umgekehrt ist.
Insofern liegt keine personelle Verflechtung und damit keine Betriebsaufspaltung vor.
"Nur-Besitzgesellschafter" bzw. "Nur-Betriebsgesellschafter"
Sofern ein einzelner bzw. mehrere einzelne Gesellschafter nicht gleichzeitig an der Besitz- und der Betriebsgesellschaft beteiligt sind, ist dies allein für die Annahme einer Betriebsaufspaltung nicht schädlich für die Frage, ob eine andere Person/Personengruppe den Tatbestand der personellen Verflechtung erfüllt. Es gilt der allgemeine Grundsatz, dass die Personen, die an beiden Unternehmen beteiligt sind, als geschlossene Personengruppe zusammen über die Mehrheit der Stimmrechte in beiden Unternehmen verfügen und jeweils das Mehrheitsprinzip gilt.
Besonderheit Einstimmigkeitsprinzip
Gilt im Besitzunternehmen kraft Gesetz (so z. B. für die GbR nach § 709 Abs. 1 BGB) oder vertraglicher Vereinbarung das Einstimmigkeitsprinzip für die Geschäftsführung, so scheidet eine personelle Verflechtung bei Beteiligung eines "Nur-Besitzgesellschafters" aus.
Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn das Einstimmigkeitsprinzip auch die laufende Verwaltung der vermieteten Wirtschaftsgüter umfasst. Entsprechendes gilt, wenn die Gesellschafter gesellschaftsvertraglich eine qualifizierte Mehrheit (z.B. 75%) vereinbart haben. Besteht jedoch beispielsweise bei der GbR eine Einzelgeschäftsführungs- und Einzelvertretungsbefugnis eines Gesellschafters, sind die übrigen Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen und die gesetzliche Einstimmigkeitsabrede geht ins Leere. Eine personelle Verflechtung ist gegeben, wenn die Nutzungsüberlassungsverträge für die wesentlichen Wirtschaftsgüter nicht gegen den Willen der Person oder Personengruppe aufgelöst werden können, die das Besitzunternehmen beherrscht, und diese Person oder Personengruppe zugleich alle Geschäfte der laufenden Verwaltung beherrscht.
Während also bei der GbR gemäß § 709 Abs. 1 BGB das Einstimmigkeitsprinzip für alle Geschäfte gilt, gilt bei der OHG (§ 116 Abs. 2 HBG, § 119 Abs. 1 HBG), der KG (§ 164 HGB), den Bruchteilsgemeinschaften (§ 745 Abs. 1 BGB) sowie bei den Erbengemeinschaften (§ 2038 Abs. 2 BGB) für die gewöhnlichen Geschäfte das Mehrheitsprinzip; lediglich bei über den gewöhnlichen Betrieb hinausgehenden Handlungen ist auch hier das Einstimmigkeitsprinzip maßgebend. Abweichende vertragliche Regelungen sind in allen Fällen zulässig.
Bei einem Betriebsunternehmen in der Form einer Kapitalgesellschaft genügt grundsätzlich die Mehrheit der Anteile, soweit nicht durch Satzung für Gesellschafterbeschlüsse das Einstimmigkeitsprinzip oder eine qualifizierte Mehrheit für die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer zulässigerweise vereinbart ist. Entscheidend ist die Stimmrechtsmehrheit, die sich normalerweise aus der Anteilsinnehabung ergibt, siehe beispielsweise § 47 GmbHG.
Mittelbare Beteiligung
Den maßgeblichen Einfluss auf das Betriebsunternehmen kann einem Gesellschafter auch eine mittelbare Beteiligung gewähren, H 15.7 Abs. 6 EStH "Mittelbare Beteiligung".
Beispiel
A ist zu 100 % an einem Besitzunternehmen beteiligt, welches eine wesentliche Betriebsgrundlage an die Betriebs-GmbH vermietet. Anteilseigner der Betriebs-GmbH ist zu 100 % die A-AG, deren einziger Aktionär A ist.
Somit kann A mittelbar über die X-GmbH seinen Willen in der Betriebs-GmbH durchsetzen, es liegt also eine Betriebsaufspaltung vor.
Faktische Beherrschung
Trotz fehlender vertraglicher oder gesellschaftsrechtlicher Möglichkeit zur Durchsetzung des eigenen geschäftlichen Betätigungswillens kann in besonders gelagerten Ausnahmefällen auch eine faktische Beherrschung im Sinne einer faktischen Machtstellung ausreichen, um eine personelle Verflechtung und damit unter den weiteren Voraussetzungen eine Betriebsaufstellung herbeizuführen.
Eine solche faktische Beherrschung liegt vor, wenn auf die Gesellschafter, deren Stimmen zur Erreichung der im Einzelfall erforderlichen Stimmenmehrheit fehlen, aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen Druck dahingehend ausgeübt werden kann, dass sie sich dem Willen der beherrschenden Person oder Personengruppe unterordnen. Hierzu kann es z.B. kommen, wenn ein Gesellschafter der Gesellschaft unverzichtbare Betriebsgrundlagen zur Verfügung stellt, die er der Gesellschaft ohne weiteres wieder entziehen kann. Das Vorliegen solcher besonderen Umstände kann stets nur im Einzelfall festgestellt werden. Ein jahrelanges konfliktfreies Zusammenwirken allein lässt den Schluss auf eine faktische Beherrschung nicht zu.
Bei den folgenden Konstellationen kommt es nach BFH-Rechtsprechung ebenfalls nicht zu einer faktischen Beherrschung, siehe auch H 15.7 Abs. 6 EStH "Faktische Beherrschung":
- bei einer auf Lebenszeit eingeräumten Geschäftsführerstellung in dem Betriebsunternehmen für den Besitzunternehmer
- bei Beteiligung nicht völlig fachunkundiger Gesellschafter an dem Betriebsunternehmen
- bei einem größeren Darlehensanspruch gegen die Betriebskapitalgesellschaft, wenn der Gläubiger nicht vollständig die Geschäftsführung an sich zieht
- in den Fällen, in denen die das Besitzunternehmen beherrschenden Ehemänner bzw. Ehefrauen bei der Betriebskapitalgesellschaft, deren Anteile von den Ehefrauen bzw. Ehemännern gehalten werden, angestellt sind und vertraglich die Gesellschaftsanteile den Ehefrauen bzw. Ehemännern entzogen werden können, falls das Arbeitsverhältnis des jeweiligen Ehemanns bzw. der jeweiligen Ehefrau beendet wird.
Beherrschung im Familienverbund
Mit Beschluss vom 12.03.1985, BStBl. II 1985, S. 475, hat das Bundesverfassungsgericht die Unterstellung gleichgerichteter Interessen von Ehegatten abgelehnt. Wegen § 2 Abs. 8 EStG gelten die vorliegenden Ausführungen selbstverständlich auch für Beteiligungen von Lebenspartnern. Danach kann nicht grundsätzlich unterstellt werden, dass Ehegatten ihre Entscheidungen einheitlich treffen. Ehegattenanteile sind deshalb zur Klärung der Beherrschungsfrage nicht generell zusammenzurechnen. Zur Annahme einer personellen Verflechtung müssen weitere Beweisanzeichen vorliegen, um zu einer Zusammenrechnung der Anteile zu kommen, siehe H 15.7 Abs. 7 EStH "Allgemeines". Ein solches Beweisanzeichen kann beispielsweise die Annahme einer so genannten „engen Wirtschaftsgemeinschaft" sein; diese liegt vor, wenn z.B. Ehegatten durch mehrere Unternehmen umfassende, planmäßige, gemeinsame Gestaltungen der wirtschaftlichen Verhältnisse darlegen, dass sie aufgrund gleichgerichteter Interessen eine Zweck- und Wirtschaftsgemeinschaft eingegangen sind. Ein weiteres Indiz kann in einer vertraglichen Stimmrechtsbindung in der Ehegattengemeinschaft gesehen werden.
Im Umkehrschluss kann ein Interessensgleichklang der Ehegatten nicht allein durch Vorliegen der nachfolgenden Sachverhaltskonstellationen angenommen werden:
Sind beide Ehegatten und alternativ zusätzlich dritte Personen sowohl am Besitz- als auch am Betriebsunternehmen beteiligt, bilden die Ehegatten in gleicher Weise wie Fremde eine Personengruppe mit gleichgerichteten Interessen, wenn eine personelle Verflechtung gegeben ist, d.h., wenn über die Stimmenmehrheit der Ehegatten in beiden Unternehmen eine Beherrschungsidentität vorliegt.
Beispiel
Am Besitzunternehmen sind die Ehegatten M und F hälftig beteiligt. Dieses vermietet eine wesentliche Betriebsgrundlage an das Betriebsunternehmen. An diesem sind die Ehegatten jedoch nur jeweils zu 40 % beteiligt, die restlichen 20 Prozentpunkte liegen in der Hand des fremden Dritten F.
Vorliegend beherrschen die Ehegatten zusammen das Besitzunternehmen ebenso wie das Betriebsunternehmen, es liegt also eine Beherrschung durch die Ehegatten vor und damit eine personelle Verflechtung.
Beispiel
Am Besitzunternehmen sind die Ehegatten M und F zu je 30 % beteiligt, der Rest wird durch den fremden Dritten D gehalten. Das Besitzunternehmen vermietet eine wesentliche Betriebsgrundlage an das Betriebsunternehmen. An diesem ist nur M als einer der Ehegatten beteiligt mit 40 %, der Fremde Dritte D hält die restlichen 60 %. Es ergeben sich keine Hinweise, dass die Ehegatten M und F ihre Entscheidungen einheitlich treffen.
Vorliegend beherrschen die Ehegatten nur zusammen das Besitzunternehmen, das Betriebsunternehmen wird nur durch M beherrscht. Durch die grundsätzliche Trennung der Ehegattenanteile für die Beurteilung, ob eine personelle Verflechtung vorliegt (mit Ausnahme der auch unter fremden Dritten greifenden Personengruppentheorie) liegt hier keine personelle Verflechtung vor.
Beim Wiesbadener Modell, bei dem an dem Besitzunternehmen der eine Ehegatte und an dem Betriebsunternehmen der andere Ehegatte beteiligt ist, liegt keine Betriebsaufspaltung vor, H 15.7 Abs. 7 EStH "Wiesbadener Modell".
Sofern eine so genannte Scheidungsklausel zwischen den Ehegatten vereinbart wird, d.h. die Vereinbarung zur Übertragung des Vermögens bei Scheidung auf den anderen Ehegatten, führt dies nicht zur Annahme des wirtschaftlichen Eigentums des Nur-Besitzunternehmer-Ehegatten an den Geschäftsanteilen des Nur-Betriebsunternehmer-Ehegatten (H 15.7 Abs. 7 EStH „Wiesbadener Modell" i.V.m. H 4.8 EStH „Scheidungsklausel").
Ehegatten und Kinder können wie einander fremde Gesellschafter eine geschlossene Personengruppe bilden, die mit Mehrheit das Besitz- und Betriebsunternehmen beherrscht.
Bei minderjährigen Kindern soll nach Ansicht der Finanzverwaltung ohne weitere hinzutretende Umstände eine Zurechnung der Kinderanteile dann zulässig sein, wenn an beiden Gesellschaften die für das Kind vermögenssorgeberechtigen Elternteile beteiligt sind, R 15.7 Abs. 8 EStR. Allerdings besteht dann aus Billigkeitsgründen bei Eintritt der Volljährigkeit ein Wahlrecht zur Fortsetzung der gewerblichen Vermietung, R 16 Abs. 2 S. 3 EStR.
Beispiel
An der Besitzgesellschaft ist Vater V mit 40 % beteiligt, sein minderjähriger Sohn S, für den V nach dem Tod der Mutter M das alleinige Sorgerecht hat und deshalb auch alleinig vermögenssorgeberechtigt ist, ist ebenfalls zu 40 % beteiligt, die restlichen 20 % werden von einem fremden Dritten F gehalten.
An der Betriebsgesellschaft ist V zu 60 % beteiligt, der fremde Dritte D zu 40 %.
Solange S minderjährig ist, sind die Anteile V und S zusammenzurechnen, so dass personelle Verflechtung vorliegt. Durch den Eintritt der Volljährigkeit des S fällt die Vermögenssorge des V für S weg, dadurch sind die Anteile V und S nun nicht mehr zusammenzurechnen, V alleine kann keinen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen mehr an der Besitzgesellschaft durchsetzen. Somit kommt es grundsätzlich zur Beendigung der Betriebsaufspaltung und damit zu einer Betriebsaufgabe i.S.d. § 16 Abs. 3 S. 1 EStG.
Auf Antrag kann das Wahlrecht zur Fortsetzung der gewerblichen Tätigkeit im Rahmen einer Betriebsverpachtung aus Billigkeitsgründen eingeräumt werden, auch wenn nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen an das Betriebsunternehmen verpachtet werden.
Hinweis
Eine weitere Möglichkeit, in gegebenen Fallkonstellationen einen Wegfall der Betriebsaufspaltung nur durch Eintritt der Volljährigkeit eines beteiligten Kindes zu verhindern, besteht durch die Einsetzung eines Pflegers für die minderjährigen Kinder.
Mitunternehmerische Betriebsaufspaltung
Allgemeines
Hat die Betriebsgesellschaft und auch das Besitzunternehmen die Rechtsform einer Personengesellschaft, spricht man von einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung. Es liegen also die Tatbestandsmerkmale
- sachliche Verflechtung
- personelle Verflechtung
- zwei Personengesellschaften
entgeltliche Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage vor.
Die Rechtsfolge ist hier, dass die überlassene wesentliche Betriebsgrundlage Betriebsvermögen der überlassenden Personengesellschaft ist. Es ist - nach den allgemeinen Regelungen zur Betriebsaufspaltung - von einem eigenen Gewerbebetrieb der Besitzgesellschaft auszugehen.
Beispiel
A und B vermieten gegen fremdübliches Entgelt ein Grundstück, welches ihnen gemeinsam hälftig gehört, an die gewerblich tätige AB-OHG, an der die beiden ebenfalls zu 50 % beteiligt sind.
Es liegt wegen personeller und sachlicher Verflechtung eine Betriebsaufspaltung vor, die Vermietung des Grundstücks ist keine private Vermögensverwaltung, sondern gewerblich.
Betriebsaufspaltung versus § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 HS. 2 EStG
Gemäß obigem Beispiel ergibt sich eine Konkurrenzsituation zu § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 HS. 2 EStG: Die Besitzgesellschaft (Vermietungs-GbR bestehend aus den Gesellschaftern A und B) sowie die Betriebsgesellschaft (Handels-OHG, bestehend ebenfalls aus den Gesellschaftern A und B) sind Schwesterpersonengesellschaften, da dieselben Personen zumindest teilweise (hier vollständig) als Gesellschafter sowohl an der Besitzgesellschaft als auch an der Betriebsgesellschaft beteiligt sind.
Würde man den Vorgang ohne die Folgen des Rechtsinstituts der Betriebsaufspaltung betrachten, müsste man wegen § 39 Abs. 2 Nr. 2 EStG bei der Vermietung des Grundstücks "auf die Gesellschafter durchgreifen" mit der Folge, dass auch der Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 HS. 2 EStG eröffnet wäre, denn durch diese Betrachtungsweise würden A und B als Gesellschafter der Betriebsgesellschaft anteilig ein Grundstück vermieten.
Die Finanzverwaltung hat sich mit Schreiben vom 28.04.1998, BStBl. II S. 325 der geänderten BFH- Rechtsprechung zu diesem Thema angeschlossen, Beck´sche "Steuererlasse" 1 § 15/4:
Dies führt nunmehr zu einem Vorrang der Rechtsgrundsätze der Betriebsaufspaltung vor der Anwendung des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 HS. 2 EStG und schließt damit die Behandlung der vermieteten Wirtschaftsgüter als Sonderbetriebsvermögen der mietenden Gesellschaft bei Schwesterpersonengesellschaften aus.
Beispiel
Rechtsfolge zu obigem Beispiel:
Das vermietete Grundstück ist als Gesamthandsvermögen der durch die Betriebsaufspaltung als gewerblich tätige zu qualifizierenden Besitzgesellschaft zuzurechnen und nicht etwa als notwendiges Sonderbetriebsvermögen I der Gesellschafter an der Betriebsgesellschaft.
Vorsicht
Im Falle einer unentgeltlichen Überlassung von Wirtschaftsgütern ist allerdings keine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung anzunehmen, weil es in diesem Fall an einer Gewinnerzielungsabsicht und damit an einer eigenen gewerblichen Tätigkeit der Besitzpersonengesellschaft fehlt. In diesem Fall bleibt § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG weiterhin anwendbar. Auch bei einer lediglich teilentgeltlichen Nutzungsüberlassung ist eine eigene gewerbliche Tätigkeit der Besitzpersonengesellschaft und damit eine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung nur anzunehmen, wenn die Voraussetzung der Gewinnerzielungsabsicht bei der Besitzpersonengesellschaft vorliegt.
Bitte beachten Sie jedoch auch nach wie vor folgendes Fallbeispiel.
Beispiel
Die Gesellschafter A und B sind zu je 20 % an einer Besitzgesellschaft beteiligt, der Rest wird von C gehalten. Es wird eine wesentliche Betriebsgrundlage für die gewerblich tätige ABD-OHG gegen fremdübliches Entgelt überlassen. An der OHG sind nun A und B ebenfalls zu je 20 % beteiligt, den Rest hält D.
Es liegt keine Betriebsaufspaltung vor, da es an einer personellen Verflechtung fehlt. A und B können als Personengruppe zusammen jeweils keinen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen, da sie sowohl an der Besitzgesellschaft als auch an der Betriebsgesellschaft mit ihrer Beteiligung von in Summe je 40 % nicht die Stimmrechtsmehrheit haben. C und D sind jeweils nur an einer der beiden Gesellschaften beteiligt.
Insofern liegt eine private Grundstücksüberlassung der ABC-GbR an die ABD-OHG vor. Soweit das Grundstück gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anteilig den Gesellschaftern A und B an der OHG zuzurechnen ist, handelt es sich um notwendiges Sonderbetriebsvermögen dieser Gesellschafter bei der OHG, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 HS. 2 EStG.
Abfärberegelung und "Nur-Besitzgesellschafter"
Für den Fall, dass die überlassende Gesellschaft eine Personengesellschaft ist, ergibt sich aus den Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung (nämlich eine als gewerblich zu qualifizierende Vermietungstätigkeit) für den Fall, dass die Gesellschaft noch weitere isoliert zu betrachtende Überschusseinkünfte erzielt, diese im Rahmen der Abfärberegelung ebenfalls gewerblich werden, § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG.
Beispiel
A und B sind zu je 50 % an einer Grundstücks-GbR beteiligt. Hierin befindet sich einerseits eine an fremde Dritte zu Wohnzwecken vermietete Immobilie, zum anderen besitzt die GbR auch ein Fabrikgrundstück, welches als wesentliche Betriebsgrundlage an die gewerblich tätige AB-OHG gegen fremdübliche Miete überlassen wird. An der OHG sind A und B ebenfalls zu 50 % beteiligt.
Die Grundstücks-GbR erzielt mit der Vermietung des Betriebsgrundstücks an die OHG Einkünfte aus Gewerbebetrieb, da wegen sachlicher und personeller Verflechtung eine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung zwischen der GbR als Besitzunternehmen und der OHG als Betriebsunternehmen vorliegt. Hierdurch ist auch der Anwendungsbereich des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG bei der GbR erfüllt, d.h. weil diese auch eine gewerbliche Tätigkeit ausübt, wird damit auch die Vermietung der Wohnimmobilie gewerblich infiziert.
Gleiches Schicksal muss auch ein "Nur-Besitzgesellschafter" erleiden, d.h. eine Person, die lediglich an der Besitzgesellschaft und nicht an der Betriebsgesellschaft beteiligt ist, sofern insgesamt eine Betriebsaufspaltung zu bejahen ist.
Beispiel
Die Gesellschafter A und B sind zu je 40 % an einer Besitzgesellschaft beteiligt, der Rest wird von C gehalten. Es wird eine wesentliche Betriebsgrundlage für die gewerblich tätige AB-OHG gegen fremdübliches Entgelt überlassen. An der OHG sind nur A und B zu je 50 % beteiligt.
Es liegt eine Mitunternehmerische Betriebsaufspaltung vor, da die Personengruppe A und B sowohl das Besitzunternehmen als auch das Betriebsunternehmen beherrscht und eine wesentliche Betriebsgrundlage an die OHG überlassen wird.
Somit erzielt die Besitzgesellschaft gewerbliche Einkünfte.
Die gilt auch für den Gesellschafter C, der lediglich an der Besitzgesellschaft zu 20 % beteiligt ist und nicht an der Betriebsgesellschaft, d.h. auch er erzielt durch die Vermietung Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Ausgewählte Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung
Da sowohl Besitz- als auch Betriebsunternehmen gewerblich tätig sind, unterliegen beide - soweit im Inland betrieben - auch der Gewerbesteuerpflicht, § 2 Abs. 1 GewStG i. V. m. § 15 Abs. 1 EStG.
Nach der Rechtsprechung des BFH sind Besitzunternehmen und Betriebsunternehmen trotz sachlicher und personeller Verflechtung rechtlich und wirtschaftlich selbständige Unternehmen.
Der Gewerbebetrieb beim Besitzunternehmen beginnt grundsätzlich, sobald die personelle und sachliche Verflechtung vorliegt; bei unechter Betriebsaufspaltung (von vornherein zwei rechtlich selbständige Unternehmen) sind unter Umständen auch Vorbereitungshandlungen ausreichend.
Der Gewinn des Besitzunternehmens ist nach den allgemeinen Vorschriften zu ermitteln, also grundsätzlich durch Betriebsvermögensvergleich, wenn nicht zulässigerweise § 4 Abs. 3 EStG angewandt wurde (H 4.5 EStH „Wahl der Gewinnermittlungsart").
Zum notwendigen Betriebsvermögen des Besitzunternehmens gehören
- die Anteile an der Betriebsgesellschaft
- an die Betriebsgesellschaft überlassene wesentliche Betriebsgrundlagen
- sonstige an die Betriebsgesellschaft überlassene Wirtschaftsgüter
- Darlehensforderungen gegen die Betriebsgesellschaft, wenn eine betriebliche Veranlassung für die Darlehenshingabe bestand
- bei einer Personengesellschaft wegen § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ("Infektionstheorie") auch die eventuell vorhandenen weiteren Wirtschaftsgüter, auch wenn diese nicht an die Betriebsgesellschaft überlassen werden.
Unangemessen hohe Pachtzahlungen einer Betriebskapitalgesellschaft führen in Höhe des unangemessenen Anteils zu verdeckten Gewinnausschüttungen bei der Betriebskapitalgesellschaft und sind damit nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG außerhalb der Bilanz wieder hinzuzurechnen. Die verdeckte Gewinnausschüttung wiederum stellt gewerbliche Beteiligungserträge beim Besitzunternehmen dar, § 20 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 8 i.V.m. § 15 EStG. Soweit diese letztlich natürlichen Personen zuzurechnen ist, gilt das Teileinkünfteverfahren, § 3 Nr. 40 S. 1 d) i.V.m. S. 2 i.V.m. § 3c Abs. 2 EStG.
Ist die Pachtzahlung unangemessen niedrig, so führt dies steuerlich ebenso wie eine völlig unentgeltliche Überlassung mangels einlagefähigem Vermögensvorteil nicht zu einer verdeckten Einlage, siehe H 8.9 KStH „Nutzungsvorteile".
Bei einer teil- oder auch unentgeltlichen Überlassung von Wirtschaftsgütern ist für das Besitzunternehmen zu prüfen, inwieweit die entsprechenden Aufwendungen hierfür abziehbar sind:
Sofern eine Beteiligung zu mehr als einem Viertel mittelbar oder unmittelbar am Grund- oder Stammkapital einer Kapitalgesellschaft besteht, so sind im Falle einer unentgeltlichen Überlassung Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben und Veräußerungskosten, soweit diese mit einer durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten unentgeltlichen Überlassung von Wirtschaftsgütern an diese Kapitalgesellschaft im Zusammenhang stehen, nur zu 60 % abzugsfähig, siehe § 3c Abs. 2 S. 6 EStG. Im Falle einer teilentgeltlichen Überlassung von Wirtschaftsgütern ist entsprechend in eine entgeltliche und eine unentgeltliche Nutzungsüberlassung aufzuteilen und die Vorschrift dann auf den unentgeltlichen Teil anzuwenden.
Begründet wird dies damit, dass bei unentgeltlicher bzw. teilentgeltlicher Überlassung eines Wirtschaftsgutes nicht die Erzielung von Miet- oder Pachteinnahmen im Vordergrund steht, wofür ein voller Betriebsausgabenabzug zulässig wäre, sondern die wirtschaftliche Situation der pachtenden Kapitalgesellschaft verbessert und damit höhere Ausschüttungen erreicht werden sollen (welche dann dem Teileinkünfteverfahren unterliegen).
Beispiel
A vermietet eine wesentliche Betriebsgrundlage an eine GmbH, an der er zu 100 % beteiligt ist. Es wurde eine Mietzahlung von jährlich 10.000 Euro vereinbart, marktüblich wären jedoch 20.000 Euro. A hat eine zutreffende jährliche Abschreibung der wesentlichen Betriebsgrundlage von 8.000 Euro als Aufwand erfasst. Vorliegend handelt es sich unstreitig um eine Betriebsaufspaltung. Die wesentliche Betriebsgrundlage und die Beteiligung an der GmbH wurden zutreffender Weise dem Betriebsvermögen des Besitzunternehmens zugeordnet.
Es liegt eine teilentgeltliche Überlassung der wesentlichen Betriebsgrundlage vor, da bei einer marktüblichen Miete von 20.000 Euro lediglich 10.000 Euro vereinbart wurde. Die Vermietung ist somit zu 1/2 unentgeltlich und zu 1/2 entgeltlich.
Nach § 3c Abs. 2 S. 6 EStG ist das Teilabzugsverbot im Rahmen der unentgeltlichen Überlassung auf die AfA anzuwenden. Relevant sind somit 1/2 der AfA (4.000 Euro), hiervon dürfen 40 % (1.600 Euro) nicht abgezogen werden .
Es liegt mangels einlagefähigem Wirtschaftsgut keine verdeckte Einlage vor, H 8.9 KStH "Nutzungsvorteile".
Sofern keine Beteiligung zu mehr als einem Viertel mittelbar oder unmittelbar am Grund- oder Stammkapital einer Kapitalgesellschaft besteht, ist § 3c Abs. 2 S. 1 EStG anzuwenden, soweit die Aufwendungen mit den erwarteten Erträgen aus Gewinnausschüttungen oder der Veräußerung bzw. der Entnahme der Anteile und nicht mit den Miet- bzw. Pachtzinsen der überlassenen Wirtschaftsgüter in Zusammenhang stehen.
Nach Verwaltungsmeinung ist umsatzsteuerlich im Falle der Betriebsaufspaltung regelmäßig eine Organschaft anzunehmen, da i.d.R. auch eine wirtschaftliche Eingliederung vorliegt. Gegeben ist dies selbst dann, wenn nur das Betriebsgrundstück ohne die anderen Anlagegegenstände verpachtet wird. Durch die Kündbarkeit des Miet- oder Pachtvertrags über die wesentlichen Betriebsgrundlagen ist die Betriebsgesellschaft von dem Besitzunternehmen abhängig.
Somit wird - nach den allgemeinen Rechtsfolgen der umsatzsteuerlichen Organschaft - das Unternehmen der Organgesellschaft nicht selbständig ausgeführt, Besitz- und Betriebsunternehmen sind umsatzsteuerrechtlich als eine wirtschaftliche Einheit anzusehen, siehe A 2.8 Abs. 6b UStAE.