Wird eine Sachgesamtheit wie ein Betrieb, ein Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil (d.h. jeweils alle funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen) unentgeltlich übertragen, greift § 6 Abs. 3 EStG. Der Erwerber ist an die Buchwerte gebunden, § 6 Abs. 3 S. 3 EStG. Zumeist liegt hier eine vorweggenommene Erbfolge vor, die die Verwaltung im Erlass vom 13.01.1993, BStBl. II, S. 847, Beck´sche "Steuererlasse" 1 § 7/3 ausführlich behandelt.
Auch bei der Übertragung von steuerlichem Betriebsvermögen ist zwischen einer unentgeltlichen, einer teilentgeltlichen und einer entgeltlichen Übertragung für ertragsteuerliche Zwecke zu unterscheiden.
Gemäß Rz. 29 des Erlasses stellen übernommene Verbindlichkeiten der übertragenen Sachgesamtheit kein Veräußerungsentgelt und keine Anschaffungskosten dar, sodass es sich um eine voll unentgeltliche Übertragung handelt und damit um einen Vorgang des § 6 Abs. 3 EStG.
Sollte das steuerliche Kapitalkonto negativ sein, steht dies grundsätzlich nicht einer unentgeltlichen Übertragung entgegen, Rz. 30. Ist allerdings neben der Übernahme des negativen Kapitalkontos noch ein Gleichstellungsgeld oder eine Abstandszahlung zu leisten oder wird eine private Verbindlichkeit übernommen, handelt es sich um eine entgeltliche Vermögensübertragung, Rz. 31.
Beispiel
Tochter T bekommt zum 31.12.00 das väterliche Einzelunternehmen übertragen. Sie muss dafür keine Gegenleistung erbringen. Im Einzelunternehmen befinden sich Betriebsschulden von 500 TEUR.
Die Übernahme der Betriebsschuld führt nicht zu der Annahme einer Entgeltlichkeit. Der Vorgang ist als voll unentgeltlich zu qualifizieren. Es werden keine stillen Reserven aufgedeckt, da die Buchwerte anzusetzen und von T fortzuführen sind.
Sofern Betriebsvermögen oder Mitunternehmeranteile teilentgeltlich übertragen werden, so gilt der Vorgang nach der Einheitstheorie als vollständig entgeltlich. Wenn private Verbindlichkeiten im Rahmen der Übernahme des Betriebsvermögens übernommen werden, dann sind diese als Veräußerungsentgelte und Anschaffungskosten zu behandeln. Soweit ein Zusammenhang mit der Übernahme von Betriebsvermögen vorliegt, ergibt sich ein Ausweis als Betriebsschuld.
Wenn die Entgelte oder Leistungen des Übernehmers den Wert des steuerlichen Kapitalkontos übersteigen, liegt ein entgeltlicher Erwerb vor. Der Veräußerungsgewinn im Sinne des § 16 Abs. 2 EStG ergibt sich aus der Differenz zwischen den Leistungen und dem steuerlichen Kapitalkonto. Wenn nur ein negatives Kapitalkonto übernommen wird, so liegt noch kein entgeltlicher Vorgang vor, da nur betriebliche Schulden übernommen werden. Wird jedoch neben dem negativen Kapitalkonto eine weitere Leistung in Form einer Abstandszahlung oder ähnlichem erbracht dann liegt eine entgeltlich Übertragung vor, da das Entgelt größer ist als das negative Kapitalkonto. Das war Veräußerungsentgelt besteht dann aus der Höhe des negativen Kapitalkontos und dem Wert der gewährten Gegenleistung (BMF-Schreiben vom 13.1.1993, BStBl. 1990 I, S. 847, Tz. 31).
Merke
Entlget > steuerliches Kapitalkonto = entgeltlicher Übergang
Der Übergeber des Betriebs erzielt einen Veräußerungsgewinn nach § 16 EStG in Höhe der Differenz zwischen dem Entgelt und dem Kapitalkonto ( Tz 35 S. 1 und 2 des Erlasses 1 § 7/3). Die Gewährung des Freibetrags nach § 16 Abs. 4 Satz 1 EStG ist in voller Höhe möglich (vgl. BMF v. 20.12.2005, Beck‘sche Erlasse 1 § 16/2 Tz III).
Übernehmer
- Der Übernehmer hat Anschaffungskosten in Höhe des Entgelts.
- Die stillen Reserven sind nach Tz 35 des Erlasses 1 § 7/3 zu ermitteln und aufzudecken.
- Dies gilt auch bei einem negativen Kapitalkonto des Übergebers.
Unentgeltlicher Übergang
Wenn die Anschaffungskosten dem Wert des Kapitalkontos entsprechen oder dieses unterschreiten, dann muss der Übernehmer des Betriebes die Buchwerte des Übergebers fortführen (§ 6 Abs. 3 EStG). Ein Veräußerungsverlust entsteht insoweit nicht.
Merke
Entlget ≤ steuerliches Kapitalkonto = unentgeltlicher Übergang
Der Übergeber des Betriebs erzielt keinen Veräußerungsgewinn nach § 16 EStG Tz 38 des Erlasses 1 § 7/3.
Übernehmer
- Der Übernehmer muss die Buchwerte des Übergebers fortführen (§ 6 Abs. 3 S. 1 und S. 3 EStG), es besteht keinerlei Wahlmöglichkeit zur Aufdeckung von stillen Reserven.
- Falls der Übernehmer zur Erfüllung der Kaufpreisforderungen einen Kredit aufnehmen muss, hat er die Kreditverbindlichkeit zu passivieren.
- Die Schuldzinsen sind folgerichtig Betriebsausgaben (Tz 40 des Erlasses 1 § 7/3).
- Die Vorbesitzzeiten des Übertragenden (z.B. für § 6b-Rücklage) werden angerechnet, mögliche Verbleibensfristen laufen weiter (Tz 41 des Erlasses 1 § 7/3). Gleiches gilt auch für den IAB (BMF vom 20.03.2017, Beck‘sche Erlasse § 7g/5)