Kursangebot | Einkommensteuer (Vertiefung) | Betriebsaufgabe - Realteilung, § 16 Abs. 3 EStG

Einkommensteuer (Vertiefung)

Betriebsaufgabe - Realteilung, § 16 Abs. 3 EStG

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Realteilung

Vereifacht kann gesagt werden, dass eine Realteilung gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 und 3 EStG vorliegt, wenn Gesellschafter einer Mitunternehmerschaft ihre gemeinsame Tätigkeit beenden und dabei die Mitunternehmerschaft auflösen und alle Wirtschaftsgüter in ein anderes Betriebsvermögen überführen. Die Realteilung ist ein Sonderfall der Betriebsaufgabe, die in § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG geregelt ist. Bei der Realteilung kann, beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen, eine Fortführung zu Buchwerten erfolgen.

Der nachfolgende Abschnitt erläutert daher die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen im Rahmen einer Realteilung im Sinne des § 16 Abs. 3 EStG. Der Abschnitt zur Realteilung stellt insoweit eine ERgänzung zu den Ausführungen nach § 16 EStG unter den Einkünften aus Gewerbebetrieb im Grundlagenkurs und hier im Vertiefungskurs dar. Sie sollten daher vor dem Bearbeiten dieses Abschnitts mit dem entsprechenden Abschnitt aus dem Grundlagenkurs vertraut sein.

Voraussetzungen

Zentrale Voraussetzung ist der Verbleib der Wirtschaftsgüter in einem Betriebsvermögen. Die Neugründung eines Betriebs durch die Realteilung, indem etwa ein Teilbetrieb auf einen Mitunternehmer übertragen wird und er damit einen eigenständigen Betrieb begründet, ist dabei ausreichend. Die Übertragung in ein Sonderbetriebsvermögen gilt ebenfalls als Betriebsvermögen im Sinne des § 16 Abs. 3 S. 2 EStG. Nicht als Betriebsvermögen gilt das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft, an der einer der Mitunternehmer der aufgelösten Gesellschaft beteiligt ist. Eine Schwestergesellschaft mit Mitunternehmeridentität zur aufgelösten Gesellschaft erfüllt die Voraussetzung ebenfalls nicht.

Die übertragenen Wirtschaftsgüter, Teilbetriebe und Anteile im Rahmen einer Realteilung betreffen das Gesamthandsvermögen der aufgelösten Mitunternehmerschaft (BMF v. 19.12.2018, BStBl. I 2019, S. 6). Andere Betriebsvermögen im Rahmen der Mitunternehmerschaft, insbesondere Sonderbetriebsvermögen I und II, sind hiervon nicht betroffen. Sie werden nach den allgemeinen Vorschriften behandelt. Die 100%-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft stellt einen Teilbetrieb dar bzw. wird wie dieser behandelt.

Sperrfrist bei Realteilung durch Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern

Eine weitere Voraussetzung zur Beibehaltung der Buchwerte ist, dass die Wirtschaftsgüter frühestens drei Jahre nach Abgabe der Feststellungserklärung für den Veranlagungszeitraum der Realteilung veräußert werden. Sollte innerhalb der Drei-Jahres-Frist eine Veräußerung von wesentlichen Betriebsgrundlagen erfolgen, die im Rahmen der Realteilung übertragen worden sind, ist rückwirkend der gemeine Wert für die Wirtschaftsgüter des Übertragungsvorgangs anzusetzen. Die Entnahme steht einer Veräußerung gleich. Die Veräußerung von Grund und Boden und Gebäuden des Anlagevermögens führt ebenfalls zur rückwirkenden Ansetzung des gemeinen Werts nach § 16 Abs. 3 S. 3 EStG.

Gemäß § 16 Abs. 3 Satz 8 EStG ist ein Gewinn, den ein Realteiler erzielt, weil er seinen Betrieb, in den er die im Rahmen der Realteilung übernommenen wesentlichen Betriebsgrundlagen zum Buchwert übertragen hat, innerhalb der Sperrfrist veräußert, allein diesem Realteiler zuzurechnen. Dabei bleibt es unerheblich, ob die Übertragung der Betriebsgrundlagen innerhalb oder außerhalb der Sperrfrist erfolgt ist.

Die Buchwertfortführung kann niemals für Mitunternehmer eintreten, die Körperschaften, Personenvereinigungen oder sonstige Vermögensmassen sind (§ 16 Abs. 3 S. 4 EStG).

Wesentliche Betriebsgrundlage

Der Begriff der wesentlichen Betriebsgrundlage ist ein zentraler Begriff des Unternehmenssteuerrechts, der insbesondere zur Bestimmung des Umfangs von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen sowie zur Definition der sachlichen Verflechtung bei Nutzungsüberlassungen und Betriebsaufspaltungen verwendet wird. Die Beurteilung, ob ein Wirtschaftsgut als wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen ist, hat weitreichende Auswirkungen auf die steuerliche Behandlung von Übertragungen, Einlagen und Einbringungen von Sachgesamtheiten in Betriebsvermögen, insbesondere im Rahmen von Realteilungen und Betriebsaufspaltungen.

Unter einer wesentlichen Betriebsgrundlage im Sinne des § 16 Abs. 3 S. 3 EStG sind Wirtschaftsgüter mit hohen stillen Reserven oder Wirtschaftsgüter, die für den Betriebszweck erforderlich sind und ein besonderes Gewicht für die Betriebsführung haben, zu verstehen. Es findet hier also sowohl eine quantitative als auch funktionale Betrachtungsweise statt. Nicht jeder Mitunternehmer der aufgelösten Mitunternehmerschaft bzw. Personenhandelsgesellschaft muss eine wesentliche Betriebsgrundlage erhalten.

Ausgleichszahlungen

Im Rahmen einer Realteilung entsprechen die Verkehrswerte der zugeteilten Wirtschaftsgüter häufig nicht dem Wert des Anteils an der aufzulösenden Mitunternehmerschaft. In solchen Fällen ist es üblich, dass der Gesellschafter, der mehr Vermögen erhalten hat, dem anderen Gesellschafter einen Ausgleich in Geld leistet, um den Wert seines Anteils am Gesamthandsvermögen auszugleichen. Dieser Ausgleich wird auch als Spitzenausgleich oder Wertausgleich bezeichnet. 

Der Ausgleich ist für die generelle erfolgsneutrale Realteilung unschädlich. Soweit ein Ausgleich gezahlt wird, liegt im Verhältnis von Ausgleichszahlung und dem Wert des übernommenen Betriebsvermögens eine entgeltliche Übertragung vor.  Die Realteilung mit Spitzenausgleich hat steuerliche Auswirkungen, da der Spitzenausgleich als Veräußerungsentgelt behandelt wird und somit der Besteuerung unterliegen kann. Es ist daher wichtig, die steuerlichen Konsequenzen einer Realteilung mit Spitzenausgleich sorgfältig zu prüfen und zu berücksichtigen.

Die Differenz zwischen Ausgleichszahlung und anteiligem Buchwert stellt einen Veräußerungsgewinn dar, der als laufender Gewinn zu behandeln ist. Eine Begünstigung im Sinne des § 16 Abs. 4 bzw. § 34 EStG scheidet damit für die entsprechenden Gewinne aus.

Beispiel

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Anton Müller stehen bei der Realteilung der AB GbR 500.000 € zu. Er erhält jedoch den Teilbetrieb A mit einem Wert von 600.000 €. Er zahlt an den Bert Meier daher 100.000 € als Ausgleichszahlung. Der Buchwert von Teilbetrieb A beträgt 180.000 €. B erhält den Teilbetrieb B mit einem Wert von 400.000 €. Die Übertragung von Teilbetrieb A erfolgt somit zu 1/6 entgeltlich (100.000/600.000). Der anteilige Buchwert beträgt 30.000 €. Bert Meier muss damit einen laufenden Gewinn von 70.000 € versteuern. Anton Müller muss seine Aktiva um 70.000 € erhöhen.  

 Grundsatzentscheidung des BFH

Bei einer Realteilung mit Buchwertfortführung behalten die Realteiler die Buchwerte der übertragenen Wirtschaftsgüter bei. Zahlt ein Realteiler dem anderen jedoch einen Spitzenausgleich, führt dies zu einem nicht begünstigten Veräußerungsgewinn in Höhe des Ausgleichsbetrags, ohne dass eine Gegenrechnung eines anteiligen Buchwerts erfolgt. Der ausgleichsverpflichtete Realteiler erhält in diesem Fall korrespondierende Anschaffungskosten. Die gewinnneutrale Realteilung des Gesellschaftsvermögens bleibt im Übrigen jedoch bestehen.

Veräußerung oder Entnahme innerhalb der Sperrfrist

Die Veräußerung innerhalb der Sperrfrist führt zu einer rückwirkenden Aufdeckung der stillen Reserven gemäß § 16 Abs. 3 S. 3 EStG. Es handelt sich um ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO. Es werden nur die stillen Reserven des spezifischen Wirtschaftsguts aufgedeckt und als laufender Gewinn behandelt, sofern nicht die stillen Reserven aus den wesentlichen Betriebsgrundlagen aufgedeckt werden müssen.

Abgrenzung zwischen echter und unechter Realteilung

Das BMF unterscheidet in seinem Erlass vom 19.12.2018 (BStBl I 2019, 6) unter Tz. I zwischen der echten und der unechten Realteilung.

Echte Realteilung

Bei einer echten Realteilung erfolgt eine Betriebsaufgabe bei der Mitunternehmerschaft. Eine echte Realteilung liegt auch vor, wenn aus einer Mitunternehmerschaft mit zwei Mitunternehmern ein einzelner Mitunternehmer unter Übertragung eines Teilbetriebs ausscheidet und der andere Mitunternehmer den verbleibenden Teilbetrieb in der Form eines Einzelunternehmens fortführt.

Wenn im Rahmen einer echten Realteilung Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen übertragen werden, so liegen Entnahmen vor, die als laufender Gewinn der Realteilungsgemeinschaft zu behandeln sind.

Bei einer Aufdeckung der stillen Reserven mit Rückwirkung ist der Gewinn auf alle Mitunternehmer nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zu verteilen, sofern der übernehmende Gesellschafter nach Gesellschaftsvertrag oder Vereinbarung zur Realteilung nicht alleine den Gewinn zugerechnet bekommt. Bei der Übernahme von Sonderbetriebsvermögen durch einen anderen Mitunternehmer der Realteilung wird der Gewinn dem Übernehmer nur zugerechnet, sofern dies gesondert vereinbart worden ist.

Bei der echten Realteilung liegt eine Betriebsaufgabe im Sinne des Gewerbesteuergesetzes vor. Die nachträgliche Aufgabe der stillen Reserven ist in diesem Kontext zu sehen und der Gewinn aus den aufgedeckten stillen Reserven daher nur dann als Gewerbeertrag nach § 7 S. 2 GewStG zu behandeln, sofern er nicht auf eine natürliche Person entfällt. In allen anderen Fällen handelt es sich nicht um Gewerbeertrag nach § 7 S. 1 GewStG.

Unechte Realteilung

Unter einer unechten Realteilung versteht man das Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer Mitunternehmerschaft mit mehr als zwei Mitunternehmern unter Übertragung von Wirtschaftsgütern in ein Betriebsvermögen  und der anschließenden Fortführung der Mitunternehmerschaft durch die verbleibenden Gesellschafter. Die Art der übertragenen Wirtschaftsgüter bzw. ob diese einen Teilbetrieb darstellen ist nicht von Bedeutung. Beim Ausscheiden gegen eine Abfindungszahlung in Geld und Anwachsung seines Anteis an die verbleibenden oder den letzten verbleibenden Mitunternehmer handelt es sich nicht um eine Realteilung.  Wenn ein ausscheidender Mitunternehmer alle Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen überführt, dann liegt ebenfalls keine Realteilung vor. Der Gewinn stellt einen Veräußerungsgewinn dar.

Im Falle der unechten Realteilung führt die Übertragung von Wirtschaftsgütern in das Privatvermögen des ausscheidenden Mitunternehmers bei diesem zu Veräußerungsgewinnen im Sinne des § 16 Abs. 2 EStG. Der Veräußerungsgewinn ist jedoch nicht nach § 16 Abs. 4 EStG bzw. § 34 EStG begünstigt. Die verbleibenden Mitunternehmer realisieren hingegen einen laufenden Gewinn und müssen die verbleibenden Wirtschaftsgüter anteilig aufstocken.

Im Falle einer rückwirkenden Aufdeckung der stillen Reserven ist bei der unechten Realteilung beim ausgeschiedenen Mitunternehmer für die Ermittlung des Gewinns nach § 16 Abs. 2 EStG der gemeine Wert der Wirtschaftsgüter mit Rückwirkung anzusetzen. Für die verbleibenden Mitunternehmer entsteht ein laufender Gewinn mit der Notwendigkeit der Aufstockung der Buchwerte der verbleibenden Wirtschaftsgüter.

Übertragung von Wirtschaftsgütern ins Privatvermögen 

Im Fall einer echten Realteilung werden die Wirtschaftsgüter mit ihrem gemeinen Wert aus dem Gesellschaftsvermögen entnommen und gehen in das Privatvermögen der Gesellschafter über. Diese Entnahmen stellen laufenden Gewinn der Realteilungsgemeinschaft dar und müssen entsprechend erfasst werden. Im Übrigen sind zwingend die Buchwerte fortzuführen.

Werden im Fall der unechten Realteilung einzelne Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen des ausscheidenden Mitunternehmers übertragen, realisiert nur er einen Veräußerungsgewinn i.S.v. § 16 Abs. 2 EStG, der nicht nach § 16 Abs. 4 EStG (Freibetrag) oder nach § 34 EStG (Tarifbegünstigung) begünstigt ist. 

Sonderformen bei unentgeltlicher Übertragung

Wenn ein Unternehmen im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge, im Erbfall, bei einer Erbauseinandersetzung oder durch Schenkung übertragen wird, gilt dies als unentgeltlich. Eine Übertragung gilt als unentgeltlich, wenn keine Gegenleistung vorhanden ist oder diese nicht ermittelt werden kann. Solche Übertragungen können entweder zu Lebzeiten erfolgen (z.B. durch Schenkung) oder von Todes wegen (z.B. durch Erbschaft oder Vermächtnis).

Der Begriff der unentgeltlichen Übertragung

Wenn der Übernehmer des Vermögens keine Gegenleistung erbringen muss, spricht man von einer unentgeltlichen Übertragung. Solche Übertragungen können aus steuerrechtlicher Sicht mehrere Steuertatbestände betreffen, wie z.B. einkommenssteuerliche, schenkungssteuerliche und gewerbesteuerliche Aspekte.

Anders ausgedrückt, eine unentgeltliche Übertragung liegt immer dann vor, wenn kein Entgelt gezahlt wird. Die steuerrechtliche Behandlung von unentgeltlichen Übertragungen ist im Vergleich zu entgeltlichen Übertragungen von großer Bedeutung.

Unentgeltliche Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 EStG

Gem. § 6 Abs. 3 EStG ist die Buchwertfortführung bei unentgeltlicher Übertragung in folgenden Fällen zwingend anzuwenden:

  • § 6 Abs 3 S. 1 HS 1 EStG

Unentgeltliche Übertragung des gesamten Betriebs, Teilbetriebs, oder Mitunternehmeranteils.

  • § 6 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 Alt. 1 EStG

Unentgeltliche Aufnahme einer natürlichen Person in ein bestehendes Einzelunternehmen.

  • § 6 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 Alt. 2 EStG

Unentgeltliche Übertragung eines Teils des Mitunternehmeranteils an eine natürliche Person.

  • § 6 Abs. 3 S. 2 EStG

Unentgeltliche Übertragung eines Teils des Betriebs/Mitunternehmeranteils unter Zurückbehaltung von Wirtschaftsgütern.

Unentgeltliche Übertragung eines Teils eines Mitunternehmeranteils

Wenn ein gesamter Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil unentgeltlich übertragen wird, müssen die stillen Reserven nicht aufgedeckt werden. Das bedeutet, dass kein Veräußerungsgewinn gemäß § 16 EStG entsteht, da der Rechtsnachfolger, der den Betrieb unentgeltlich erwirbt, in die Position des übertragenden Rechtsvorgängers eintritt.

Bei einer unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils können nur natürliche Personen und Personengesellschaften als übertragende oder übernehmende Personen auftreten. Es ist jedoch zu beachten, dass bei der Übertragung einer das gesamte Nennkapital einer Kapitalgesellschaft umfassenden Beteiligung (sog. "fiktiver" Teilbetrieb nach § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 EStG) die stillen Reserven zwingend aufzudecken und zu versteuern sind, da es sich lediglich um ein Wirtschaftsgut und nicht um einen eigenständigen betrieblichen Organismus handelt.

Bei einer unentgeltlichen Übertragung auf eine Körperschaft sind die Vorschriften zur verdeckten Gewinnausschüttung bzw. verdeckten Einlage vorrangig zu beachten, wie es auch in den Steuerrichtlinien des Bundesministeriums der Finanzen vom 03.03.2005 (Beck'sche Steuer-Erlasse 1 § 6/18, Rn. 2) festgelegt ist. Aufgrund dieser Vorschriften ist eine unentgeltliche Übertragung nach § 6 Abs. 3 S. 1 EStG grundsätzlich nicht möglich.

Beispiel

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Herr Müller überträgt sein Einzelunternehmen / Mitunternehmeranteil an der ABC-OHG unentgeltlich auf seine Müller GmbH ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten. Herr Müller hält sämtliche Anteile der Müller GmbH.

Lösung:

Eine Übertragung zu Buchwerten ( § 6 Abs. 3 S. 1 EStG) ist nicht möglich, da die unentgeltliche Übertragung auf die Müller GmbH in Ermangelung eines Entgelts eine verdeckte Einlage darstellt.

Die verdeckte Einlage führt zu einer Betriebsaufgabe im Ganzen bzw. zur Aufgabe des gesamten Mitunternehmeranteils i.S.d. § 16 Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 16 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 EStG.

Im den folgenden Ausführungen soll insbesondere auf die unterschiedlichen Konstellationen von unentgeltlichen Übertragungen von Teilen von Mitunternehmeranteilen im Hinblick auf vorhandenes Sonderbetriebsvermögen eingegangen werden, denn ein Mitunternehmeranteil eines Gesellschafters einer Personengesellschaft umfasst steuerrechtlich sowohl den Anteil am Gesamthandsvermögen als auch das dem einzelnen Mitunternehmer zuzurechnende Sonderbetriebsvermögen.

Hinweis

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Im BMF-Schreiben vom 20.11.2019, BStBl. 2019 I S. 1291, Beck'sche "Steuererlasse" 1 § 6/18 nimmt die Finanzverwaltung zu dieser Problematik ausführlich Stellung.

 

Sofern der Mitunternehmeranteil kein funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögen umfasst, ist im Falle einer unentgeltlichen Übertragung eines Teils eines Mitunternehmeranteils auf eine natürliche Person ohne weitere Prüfung die Buchwertfortführung gegeben, § 6 Abs. 3 S. 1 HS 2 Alt. 2 i.V.m. S. 3.

Im Rahmen des § 6 Abs. 3 EStG kommt nur die funktionale Betrachtung der Beurteilung einer wesentlichen Betriebsgrundlage zur Anwendung. Funktional wesentlich können nur solche Wirtschaftsgüter sein, die im Zeitpunkt des Übertragungsvorgangs für die Funktion des Betriebes von Bedeutung sind; auf das Vorhandensein erheblicher stiller Reserven kommt es nicht an, Rz. 6.

Sofern jedoch funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögen vorhanden ist, wird die Erfüllung der Norm komplexer. Dies soll in den nachfolgenden Ausführungen u.a. mit Hilfe von Fallbeispielen erläutert werden.

Expertentipp

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Vorliegende Thematik kann Ihnen sowohl in einer Ertragsteuerklausur als auch im Bereich des Bilanzsteuerrechts begegnen. Es ist wichtig, dass Sie den Sachverhalt zunächst richtig einordnen, um für die weitere steuerliche Beurteilung bei den beteiligten Personen die richtigen "Weichen" zu stellen. Die korrekte steuerrechtliche Beurteilung des Übertragungsvorgangs ist sozusagen das notwendige Fundament, um die Klausurpunkte zu erzielen, welche sich dann aus der Beurteilung der steuerlichen Folgewirkung bei den Beteiligten ergeben.

Wir betrachten nun drei Videos zur unentgeltlichen Übertragung gem. § 6 Abs. 3 EStG.

Beispiel 1

Gesellschafter der AB-OHG sind A und B. A verpachtet an die OHG ein Grundstück. A verschenkt den OHG-Anteil an seinen Sohn S. Das Grundstück behält er und verpachtet es weiterhin an die OHG (BS-OHG)

Beispiel 2

Gesellschafter der AB-OHG sind A und B. A verpachtet an die OHG ein Grundstück. A verschenkt den OHG-Anteil an seinen Sohn S in 05. Das Grundstück hat A bereits in 04 zum Buchwert gem. § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 2 EStG auf eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG des A übertragen und verpachtet dieses weiterhin an die OHG

 

Übertragung bei funktional wesentlichem Sonderbetriebsvermögen

Quotale Übertragung eines Teils des am Gesamthandsvermögens und eines Teils des Sonderbetriebsvermögens

Entgegen der alten Version des Anwendungsschreibens (BMF vom 03.03.2005, BStBl. I S. 458) stellt das BMF nun klar, dass es im Grundsatz keiner quotenmäßigen Mit­übertragung von funktional wesentlichem Sonderbetriebsvermögen mehr bedarf, um § 6 Abs. 3 S. 1 EStG zur Anwendung zu bringen. Befinden sich entsprechend mehrere funktional wesentliche Betriebsgrundlagen im Sonderbetriebsvermögen, müssen diese daher nicht alle für sich genommen anteilig mit­übertragen werden, Rz. 20.

Bisher erfasste die Finanzverwaltung eine quotale Übertragung streng bruchteilsbezogen in Bezug auf die betreffenden Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens, so dass bei Vorliegen mehrerer wesentlicher Betriebsgrundlagen eine quotale Teil-Mitunternehmeranteilsübertragung nach § 6 Abs. 3 S. 1 HS. 2 Alt. 2 EStG nur dann vorliegen sollte, wenn an allen wesentlichen Betriebsgrundlagen des Sonderbetriebsvermögens jeweils ein Bruchteil in Höhe des übertragenen Anteils am Gesamthandsvermögen übertragen wurde.

Nunmehr ist nach Auffassung der Finanzverwaltung auch dann eine quotale Übertragung von Teil-Mitunternehmeranteil und zugehörigem Sonderbetriebsvermögen erfüllt, wenn sich die quotale Gleichwertigkeit von übertragenem Gesamthands- und Sonderbetriebsvermögen nur im rechnerischen Ergebnis ergibt.

Beispiel

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Vater V ist 100 % iger Kommanditist der V GmbH & Co. KG. Die V GmbH ist als Komplementärin nicht am Vermögen der KG beteiligt. Für ihren Betrieb überlässt V der KG zwei funktional wesentliche Grundstücke, nämlich das Grundstück 1 mit aufstehender Produktionshalle sowie das Grundstück 2 mit aufstehendem Bürogebäude und angeschlossenem Lagerplatz. Beide Grundstücke haben den identischen Teilwert von 3.000.000 EUR. V überträgt nun auf seinen Sohn S neben dem hälftigen Kommanditanteil das ganze Grundstück 1. Grundstück 2 behält er hingegen vollständig zurück. Wertmäßig betrachtet kommt es damit weder zu einer unter- noch zu einer überquotalen Übertragung von Sonderbetriebsvermögen. Diese Vorgehensweise führt daher im rechnerischen Ergebnis zu einer quotalen Übertragung und deshalb nicht zur Aufdeckung von stillen Reserven in dem vorhandenen Sonderbetriebsvermögen (hier also die Grundstücke 1 und 2). Die Behaltefrist nach § 6 Abs. 3 S. 2 EStG kommt nicht zur Anwendung, weil V wertmäßig einen Anteil am Sonderbetriebsvermögen überträgt, der dem übertragenen Teil des Anteils am Gesamthandsvermögen des Übertragenden entspricht.

Diese Grundsätze gelten für den Fall der unentgeltlichen Aufnahme einer natürlichen Person in ein Einzelunternehmen entsprechend.

Unterquotale Übertragung eines Teils des am Gesamthandsvermögens und eines Teils des Sonderbetriebsvermögens

Wird im Zeitpunkt der unentgeltlichen Aufnahme einer natürlichen Person in ein Einzelunternehmen oder der unentgeltlichen Übertragung eines Teils des Anteils am Gesamthandsvermögen funktional wesentliches Betriebsvermögen/Sonderbetriebsvermögen nicht oder in geringerem Umfang (unterquotal) übertragen, als es dem übertragenen Teil des Einzelunternehmens oder des Anteils am Gesamthandsvermögen entspricht, liegt insgesamt eine Übertragung nach § 6 Abs. 3 S. 2 EStG vor, Rz. 25.

In dieser Fallkonstellation bleibt die Finanzverwaltung bei ihrer bisherigen Rechtsauffassung, d. h. insofern greift auch die Rechtsfolge der Behaltensfrist beim Übernehmer von mindestens 5 Jahren.

Veräußert der Rechtsnachfolger den übernommenen Mitunternehmeranteil – oder einen Teil davon – oder gibt er den Mitunternehmeranteil innerhalb der Behaltefrist auf, liegen in Bezug auf den ursprünglichen Übertragungsvorgang die Voraussetzungen für die Buchwertübertragung nach § 6 Abs. 3 S. 2 EStG nicht mehr vor. Für die gesamte Übertragung sind dann rückwirkend auf den ursprünglichen Übertragungsstichtag die Teilwerte anzusetzen (§ 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO). Der dabei beim Übertragenden entstehende Gewinn ist laufender Gewinn (§ 16 Abs. 1 S. 2 iVm § 16 Abs. 3 EStG). Für die Berechnung der Behaltefrist ist grundsätzlich auf den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums hinsichtlich des übernommenen Mitunternehmeranteils (= Übergang von Nutzen und Lasten) abzustellen. Die Behaltefrist endet spätestens dann, wenn dem Rechtsnachfolger neben dem Teil des Anteils auch der restliche Bruchteil des Anteils am Gesamthandsvermögen übertragen wird, Rz. 26.

Beispiel

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Vater V und Sohn S sind jeweils zu 50 % an einer OHG beteiligt. V überträgt unentgeltlich einen Teil seines Gesellschaftsanteils auf S, behält sein Sonderbetriebsvermögen aber zurück, so dass V jetzt zu 25 % und S zu 75 % an der OHG beteiligt sind. S reduziert innerhalb der Fünf-Jahresfrist seine Beteiligung auf 20 % und veräußert entsprechend einen Teil seines Mitunternehmeranteils.

Es liegt eine unterquotale Übertragung von V auf S nach § 6 Abs. 3 S. 2 EStG vor, bei der die Behaltefrist zu beachten ist. Da der Anteil des S nach der Veräußerung (20 %) unter dem Anteil der übernommenen Beteiligung (25 %) liegt, hat er auch einen Teil des übernommenen Mitunternehmeranteils veräußert. Für die ursprüngliche Übertragung von V auf S ist damit insgesamt § 6 Abs. 3 EStG nicht anwendbar. Für die gesamte Übertragung sind rückwirkend auf den ursprünglichen Übertragungsstichtag die Teilwerte anzusetzen (§ 6 Abs. 3 S. 2 EStG, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO). Der bei V entstehende Gewinn ist laufender Gewinn (§ 16 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 16 Abs. 3 EStG).

Sofern jedoch im Zeitpunkt der Übertragung des Anteils am Gesamthandsvermögen funktional wesentliches Betriebsvermögen/Sonderbetriebsvermögen nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG zum Buchwert übertragen oder nach § 6 Abs. 5 S. 1 oder 2 EStG in ein anderes Betriebsvermögen/Sonderbetriebsvermögen des Steuerpflichtigen überführt wird, ist dies nach Auffassung der Finanzverwaltung im Kontext einer stichtagsbezogenen Betrachtungsweise nun für die Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG unschädlich (Ausgliederungsmodell), sofern es sich bei dem verbleibenden "Restbetriebsvermögen" weiterhin um eine funktionsfähige betriebliche Einheit handelt, Rz. 13.

Insofern dürfte sich die Bedeutung der Sperrfrist nach § 6 Abs. 3 S. 2 EStG hierdurch im Falle einer unterquotalen Übertragung von funktional wesentlichem Sonderbetriebsvermögen in Grenzen halten bzw. ins Leere laufen, da in den meisten praktischen Anwendungsfällen eine unschädliche Ausgliederung gestaltungstechnisch möglich sein sollte.

Überquotale Übertragung eines Teils des am Gesamthandsvermögens und eines Teils des Sonderbetriebsvermögens

Die überquotale Übertragung von Sonderbetriebsvermögen ist nicht in je einen Übertragungsvorgang nach § 6 Abs. 3 S. 1 und § 6 Abs. 5 EStG aufzuspalten, sondern bemisst sich allein nach § 6 Abs. 3 S. 1 EStG. Die Sperrfrist des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG ist nicht einschlägig. Dies gilt auch, wenn die Mitunternehmerstellung des Empfängers durch die unentgeltliche Übertragung erstmals begründet wird, Rz. 32 f.

Bislang vertrat die Finanzverwaltung die Ansicht, dass bei einer überquotalen Übertragung eines Teilanteils hinsichtlich des quotalen Teils des Rechtsgeschäfts § 6 Abs. 3 S. 1 EStG Anwendung findet und der überquotal übertragene Anteil des Sonderbetriebsvermögens unter § 6 Abs. 5 EStG fällt. Nunmehr soll in Umsetzung der Rechtsprechung des BFH §  6 Abs. 3 S. 1 EStG auf den kompletten Übertragungsvorgang Anwendung finden, so dass hier keinerlei Behaltensfristen zu beachten sind. Insbesondere wird also hinsichtlich des überquotal übertragenen Anteils des Sonderbetriebsvermögens keine Behaltensfrist nach § 6 Abs. 5 S. 4 EStG ausgelöst. Im Fall der Übertragung eines fremdfinanzierten Grundstücks im Sonderbetriebsvermögen wird auf diese Weise eine anteilige Gewinnrealisierung vermieden.

Übertragung bei funktional nicht wesentlichem Sonderbetriebsvermögen

Sofern sich im Sonderbetriebsvermögen keine funktional wesentliche Betriebsgrundlage befindet, ist bei einer unentgeltlichen Teilanteilsübertragung § 6 Abs. 3 S. 1 EStG uneingeschränkt anwendbar. Der übernehmende Gesellschafter hat die Buchwerte fortzuführen. Bei der Überführung des zurückbehaltenen Sonderbetriebsvermögens in das Privatvermögen entsteht laufender Gewinn.

Beispiel

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Vater V ist zu 50 % an einer OHG beteiligt. Des Weiteren vermietet er an die OHG seit vielen Jahren eine Kehrmaschine, die jedoch jederzeit ersetzbar ist. Im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge überträgt V 25 % seiner Beteiligung unentgeltlich an der OHG an seinen Sohn S. Die Kehrmaschine nutzt V nur noch für sein privates Einfamilienhaus.

Vorliegend handelt es sich bei der Kehrmaschine nicht um funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögen des V an der OHG. Damit ist trotz Zurückbehaltung bzw. im vorliegenden Fall einer Entnahme dieser Maschine die unentgeltliche Übertragung des Teils des Gesamthandsvermögens von 25 % an der OHG nach § 6 Abs. 3 S. 1 HS. 2 Alt. 2 EStG möglich. S hat die Buchwerte entsprechend fortzuführen, bei der Überführung der Kehrmaschine vom Sonderbetriebsvermögen in das Privatvermögen werden eventuell vorhandene stille Reserven aufgedeckt.

Überführung und Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 EStG

§ 6 Absatz 5 des Einkommenssteuergesetzes greift unter anderem dann, wenn Wirtschaftsgüter zwischen verschiedenen Betriebsvermögen derselben steuerpflichtigen Person übertragen werden. Insbesondere geht es dabei um die Vermeidung der Aufdeckung von stillen Reserven.

§ 6 Abs. 5 EStG ist eine der zentralen Vorschriften im Bereich der Umstrukturierungen von Personenunternehmen außerhalb des Umwandlungssteuerrechts und bietet Gestaltungsmöglichkeiten bei der Übertragung von einzelnen Wirtschaftsgütern zwischen einem Gesellschafter und einer Personengesellschaft. Sie ermöglicht unter Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips eine ertragsteuerneutrale Übertragung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens zwischen einem Gesellschafter und der Mitunternehmerschaft sowie zwischen den jeweiligen Sonderbetriebsvermögen verschiedener Gesellschafter derselben Mitunternehmerschaft.

Voraussetzung ist, dass die Übertragung unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten erfolgt und die Besteuerung der stillen Reserven beim Übernehmer gesichert ist. Durch die steuerneutralen Übertragungsmöglichkeiten werden insbesondere für mittelständische Betriebe Umstrukturierungen erleichtert.

Bei der Überführung eines einzelnen Wirtschaftsguts nach § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG handelt es sich um eine Entnahme i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG aus dem abgebenden Betriebsvermögen und um eine Einlage i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 8 EStG bei dem aufnehmenden Betriebsvermögen, deren Bewertungen abweichend von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und 5 EStG in § 6 Abs. 5 EStG geregelt sind.