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Einkommensteuer (Vertiefung)

Zuwendungsnießbrauch

Zuwendungsnießbrauch

Unter einem Zuwendungsnießbrauch versteht man einen Nießbrauch, der vom Eigentümer für einen Dritten bestellt wird. Die Bestellung kann dabei entgeltlich, teilweise entgeltlich oder unentgeltlich erfolgen. Bei einem entgeltlichen Nießbrauch kann davon ausgegangen werden, dass das Entgelt und der Nießbrauch aus wirtschaftlicher Perspektive ausgeglichen sind. Beim teilentgeltlichen Nießbrauch ist dies nicht der Fall, es muss eine Aufteilung in einen unentgeltlichen und entgeltlichen Teil erfolgen. Das Verhältnis zwischen entgeltlichen und unentgeltlichen Teil ist dabei anhand des Verhältnisses zwischen Entgelt und Kapitalwert des Nießbrauchs zu ermitteln.

Der Nießbraucher tritt in die Rechtsstellung des Eigentümers als Vermieter. Ein Nießbraucher kann entsprechend ein Grundstück vermieten und erzielt somit Einkünfte im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Bei einem sogenannten Bruttonießbrauch verpflichtet sich der Nießbrauchssteller die Kosten zu tragen, die den Nießbrauchsberechtigten treffen. Dem Nießbraucher verbleiben somit die Bruttoerträge. Beim Bruttonießbrauch können weder der Nießbraucher noch der Eigentümer Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben geltend machen. Der Nießbraucher kann keine entsprechenden Kosten geltend machen, weil er durch sie nicht belastet ist, der Eigentümer kann keine entsprechenden Kosten geltend machen, da er keine Einkünfteerzielung beabsichtigt.

Unentgeltlicher Zuwendungsnießbrauch

Bei einem unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauch und einer Vermietung durch die Nießbraucher kommt es durch die Mieten beim Eigentümer zu keinen Einkünften. Beim Nießbraucher kommt es zu Einkünften nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Absetzung für Abnutzung können bei beiden nicht geltend gemacht werden, da der Eigentümer keine Einnahmen hat und der Nießbraucher über keine Anschaffungs- oder Herstellungskosten verfügt. Sofern der Nießbraucher über nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten verfügt, können diese in Form der AfA als Werbungskosten berücksichtigt werden (BMF-Schreiben vom 30. 9. 2013, BStBl. I 2013, S. 1184, Rz.19).

Erhaltungsaufwendungen durch den Nießbraucher sind als Werbungskosten zu betrachten und können nach § 82b EStDV auf 2 - 5 Jahre verteilt werden, wenn das Gebäude bzw. das Nießbrauchsrecht nicht zu einem Betriebsvermögen gehört und das Gebäude auf dem nießbrauchsbestelltem Grundstück überwiegend Wohnzwecken dient. Ein Gebäude dient dann überwiegend Wohnzwecken, wenn mehr als die Hälfte der Räume zu Wohnzwecken genutzt wird. Sofern ein unentgeltlicher Nießbrauch abgelöst wird und hierfür Zahlungen geleistet werden, so sind diese als Zuwendungen nach § 12 Nr. 2 EStG zu beurteilen. Sie führen weder zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung noch zu Werbungskosten beim Eigentümer.

Beispiel

Hier klicken zum AusklappenJosef Müller möchte, dass sein langjähriger Schulfreund Armin Meyer gut versorgt ist. Armin Meyer war in Bezug auf die Einkommenserzielung nicht so erfolgreich, sodass Josef Müller beschließt ihm ein Nießbrauchsrecht an seinem Mehrfamilienhaus in Lübeck einzuräumen. Die Einräumung des Nießbrauchsrechts erfolgt dabei unentgeltlich.
Armin Meyer vermietet das Grundstück nach Erhalt des Nießbrauchsrecht. Josef Müller erzielte keine Einkünfte aus dem Grundstück und kann somit auch keine Absetzung für Abnutzung geltend machen. Armin Meyer hatte keine Anschaffungskosten und kann insoweit auch keine Absetzung für Abnutzung geltend machen. Josef Müller hat keine Verfügungsgewalt über das Grundstück und erzielt auch keine Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Armin Meyer hingegen erzielt aus der Vermietung Einkünfte gem. § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

Entgeltlicher Zuwendungsnießbrauch

Bei der Vermietung durch die Nießbraucher kommt es bei einem entgeltlichen Zuwendungsnießbrauch beim Nießbraucher zu Einkünften nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Das Nießbrauchsentgelt führt beim Eigentümer zu Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung und ist im Jahr des Zuflusses zu erfassen. Beim Nießbraucher stellt das Nießbrauchsentgelt Werbungskosten dar. Wenn das Nießbrauchsentgelt in einer einmaligen Zahlung geleistet wird, stellt dies zum Zeitpunkt des Zuflusses beim Eigentümer Einnahmen nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar. Auf Antrag können die Einnahmen gleichmäßig auf die Laufzeit des Nießbrauchs verteilt werden. Beim Nießbraucher muss das Entgelt nach § 11 Abs. 2 S. 3 EStG auf die Dauer des Nießbrauchsrechts verteilt werden. Bei einer Bestellung des Nießbrauchsrechts auf Lebenszeit muss eine Verteilung auf die mutmaßliche Lebenszeit erfolgen.

Die AfA auf das Gebäude ist beim Eigentümer als Werbungskosten anzusetzen, da er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung hat. Nachträgliche Herstellungskosten des Nießbrauchers sind bei  diesem in Form der AfA als Werbungskosten zu berücksichtigen. Erhaltungsaufwendungen durch den Nießbraucher sind bei diesem als Werbungskosten zu erfassen, wobei eine Verteilung nach § 82b EStDV erfolgen kann. Grundstücks- bzw. Erhaltungsaufwendungen durch den Eigentümer, wie sie im Rahmen eines Bruttonießbrauchs erfolgen, sind bei diesem als Werbungskosten abzugsfähig (BMF-Schreiben vom 30.9.2013, BStBl. I 2013, S. 1184, Rz. 30). Wenn ein entgeltlicher Nießbrauch abgelöst wird, so sind die Zahlungen zur Ablösung des Nießbrauchs vom Eigentümer als negative Einnahmen aus der Vermietung und Verpachtung zu erfassen (BMF-Schreiben vom 30.9.2013, Rz. 63). Beim Nießbraucher sind die Zahlungen zur Ablösung grundsätzlich dem privaten Bereich zuzuordnen.

Beispiel

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Eigentümer E bestellt dem fremden Dritten F ein Nießbrauch an seinem Mietwohnhaus ab dem 01.01.01 gegen eine jährliche Zahlung von 100.000 EUR. Die jährlichen Mieteinnahmen betragen 120.000 EUR, die AfA an dem Gebäude betrage jährlich 17.000 EUR, für die restlichen Gebäudekosten fallen jährlich 3000 EUR an.

Gemäß der notariellen Urkunde soll der Nießbraucher alle Kosten tragen.

E: 
Einnahmen § 8 Abs. 1 S.1 EStG100.000 EUR
AfA § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 i. V. m. § 7 EStG-17.000 EUR
Einkünfte § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG83.000 EUR
F: 
Einnahmen § 8 Abs. 1 S.1  EStG120.000 EUR
Werbungskosten 
laufende Zahlung für den Nießbrauch-100.000 EUR
restliche Gebäudekosten-3.000 EUR
Einkünfte § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG17.000 EUR

Teilentgeltlicher Nießbrauch

Bei einem teilentgeltlichen Zuwendungsnießbrauch ist der Sachverhalt aufzuteilen. Der Aufteilungsschlüssel ist das Verhältnis des vereinbarten Entgeltes zum Kapitalwert des Nießbrauchs. Gemäß Rz. 31 des Nießbrauchserlasses gelten bei einem teilweise entgeltlich bestellten Nießbrauch die Grundsätze analog des entgeltlich bestellten Nießbrauchs. Die AfA steht dem Eigentümer jedoch insoweit nicht zu, als der Nießbrauch unentgeltlich bestellt worden ist.

Beispiel

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Eigentümer E bestellt seinem Sohn S ein Nießbrauch an seinem Mietwohnhaus ab dem 01.01.01 gegen eine jährliche Zahlung von 50.000 EUR. Der Kapitalwert beträgt 200.000 EUR p.a. Die jährlichen Mieteinnahmen betragen 120.000 EUR, die AfA an dem Gebäude betrage jährlich 17.000 EUR, für die restlichen Gebäudekosten fallen jährlich 3.000 EUR an.

Es liegt zunächst ein teilentgeltlich bestellter Zuwendungsnießbrauch vor, da das Entgelt von 50.000 EUR p.a. nicht mit dem Kapitalwert von 200.000 EUR p.a. nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten abgewogen ist. 

Der Aufteilungsmaßstab, um den Grad der Entgeltlichkeit zu bestimmten, ist das Verhältnis des Entgelts (50.000 EUR) zum Kapitalwert (200.000 EUR), somit 25 % entgeltlich bestellter Nießbrauch bzw. im Umkehrschluss 75 % unentgeltlich bestellter Nießbrauch.

Es ist hier insbesondere anzumerken, dass man weit entfernt von der "10 % - Grenze" (25 %) gemäß Rz. 13 des Nießbrauchserlasses ist, bei deren Unterschreiten man insgesamt von einer Unentgeltlichkeit ausgehen kann.

Jährliche Ermittlung der Einkünfte:

E: 
Einnahmen § 8 Abs. 1 S.1 EStG50.000 EUR
AfA § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 i. V. m. § 7 EStG: 25 %-4.250 EUR
laufende Kosten: 25 %-750 EUR
Einkünfte § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG45.000 EUR
F: 
Einnahmen § 8 Abs. 1 S.1 EStG120.000 EUR
Werbungskosten 
laufende Zahlung für den Nießbrauch-50.000 EUR
restliche Gebäudekosten: 25 %-750 EUR
Einkünfte § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG69.250 EUR

Merke

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Eigennutzung durch den Nießbraucher führt zu keinen steuerlichen Konsequenzen.