Inhaltsverzeichnis
- Steuerfestsetzung und -erhebung
- Steuerschuldner
- Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer
- Kleinbetragsgrenze
- Besteuerung von Renten, Nutzungen und Leistungen
- Mehrfacher Erwerb desselben Vermögens
- Stundung
- Erlöschen der Steuer in besonderen Fällen
- Kontrollverfahren und Anzeigepflichten
- a) Kontrollmitteilungen für die Steuerakten des Erblassers
- b) Kontrollmitteilungen für die Steuerakten des Erwerbers
- Örtliche Zuständigkeit
Steuerfestsetzung und -erhebung
Steuerschuldner
Nach § 20 ErbStG ist sowohl der Erwerber, als auch der Schenker Steuerschuldner. Es besteht eine Haftung der Erbmasse nach § 20 Abs. 3 ErbStG.
Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer
Nach § 21 ErbStG kann unter bestimmten Voraussetzungen die ausländische Erbschaftsteuer auf die inländische Erbschaftsteuer angerechnet werden, wenn sie mit dieser vergleichbar ist (insbesondere Nachlasssteuer); für Detailprobleme vergleiche auch R E 21 ErbStR und H E 21 ErbStH.
Kleinbetragsgrenze
Die Erbschaftsteuer wird nur festgesetzt, wenn die Steuer für den einzelnen Steuerfall (Vermögensanfall) mehr als 50 € beträgt, bzw. anders formuliert: Von einer Festsetzung ist abzusehen, wenn die Steuer den Betrag von 50 € nicht übersteigt.
Besteuerung von Renten, Nutzungen und Leistungen
Nach § 23 ErbStG hat der Begünstigte einer wiederkehrenden Nutzung oder Leistung, bzw. einer Rente ein Besteuerungswahlrecht. Der Erwerber kann die Besteuerung sofort vornehmen und damit den Kapitalwert des Erwerbes (entsprechend abgezinst) versteuern. Der Erwerber hat damit allerdings einen Liquiditätsnachteil, da er die Versteuerung bereits vornehmen muss, obwohl er die Leistungen erst später wiederkehrend erhält. Daher räumt § 23 ErbStG dem Erwerber die Möglichkeit ein, die Steuer vom Jahreswert zu entrichten. In der Regel wird dabei der persönliche Freibetrag im Wege der Aufzehrungsmethode aufgebraucht. Auf Antrag kann jedoch auch die Kürzungsmethode angewendet werden, H E 23 ErbStH. Der Steuerpflichtige kann im Fall der Jahressteuer diese mit ihrem Kapitalwert ablösen, § 23 Abs. 2 ErbStG.
Beispiel
Die Freundin (am Bewertungsstichtag 25 Jahre alt) des Erblassers erhält aufgrund eines Vermächtnisses eine monatliche, lebenslängliche Rente von 500 €. Todestag des Erblassers sei der 10.10.2023.
Sofortsteuer:
Jahreswert: 12 x 500 € | 6.000 € |
VV für 25- jährige Frau nach Anlage zu § 14 Abs. 1 BewG | 17,880 |
Kapitalwert: 6.000 € x 17,880 = | 107.280 € |
Persönlicher Freibetrag (Steuerklasse III) | - 20.000 € |
Steuerpflichtiger Erwerb, gerundet § 10 Abs. 1 Satz 6 ErbStG | 87.200 € |
Darauf 30 %, § 19 Abs. 1 ErbStG | 26.160 € |
Jahressteuer:
10.10.2023: Jahreswert 6.000 € - persönlicher Freibetrag 20.000 € | 0 € |
(Aufzehrungsmethode); Steuer | 0 € |
10.10.2024: Jahreswert 6.000 € - persönlicher Freibetrag 14.000 € | 0 € |
Steuer | 0 € |
10.10.2025: Jahreswert 6.000 € - persönlicher Freibetrag 8.000 € | 0 € |
Steuer | 0 € |
10.10.2026: Jahreswert 6.000 € - persönlicher Freibetrag 2.000 € | 4.000 € |
Steuer 30 % (Steuersatz entsprechend der Progression wie bei der Sofortsteuer!) | 1.200 € |
Ab 10.10.2027 jährlich bis zum Tod der Berechtigten:
6.000 € x 30 % | 1.800 € |
Hinweis
Hinweis für den Prüfungsdurchgang 2025/2026:
Beispiel wie oben, Todestag sei der 10.10.2024
Die Sofortsteuer errechnet sich dann wie folgt:
Jahreswert: 12 x 500 € | 6.000 € |
VV für 25-jährige Frau (BMF vom 1.12.2023, VV für Stichtage ab 1.1.2024), Anlage zu § 14 Abs. 1 BewG | 17,872 |
Kapitalwert: 6.000 € x 17,872 | 107.232 € |
Persönlicher Freibetrag (StKl III) | - 20.000 € |
Steuerpflichtiger Erwerb, gerundet nach § 10 Abs. 1 Satz 6 ErbStG | 87.200 € |
ErbSt 30 % § 19 Abs. 1 ErbStG | 26.160 € |
Die alternative Berechnung der jeweiligen Jahressteuer verändert sich nicht gegenüber dem Ausgangsfall, außer dass die Jahre sich jeweils um ein Jahr nach hinten verschieben.
Die Steuer kann mit ihrem Kapitalwert nach § 14 Abs. 1 BewG, § 23 Abs. 2 ErbStG zum jeweiligen Fälligkeitstermin (10.10.) auf (befristeten) Antrag abgelöst werden.
Mehrfacher Erwerb desselben Vermögens
Voraussetzungen:
- Erwerb von Todes wegen
- Steuerklasse I
- Dasselbe Vermögen (laut BFH ist Nämlichkeit erforderlich)
- Innerhalb der letzten 10 Jahre wurde bereits dieses Vermögen der Erbschaftsteuer unterworfen
Rechtsfolge:
Ermäßigung der Erbschaftsteuer um die in § 27 ErbStG genannten Vomhundertsätzen. Nach § 27 Abs. 3 ErbStG beträgt die Ermäßigung höchstens die Steuer auf den Vorerwerb x Vomhundertsatz in § 27 Abs. 1 ErbStG.
Beispiel
Ehemann vererbt seiner Ehefrau am 15.08.2019 ein Grundstück (Grundbesitzwert 800.000 €, keine Begünstigungen) und Bargeld 400.000 €.
Im Rahmen der Erbschaftsteuerveranlagung wurde folgende Berechnung vollzogen:
Grundbesitzwert | 800.000 € |
Bargeld | 400.000 € |
Gesamt | 1.200.000 € |
Bestattungskosten | -10.300 € |
Freibeträge § 16 und § 17 ErbStG | - 756.000 € |
Steuerpflichtiger Erwerb | 433.700 € |
Steuer § 19 Abs. 1 ErbStG 15 % | 65.055 € |
Am 02.02.2023 verstirbt die Ehefrau. Das Bargeld ist durch die Unterbringung im Pflegeheim komplett aufgebraucht. Das Grundstück (Grundbesitzwert nun 900.000 €) und ihr eigenes Wertpapierdepot (Streubesitz, Wert 400.000 €) vererbt die Ehefrau an ihren Sohn.
Grundbesitzwert | 900.000 € |
Wertpapiere | 400.000 € |
Gesamt | 1.300.000 € |
Bestattungskosten | - 10.300 € |
Freibetrag § 16 ErbStG | - 400.000 € |
Steuerpflichtiger Erwerb | 889.700 € |
Steuer 19 %, § 19 Abs. 1 ErbStG | 169.043 € |
Ermäßigungsbetrag: § 27 Abs. 1 ErbStG: 35 %(zwischen 3 und 4 Jahre)
169.043 € x 800.000 € / 1.300.000 € x 35 % = 36.409 €
Höchstbetrag nach § 27 Abs. 3 ErbStG:
35 % x 800.000 € / 1.200.000 € x 65.055 € = 15.180 €
Festzusetzende Erbschaftsteuer: 169.043 € - 15.180 € = 153.863 €
Hinweis
Dem EuGH wurde mit Beschluss vom 20.01.2015 die Frage vorgelegt, ob auch eine Anrechnung einer ausländischen Steuer bei § 27 ErbStG in Betracht kommt, BStBl I 2015 S. 497, was dieser jedoch mit Urteil vom 30.06.2016 in BStBl 2017 II S. 424 im Wesentlichen verneinte.
Stundung
Auf Antrag kann die auf das begünstigte Vermögen nach § 13b Abs. 2 ErbStG entfallende Erbschaftsteuer bis zu 7 Jahre gestundet werden. Die Stundung erfolgt nur das erste Jahr zinslos. Im Übrigen gelten die Vorschriften der Abgabenordnung entsprechend, sodass ab dem zweiten Jahr eine Verzinsung erfolgt.
Für die Stundung hat der Erwerber ebenfalls die Lohnsummen und Behaltensfristen zu beachten. Nach § 28 Abs. 1 Satz 5 ErbStG endet die Stundung, wenn der Erwerber den Tatbestand nach § 13a Abs. 3 ErbStG nicht einhält oder einen Tatbestand nach § 13a Abs. 6 ErbStG erfüllt.
Eine Stundung der Steuer, die auf Nachversteuerungstatbestände entfällt, ist ausgeschlossen.
Gehört zum Erwerb ein Ein- oder Zweifamilienhaus oder Wohnungseigentum, das der Erwerber nach dem Erwerb zu eigenen Wohnzwecken nutzt oder vermietete Grundstücke im Sinn des § 13d Abs. 3 ErbStG und kann die Erbschaftsteuer nur durch Veräußerung dieses Vermögens aufgebracht werden, kann die Steuer bis zu 10 Jahre (maximal bis zum Ende der Selbstnutzung) gestundet werden, § 28 Abs. 3 ErbStG.
Erlöschen der Steuer in besonderen Fällen
Die Steuer erlischt mit Wirkung für die Vergangenheit, wenn eine Schenkung rückgängig gemacht wird (§ 29 ErbStG). Allerdings muss für den Zeitraum, für den der Beschenkte die Nutzungen ziehen durfte, eine Besteuerung wie ein Nießbraucher durchgeführt werden, § 29 Abs. 2 ErbStG.
Beispiel
Schenkung eines Betrages von 200.000 € im Jahr 2019. Der durchschnittliche Jahresertrag beträgt 4.000 €. Der Rückforderungsanspruch wird 5 Jahre später geltend gemacht.
Dauer des Rechts = 5 Jahre. Vervielfältiger nach der Tabelle zu § 13 BewG (Anlage 9a)
4,388 x 4.000 € = Kapitalwert des Nießbrauchs: 17.552 €
Ferner erlischt die Steuer, wenn der geerbte oder geschenkte Betrag vom Erwerber gespendet wird und dabei auf den Spendenabzug im Ertragsteuerrecht verzichtet wird, § 29 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG.
Kontrollverfahren und Anzeigepflichten
Nach § 33 ErbStG sind Vermögensverwahrer und Vermögensverwalter verpflichtet, das Vermögen, das sie beim Tod des Eigentümers in Gewahrsam haben, dem Finanzamt anzuzeigen. Diese Anzeigepflicht gilt insbesondere für alle Geldinstitute. Die Anzeige kann jedoch unterbleiben, wenn das bei dem einzelnen Geldinstitut verwahrte Vermögen (Konten, Depot usw.) insgesamt nicht mehr als 5.000 € beträgt (§ 1 Abs. 4 ErbStDV). Ebenso kann bei Versicherungsunternehmen die Anzeige von Kapitalversicherungen unterbleiben, wenn deren auszuzahlender Betrag insgesamt 5.000 € nicht übersteigt, § 3 Abs. 3 ErbStDV.
Nach den Ländererlassen vom 07.12.2017 in BStBl I 2018, 53 erfolgen zwischen den Wohnsitzfinanzämtern und den Erbschaftsteuerfinanzämter Kontrollmitteilungen. Danach ist wie folgt zu verfahren:
a) Kontrollmitteilungen für die Steuerakten des Erblassers
Das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt hat dem Finanzamt, das für die Besteuerung des Erblassers nach dem Einkommen zuständig ist, den ermittelten Nachlass mitzuteilen, wenn der Reinwert mehr als 250.000 € beträgt. Den Kontrollmitteilungen sollen Zweitschriften der Anzeigen der Geldinstitute nach § 33 ErbStG beigefügt werden.
b) Kontrollmitteilungen für die Steuerakten des Erwerbers
Das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt hat dem Finanzamt, das für die Besteuerung des Erwerbers nach dem Einkommen zuständig ist, den Erwerb mitzuteilen, wenn dessen erbschaftsteuerlicher Bruttowert mehr als 250.000 € beträgt.
Die Kontrollmitteilungen sind unabhängig davon zu erteilen, ob es zu einer Steuer-festsetzung gekommen ist.
Es bleibt den Erbschaftsteuer-Finanzämtern unbenommen, auch in anderen Fällen bei gegebenem Anlass, z.B. wenn eine Schenkung erst im Rahmen einer Außenprüfung oder Fahndung aufgedeckt wurde, Kontrollmitteilungen zu über-senden.
Anzeigepflichten (§§ 30, 33, 34 ErbStG):
Nach §§ 30, 33 und 34 ErbStG sind insbesondere gegenüber dem Finanzamt anzeigepflichtig (vgl. auch Ländererlasse vom 7.12.2017 in BStBl 2018 I S. 53):
- Gemeinden
- Notare
- Versicherungsunternehmen
- Gerichte
- Banken
- Erben
- Beschenkte
- Schenker
Zuwiderhandlungen gegen diese Pflichten werden als Steuerordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße geahndet, § 33 Abs. 4 ErbStG. Darüber hinaus kann ein Verstoß auch den Tatbestand einer Steuerhinterziehung (§ 370 AO) oder einer leichtfertigen Steuerverkürzung (§ 378 AO) erfüllen.
§ 170 Abs. 5 Nr. 2 AO beinhaltet eine Anlaufhemmung der Festsetzungsverjährung. Danach beginnt die Festsetzungsfrist bei Schenkungen nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat.
Beispiel
Im Jahr 1990 schenkt der Vater seiner Tochter Bargeld in Höhe von 1 Mio. € (umgerechnet). Eine Anzeige erfolgte entgegen der Rechtslage nicht. Das Finanzamt hat auch aufgrund anderer Vorgänge keine Kenntnis davon erlangt. Im Jahr 2023 stirbt der Vater.
Die Festsetzungsfrist für die Schenkung im Jahr 1990 beginnt nach § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO erst mit Ablauf des 31.12.2023 zu laufen.
Örtliche Zuständigkeit
wenn | dann ist zuständig | |
Erblasser bzw. Schenker | Erwerber | |
Inländer | Inländer oder Ausländer | Wohnsitz-FA des Erblassers/Schenkers (§ 35 Abs. 1) |
Ausländer | Inländer | Wohnsitz-FA des Erwerbers (§ 35 Abs. 2 Nr. 2) |
Ausländer | Ausländer | Lage-FA des Vermögens § 35 Abs. 4 |
Zuständig in Bayern sind folgende Finanzämter (zentralisiert):
Nördlingen, Kaufbeuren, Eggenfelden
Hof, Lohr am Main, Amberg
In den Fällen des § 35 Abs. 4 ErbStG ist bei mehreren Vermögensgegenständen das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk sich der wertvollste Teil des Vermögens befindet.